Titel: | J. E. H. Gordon's magnetelektrische Maschine. |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 286 |
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J. E. H. Gordon's magnetelektrische Maschine.
Mit Abbildungen im Text und auf Tafel 23.
Gordon's magnetelektrische Maschine.
Die kürzlich von der Telegraph Construction and
Maintenance Company in Greenwich von
J. E. H. Gordon unter Mitwirkung von Willoughby
Smith, H.
Clifford und Lucas gebaute
magnetelektrische Maschine ist die gröſste bis jetzt gelieferte. Nach Engineering, 1882 Bd. 34 S.
467 soll dieselbe 5000 bis 7000 Swan'sche
Glühlampen von je 20 Kerzen speisen.
Die Maschine ist eine Wechselstrommaschine, deren Elektromagnete durch zwei Bürgin'sche Dynamomaschinen erregt werden, welche ihren
Antrieb durch einen besonderen Motor erhalten. Die inducirten Spiralen sind fest,
die Elektromagnete sitzen auf einem rotirenden Ringe. Im Prinzip unterscheidet sich
die Gordon'sche Maschine nicht von den bereits
bekannten Wechselstrommaschinen; sie bietet jedoch einige Neuerungen. Gordon hat bei früheren Ausführungen die Erfahrung
gemacht, daſs, wenn die Anzahl der Elektromagnete gleich ist der Zahl der inducirten
Spulen, eine schädliche Induction zwischen den benachbarten Spulen stattfindet; er
vermeidet diesen Uebelstand bei der vorliegenden Maschine durch Verminderung der
Zahl der Elektromagnete auf die Hälfte, so daſs auf je einen Magnet 2 inducirte
Spulen kommen. Ferner brachte die Gröſse der Maschine verschiedene Abweichungen im
Bau gegenüber kleineren derselben Art mit sich, da es gegenüber den bei 600 bis
1000e-Maschinen auftretenden Kräften natürlich
schwer ist, einerseits die nöthige Widerstandsfähigkeit der Theile zu wahren und
andererseits wieder keine Metallmassen auſser dem eigentlichen Leiter durch das
magnetische Feld zu bewegen. Dadurch, daſs die Elektromagnete rotiren, entfallt die
Schwierigkeit, welche die Herstellung eines guten Schleifcontactes bei einer
Stromstärke von 1000 bis 10000 Ampère verursachen würde, wenn der Anker selbst
rotirt. Während der Anker kleiner Maschinen aus einem sehr langen feinen Drahte gebildet
wird, müssen die Anker groſser Maschinen kurz und dick sein.
Textabbildung Bd. 247, S. 287
In Gordon's Maschine ist der Leiter 39m,6 lang und hat einen Gesammtquerschnitt von
22qc. Die kurzen, dicken Leiter kann man
entweder aus Kupferstäben oder Bändern herstellen, oder durch Parallelschaltung
einer groſsen Anzahl von Rollen aus Draht von mäſsigem Querschnitt. Gordon wählte das letztere und gab seiner Maschine 128
Rollen, deren jede 39m,6 Kupferdraht Nr. 7 (von
4mm,7 Dicke) enthält. Gordon hat nämlich bei seinen Versuchen mit breiten Kupferbändern erkannt,
daſs die von den inducirenden Magnetpolen am weitesten entfernten Zonen durch ein
merklich schwächeres magnetisches Feld gehen als die näheren und deshalb auch nur
verhältniſsmäſsig wenig elektromotorische Kraft besitzen. Dies gab zu sogen.
„elektrischen Wirbeln“ innerhalb des Bandes Anlaſs und zu nutzlosem
Verbrauch von Triebkraft, während zugleich die nach wenigen Minuten aus den Rollen
aufsteigenden Rauchwolken zeigten, daſs der in Form von Wirbeln gebildete Strom sich
in Wärme umsetzte. In kleinen Maschinen sind diese Wirbel ohne Bedeutung, desto
schädlicher in groſsen.
Die obenstehend und in Figur 1 bis
3 Taf. 23 abgebildete Maschine enthält eine starke umlaufende
Doppelscheibe A aus Kesselblech, an welche zwei
ebenfalls aus Blech bestehende Kegel mit ihrer Grundfläche angenietet sind. Die
mittleren Scheiben haben etwas gröſsere Durchmesser als die Kegel und werden am Rande durch
einen schmiedeisernen Ring, in der Mitte durch eine Guſseisenscheibe D in der nöthigen Entfernung von einander gehalten.
Kegel und Scheibe sind unter sich sowie mit der Welle durch guſseiserne Naben P verbunden und das Ganze ist durch Winkelstücke
gehörig versteift. Das so gebildete Rad trägt am Umfange 32 Elektromagnete M, deren Pole nach beiden Seiten hin gekehrt sind. Auf
jeder Seite wechseln Nord- und Südpol mit einander ab. Die Kerne sind aus
Schmiedeisen und gehen durch die Scheiben A und den
Ring E, so daſs sie auf beiden Seiten gleich weit
vorstehen; die Bewickelung liegt auf Messingspulen. An den Elektromagneten sind
Polschuhe aus Eisenblech angebracht in Form eines „V“ mit radial stehenden
Schenkeln. Die Welle ruht in Phosphorbronzelagern der seitlich angeordneten Böcke
H. Der Schwerpunkt des Ganzen ist dadurch möglichst
tief gelegt, daſs das Rad zum Theil unter die Sohle der Maschine hinabreicht.
Seitendrücke werden von Eisenringen aufgenommen, welche auf der Welle sitzen und
gegen die Innenseite der Lagerhälse durch Stellschrauben angedrückt werden können.
Diese Stellringe tragen zugleich die zur Aufnahme des erregenden Stromes für die
Elektromagnete dienenden Contactringe; dieselben sind aus Phosphorbronze und durch
Ringe von vulkanisirtem Kautschuk isolirt und empfangen den Strom durch
Kupferbürsten. Die Elektromagnete sind alle parallel geschaltet. Die den erregenden
Strom liefernden Bürgin-Maschinen von R. E. Crompton machen etwa 800 Umdrehungen in der
Minute.
Die Scheibe mit den Elektromagneten dreht sich zwischen zwei parallel dazu
angeordneten Sätzen von festliegenden Spulen F, welche
auf einem Guſseisenrahmen befestigt sind. Der letztere besteht aus drei Segmenten,
von denen eines (in Fig. 2 oben)
kleiner ist als die anderen beiden und weggenommen werden kann, wenn ein schadhaft
gewordener Magnet beseitigt werden soll. Es sind, wie gesagt, im Ganzen 128 feste
Rollen oder 64 auf jeder Seite und diesen stehen die 32 beweglichen Magnete
gegenüber. Wären beide in gleicher Zahl vorhanden, so würde die Induction jeder
Rolle auf die benachbarten den Strom in letzteren schwächen; denn da die Ströme in
zwei benachbarten Rollen entgegengesetzte Richtung haben, so sind sie in den
einander zugewendeten Rollentheilen gleich gerichtet, schwächen sich also. Die
Rollen sind abwechselnd roth und blau angestrichen und die Rollen jeder Farbe bilden
einen Stromkreis für sich. Die beweglichen Magnete wirken abwechselnd auf die rothen
und die blauen Rollen. Rolle 1 und 5 wirken zwar ebenfalls durch Induction
schwächend auf 3, aber viel weniger, weil zufolge der Zwischenstellung von Rolle 2
und 4 die Entfernung gröſser ist; die Induction von 1 und 3 auf 2 gleicht sich wegen
der entgegengesetzten Richtung aus.
Schaltet man mehrere Rollen parallel oder hinter einander, so nimmt man entweder
lauter blaue, oder lauter rothe; es kann aber auch eine einzelne Rolle einen besonderen
Lampenstromkreis speisen (vgl. Fig. 3). Zur
besseren Raumausnutzung sind diese Rollen keilförmig und ihre Seiten laufen radial
nach dem Wellenmittel. Die Kerne N sind ebenfalls
keilförmig und aus Eisenblech gebogen, da dieses nach Gordon höherer Magnetisirung fähig ist als Guſseisen. Die Platten, mit
welchen die Rollen F gegen den Rahmen gedrückt werden,
sind aus Neusilber; dieses Metall ist sehr steif und setzt den inducirten Strömen
groſsen Widerstand entgegen. Die Platten sind überdies senkrecht zu der Richtung, in
welcher diese Ströme kreisen würden, geschlitzt (vgl. Fig. 3).
Damit in dem Rahmen, mit welchem die festen Rollen verschraubt sind, keine störenden
Inductionsströme entstehen und derselbe nicht warm wird, sind zwischen Rahmen und
Rollen Holzklötze eingesetzt. Der Spielraum zwischen den festen und den bewegten
Rollen beträgt etwa 3mm. Sämmtliche Rollen sind
mit Kupferdraht Nr. 7 engl. mit doppelter Baumwollüberspinnung bewickelt. Nach dem
Wickeln werden die Rollen vollständig in Schellackfirniſs eingetaucht und darin in
höherer Temperatur gebacken; dann werden sie mit Asbestfarbe gestrichen und die der
Wärme ausgesetzten Theile erhalten einen mehrmaligen Anstrich; derselbe ist
besonders nützlich, wenn er keine Neigung zur Blasenbildung hat.
Der Durchmesser der beweglichen Scheibe in der ausgeführten Maschine miſst 2m,66; ihr Gewicht beträgt 7t. Die Grundplatte hat 4m auf 2m,13. Das
Gesammtgewicht beläuft sich auf 18t.
Eine neue Maschine ohne Condensation von 130e
nominell wird jetzt von R. E. Crompton und Gordon für diese Dynamomaschine entworfen.
Die Magnetomaschine beleuchtet z. Z. die ganze Werkstätte der oben
genannten Gesellschaft, wo sie gebaut wurde. Daselbst sind 1300 Swan-Lampen von je 20 Kerzen, welche über das ganze
Grundstück und seine Zugänge vertheilt sind; in letzteren sind 4 Lampen in einer als
Straſsenlaterne dienenden Schiffslaterne vereinigt. Die elektrischen Lampen können
um eine Arbeitsmaschine viel bequemer als Gas- oder Oellampen vertheilt werden. Die
Kabelbehälter und die Meſsräume werden in Greenwich durch die Wechselströme
erleuchtet und die Elektriker berichten, daſs dadurch keine Störungen in den
Meſsgeschäften entstehen. Vielleicht liegt dies an der so raschen Aufeinanderfolge
der Ströme. Die Werke der Gesellschaft (früher Glass, Elliot
und Comp.) sind so ausgedehnt, daſs sie als eine kleine Stadt gelten
können. Irgend eine Lampenzahl zwischen 1300 und 2 kann ohne Störung für die anderen
angezündet und ausgelöscht werden. Vorerst wird die Maschine getrieben von einer dem
Kabelschiff Calabria der Gesellschaft entnommenen
Maschine, die zum Aufwinden unterseeischer Kabel gebaut worden ist und sich für ihre
jetzige Verwendung nicht besonders eignet. Die Dynamomaschine ist unmittelbar mit
der Dampfmaschine gekuppelt, und der Kraftverbrauch wird vom Photometerraum aus nach
der Zahl der brennenden Lampen regulirt. Gegenwärtig läuft die Dynamomaschine mit
140 Umdrehungen in der Minute 5 nach Fertigstellung der neuen Maschine wird sie aber
mit 200 laufen und dann 5000 bis 6000 Lampen speisen können. Wenn 134e in der Hauptmaschine und 5e in den erregenden Maschinen verbraucht werden,
beträgt die Leistung 94 Proc., d.h. dieser Procentsatz wird in den Lampen als
leuchtender Strom erhalten.
Bei Speisung der 1300 Lampen in Greenwich werden bei einer
Umdrehungszahl von 140 in der Minute die 128 inducirten Rollen in 32 Gruppen zu je 4
parallel und die 4 einer Gruppe hinter einander geschaltet. Der Strom von den zwei
Bürgin-Maschinen in den Magneten miſst etwa 17
Ampère und die elektromotorische Kraft ist etwa 88 Volt. Der Strom in jedem Ankerdrahte hat
24¼ Ampere.Im Engineer, 1882 Bd. 54 S. 309 sind 19 Ampère,
88 Volt, bezieh. 27,5 Ampère angeführt. Für eine gröſsere
Lampenzahl würden alle Rollen hinter einander geschaltet werden, die Geschwindigkeit
200 Umdrehungen in der Minute und der Strom in den Magneten etwa 48 Ampère betragen
bei der nämlichen elektromotorischen Kraft. Dann würde bei 5200 Lampen im
Stromkreise der Strom in jedem Ankerdrahte wieder 24¼ Ampère betragen, könnte aber
leicht auf 40 Ampère gebracht werden, was nach Gordon's
Berechnung 8600 Lampen speisen würde. Doch sollen dieser Maschine nicht mehr als
5000 Lampen angehängt werden, um sie in gutem Stande zu erhalten.
Diese Maschine läuft also verhältniſsmäſsig langsam und ist so
weniger gefährdet; die etwa nöthige Steigerung des Stromes wird durch Verstärkung
des erregenden Stromes beschafft. Letztere geschieht in dem dunkeln Photometerraume,
durch welchen die Dampfrohre der beiden die magneto-elektrische Maschine und die
erregenden Maschinen treibenden Motoren geführt sind; in diesen kann der
Dampfzutritt aus dem Kessel mittels zweier Handräder regulirt werden. Im
Dunkelzimmer stehen auf dem Photometertische zwei Swan'sche Probelampen, von denen die eine im rothen, die andere im blauen
Stromkreise liegt und welche mittels passender Umschalter eingeschaltet werden
können. Ist das Licht der Probelampe zu schwach, so gibt man dem Motor der
erregenden Maschinen mehr Dampf, kräftigt dadurch das magnetische Feld; dadurch
verlangsamt sich aber der Lauf der magneto-elektrischen Maschine und nun gibt man
dem Motor der letzteren ebenfalls mehr Dampf, bis das Strophometer zeigt, daſs die
frühere Geschwindigkeit wieder erreicht ist. Will man jeden plötzlichen Licht
Wechsel verhüten, so dreht man die Dampf klappen nicht mittels der Handräder,
sondern mittels auf ihrer Achse sitzender Schraubenräder und in sie eingreifender,
mit der Hand umgedrehter Schrauben.
E–e.