Titel: | Eisenbahnräder mit Radscheiben aus Papier. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 222 |
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Eisenbahnräder mit Radscheiben aus
Papier.
Mit Abbildung auf Tafel 16.
Eisenbahnräder mit Radscheiben aus Papier.
Im Anschluſs an die einschlägigen Mittheilungen in D. p.
J. 1882 245 520, 1881 242 68 u.s.w. ist in Fig. 14
Taf. 16 ein Eisenbahnwagenrad mit Abmessungen aller Theile dargestellt, wie dasselbe
nach Obermaschinenmeister Hennig (Glaser's Annalen, 1882 Bd. 10 S. 252) bei der
Berlin-Anhaltischen Bahn zur Anwendung gelangt.
Wie schon in früheren Berichten wiederholt bemerkt wurde, so könnten Eisenbahnräder,
sofern sie aus weichem Material dauerhaft herzustellen
wären, die Stöſse wesentlich gemildert auf die Wagenkasten übertragen und auch das
durch die Stöſse und den Lauf der Räder auf den Schienen erzeugte Geräusch würde
bedeutend geringer sein. Die Sicherheit und die Haltbarkeit der Räder erfordern aber
immer die Verwendung von Eisen oder Stahl für Radreifen sowie für Radnabe und nur
der Raum zwischen beiden, welchen die Radspeichen einnehmen, bietet Gelegenheit, ein
anderes Material als Eisen zu verwenden. Bereits vor mehr als 30 Jahren (vgl. 1846
101 * 382. 1880 235 * 264)
wurden Räder, bei denen dieser Raum mit Holz ausgefüllt war, gefertigt und benutzt.
Obgleich diese Räder die beregten Vortheile gewährten, so erwiesen dieselben sich
doch wenig haltbar, weil die Radscheiben aus Holzsegmenten zusammengesetzt waren,
diese zusammentrockneten und von einander sich trennten. Auf den Eisenbahnen in Amerika
wendet man deshalb seit längerer Zeit Radscheiben aus gepreſster Papiermasse an,
welche aus einem Stück bestehen, sonach den erwähnten Nachtheil der Holzräder nicht
haben und dauerhafter als diese sein sollen. In Deutschland sind dergleichen Räder
auf Veranlassung des Eisenbahndirektors Finkbein im
vorigen Jahre von Gebrüder van der Zypen zu Deutz
gefertigt worden, wozu die Rad Scheiben aus Papiermasse die Fabrik der Gebrüder Adt zu Forbach (vgl. 1881 242 68) lieferte. Soweit die Construction dieser Räder
bekannt geworden, hat die Nabenscheibe einen geringen Durchmesser und ist die aus
Papiermasse hergestellte Radscheibe mit jener nur durch 8 Schraubenbolzen
verbunden.
Wenngleich nun diese Räder zweifelsohne den vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen
werden, so hat doch die Direktion der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn geglaubt, bei
gleichzeitiger Anwendung der Radscheiben aus Papiermasse den Rädern mit
vergröſserter Nabenscheibe den Vorzug geben zu müssen, und hat demzufolge die Firma
F. Krupp in Essen beauftragt, eine Anzahl Räder
nach dem in Fig. 14
Taf. 16 ersichtlichen Plan anzufertigen. A ist die Nabe
mit der Nabenscheibe A1, welche bis nahe an den Radreifen reicht; B bezeichnet die Radscheibe aus Papiermasse, C den auf die Radscheibe fest ausgepreisten Radreifen aus Stahl. D sind zwei eiserne Klammerringe, welche in den Reifen
eingreifen und mit der Nabenscheibe und Radscheibe verbolzt sind, so daſs, wenn der
Reifen in Stücke brechen sollte, letztere nicht vom Rade sich entfernen können. 8
Bolzen E bezieh. 12 Bolzen E1 verbinden Naben- und Radscheibe mit
einander.
Bezüglich der Papiermasse ist dem Fabrikanten vorgeschrieben, daſs dieselbe gleich
einer vorgelegten Probe die Festigkeit des Holzes und ein specifisches Gewicht von
0,94 haben soll und nicht hygroskopisch sein darf, also den Witterungseinflüssen
widerstehen muſs.
Die Sicherheit der Räder steht hiernach wohl auſser Frage. Berücksichtigt man, daſs
die Radscheibe aus Papiermasse sehr leicht ersetzt werden kann, daſs die Radreifen
verhältniſsmäſsig wesentlich geringer sich abnutzen als bei ganz eisernen Rädern und
daſs die Räder die Stöſse, welche sie unter den Wagen während der Fahrt erleiden,
mehr abschwächen und sonach weniger Geräusch erzeugen, so sind diese Vortheile doch
derart, daſs eine Verwendung dieser Räder unter Personenwagen auch auf den deutschen
Eisenbahnen wohl angezeigt erscheint.