Titel: | Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenhüttenleute. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 148 |
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Generalversammlung des Vereins deutscher
Eisenhüttenleute.
(Schluſs des Berichtes S. 95 d. Bd.)
Generalversammlung des Vereins deutscher
Eisenhüttenleute.
Die Herstellung von Bessemer-Roheisen bespricht G. Hilgenstock. Als vor etwa 17 Jahren der
beschleunigte Puddelprozeſs, das Bessemern, in Deutschland eingeführt wurde (in
Horde wurde die erste Bessemerhitze am 22. April 1864 geblasen), da wuſste man von
dem zu diesem Prozeſs verwendbaren Roheisen zunächst nur, daſs es ein graues, von
Phosphor und Schwefel möglichst freies Eisen sein muſste. Man wählte daher von
Phosphor möglichst freie Erze, erhöhte den Kokessatz und hielt schon des stets
auftretenden Schwefels wegen die Schlacke basisch. Ein i. J. 1864 in Westfalen
erblasenes Bessemer-Roheisen enthielt 0,06 Proc. Phosphor, 0,01 Proc. Schwefel, 4,07
Proc. Silicium und 7,43 Proc. Mangan. Bei der Rolle, welche unter unseren
inländischen, von Phosphor freien Erzen der Spatheisenstein spielt, kann bei diesem
deutschen Bessemer-Roheisen der hohe Mangangehalt nicht überraschen, welcher denn
auch lange Zeit hindurch den wesentlichsten Unterschied dem englischen
Bessemer-Roheisen gegenüber bildete. Der etwas höhere Phosphorgehalt erklärt sich
daraus, daſs wir mit dem inländischen Material nicht unter 0,06 Proc. kommen können, da die besten Erze durchschnittlich 0,02 Proc.
Phosphor, die Kokeskohle
Silicium
Mangan
Schwefel
Phosphor
Kohlen-stoff
Kupfer
Januar 1867
4,216
6,195
0,029
0,097
–
–
April 1867
1,842
3,45
–
0,124
–
–
September 1868
4,383
6,115
0,045
0,088
2,850,55
0,22
Oktober 1868
3,689
5,97
0,06
0,085
3,2170,76
0,181
März 1871
3,80
7,13
–
0,078
–
–
April 1871
2,00
10,58
–
0,11
3,500,78
0,08
Mai 1871
3,218
6,336
0,029
0,065
4,069
–
Februar 1872
1,50
2,87
0,24
–
–
November 1873
4,05
5,65
–
0,076
–
–
Oktober 1874
2,36
3,384
–
0,083
–
–
Oktober 1874
1,39
4,92
–
0,102
–
–
September 1875
2,70
7,10
Spur
0,09
–
–
November 1875
2,52
5,81
0,01
0,055
0,176
November 1875
1,99
4,01
0,03
–
–
0,22
September 1877
1,92
3,89
–
0,085
–
–
Januar 1878
2,22
3,37
0,040
0,093
–
0,18
aus dem Ruhrbecken mindestens 0,1 Proc. Phosphor enthält, so
daſs im günstigsten Falle 0,04 Proc. Phosphor aus dem Erz und 0,02 Proc. aus den
Kokes ins Bessemer-Eisen gehen. Uebrigens enthielt auch das englische
Bessemer-Roheisen nicht selten 0,13 Proc. Phosphor (vgl. S. 101 d. Bd.). Deutsche
Bessemer-Roheisen von verschiedenen Orten und Jahrgängen zeigten u.a. obige
Zusammensetzung.
Erst im Laufe der Jahre ist dem Verhältniſs der beiden Wärmespender, Silicium und
Mangan, zu einander mehr Aufmerksamkeit gewidmet worden und heute wird wohl kein
Bessemer-Roheisen mehr ohne vorgeschriebene Analyse erblasen. Diese Vorschrift
erstreckt sich auſser auf möglichst wenig Phosphor, Schwefel und Kupfer auf
mindestens 2 Proc. Silicium, während sie in Bezug auf den Mangangehalt noch von 2
bis 5 Proc. schwankt. Es wird auch heute Bessemer-Eisen mit 2 bis 2,5 Proc. Silicium
und 4 bis 5 Proc. Mangan verarbeitet und kann man aus einem Roheisen von 2,5 Proc.
Silicium- und 5 Proc. Mangangehalt noch einen gleich guten Stahl erblasen, wie mit
einem gleichen Siliciumgehalt und 2 Proc. oder noch weniger Mangan. Gegen den
höheren Mangangehalt spricht der gröſsere Abbrand und die schnellere Abnutzung des
Birnenbodens. Uebrigens schwanken auch englische Marken ganz bedenklich in ihrer
Zusammensetzung, mehr als man von deren Rufe erwarten sollte, da man Analysen mit
1,73 bis 5,01 Proc. Silicium und 0,22 bis 3,31 Proc. Mangan sieht.
Die Aufgabe, ein verhältniſsmäſsig hoch silicirtes und hoch gekohltes Eisen zu
erblasen in Verbindung mit vermehrter Production, muſste nun bei unserem
Hochofenbetriebe namentlich zu einer höheren Temperatur der vermehrten Windmenge und
zur Vergröſserung des Ofenraumes führen.
Um die Windtemperatur zu erhöhen, erfolgte zunächst die Vermehrung 4er Heizfläche an
eisernen Heizapparaten; dann aber – und gerade das Bessemer-Roheisen war es, das
hierzu den Anstoſs gab, – fand i. J. 1872 das Regenerativsystem in den Cowper'schen und Whitwell'schen Apparaten Eingang, welche in England ausgebildete deutsche
Erfindungen sind. Es ist ja bekannt, daſs z.B. in Horde schon i. J. 1866 und schon
i. J. 1864 in Troisdorf solche Apparate in Betrieb waren, welche unbedingt als das
Modell für die englische Erfindung gelten müssen. Hatten die ersten
Whitwell-Apparate bei etwa 7m Durchmesser und 9m Höhe etwa 1000qm Heizfläche, so blieb man auch bei dieser nicht gar lange stehen und
heute werden diese Apparate 16 bis 18m und wohl
noch höher gebaut.
Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daſs für unsere heutigen
Productionsverhaltnisse diese Apparate vor den eisernen Röhrenapparaten überwiegende
Vortheile bieten, wenn auch bei diesen die benutzbare Windtemperatur wohl nicht
regelmäſsig über 600° hinausgeht. Zur Vermehrung der Production, welche in
unerwartet hohem Grade nach dem Kriege 1870/71 für unsere Hochöfen sich als geboten
erwies, muſste die Erfahrung als Richtschnur dienen, daſs man mit den bis dahin
betriebenen Oefen von durchschnittlich etwa 170cbm
Inhalt wesentlich mehr als 40t in 24 Stunden
grauen Bessemer-Roheisens mit ökonomischem Erfolge zu erzeugen nicht im Stande war,
d.h. die Erkenntniſs, daſs man für 1t
Bessemer-Roheisen in 24 Stunden mindestens 4cbm
Ofenraum nöthig hatte, muſste dazu führen, neben der Verstärkung der Gebläsekraft
von 200 auf 500cbm und mehr für Ofen und Minute
und Erhöhung der Windtemperatur auch gröſsere Oefen anzuwenden; so entstanden
anfangs der 70er Jahre jene erweiterten Neuzustellungen und neuen Hochöfen bis zu
400cbm Inhalt, die denn auch mit Leichtigkeit
ihre Production auf 100t täglich steigerten. Man
erreichte damit ja noch nicht entfernt die Gröſse der englischen Hochöfen von 700,
ja 1100 bis 1200cbm aus dem J. 1870; die
Production solcher Kolosse hat sich bekanntlich durchaus nicht proportional ihrer
Gröſse gehoben.
Hand in Hand mit diesen Fortschritten ging eine Umschau nach den hochhaltigen, von
Phosphor freien Erzen, deren Einfuhr aus Spanien (vgl. 44 d. Bd.), Afrika u.s.w.
seitdem immer gewaltiger wurde. Mit dem gesteigerten Verbrauch dieser Erze verknüpft
sich ein Fortschritt der Hochofentechnik. Bis dahin bestand fast allgemein die
Anschauung, daſs zur Sicherung eines hinreichenden Siliciumgehaltes in
Bessemer-Roheisen es unumgänglich nothwendig sei, das Verhältniſs des Roheisens zur
Schlacke mindestens nicht über 1 : 1 hinausgehen zu lassen; man glaubte sich genöthigt, das
hohe Ausbringen reichhaltiger Erze durch Zuschlag kieseliger Rotheisensteine und
armer Brauneisensteine zu diesem Zwecke zu mäſsigen. Heute wissen wir, daſs wir auch
bei nur 0,6 Schlacke auf 1 Roheisen z.B. ein vorzüglich silicirtes und gekohltes
grobkörniges Bessemereisen erblasen können. Soll freilich der Siliciumgehalt
regelmäſsig über 5 Proc. betragen, das erhaltene Eisen Ferrosilicium sein, dann
greift man zweckmäſsig auf ein hohes Schlackenverhältniſs zurück.
Die Frage der Beschaffung der Bessemererze muſste, nachdem die Erfahrung mehr und
mehr Platz griff, daſs namentlich beim Bessemer-Roheisenbetriebe die durchweg Mangan
haltige basische Schlacke das Roheisen vor dem Schwefel durch Ueberführung desselben
in die Schlacke fast absolut schützt, dazu führen, ältere Versuche zur Verhüttung
der Schwefelkiesabbrände von den Schwefelsäurefabriken, welche vollständig von
Phosphor frei, aber mehr oder weniger noch Schwefel haltig sind, wieder aufzunehmen.
Der Erfolg war der, daſs seit Mitte der 70 er Jahre jährlich Tausende von Tonnen
dieser Abbrände auf Bessemereisen verhüttet werden. Einschränkend wirkt beim
Verbrauch allerdings die Staubform, insbesondere der der Kupferextraction
unterworfenen Abbrände spanischer Kiese und der hohe Zinkgehalt eines Theiles
unserer inländischen Kiese. Von den Abbränden der älteren Haldebestände chemischer
Fabriken sind 20 Procent der Erzmischung verhüttet worden, ohne in dem noch grauen
Bessemer-Roheisen mehr als Spuren von Schwefel zu finden, obwohl diese Abbrände noch
etwa 6 Proc. Schwefel enthielten, also in der Mischung auf 100 Eisen etwa 2,5 Proc.
Schwefel kommen.
Es konnte nicht ausbleiben, daſs die Darstellung des Bessemer-Roheisens, in
Verbindung mit der allgemeinen Vermehrung der Production für den Ofen sich besonders
noch in Bezug auf die Haltbarkeit der Zustellungen geltend machen muſste. Bedingt
schon die bedeutend höhere Temperatur beim Erblasen von Bessemer-Roheisen gegenüber
dem von weiſsem Puddeleisen eine schnellere Abnutzung der feuerfesten Wandungen, so
muſsten diese noch mehr abgenutzt werden, als sie den Angriffen des doppelten und
mehrfachen der früheren Massen von der höheren Temperatur ausgesetzt wurden. So
sehen wir denn, daſs seit der Einführung des Bessemer-Roheisens die
durchschnittliche Haltbarkeit unserer Hochofenzustellung schnell abgenommen hat.
Daſs das beste feuerfeste Material Wasser, ist ein alter Satz und so finden wir bei
den in Rede stehenden Ofen von der Wasserkühlung den umfassendsten Gebrauch gemacht,
sowohl bei den Schächten, als auch dem Gestell und der Rast. Das Einmauern der
Schächte wurde vollständig fallen gelassen und die vorhandenen dieser Bauart
muſsten, um sich zu erhalten, innerhalb des Mauerwerkes freigelegt werden. Hilgenstock hat von der Kühlung durch Bespritzen des
offenen Kühlraumes bei den Windformen Gebrauch gemacht; seit einer Reihe von Jahren
liegen ausschlieſslich Formen mit offener Kühlung, im Ganzen 28 Stück, im Feuer und
ist er seit der Zeit von jenen heillosen Störungen verschont worden, die nur Formen
mit geschlossener Kühlung hervorrufen können (vgl. 1880 237 * 133). Die sogen. offene Kühlung muſs um so wirksamer sein bei
gleichen Wassermengen, als ein Theil des Wassers verdampft.
Wenn man nun heute unter Bessemer-Roheisen ein Eisen
versteht mit weniger als 0,1 Proc. Phosphor und 0,05 Proc. Schwefel, 0,1 bis 0,2
Proc. Kupfer, mindestens 2 Proc. Silicium, 2 bis 3 Proc. und mehr Mangan und 3,5 bis
4,5 Proc. Kohlenstoff und berücksichtigt, daſs die Darstellung dieses Eisens des
hohen Siliciumgehaltes wegen einen erhöhten Kokesaufwand wie graues Eisen überhaupt
erfordert, daſs die Beschaffung der nöthigen von Phosphor freien Erze die
Masseneinfuhr ausländischer Erze herbeiführte und daſs für den Hochofenmann der
Betrieb auf Bessemereisen den schnellen Ruin neuer Zustellungen bedeutet und eine
Vermehrung der Production ganz besonders die Vergröſserung der Oefen bedingte, so
bietet das Thomas-Roheisen und dessen Darstellung in
allen Punkten fast ein anderes und meist entgegengesetztes Bild.
Als es im J. 1879 feststand (in Horde wurde die erste Thomas-Hitze am 22. September
1879 geblasen), daſs man durch den basischen Prozeſs die Phosphorsäure auch beim
Bessemern in die Schlacke bringen und den Stahl oder das Fluſseisen vor dem Phosphor
schützen kann (vgl. 1879 233 44), da muſste man sich sofort sagen, daſs der
Phosphor bei dem neuen Prozeſs an Stelle des Siliciums einen Theil des nöthigen
Brennstoffes bilden werde. In der That unterlag es gar bald keinem Zweifel mehr,
daſs das zum Entphosphoren gute Eisen nicht mehr grau zu sein brauchte und nicht
länger dauerte es, den Charakter dieses Eisens ganz genau umschreiben zu können,
mindestens ebenso genau wie den des Roheisens für den sauren Prozeſs, d.h. 2 bis 3
Proc. Phosphor, 2 bis 2,5 Proc. Mangan, 2,5 bis 3,5 Proc. Kohlenstoff, unter 1 Proc.
Silicium, möglichst wenig Schwefel, jedenfalls unter 0,1, da ja beim basischen
Prozeſs nur die Hälfte etwa entfernt wird.
Für den Hochofenmann bedeutet diese Analyse – beim Phosphor das Komma nur um 1 Stelle
nach links gedrückt – ein gutes mäſsig strahliges Puddeleisen, was für den
Hohofenbetrieb besonders betont werden muſs, bei den vielfachen Erörterungen über
den Entphosphorungsprozeſs aber noch nicht hinreichend hervor gehoben ist. Der Hochofenbetrieb auf Thomaseisen ist der einfachste und
günstigste, den wir kennen. Die angegebene Zusammensetzung sagt, daſs das
Thomaseisen weit über Treibeisen stehen soll, daſs also der Hochofengang so warm
geführt werden kann und muſs, um Rohgang, wenn keine auſserordentlichen, nicht
vorher zu erkennenden Störungen eintreten, vollständig auszuschlieſsen. Andererseits
darf das Eisen mehr strahlig und halbirt fallen, ohne an seiner Qualität irgendwie
Einbuſse zu erleiden. Es ist klar, welcher auſserordentliche Abstand zwischen dem
Erblasen eines solchen Eisens und dem des grauen Bessemereisens mit garantirtem
Siliciumgehalt liegt.
Die Angabe, daſs die Phosphorsäure der Erze schwer reducirbar sei, kann Hilgenstock nicht bestätigen. Jedenfalls ist bei den
Phosphormengen, welche beim Thomaseisen in Betracht kommen, die Affinität des
Phosphors zum Eisen in hoher Temperatur zu groſs, als daſs die Phosphorsäure nicht
mit Leichtigkeit reducirt und der Phosphor ins Roheisen übergeführt werden sollte.
Allerdings erfordert die vorhandene Phosphorsäure ihr Aequivalent Kohlenstoff in
Gestalt von Kohlenoxyd zur Reduction und von der Hochofenschlacke der Ilseder Hütte
ist es ja längst bekannt, daſs man in ihr bis zu 0,5 Proc. nachweisen kann. Daſs in
dem entsprechenden Gichtstaub auch 0,44 Proc. Phosphor gefunden wurden, ist
erklärlich. Wir dürfen daher im Allgemeinen sagen, daſs die Phosphorsäure der Erze
beim Erblasen von Thomaseisen noch vollständig reducirt wird, und sind somit in der
Lage, aus dem Phosphorgehalt der Erze den des Thomaseisens ziemlich genau im Voraus
bestimmen zu können.
Die Darstellung des Thomaseisens erfordert nicht entfernt so viel Ofenraum wie die
des Bessemereisens. Muſs man für letzteres 4cbm
für 1t in 24 Stunden rechnen, so kommt man für
Thomaseisen mit 2,5 bis 3cbm aus und man erbläst
täglich 100t Thomaseisen in einem Ofen von nur 250
bis 300cbm mit demselben ökonomischen Erfolge wie
dieselbe Menge Bessemereisen im Ofen von 400cbm
Inhalt. Es ist daher fraglich, ob es überhaupt noch zweckmäſsig sei, Oefen auf mehr
als 100t tägliche Production zuzustellen, wenn es
Thatsache ist, daſs eine weitere Erhöhung der Oefen keine entsprechende Verminderung
des Kokesverbrauches zur Folge gehabt hat.
Es ist in den Erörterungen über die Kosten des Thomasverfahrens vielfach die Frage
berührt worden, um wie viel das Thomaseisen billiger darzustellen ist als das
Bessemereisen; Hilgenstock möchte den Unterschied bei
jetzigen Rohmaterialpreisen auf 22 bis 23 M. für 1t angeben. Das Thomaseisen erfordert mindestens 400k Kokes für 1t
weniger als das Bessemereisen, welche 4 bis 5 M. kosten und für Erze und Kalksteine
18 M. Es ist dabei nicht berücksichtigt, daſs bei Thomaseisen auſserdem bei sonst
gleichen Betriebsmitteln die Löhne und Betriebsunkosten erheblich geringer sind als
bei Bessemerroheisen.
Massenetz hebt bei der Besprechung dieses Vortrages
hervor, daſs die Rheinisch-westfälische Roheisenindustrie nicht concurriren kann mit
dem ungemein billigen, allerdings auch schlechteren englischen Eisen. Als die
Gieſserei-Roheisenproduction von 8 Werken dieses Bezirkes aufgenommen wurde, da ist
von diesen Werken in der bewuſsten Absicht vorgegangen worden, dem schottischen
Eisen Concurrenz zu machen; es wurde von vorn herein auf den vergeblichen Versuch
verzichtet, das Cleveland-Eisen zu ersetzen. Der westfälische Hochofentechniker ist
verurtheilt, mit einer ganzen Musterkarte von zum gröſseren Theil weit hergeholten Erzen zu
arbeiten, und durch die mannigfaltige und wechselnde Zusammensetzung dieser Erze
wird der Hochofenbetrieb sehr erschwert und sind wir deshalb den Engländern
gegenüber bezüglich der Massenproduction zurückgeblieben. Die Technik des Hochofenbetriebes ist dagegen nirgends
besser ausgebildet als bei uns.
Wo wie im Clevelanddistrict oder in Luxemburg nur eine oder zwei Erzsorten von
gleichmäſsiger Zusammensetzung und gleichbleibendem Aggregatzustand verarbeitet
werden, da haben sich typische Formen der Hochöfen ausgebildet und es werden im
Wesentlichen von einzelnen Hütten nur die Gröſsenverhältnisse überhaupt geändert.
Bei uns aber spricht der Aggregatzustand der Erze, die Tragfähigkeit der Kokes und
die verlangte Eisenqualität bezüglich der den Hochöfen zu gebenden Form und des
Fassungsraumes ein gewichtiges Wort mit. Das Verhältniſs zwischen der Weite von
Gicht, Kohlensack und Gestell ist ganz anders zu wählen, wenn auf Mangan haltiges
Puddelroheisen, als wenn auf Gieſsereiroheisen oder Bessemerroheisen gearbeitet
werden soll. Die Hochofentechniker werden sich daher Rechenschaft geben müssen,
welche Form sie ihrem Hochofen geben wollen, wenn sie auf eine bestimmte Qualität
Eisen hinzuarbeiten haben. Auch auf den Erfolg der Windheizapparate übt die
Zusammensetzung der Erze einen nicht zu unterschätzenden Einfluſs aus, sowohl
bezüglich der Menge als der chemischen Wirkung des Flugstaubes. Wenn man Erze von
ziemlich hohem Mangangehalt in mit Whitwell'schen oder
Cowper'schen Apparaten versehenen Hochöfen
verarbeitet, so sinkt der Erfolg dieser im Uebrigen vorzüglichen Heizapparate sehr
rasch und die theilweise Verschlackung des feuerfesten Materials dieser Apparate
macht häufige, zeitraubende und kostspielige Reparaturen nothwendig. Es ist ferner
wichtig, gerade die Form der Hochöfen zu berücksichtigen, weil die Production von
weiſsem Roheisen in groſsen Massen heute wieder mehr in den Vordergrund tritt. Man
hat in den letzten Jahrzehnten darauf hingearbeitet, möglichst viel graues Roheisen
unter möglichst günstigen Bedingungen zu erzielen. Die Zukunft wird dahin führen,
daſs man die andere Frage zu lösen sucht: unter welchen günstigen Bedingungen man
möglichst viel weiſses Roheisen in den Hochöfen erzielt. Die Frage nach der
zweckmäſsigen Maximalhöhe der Hochöfen läſst sich für unsere Verhältnisse dahin
beantworten, daſs wir bei einer Höhe zwischen 20 und 23m stehen bleiben müssen; darüber hinaus werden wir voraussichtlich keinen
Vortheil haben. Wenn wir weiſses Roheisen machen wollen, so werden wir keine
Hochöfen mit weiter Gicht und verhältniſsmäſsig engem Kohlensack und engem Gestell
construiren dürfen, sondern wir werden uns zweckmäſsig der älteren Form anpassen
müssen und enge Gicht, weite Kohlensäcke und weites Gestell verwenden. Beim Arbeiten
auf graues Roheisen dagegen kann die Gicht erweitert und muſs, wenn wir mit
möglichster Oekonomie des Brennstoffverbrauches arbeiten wollen, der Raum zwischen
den Formen enger gehalten werden, als wenn wir weiſses Eisen erzeugen wollen. Die
neueren in unserem Bezirke gebauten groſsen Hochöfen, welche auf graues Eisen
vortrefflich arbeiten, haben beim Erblasen von weiſsem Eisen vielfach wenig günstige
Resultate geliefert.
Fehland bemerkt noch, daſs der Ofen in Geisweid gleiche
Weite im Kohlensack und an der Gicht, also cylindrischen Schacht, abweichend von
allen siegerländischen Oefen, hat. Er liefert oft in demselben Monate Bessemer-,
Spiegel- und Puddeleisen, welche doch Erze sehr verschiedener Natur erfordern, unter
sehr günstigem Kokesverbrauche. Ueber die Form dieses Ofens hat man sich allerdings
vielfach aufgehalten; doch scheint derselbe jetzt einer der besten des Siegerlandes
zu sein.