Titel: | Neuerungen an Kleindampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 253 |
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Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Patentklasse 14. Mit Abbildungen auf Tafel 17 ff.
Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Auſser den früher (1882 245 * 277. * 313. 246 * 113) besprochenen, direkt mit einem Dampferzeuger
verbundenen Kleindampfmaschinen ist eine ganze Reihe neuerer Constructionen von
kleinen schnell laufenden Dampfmotoren zu verzeichnen, welche zum Betrieb von
Centrifugalpumpen, Ventilatoren, Centrifugen, Holzbearbeitungsmaschinen,
Schiffsschrauben u.s.w., jetzt namentlich auch zum Betrieb der dynamoelektrischen
Maschinen, eine ausgedehnte Anwendung finden. Um die Maschinen mit hin und her
gehendem Kolben (die rotirenden Maschinen sind hier auſser Betracht gelassen) für
einen schnellen Gang geeignet zu machen, sind zunächst die hin und her gehenden
Massen möglichst gering zu nehmen, damit der mit dem Quadrat der Geschwindigkeit
wachsende Beschleunigungsdruck nicht zu groſs werde. Aus dem gleichen Grunde ist der
Kolbenhub im Vergleich zum Cylinderdurchmesser klein zu wählen. Das Gestell muſs
fest und steif, alle Reibungsflächen müssen recht groſs sein. Sehr wesentlich ist
auch, daſs die Dampfkanäle genügend weit und nicht zu lang gemacht werden. Bei 1000
Umdrehungen in der Minute und einem Kurbelradius von 150mm beträgt die mittlere Kolbengeschwindigkeit 10m und die gröſste Geschwindigkeit (auf Mitte Hub)
über 15m. Erhalten nun die Dampfkanäle einen
Querschnitt von nur 1/20 des Kolbenquerschnittes, wie es zuweilen auch bei diesen kleinen
schnell laufenden Maschinen vorkommt, so wird die mittlere Geschwindigkeit des
Dampfes in den Kanälen 200m und die gröſste über
300m. In Folge dessen treten dann ganz enorme
Verluste, einmal durch den zur Erzeugung so groſser Geschwindigkeit nöthigen
Ueberdruck und zweitens durch die bedeutende Reibung ein. Dies wird selten genügend
beachtet. Ferner ist für eine ausgiebige Schmierung zu sorgen, damit ein Warmlaufen
vermieden wird. Endlich ist möglichste Einfachheit in der ganzen Anordnung,
namentlich auch in der Steuerung wünschenswerth; als Steuerungsorgane sind Schieber
oder Hähne zu verwenden.
Aeuſserst einfach ist die in Fig. 1 und
2 Taf. 17 dargestellte Maschine von Gebrüder Besnard in
Nantes (* D. R. P. Nr. 15515 vom 2.
Februar 1881). Sie besteht wie die Kühne'sche Maschine (1881 240 * 416) nur aus
Cylinder, Kolben, Schieber und Kurbelwelle. Letztere geht quer durch die Mitte des
Cylinders, ist mit dem Kolben durch eine Kurbelschleife verbunden und bewegt durch
einen excentrischen Stirnzapfen den Schieber. Der Cylinder besteht aus zwei in der
horizontalen Mittelebene mit einander verschraubten Theilen, welche mit den Deckeln,
der untere auſserdem mit dem Sockel, in einem Stück gegossen sind. Der Kolben
besteht gleichfalls aus zwei Theilen, die mittels vier durchgehender Bolzen
zusammengehalten werden. Haben die beiden Cylindertheile gleichen Durchmesser wie in Fig.
2, so muſs auf jeder Kolbenseite frischer Dampf zugeführt werden; der
Schieber erhält dann die gleiche Anordnung wie bei der Kühne'schen Maschine. Gibt man aber, wie in Fig. 1
gezeichnet ist, dem unteren Cylindertheil und dementsprechend auch dem unteren
Kolbenkörper einen gröſseren Durchmesser und dem Schieber die dargestellte
Einrichtung, so arbeitet dieser Motor als Woolf'sche
Maschine.
Die in Fig. 3 und 4 Taf. 17
abgebildete Anordnung von J. Schreiber in
Wien (* D. R. P. Nr. 9524 vom 7.
Oktober 1879) dürfte in manchen Punkten zu wünschen übrig lassen. In
einem mit dem Schieberkasten zusammengegossenen Mantel steht der guſsstählerne
Cylinder, in welchen ein massiver Stahlkolben eingeschliffen ist. Zur Steuerung
dient ein schwingender Scheibenhahn aus Stahl, welcher ebenfalls in den
cylindrischen Dampfkasten sorgfältig eingeschliffen werden soll. Derselbe ist mit
zwei Durchbohrungen und auf seiner Unterfläche mit einer stumpfwinkelförmigen Rinne
versehen (vgl. Fig. 4),
wodurch bei seiner Schwingung die beiden Cylinderkanale abwechselnd mit der
Dampfkammer D und dem Ausströmkanale J in Verbindung gebracht werden. Derartige
Scheibenhähne werden bekanntlich wegen der ungleichmäſsigen Abnutzung; leicht
undicht. Die Pleuelstange ist nur wenig; länger als die Kurbel; sie macht mithin
sehr starke seitliche Schwingungen und übt einen bedeutenden Seitendruck auf die
Gleitführung aus. Das unpassenderweise auf dem Cylinderdeckel angebrachte Gestell
ist zu wenig fest.
Sehr zweckmäſsig erscheint dagegen in allen Theilen die in Fig. 5 bis
10 dargestellte amerikanische Maschine von J.
Ericsson in New-York (* D. R. P. Nr. 18806 vom 5. Oktober 1881). Der Cylinder ist
mit dem Mantel B in einem Stück gegossen. Auf demselben
steht das kräftige, die Kurbelwelle tragende Gestell D.
Der Kolben ist als Trunkkolben ausgeführt. Die Pleuelstange hat 18 Kurbellängen,
macht folglich nur geringe Pendelschwingungen. Die hohle Kolbenstange, durch welche
die Pleuelstange hindurchgreift, konnte daher auch verhältniſsmäſsig dünn genommen
werden. Der in dem unteren Auge der Kurbelstange befestigte Zapfen a bewegt sich in einem zweitheiligen scheibenförmigen
Lager (vgl. Fig. 10),
welches sich oben gegen einen Vorsprung im Kolbenkörper stützt und durch die
Verschluſsplatte d (Fig. 5 und
6) gehalten wird. Die den unteren Kopf der Kurbelstange umgebende Höhlung
wird ganz mit Schmiermaterial angefüllt, welches durch die hohle Kolbenstange bequem
eingebracht werden kann. Der rahmenförmige Schieber, welcher sich unter einer
⊓-förmigen, leicht nachstellbaren Platte bewegt und so möglichst gut entlastet ist,
wird von einer Stirnkurbel statt von einem Excenter bewegt. Der obere Kopf der
Schieberkurbelstange (Fig. 8 und
9) ist mit Hilfe zweier Muttern x, x1 auf der Stange befestigt; die auf dem
Ende der Stange befindlichen Muttern y, y1 dienen zum Nachstellen der Lagerschale.
Der Kreuzkopf der Schieberstange ist kolbenförmig und mittels Lederstulpliderung
in einem am Gestell befestigten Führungscylinder abgedichtet. In diesen wird
oberhalb des Kolbens eine Schicht Schmieröl eingegossen. Auf den beiden Kurbelannen
sind genau aufgepafete, theilweise durchbrochene Scheiben E und E1
concentrisch zur Welle festgeklemmt, welche als Gegengewicht des Kurbelzapfens und
der Arme dienen und zugleich die Stelle eines Schwungrades vertreten. Zur Schmierung
der Kurbelzapfen sind nicht die gewöhnlichen Dochte verwendet, sondern es ist in das
Schmierröhrchen (vgl. Fig. 6) eine
Rolle, aus einem ziemlich fest zusammengewickelten Streifen Leinwand o. dgl.
bestehend, eingeschoben. Diese Rolle wird durch einen Stift so gehalten, daſs sie
den Kurbelzapfen berührt. Beim Gange der Maschine wird das in der Schmierkammer
befindliche Oel in das Röhrchen hineingeschleudert und gelangt dann je nach der
Wickelung der Rolle in gröſserer oder geringerer Menge an den Zapfen. Auf diese
Weise soll sich eine bessere und sparsamere Schmierung als mit Dochten erreichen
lassen.
Eine zweite amerikanische Maschine von ganz eigenartiger Anordnung ist nach dem American Engineer, 1881 S. 229 in Fig. 11 bis
16 Taf. 17 abgebildet. Dieselbe – zuerst vor etwa 10 Jahren von Smee in Syracuse, N.-Y., gebaut – wurde unter dem Namen
Straight-Line-Engine bekannt, mehrfach verbessert
und wird jetzt von der Straight-Line-Engine-Company in
Syracuse ausgeführt. Auf der Ausstellung zu Chicago 1881 diente sie zum Betrieb von
dynamo-elektrischen Maschinen für Beleuchtungszwecke. Die Haupteigenthümlichkeit
dieser liegenden Maschine besteht darin, daſs nahezu alle unbeweglichen Theile,
nämlich der Cylinder mit dem Mantel, dem Schieberkasten und dem inneren Deckel,
ferner das ganze Gestell mit der Kreuzkopfführung und die beiden Wellenlager,
zusammen ein einziges Guſsstück bilden. Dasselbe ruht auf 3 Böcken a, b und c und zwar bei
b und c in
Kugellagern. Der äuſsere Cylinderdeckel und der Schieberkastendeckel sind
aufgeschabt und ohne Packung gedichtet. Kolben und Kreuzkopf (vgl. Fig. 16)
sind lang; ersterer ist statt der Liderung mit nur zwei Ringnuthen versehen. Alle
Packungen sind vermieden. Die Kolben- und die Schieberstangen werden in langen
Büchsen aus Babbitt-Metall geführt, welche die Stopfbüchsen ersetzen. Fig.
15 zeigt die Abdichtung der Kolbenstange. Die Hülse legt sich, ein wenig
beweglich, dicht gegen einen abgeschliffenen Vorsprung des Guſskörpers; ihr
Eigengewicht wird durch eine Feder getragen. Alle Stangen und Bolzen sind aus Stahl.
Der Kreuzkopfzapfen ist drehbar im Kreuzkopf und in der Kurbelstange, welche einen
elliptischen Querschnitt hat, mittels Schraube festgeklemmt (Fig. 14).
Der Schieber ist in ähnlicher Weise wie bei der vorigen Maschine entlastet. Er ist
mit der Excenterstange nicht direkt, sondern mittels eines doppelarmigen Hebels
verbunden.
Die Maschine ist mit einer selbstthätigen Regulirung und zwar durch Veränderung des
Schieberhubes versehen. Der hierzu dienende Regulator
wirkt in ähnlicher Weise
wie der in England vielfach gebräuchliche Hartnell'sche
Regulator (vgl. 1871 202 * 1. 1873 207 * 447). Die Excenterscheibe ist nicht auf der Welle fest, sondern an
einem Arm de (Fig. 11),
welcher bei d um einen in der Nabe des einen
Schwungrades steckenden Bolzen drehbar ist, angebracht. Das andere Ende e ist durch Zugstangen z
einerseits mit dem um n drehbaren, ebenfalls am
Schwungrad gelagerten Centrifugalpendel p, andererseits
mit einer kräftigen Feder f verbunden. Die
Excenterscheibe ist nun so angeordnet, daſs die Excentricität, folglich auch der
Schieberhub durch Drehung um d um so kleiner wird, je
weiter in Folge zunehmender Geschwindigkeit das Pendelgewicht p sich von der Welle entfernt. Die Lagerschalen der
Kurbelwelle und des Kurbelstangenkopfes sind mit Babbitt-Metall ausgegossen. Die
Schwungräder erscheinen übrigens für sehr hohe Umlaufzahlen unnöthig groſs.
Zweckmäſsig würde es sein, den Cylinderdurchmesser gröſser, den Kolbenhub kleiner zu
nehmen.
Eine kleine vertikale Maschine mit oben liegendem Cylinder von Gebrüder Tangye in Soho bei Birmingham ist in Fig.
17 Taf. 17 veranschaulicht. Dieselbe ist speciell zur Anwendung für
elektrische Beleuchtung bestimmt. Das Gestell besteht aus einem Sockel, einem
kräftigen Hohlguſsständer mit der Kreuzkopfführung und zwei schmiedeisernen Säulen.
Der Cylinder ist von einem Dampfmantel umgeben. Der einseitig geführte Kreuzkopf ist
von Schmiedeisen und mit einem Schuh aus Bronze versehen. Die Maschine arbeitet mit
Meyer'scher Schiebersteuerung, wobei die Füllung
von Hand zwischen den Grenzen 0 und ¾ verändert werden kann. Der Regulator (vgl.
1870 196 * 108) wirkt auf einen cylindrischen
Drosselschieber k (Fig. 18).
v ist das Absperrventil. Die Belastungsfeder des
Regulators ist ziehend statt drückend angeordnet, um Reibungen in der Feder zu
vermeiden. Durch ein stellbares Gegengewicht D läſst
sich die Belastung verändern.
(Forts. folgt.)