Titel: | Ueber Stärkebestimmung in Körnerfrüchten. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 380 |
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Ueber Stärkebestimmung in
Körnerfrüchten.
G. Francke, über Stärkebestimmung in Körnerfrüchten.
Das früher angewendete Verfahren, die Stärke durch Erhitzen mit 1procentiger
Schwefelsäure unter Druck aufzuschlieſsen, gab Resultate, welche mit den in der
Praxis erhaltenen Zahlen nicht übereinstimmten (vgl. 1880 236 61), da durch die Schwefelsäure nicht allein Stärke, sondern auch
geringe Mengen Cellulose gelöst wurden und dadurch der Stärkegehalt stets zu hoch
gefunden wurde. Man gab daher diese Methode auf und dachte nun ohne jeden
Säurezusatz zu arbeiten. Da aber die Stärke durch Wasser allein auch unter höherem
Druck sich nur langsam löst (vgl. 1879 232 245) und
nachher beim Trennen der gelösten Stärke von der Holzfaser durch Filtriren leicht
eine Ausscheidung ersterer zu befürchten steht, so wollte man, um sicherer, zu
gehen, erst eine Vorverzuckerung stattfinden lassen, indem die fein gemahlene Frucht
bei 50° mit Diastase digerirt wurde. Das Verfahren war umständlich, wurde aber so
lange beibehalten, bis die gar zu niedrigen Resultate darauf hinwiesen, daſs durch
dieses Verfahren der wirkliche Stärkegehalt wohl nicht erhalten werde.
G. Francke (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1882 S. 306) hat nun reine Kartoffelstärke, welche durch
direkte Inversion mit Salzsäure einen Stärkegehalt von 82 Proc. ergeben hatte, in
üblicher Weise verkleistert, ½ Stunde mit einem Malzauszug von bekanntem
Zuckergehalt verzuckert und schlieſslich unter Druck bei 140° 4 Stunden lang
erhitzt. Das Resultat fiel bedeutend zu niedrig aus; die aus der Fehling'schen Lösung reducirten Kupfermengen
entsprachen einem Stärkegehalt von 76,75 Proc., die Differenz betrug also 5 Proc.
und blieb bei wiederholtem Verfahren dieselbe. Daſs Stärke bei 140° noch nicht
zersetzt wird, wurde bewiesen, indem gewisse Mengen, sowohl direkt mit Salzsäure
invertirt, als noch 4 Stunden lang mit Wasser bei 140° erhitzt und darauf invertirt,
dasselbe Resultat ergaben.
Die Differenz konnte daher allein durch den Umstand veranlaſst sein, daſs sich die
durch Diastase gebildete Maltose bei der Temperatur von 140° in Fehling'sche Lösung nicht oder wenigstens in geringerem
Maſse reducirende Substanzen zersetzt. Eine Lösung von Maltose, die durch direkte
Inversion mit Salzsäure, Behandlung des gebildeten Traubenzuckers mit Fehling'scher Lösung einen Gehalt von 5,13 Proc.
Maltose ergeben hatte, wurde daher einer Temperatur von 140° 4 Stunden lang ausgesetzt, dann
invertirt und der Zucker bestimmt. Daſs eine Zersetzung vor sich gegangen war,
bewies schon die dunkle Färbung der Flüssigkeit und wurde durch die Analyse
festgestellt. Die gefundene Maltosemenge betrug 4,75 Proc.; demnach waren 0,38
zerstört, was auf trockene Maltose berechnet 7,4 Proc. ergibt. Ein zu hohes Dämpfen
ist daher in der Praxis von Nachtheil, weil der vorhandene Zucker zerstört und in
Stoffe übergeführt wird, die nicht mehr gährungsfähig sind, vielleicht in Furfurol
u. dgl. (vgl. 1882 246 542).
Zur Prüfung, ob die Zuckerzersetzung unter Hochdruck durch Gegenwart von Säure
verhindert werden könne, wurden nach der Verzuckerung mittels Diastase geringe
Mengen einer 1procentigen Milchsäure zugesetzt und unter Druck erhitzt, ohne jedoch
einen Erfolg zu erzielen; das Resultat blieb dasselbe.
Um wieviel die auf alte Weise ausgeführten Analysen den Stärkegehalt der
Körnerfrüchte zu gering angaben, läſst sich schwer sagen. Eine nicht unbeträchtliche
Fehlerquelle kommt noch dazu, wenn die Körner in nicht ganz fein gemahlenem Zustande
analysirt werden. Die Abweichung im Stärkegehalt einer grob und einer fein
gemahlenen Maisprobe betrug z.B. 3 Proc.
Es empfiehlt sich daher, die Körnerfrüchte direkt mit Wasser allein oder einem
geringen Zusatz von Milchsäure aufzuschlieſsen. Der Zusatz von Milchsäure hat nur
den Zweck, eine leichtere Filtration der gelösten Stärke von dem Rückstand zu
bewerkstelligen. Die Resultate sind dieselben, ob mit Wasser allein oder mit
geringen Mengen Milchsäure gearbeitet wird; beträgt allerdings der Gehalt an Säure
0,5 Proc., so wird schon Cellulose mit in Lösung geführt. Durch Erhitzen der Stärke
unter Druck mit Wasser allein, dann mit verdünnter Milchsäure ergab sich, daſs in
beiden Fällen 3,96 Proc. Stärke in Zucker übergeführt wurden. Versuche, den
Stärkegehalt der Körnerfrüchte durch direktes Erhitzen mit verdünnter Salzsäure im
Wasserbad zu bestimmen, ergaben kein sicheres Resultat, da die Analysen
verschiedener Proben zum Theil eine Uebereinstimmung mit dem auf gewöhnlichem Wege
gefundenen Stärkegehalt ergaben, meistens jedoch aber die Zahlen zu hoch oder zu
niedrig ausfielen, da die Cellulose der verschiedenen Körnerfrüchte nicht dieselbe
ist, in manchen Fällen leichter, in manchen schwieriger durch die Salzsäure in
Lösung gebracht und dadurch auch das Endresultat verschieden beeinfluſst werden
wird. Man muſs also bei der Stärkebestimmung die Aufschlieſsung mit Wasser unter
Druck mit etwaiger Benutzung von Milchsäure beibehalten.