Titel: | Neuerungen an Kleindampfmaschinen. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 349 |
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Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 25.
(Patentklasse 14. Schluſs des Berichtes S. 303
dieses Bandes.)
Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Fig.
1 und 2 Taf. 25
zeigen nach dem Engineering and Mining Journal, 1882
Bd. 33 S. 222 eine Maschine der Westinghouse Machine
Company in New-York. Dieselbe hat nur zwei Dampfcylinder. In einem dritten
zwischen beiden etwas geneigt stehenden und mit ihnen zusammengegossenen Cylinder
ist ein Kolbenschieber angebracht, welcher beide Cylinder steuert. Der Dampf tritt
bei M ein und gelangt durch die Höhlung zwischen den
beiden Kolbentheilen k abwechselnd in die Ringkanäle
p und p1, von denen der obere in den einen, der
untere in den anderen Cylinder führt. Der Austritt des Dampfes aus den Cylindern
erfolgt zum groſsen Theil durch die mittleren Oeffnungen e, welche von den Kolben in ihrer tiefsten Stellung frei gelegt werden,
und den Ringkanal E. Die Oeffnungen e werden allerdings gleich nach der Bewegungsumkehrung
wieder geschlossen; doch dürfte ihre Anordnung wegen der schnell stattfindenden
Entlastung der Kolben recht zweckmäſsig sein. Der nach Schluſs der Oeffnungen e in den Cylindern verbleibende Dampf muſs durch die
Kanäle p und p1 entweichen. Bei N wird das Ausströmrohr angeschlossen. Der Kreuzkopf J der Schieberstange ist wie bei Fig. 2
kolbenförmig. Der Voreilwinkel des Excenters und die Deckungen des Kolbenschiebers
sind so groſs genommen, daſs die Cylinder nur 1/4 bis ½ Füllung erhalten.
Bemerkenswerth ist, daſs die Cylinderdeckel wie die Kolben Höhlungen zum Schutz gegen
die Wärmeverluste erhalten haben, während die Cylinder ungemantelt sind. Bei dem
geringen Kolbenhub der Maschinen scheint diese Einrichtung gerechtfertigt zu sein.
Weniger empfehlenswerth dagegen dürfte die Schmiervorrichtung sein. Der untere Theil
des kastenförmigen Gehäuses wird mit Wasser gefüllt und auf diesem eine Oelschicht
ausgebreitet. Beim Gange der Maschine peitschen nun die Kurbeln G mit ihren Gegengewichten x und das Excenter mit den Gegengewichten o
das Wasser und Oel zu Schaum, welcher bis in die Cylinder hineinspritzt und eine
Schmierung fast sämmtlicher beweglicher Theile, soweit sie nicht direkt in die
Flüssigkeit eintauchen, bewirkt. Auch die langen, schlank kegelförmigen Wellenhälse
H sollen von innen aus genügend geschmiert werden,
so daſs die Schmierbüchsen f überflüssig werden. Die
aus schmiedbarem Eisenguſs hergestellten Kurbelstangen mit ihren Köpfen, die
Excenterstange und der Excenterring sind hohl, um den Schmierstoff, welcher durch
kleine Klappen w eindringen kann, nach den oberen
Zapfen zu leiten. Der Schieber und die Kolben sollen ferner noch dadurch Schmierung
erhalten, daſs durch eine kleine Pumpe Oel in das Dampfrohr eingespritzt wird.
Einen groſsen Vortheil gewährt die in dem Kasten vorhandene Wassermasse, nämlich den,
daſs sie eine bedeutende Wärmemenge in sich aufzunehmen vermag und ein Heiſslaufen
der Theile daher unmöglich scheint. Dagegen wird der Widerstand, welchen sie bei
hoher Umlaufzahl den Kurbeln bietet, einen nicht unbeträchtlichen Theil der
geleisteten Arbeit vernichten. Eine andere Eigenthümlichkeit dieser Maschine ist,
daſs die Achsen der Cylinder nicht durch die Kurbelwelle gehen (vgl. Fig. 2), so
daſs die geschränkte Schubkurbel vorliegt. Hierdurch
wird zunächst erreicht, daſs beim Niedergang der Kolben die Kurbeln etwas mehr als
einen Halbkreis beschreiben, beim Aufgang dafür etwas weniger. Da die Kurbeln um
180° gegen einander versetzt sind, so kann der eine Kolben nicht genau auf dem
todten Punkt stehen, wenn der andere auf dem todten Punkt steht. Es ist also ein
Anlassen ohne Weiteres immer möglich. Ferner weicht die Kurbelstange beim
Niedergang, wenn der Kolben durch den Dampfdruck belastet ist, weniger von der
Cylinderachse ab; die senkrecht gegen die Cylinderwand gerichtete Componente des
Kolbendruckes fällt also kleiner aus als beim Aufgang, wenn der Kolben leer geht. Da
indessen bei sehr schnell laufenden Maschinen der von der Beschleunigung der hin und
her gehenden Massen (Kolben und Kurbelstange) herrührende Druck gröſser werden kann
als der auf den Kolben wirkende Dampfdruck, so bleibt es fraglich, ob durch den
letztgenannten Umstand ein Vortheil erreicht wird.
Eine andere Klasse von Kleindampfmaschinen bilden die von Peter Brotherhood eingeführten Dreicylindermaschinen, bei welchen die
Cylinderachsen, unter 120° gegen einander geneigt, in einer Ebene liegen. Sie sind
ebenfalls einfach wirkend und mit Trunkkolben versehen; die drei Kurbelstangen
greifen an einer gemeinschaftlichen Kurbel an (vgl. die Maschinen von Brotherhood und Hardingham
1873 207 * 177 und 1874 213 *
272 und von Whitehead 1881 239 * 11). Gegenüber den vorher beschriebenen haben diese Anordnungen den
Vorzug, daſs die auftretenden Kräfte alle in einer Ebene wirken, daſs nur eine
Kurbel nöthig ist und die Wellenlager enger zusammenrücken, die Welle folglich
weniger beansprucht wird. Die Verbesserungen beschränken sich hauptsächlich auf die
Steuerung.
Fig.
3 bis 6 Taf. 25
zeigen zunächst eine neue Steuerung von P. Brotherhood in
Paris (* D. R. P. Nr. 16726 vom 1.
Juni 1881). Als Steuerorgan dient ein gleichmäſsig mit der Welle B rotirender Hahn V,
welcher die Gestalt eines hohlen Ringes von rechteckigem Querschnitt hat. Derselbe
ist genau zwischen zwei parallele Ebenen eingepaſst, in welchen sich in gleichen
Abständen je drei Oeffnungen c2 befinden. Je zwei gegenüber liegende derselben sind durch einen
Ringkanal verbunden, von dem der nach dem äuſseren Ende eines Cylinders führende
Einström- und Ausströmkanal a ausgeht. Der hohle
Ringkörper selbst ist durch eine Scheidewand v in zwei
Kammern getheilt. Die eine ist nach auſsen offen (bei s1), die andere nach innen. Durch erstere strömt der
Dampf ein, durch letztere aus, zu welchem Zweck in den beiden Stirnwänden die
Oeffnungen s2 und d vorhanden sind, welche abwechselnd vor die
Kanalöffnungen c2
treten. Da alle gegenüber liegenden Oeffnungen im Hahnkörper wie im Hahngehäuse
genau gleich groſs sind und ersterer am ganzen äuſseren Umfang von Dampf umgeben
ist, so ist nach keiner Richtung hin ein Ueberdruck vorhanden, der Hahnkörper
demnach vollständig entlastet. Ein einseitiger Druck ist nur durch die
Centrifugalkraft bei ungleicher Vertheilung der Massen möglich. Ansätze c1 am Gehäuse
verhindern eine seitliche Verschiebung. Die Mitnahme des Hahnkörpers erfolgt durch
die Arme b, welche genügend Spielraum haben, um jede
Klemmung zu verhüten. Der Regulator G (Fig. 3, 5
und 6) mit zwei prismatisch geführten Gewichtstücken g wirkt auf einen cylindrischen Drosselschieber R, welcher in das Dampfzuströmrohr S
eingeschaltet ist.
Um den Füllungsgrad von Hand verändern zu können, soll die in Fig. 7
veranschaulichte Einrichtung benutzt werden. Die Hahnwelle B besteht hier aus zwei Theilen, von denen der eine in der Längsrichtung
verschiebbar und mit dem andern hohlen Theil durch Nuth und Feder gekuppelt ist. Die
Mitnehmer b sind auf ein steiles Gewinde des
verschiebbaren Theiles aufgesetzt, so daſs bei der Verschiebung desselben mittels
Handhebels h eine Verdrehung des Hahnes gegen die
Kurbelwelle stattfindet. Hierdurch wird dann sowohl Anfang, wie Ende der
Einströmung; und der Ausströmung in gleichem Sinne geändert.
Eine Vorrichtung zur Umsteuerung der Maschine ist in Fig. 8 bis
11 Taf. 25 dargestellt. An dem Hahngehäuse ist ein Cylinder mit
eingesetzter Hülse befestigt, in welcher sich ein Doppelkolben p verschieben läſst. Durch denselben wird je nach
seiner Stellung entweder der Ringkanal N1 mit N2 und N3 mit dem Auſsenraum N4 oder umgekehrt N3 mit N2 und N1 mit N4 verbunden. An den
mittleren Ringkanal N2
schlieſst sich das Einströmungsrohr S (Fig. 9) an,
von dem Raum N4 geht
das Ausströmungsrohr D aus (Fig. 8), N3 steht mit dem den
Hahn umgebenden Ringkanal S2 in Verbindung (Fig. 10)
und N1 mit dem
Innenraum D1 (Fig.
11). In der gezeichneten Stellung wird demnach der Dampf, wie in Fig.
3, von auſsen in den rotirenden Hahnkörper eintreten und nach innen
ausströmen. Bei der entgegengesetzten Stellung des Kolbenschiebers p findet dagegen die Einströmung innen, die Ausströmung
auſsen statt. Die Umstellung von p wird durch die
Maschine selbst besorgt, sobald das Schraubenrad M,
welches für gewöhnlich leer mitläuft, angehalten oder gebremst wird.
Bei der in Fig. 12 und
13 Taf. 25 nach Engineering, 1882 Bd. 33 S.
521 abgebildeten Maschine von J. James in London sind
wie bei der Maschine von Whitehead (1881 239 * 11) cylindrische Schieber s1 bis s3 zur Steuerung benutzt, welche jedoch in
anderer Weise bewegt werden. Jeder Schieber ist durch eine Gelenkstange mit dem Kolben
des Nachbarcylinders verbunden; er wird daher einwärts geschoben, wenn dieser Kolben
auswärts geht, und umgekehrt, jedoch mit sehr abweichender Geschwindigkeit. Der
Schieber bewegt sich schnell in der Nähe des inneren todten Punktes (vgl. s2), langsam aber in
der Nähe der äuſsersten Stellung (vgl. s3). Dies ist in so fern ungünstig, als die Eröffnung
und der Abschluſs des Einströmkanales verhältniſsmäſsig langsam geschieht. Der Dampf
gelangt durch den Ringraum, welcher von dem mittleren dünneren Theil der Schieber
frei gelassen wird, in die Cylinder. Der Abschluſs des Dampfes erfolgt, wenn auf
Voröffnen verzichtet wird, etwa bei ¾ des Hubes. Will man Voröffnen haben, so findet
die Absperrung noch später statt.
Für eine schnelle Ausströmung des Dampfes ist in gleicher Weise wie bei Westinghouse (Fig. 1 Taf.
25) dadurch gesorgt, daſs die Kolben k2 und k3, wenn sie der Kurbelwelle am nächsten sind,
Oeffnungen in der Cylinderwand freilegen (vgl. Fig. 13 und
in Fig. 12 hinter k1 punktirt angedeutet), durch welche der gröſste Theil des Dampfes
entweicht. Der zurückbleibende Theil strömt durch die hohlen Schieber der Länge nach
hindurch. Etwa bei ⅞ Hub des Kolbenrückganges wird der Cylinderkanal abgesperrt. Es
findet also eine ganz günstige Compression statt. Die Kurbelstangen sind
verhältniſsmäſsig lang (=5 mal Kurbelradius). Bei einer anderen Anordnung sind die
Schieberschubstangen an die Schubstangen der Hauptkolben angehängt, wodurch ein
schnelleres Oeffnen und Schlieſsen der Einströmkanäle zu erreichen ist.
Whg.