Titel: | F. A. Webb's Neuerung an Locomotiven. |
Autor: | Wn. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 353 |
Download: | XML |
F. A. Webb's Neuerung an Locomotiven.
Mit Abbildung.
Webb's Neuerung an Locomotiven.
Ein neues Locomotivsystem ist von dem bekannten englischen Ingenieur F. W. Webb, Direktor der groſsartigen Werke zu Crewe in England (London and Northwestern Railroad), ausgedacht
und bereits bei einer Eilzugmaschine, wofür es sich speciell eignet, zur Anwendung
gebracht worden.
Textabbildung Bd. 246, S. 352
Die betreffende Maschine, welche man beim ersten Anblick eine
zweifach gekuppelte Eilzugmaschine (mit Lautachse) nennen möchte, hat thatsächlich
statt eine Treibachse deren zwei, welche gar nicht mit einander verbunden sind und
somit auch keine Kuppelstange erfordern. Die vordere Treibachse, welche vor der
Feuerbüchse liegt, ist in der Mitte zu einer Treibkurbel ausgekröpft, auf welche ein
vorn unter dem Rauchkasten, in der Mittellinie der Maschine, liegender Cylinder
arbeitet, während die zwei in gewöhnlicher Weise auſserhalb der Langträger
angebrachten Cylinder auf die den hinteren Treibrädern eingepreſsten Treibzapfen
einwirken. Letztere sind unter 90° gegen einander versetzt, um in jeder Stellung ein
Anfahren der Maschine zu ermöglichen, während die vordere Treibachse eine ganz
beliebige Stellung zur hinteren Achse annehmen kann und auch zweifellos in Folge
wechselnden Rädergleitens nach und nach alle erdenklichen Stellungen einnehmen wird.
In Folge dessen muſs selbstverständlich jede Treibachse ihre besondere Steuerung
besitzen, welche entweder durch gewöhnliche Excenter, oder durch einen an die
Treibstangen angehängten Lenkermechanismus (wie Brown,
Joy u.a.) besorgt wird. Das Vorhandensein von 3 Cylindern legt
selbstverständlich die Anwendung des Compoundsystemes nahe, das ja auch bei genügend
groſsen Zwischenkammern von den wechselnden relativen Kurbelstellungen nicht
wesentlich beeinfluſst wird. Es ist jedoch auch das direkte Arbeiten aller drei
Cylinder vorgesehen und der Hauptnachdruck der neuen Erfindung auf das Wegfallen der
Kuppelstange gelegt, welche bei groſsen Rädern stets sehr lang wird und bei
auſsergewöhnlichen Geschwindigkeiten am ehesten Veranlassung zu Brüchen geben
kann.
Thatsächlich liegt jedoch hierin kein unüberwindlicher Anstand, wie das dauernde
Bewähren gut construirter Kuppelstangen bis zu 2800mm Länge gezeigt hat, und somit kein zwingender Grund, die auſser den
übrigen Complicationen speciell in den doppelten Steuerungen liegenden Uebelstände
des neuen Systemes anzunehmen. Dasselbe ist im Deutschen Reich unter Kl. 20 * Nr.
19257 vom 4. August 1881 ab patentirt.
Wn.