Titel: | Ueber flammenlose Verbrennung; von Ferd. Fischer. |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 247, Jahrgang 1883, S. 32 |
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Ueber flammenlose Verbrennung; von Ferd. Fischer.
Ferd. Fischer, über flammenlose Verbrennung.
Die Mittheilungen von Th. Fletcher (1882 246 293) über die sogen. flammenlose Verbrennung
veranlaſsten mich, die angegebenen Versuche zu wiederholen, gleichzeitig jedoch die
Verbrennungsproducte zu untersuchen.
Zu diesem Zweck benutzte ich eine Gebläselampe, welche bei gewöhnlichem Gasdruck
320l Leuchtgas verbraucht, und ein mit dem
Fuſs zu tretendes Gummigebläse. Ferner wurde um das eine Ende eines dünnen
Thonpfeifenrohres Eisendraht möglichst gleichmäſsig zu einer 6 bis 8cm dicken, festen Kugel gewickelt, doch so, daſs
ein Gasstrom leicht hindurch ging und daſs man durch das Thonrohr aus der Mitte der
Kugel Gase ansaugen konnte.
Richtet man nun auf eine solche Eisendrahtkugel die Flamme des Gasgebläses, bis das
Eisen eben rothwarm ist, drückt den Gaszuleitungsschlauch zu, so daſs die Flamme
verlöscht, läſst das Gas dann wieder zutreten unter gleichzeitiger kräftiger
Luftzufuhr, so wird in wenig Augenblicken das Innere der Kugel weiſsglühend und der
Eisendraht schmilzt zusammen, anscheinend ohne jede Flammenbildung. So weit ist also
Fletcher's Mittheilung richtig.
Während nun die Kugel am heftigsten glühte, wurde aus der Mitte derselben mittels des
Thonrohres eine Gasprobe entnommen und über Quecksilber untersucht.Vgl. Ferd. Fischer: Chemische Technologie der
Brennstoffe, S. 239. Die den Gasproben I und II
entsprechenden Versuche wurden bei gewöhnlichem, III bei stärkerem, IV bei noch
stärkerem Gasdruck ausgeführt; dabei war die Kugel beim Versuch II aus sehr feinem,
beim I. und III. aus 1mm dickem Draht, beim IV.
aus beiden gemischt gewickelt:
I
II
III
IV
Kohlensäure
5,11
5,03
6,60
7,72
Kohlenoxyd
0
0
0
1,08
Methan
0
0
0
Spur
Wasserstoff
0
0
0
0,32
Sauerstoff
6,26
3,34
4,98
Spur
Stickstoff
88,63
91,63
88,42
90,88
––––––
––––––
––––––
––––––
100,00.
100,00.
100,00.
100,00.
Die Zusammensetzung der Gasproben entspricht somit der des Gasgemisches an der Spitze
einer Gebläseflamme oder einer Bunsen'schen Gasflamme;
jedoch zeigt das geringere Sauerstoffverhältniſs, daſs ein Theil desselben von dem
Eisen zurückgehalten ist. In der That besteht die geschmolzene Masse bei Verwendung
von feinem Draht etwa zur Hälfte aus Fe3O4, weniger verbrennt von dem dickeren Draht.
Bemerkenswerth ist ferner, daſs die Flamme zur Gebläsemündung sofort zurückschlägt,
wenn der Windstrom nicht kräftig genug ist, ja daſs der Versuch auch ohne
zeitweiliges Absperren des Gaszuflusses ausgeführt werden kann, indem man die
Gebläseflamme auf den Drahtball richtet und dann rasch den Luftstrom so verstärkt,
daſs die Flamme an der Mündung der Lampe von selbst verlöscht, während nun das
Innere der Kugel bald weiſsglühend wird.
Sobald man demnach den für einen Augenblick geschlossenen Gasschlauch wieder öffnet
und nun das Gemisch von Leuchtgas und Luft in die vorgewärmte Kugel treibt, wird
dasselbe hier auf seine Entzündungstemperatur erhitzt; die Leuchtgasbestandtheile
vereinigen sich mit dem Sauerstoff der Luft unter Explosion (daher das
eigenthümliche Getöse), welche aber nicht bis zur Mündung der Gebläselampe
zurückschlagen kann, so lange die Geschwindigkeit des Gasstromes gröſser ist als die
Explosionsgeschwindigkeit des fraglichen Gasgemisches. Sobald nur diese Bedingung
eingehalten wird, kann die Zusammensetzung des Gasgemisches, wie vorstehende
Analysen zeigen, innerhalb ziemlich weiter Grenzen schwanken. Die erzielte hohe
Temperatur erklärt sich daraus, daſs die Verbrennung des Leuchtgases innerhalb der
Kugel stattfindet und daſs, während das Innere der Kugel schmilzt, die äuſseren 3
bis 5 Drahtschichten kaum rothwarm werden und dadurch die Wärmeausstrahlung des
bläulich weiſsglühenden Kernes fast ganz hindern. Diese dunkle Drahthülle blieb bei
meinen Versuchen zurück, mochte die Kugel 2 oder 8cm Durchmesser haben; sie schmolz aber zusammen, wenn sie in einem Tiegel
ohne Boden den Gasen ausgesetzt wurde. Enthält das Gasgemisch überschüssigen
Sauerstoff (Versuch I bis III), so wird die Temperatur durch das brennende Eisen
erhöhtIn Folge der schwierigeren Oxydation und des besseren Wärmeleitungsvermögens
gelingt daher dieser Versuch mit Kupferdrahtkugeln weniger gut als mit
Eisendraht.; ist Leuchtgas mehr oder weniger im Ueberschuſs
vorhanden, so ist die Verbrennungstemperatur dieses Gasgemisches mehr als
ausreichend, um Eisen innerhalb einer dunkeln Drahthülle zum Schmelzen zu
bringen.
Daſs die Verbrennung des Gasgemisches innerhalb der Kugel mit noch geringerer
Flammenbildung erfolgt als bei dem Bunsen'schen Brenner
oder der Gebläselampe, erklärt sich einfach aus der gleichförmigen Mischung des an
Sauerstoff reichen Gasgemenges und der hohen Temperatur. Uebrigens wird die
Erkennung einer schwachblauen Flamme durch das blendende Licht des schmelzenden
Eisens sehr erschwert.
Verwendet man statt der Drahtkugeln Chamottestücke u. dgl., so tritt, wenn man die
Stücke zunächst auf Rothglut bringt, dieselbe Erscheinung ein, hört jedoch bald
wieder auf; der Wärmeverlust durch Strahlung ist eben zu groſs. In einem
geschlossenen Ofen wird das Gasgemisch fortbrennen; doch wird sich dasselbe wohl
unmittelbar beim Eintritt in den heiſsen Ofen entzünden, so daſs hier die eben
besprochene Erscheinung kaum in Frage kommt. Noch weniger ist dies der Fall bei
Generatorgasfeuerungen, da hier die Erzielung so kräftiger Gasströme, daſs kein
Zurückschlagen der Flamme stattfinden kann, nur selten, bei Verwendung heiſser Gase
aber nie ausführbar sein dürfte. Auf feste Brennstoffe kann die genannte Erscheinung
offenbar gar keine Anwendung finden und scheinen mir die von Fletcher angeführten Beispiele der Braupfannen- und Dampfkesselfeuerung nicht zutreffend zu
sein. Feuerungen lassen sich eben nicht durch den Augenschein, sondern nur auf Grund
von Gasanalysen beurtheilen.
Die „flammenlose Verbrennung“
Fletcher's eignet sich daher sehr gut zu einem schönen
Vorlesungsversuch, praktische Bedeutung hat sie meiner Ansicht nach wenig oder gar
nicht.