Titel: | Nachweis des Wollschweissfettes im Unschlitt und in anderen Fetten; von Leop. Mayer. |
Autor: | Leop. Mayer |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 306 |
Download: | XML |
Nachweis des Wollschweiſsfettes im Unschlitt und
in anderen Fetten; von Leop.
Mayer.
L. Mayer, über den Nachweis des Wollschweiſsfettes.
Seit einiger Zeit kommen im Handel Unschlittsorten vor, welche mit dem billigen
destillirten Wollschweifsfett, also eigentlich den Wollschweiſsfettsäuren – bis zu
30 Proc. – versetzt werden. Ich wurde auf diese Verfälschung zuerst aufmerksam, als
mir von einem Wiener Händler eine Unschlittprobe zur Untersuchung vorgelegt wurde,
welche im höchsten Maſse verdächtig erschien. Diese Probe erwies sich als nichts
anderes wie destillirte Wollschweiſsfettsäuren; die quantitative Prüfung auf
Glycerin ergab in dem fraglichen Muster einen Gehalt von nur 0,2 Proc. Je 1g des Fettes erforderte 169mg,8 und je 1g
der abgeschiedenen Fettsäuren 170g,8 KOH zur
Verseifung. Die Probe bestand somit fast ausschlieſslich aus freien Fettsäuren.
Die auf gewöhnliche Weise abgeschiedenen Fettsäuren (Verseifung mit alkoholischer
Kalilauge, Abdampfen des Alkohols unter Wasserzusatz und Zersetzung der gebildeten
Seifen mit Schwefelsäure) wurden jedoch schon nach einigen Tagen gelb und heute,
nach 6 Monaten, zeigen dieselben eine dunkel orangegelbe Färbung. Der Geruch ist der
charakteristische des Wollschweifsfettes, hervorgebracht durch die verschiedenen
flüchtigen Fettsäuren. Der Schmelzpunkt der abgeschiedenen Fettsäuren betrug 41,8°,
der Erstarrungspunkt 40°, der Schmelzpunkt des ursprünglichen Fettes 42,1°, der
Erstarrungspunkt 40°.
Es gelang mir unterdessen, destillirtes Wollschweifsfett zu erhalten, und sowohl das
ursprüngliche Fett, als auch die abgeschiedenen Fettsäuren zeigten dasselbe
Verhalten wie die erwähnte Probe. Nachdem nun in jedem Wollschweifsfett Cholesterin
in bedeutender Menge vorhanden ist, so war anzunehmen, daſs dieses auch in dem
destillirten Product enthalten sei. Dasselbe war mit gröſster Sicherheit auf
folgende Art nachzuweisen: Die abgeschiedenen Fettsäuren wurden mit Aetzkali
verseift, die so erhaltene Seife mit Aether ausgeschüttelt. Hierbei geht das
Cholesterin in Lösung und kann nun im Aetherextract nach dem Abdampfen des Aethers
mit Salzsäure und Eisenchlorid an der rothvioletten bis violetten Färbung sicher
erkannt werden. (Mit dem Aetherrückstand kann man natürlich noch alle anderen
Cholesterin-Reactionen vornehmen.) Führt man die Probe mit Salzsäure und
Eisenchlorid direkt mit den abgeschiedenen Fettsäuren oder dem ursprünglichen Fett
aus, so können geringe Mengen Cholesterin, in Folge des störenden Einflusses der
Fettsäuren, leicht der Nachweisung entgehen.
Handelt es sich nun darum, im Unschlitt Wollschweiſsfett nachzuweisen, so wird die
Probe verseift, die Seife mit Aether ausgeschüttelt und mit dem Aetherrückstand die
Cholesterinprüfung vorgenommen. Auf diese Weise gelingt es leicht, noch 5 Proc.
Wollschweiſsfett im Unschlitt oder in anderen Fetten festzustellen.
Bekanntlich verseift sich Cholesterin nicht und trotzdem scheint die Verseifung eines
Unschlittes mit Kalilauge, in welchem Wollschweifsfett vorhanden ist, eine
vollständige zu sein, da die geringen Cholesterinmengen in der Seifenlösung löslich
sind. Da kein anderes Fett so bedeutende Cholesterinmengen enthält, als dies eben
bei dem Wollschweiſsfett der Fall ist, so kann mit Sicherheit aus der
Cholesterinprobe, der Gelbfärbung und dem charakteristischen Gerüche der
abgeschiedenen Fettsäuren auf einen Gehalt an Wollschweifsfett in der Probe
geschlossen werden.
Laboratorium von Prof. Dr. J. Osr an der
k. k. technischen Hochschule zu Wien,
Januar 1883.