Titel: | Telephonische Musikübertragungen in München. |
Autor: | E–e. |
Fundstelle: | Band 246, Jahrgang 1882, S. 130 |
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Telephonische Musikübertragungen in
München.
Telephonische Musikübertragungen in München.
Auch die Elektricitätsausstellung im Glaspalaste zu München hat reichlichen Anlaſs
gegeben, musikalische Aufführungen telephonisch in anderen Räumen genieſsbar zu
machen (vgl. 1882 243 264).
In erster Reihe ist die Uebertragung der Oper aus dem Hoftheater nach dem Glaspalaste zu nennen. Diese Anlage ist von J. Berliner in Hannover ausgeführt worden, welcher dazu
nur zwei zwischen Hoftheater und Glaspalast gespannte Drähte verlangt hatte, weil er
die im Hoftheater aufzustellenden 4 Inductoren parallelBei
Uebertragung auf sehr weite Entfernungen hält Berliner die Hintereinanderschaltung der Inductoren sowohl, wie
der Telephone für zweckmäſsiger. zu schalten beabsichtigte, im
Glaspalaste aber den von denselben gelieferten gemeinsamen Strom wieder in 4 Zweige
theilen und so den 4 Gruppen von Telephonen zuführen wollte. Die Generaldirektion
der Verkehrsanstalten stellte indeſs 12 Drähte zur Verfügung und von diesen wurden 5
in folgender Weise benutzt: Die Anlage ist darauf berechnet, daſs stets 16 Personen zugleich hören
können, daſs aber zugleich die Zeit, während welcher die hörenden Personen wechseln,
nicht verloren gehen sollte; daher wurden in zwei benachbarten, in geeigneter Weise
gegen äuſsere Geräusche abgeschlossenen Zimmern im Glaspalaste je 32 Telephone von
Berliner in Hannover mit Hufeisenmagnet aufgehängt,
in dem einen aber noch 4 Telephone mit Stabmagnet, wie sie jetzt die Bell Company benutzt. Die letzteren 4 bleiben beständig
eingeschaltet und stehen als Controltelephone bloſs dem Aussteller zur Verfügung;
neben ihnen befindet sich ein einfacher Kurbelumschalter mit 4 Kurbeln, mittels
dessen abwechselnd die 32 Telephone des einen und die 32 des anderen Zimmers in die
Leitungen eingeschaltet werden, und zwar zu je 8 in 4 Stromkreisen, welche aus 4
Leitungsdrähten und 1 gemeinschaftlichem Rückleitungsdrahte gebildet sind. In jedem
der 4 Stromkreise ist im Hoftheater die secundäre Rolle eines Inductors
eingeschaltet, welche aus 4000 bis 5000 Windungen eines 0mm,11 dicken Drahtes besteht und etwa 650 S-E
Widerstand hat, während die primäre Rolle 4 Lagen eines 0mm,9 dicken Drahtes mit etwa 0,4 bis 0,5 S-E
Widerstand enthält. In den Stromkreis jeder primären Rolle sind 6 groſse (16 × 30cm) Callaud-Elemente von sehr geringem innerem
Widerstand eingeschaltet und 3 Mikrophone von Berliner,
welche in ihrer Anordnung gegenüber den in D. p. J.
1881 241 237 beschriebenen einige Vereinfachungen
aufweisen. Die 3 zusammengehörigen Mikrophone liegen in Parallelschaltung, jede der
4 Batterien ist zu zwei hinter einander geschalteten dreifachen Elementen
angeordnet. Von den 12 Mikrophonen stehen 4 auf der Bühne nahe zu beiden Seiten des
Souffleurkastens, 4 auf der äuſseren Rampe über dem Orchester und 4 an der Brüstung
des ersten Ranges gleich hinter dem Orchester; jedes Mikrophon ist mit einem
Schalltrichter versehen, dessen Wände nach innen zu ein wenig gewölbt sind und
dessen nicht symmetrisch liegende Achse mit der Ebene der Schallöffnung einen Winkel
von 45° macht; die Schalltrichter der Mikrophone auf der Bühne sind der Bühne zu
gerichtet, die auf der Rampe gegen das Orchester hin und die auf der Brüstung nach
abwärts nach dem Orchester zu. Jedes Mikrophon ist mittels 4 Gummiringen von
quadratischem Querschnitt in vertikaler Stellung an einem kleinen hölzernen Bocke
aufgehängt, welcher durchbrochen ist, damit er im Lampenlichte keinen Schatten
werfe. 2 der 12 Mikrophone sind sogen. Mikrophone mit schwerer Elektrode, d.h.
solche, bei denen das pendelnde Contactstück etwas gröſser und schwerer ist, damit
in diesen beiden den stark lärmenden Musikinstrumenten (Hörnern und Trompeten)
gegenüber gestellten Mikrophonen nicht etwa durch die zu heftigen Schwingungen der
Platte Stromunterbrechungen an der Contactstelle entstehen; deshalb sind diese
beiden Mikrophone auch nur mit etwas kleinerem Schalltrichter ausgerüstet. Die 3 auf
denselben Inductor geschalteten Mikrophone befinden sich auf derselben Seite des
Theaters und jeder Hörer erhält 2 Telephone, von denen das eine mit 3 Mikrophonen
der rechten Seite, das andere mit 3 Mikrophonen der linken Seite verbunden ist, das
eine ans rechte, das andere ans linke Ohr gehalten wird.
Bei den Vorversuchen in der ersten Hälfte des Septembers wurden an 2 Abenden die 4
vom Opernhause kommenden Drähte zusammengekuppelt und mit der vom Glaspalaste
ausgehenden Telephonlinie München-Tutzing-Murnau-Oberammergau verbunden. Dabei wurde der
gemeinschaftliche Rückleitungsdraht im Glaspalaste durch eine vollständige
Telephonstation, System Berliner, an Erde gelegt, die 4
anderen Leiter aber erst durch die Telephonlinie hindurch in Oberammergau mit der
Erde verbunden; in Tutzing und in Oberammergau waren ebenfalls vollständige
Telephonstationen eingerichtet, erstere als Zwischenstation und letztere als
Endstation mit Erde; in München waren 2 Paar, in Tutzing 3 Paar, in Oberammergau 1
Paar Telephone eingeschaltet; auſserdem waren die secundären Rollen der 3 in den 3
Stationen aufgestellten Mikrophone (etwa 600 S-E) mit in dem Stromlaufe. Das
Ergebniſs war überraschend: Es konnte mit Bequemlichkeit zwischen je 2 Stationen ein
Gespräch geführt werden, ohne daſs dadurch die 3. Station im Anhören der Oper
gestört wurde. Von den aus anderen auf demselben Gestänge laufenden Leitungen
inducirten Strömen wirkten störend nur die von einer Hughes-Leitung herrührenden und
die von den Inductoren der Eisenbahnläutewerke stammenden. Es war dies der erste
Versuch, eine Operntelephonie auf gröſsere Entfernung (nahezu 100 km) zu übertragen.
Neben den 2 Berliner'schen Zimmern befinden sich zwei
ähnliche, in denen abwechselnd eine Anzahl Personen die Operetten des Theaters am Gärtnerplatze und gleichzeitig eine andere
Anzahl die Concerte des Kit'schen Colosseums hören können. Die letztere Anlage ist nach
Paterson's System von Einstein in München ausgeführt. Die Paterson'schen Mikrophone unterscheiden sich nicht wesentlich von den Gower'schen, nur laufen
bei ihnen nicht bloſs 3, sondern je 4 Kohlenstäbe von dem Mittelstück nach links und
rechts aus. Die Mikrophone sind an der Gallerie des Colosseums aufgestellt. Die
Anlage im Gärtnerplatz-Theater ist von Armin Tenner
eingerichtet worden und zwar sind im Theater links und rechts zusammen 10 Mikrophone
von Blake (vgl. 1881 241
236) aufgestellt, z. Th. an der Brüstung des ersten Ranges neben einander, z. Th.
über einander in dem Winkel hinter den etwas vorspringenden Wänden zu beiden Seiten
der Rampe und je 2 Mikrophone sind in einen der 5 nach dem Glaspalaste geführten
Drähte eingeschaltet.
Die beabsichtigte Uebertragung der Concerte des englischen Cafes in den Glaspalast
mittels des für viele Zuhörer zugleich den Musikgenuſs vermittelnden Riesentelephons von Weigele in Stuttgart war aus verschiedenen Ursachen bis Ende September noch
nicht zu wirkungsvoller Durchführung gekommen.
E–e.