Titel: | Die Bestimmung von Neutralfett in Fettsäuregemengen; von Max Gröger. |
Autor: | Max Gröger |
Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 303 |
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Die Bestimmung von Neutralfett in
Fettsäuregemengen; von Max Gröger.
Aus dem chemisch-technologischen Laboratorium von
Prof. K. Zulkowsky an der technischen Hochschule in
Brünn.
Gröger, über Bestimmung von Neutralfett in
Fettsäuregemengen.
O. Hausamann (1880 240 62)
veröffentlichte ein Verfahren zur Bestimmung von unzersetztem Fett in
Fettsäuregemengen; bei dessen Anwendung ich durchaus keine befriedigenden Resultate
erhielt, weshalb ich mich veranlaſst fand, dasselbe einer Prüfung zu unterziehen, um
so mehr, als Hausamann keine Beleganalysen anführte. Es
zeigte sich jedoch in der Folge, daſs die Methode ganz ausgezeichnet sei und die
erwähnten Miſserfolge nur in der ungenauen Beschreibung derselben ihre Ursache
hatten.
Zur Anstellung der unten beschriebenen Versuche benutzte ich frischen umgeschmolzenen
und filtrirten, sodann gänzlich entwässerten Rindstalg, sowie das nach der
Verseifung desselben mit reinem Aetzkali und nachfolgender Behandlung der
entstandenen Seife mit verdünnter Schwefelsäure abgeschiedene, sorgfältig gewaschene
und getrocknete Fettsäurengemenge.
Hausamann gibt an, daſs bei tropfen weisem Zusatz von
alkoholischer Kalilauge zu einem in Alkohol gelösten Gemenge von freien Fettsäuren
und Neutralfett nur erstere verseift werden, letzteres aber unverändert bleibt. Um
mich von der Richtigkeit dieser Angabe zu überzeugen, löste ich neutralen Rindstalg
in kochendem Weingeist, versetzte die Lösung mit einigen Tropfen alkoholischer
Phenolphtaleïnlösung und 0cc,1 halbnormal
alkoholischer Kalilösung; dieselbe färbte sich sogleich roth und die Färbung erhielt
sich, selbst in der Kochhitze, etwa 5 Minuten lang, war aber nach 10 Minuten
gänzlich verschwunden, woraus ersichtlich ist, daſs in der That die Verseifung bei
einem Ueberschusse von Neutralfett auſserordentlich langsam vor sich geht; freie
Fettsäuren, in Alkohol gelöst, verseifen sich hingegen augenblicklich.
Ich stellte zuerst durch Titration des in heiſsem Alkohol gelösten Fettsäuregemenges
mit alkoholischer Kalilauge von bekanntem Gehalte das Aequivalentgewicht desselben
(Hausamann spricht von einem mittleren
Moleculargewichte) zu 271 fest, bereitete mir sodann durch Zusammenschmelzen von
gewogenen Mengen Neutralfett und Fettsäuren verschiedene Gemische und untersuchte
dieselben nach den Angaben von Hausamann auf
Neutralfett. Derselbe schreibt vor, 5g der
fraglichen Fettsäuremasse in etwas Alkohol zu lösen, mit 1 bis 2 Tropfen
Phenolphtaleïnlösung zu versetzen und mit alkoholischem Normalalkali bis zum
Erscheinen der rothen Farbe zu titriren, ohne anzugeben, ob das Lösen und Titriren
in der Kälte oder unter Erwärmen zu geschehen habe. Bei gewöhnlicher Temperatur ist
die Titration nicht ausführbar; man müſste denn sehr groſse Mengen Alkohol
verwenden, um einerseits auch das Neutralfett in Lösung zu bringen, andererseits das
Ausscheiden von Seifenklümpchen beim Zuflieſsenlassen von Kalilauge, welche einen
groſsen Theil der Lösung einschlieſsen und vor der Einwirkung der Kalilauge
schützen, zu verhindern. Operirt man hingegen bei einer der Kochhitze des Alkohols
nahe liegenden Temperatur, so genügen für 5g
Substanz 25 bis 30cc
Alkohol vollständig zur
gänzlichen Lösung des Fettsäuregemenges sowohl, als auch der entstehenden Seife.
Die verbrauchten Cubikcentimeter Normalalkali, mit dem tausendsten Theile des
Aequivalentgewichtes des Fettsäuregemenges multiplicirt, geben die Menge freier
Fettsäuren, welche, von dem Gewichte der angewendeten Substanz abgezogen, das
Gewicht des in derselben enthaltenen Neutralfettes ergibt.
Das Aequivalentgewicht, d. i. das Gewicht des Fettsäuregemenges, welches gerade von
1l Normalalkali verseift wird, vermittelt Hausamann: A) bei gröſserem Gehalt an Neutralfett durch vollständige Verseifung mit
überschüssigem Alkali, Abscheidung der freien Fettsäuren und Titration einer
gewogenen Menge derselben mit alkoholischem Kali; B) bei kleinerem Gehalt an Neutralfett durch Erhitzen des Neutralfett haltigen
Fettsäuregemenges mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge „bis zur
vollständigen Lösung“ und Zurücktitriren mit Normaloxalsäure. Man erfährt so
die Anzahl Cubikcentimeter Normalalkali, welche nothweudig sind, um ein bestimmtes
Gewicht des Gemenges vollständig zu verseifen. Hätte man p Gramm mit ncc Normalkalilauge verseift und mit mcc Normaloxalsäure zurücktitrirt, so ergibt sich
unter Vernachlässigung der geringen Menge des Glycerinrestes (C3H2), welcher in der
Substanz enthalten ist, das Aequivalentgewicht A aus
der Proportion p\,:\,A=(n-m)\,:\,1000 sehr annähernd zu
A=\frac{1000\,p}{n-m}.
Ich erhielt nun bei der Untersuchung der erwähnten Gemische folgende Resultate: In
der Spalte I (der unten stehenden Tabelle) ist der wirkliche, in Spalte II der unter
Zugrundelegung des Aequivalentgewichtes 271 der abgeschiedenen freien Fettsäure
berechnete und in Spalte III der mit Benutzung des nach (B) bestimmten
Aequivalentgewichtes der Fettsäuren berechnete Procentgehalt an Neutralfett
enthalten:
I
II
III
13,15
13,40
5,50
5,02
4,84
3,21
12,58
12,81
10,72
6,94
6,96
2,78
3,12
3,30
2,71
0,73
0,61
0,61
Die Zahlen in Spalte I und II stimmen sehr gut überein, hingegen weichen die Zahlen
in Spalte III sehr weit von den richtigen ab und sind fast alle zu niedrig. Diese
Abweichungen glaubte ich mir anfangs nur durch die Annahme erklären zu können, daſs
der angewendete Rindstalg nicht nur aus Triglyceriden zusammengesetzt sei, und
suchte daher die procentische Menge der in demselben enthaltenen Fettsäuren zu
bestimmen, und zwar durch Erwärmen mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge bis
zur vollständigen Lösung und Zurücktitriren mit Oxalsäure. Die Anzahl der verbrauchten Cubikcentimeter
Kalilauge mit dem tausendsten Theile des früher ermittelten Aequivalentgewichtes 271
ergibt die Fettsäuremenge, welche in dem verwendeten Gewichte Rindstalg gebunden
ist. In den Triglyceriden kann auf 3 Aequivalente der Fettsäuren (d. i. für den
vorliegenden Fall 3 × 271 = 813) 1 Aeq. des Glycerinrestes C3H2 (d. i. 38)
gebunden gedacht werden – C3H5(O.CnH2n–1O)3 = C3H2 + 3CnH2nO2 – was einem Gehalte von 95,65 Procent an
Fettsäuren entspricht. Ich fand aber hierfür bei mehreren Versuchen die Zahlen:
90,3, 89,4, 73, 82,1 und 88,2.
Da nun für die im Neutralfett gebundenen Mengen von Fettsäuren bei jedem der
sorgfältig ausgeführten Versuche eine andere Zahl erhalten worden und eine
Ungleichheit des zur Untersuchung verwendeten Talges gänzlich ausgeschlossen war, so
muſste ich eine andere Erklärung dieser Abweichungen suchen und fand sie endlich in
der verschiedenen Zeitdauer der Verseifung. Die Verseifung der Neutralfette bei der
Behandlung mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge von solcher Verdünnung (etwa
halbnormal) geht nämlich keineswegs so rasch vor sich, als man gewöhnlich glaubt,
und ein Erhitzen „bis zur vollständig eingetretenen Lösung“ genügt durchaus
nicht.
Um dies nachzuweisen, wurde Rindstalg mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge bis
zur vollständigen Lösung erwärmt und der Ueberschuſs an Aetzkali sofort mit
Oxalsäure zurücktitrirt. Aus dem bekannten Aequivalentgewichte der Fettsäuren
berechnet sich die Menge derselben, welche durch das Aetzkali verseift wurde, zu
47,9 Proc. (bezogen auf die angewendete Substanz); da in vorliegendem Neutralfette
thatsächlich 95,65 Proc. enthalten sind, so ergibt sich, daſs dabei nur
100\,\times\,(47,9\,:\,96,65)=50 Procent desselben verseift
wurden. Bei einem zweiten Versuche geschah die Titration nach 10 Minuten andauerndem
Erhitzen nach vollständig eingetretener Lösung. Vom Aetzkali wurden dabei 94 Proc.
Fettsäure gebunden, daher nur 98,2 Procent des Neutralfettes verseift. Bei der
Verdünnung, der bei diesen Versuchen erhaltenen, in der Hitze vollkommen klaren
Lösungen mit Wasser schied sich Neutralfett in Tröpfchen aus.
Eine 3. und 4. Titration, 20 bezieh. 30 Minuten nach eingetretener vollständiger
Lösung vollführt, zeigte, daſs durch das Aetzkali 95,7 bezieh. 95,6 Proc. Fettsäuren
(d. i. die theoretische Menge) gebunden, also das ganze Neutralfett verseift worden
war. Dieselben Erfahrungen machte Köttstorfer (vgl.
1879 232 286) bei der Untersuchung der Butter, indem er
fand, daſs 5 Minuten langes Erhitzen mit alkoholischer Kalilauge zu deren
vollständiger Verseifung nicht genügte.
Neuerdings angestellte Versuche, bei welchen die Verseifung durch ½stündiges Kochen
mit überschüssiger alkoholischer Kalilauge durchgeführt wurde, zur Bestimmung des
Neutralfettgehaltes in Fettsäuregemengen ergaben nun auch unter Zuhilfenahme des nach (B)
bestimmten Aequivalentgewichtes gute Resultate, wie aus Folgendem ersichtlich:
Wirklicher
Gefundener
Neutralfettgehalt
11,80 Proc.
11,50 Proc.
5,17
4,67
3,40
3,21
1,25
1,05
Somit empfiehlt es sich in folgender Weise zu verfahren: 3 bis
5g des vorher vollständig getrockneten, auf
Neutralfett zu prüfenden Fettsäuregemenges werden in einem beiläufig 150cc fassenden Kölbchen in ungefähr 25 bis 30cc starken Weingeist von etwa 96 Proc. Tr. durch
Erhitzen vollständig gelöst, sodann nach erfolgtem Zusätze von 1 bis 2 Tropfen
alkoholischer Phenolphtaleïnlösung zur Bestimmung der freien Fettsäuren mit
alkoholischer Kalilauge (etwa halbnormal) titrirt, bis die Rothfärbung beim
Schütteln nicht mehr sofort verschwindet. (Sollte beim Zuflieſsenlassen der
Kalilauge sich Seife ausscheiden, so muſs man, um dieselbe zu lösen, wieder
erwärmen). Sodann fügt man, um annähernd das Aequivalentgewicht der Fettsäuren zu
bestimmen, eine gemessene Menge überschüssiger alkoholischer Kalilauge zu, setzt auf
das Kölbchen einen Kork, der ein etwa 80cm langes,
als Rückfluſskühler wirkendes Glasrohr trägt, und erhält 30 Minuten lang in gelindem
Sieden (wobei die rothe Färbung nicht mehr verschwinden darf, widrigenfalls man
neuerdings Kalilauge zufügen muſs) und titrirt darauf mit halbnormaler Oxalsäure
zurück, ohne sich um den entstehenden Niederschlag von Kaliumoxalat zu kümmern, bis
zum Verschwinden der Rothfärbung.
Diese Methode gibt aber nur dann genaue Resultate, wenn das zu bestimmende
Neutralfett dasselbe ist, aus welchem die beigemengten freien Fettsäuren
ausgeschieden wurden, und auch dann nur unter der Voraussetzung, daſs die Verseifung
sich gleichmäſsig auf alle Bestandtheile des Fettes erstrecke. Die von mir
erweiterte Methode gestattet ein beliebiges Neutralfett, welches irgendwelchen
freien Fettsäuren beigemengt ist, genau zu bestimmen, ein Fall, der häufig von
Wichtigkeit ist, z.B. um die Menge Talg zu bestimmen, welche einer
Stearinkerzenmasse zugesetzt worden, um sie billiger zu machen, oder z.B. um die
Menge von Coccosöl, welche in den sogen. Compositkerzen sich vorfindet, zu ermitteln
u.s.w.
Fügt man nämlich zu der erhitzten alkoholischen, mit einigen Tropfen Phenolphtaleïn
versetzten Lösung der fraglichen Substanz tropfenweise alkoholische Kalilauge bis
zur eintretenden Rothfärbung, so hat man dadurch sämmtliche freie Fettsäuren in
Kaliseifen verwandelt, das Neutralfett aber unverändert gelassen. Es handelt sich
somit nur mehr um die Trennung dieser beiden. Verdünnt man die entstandene Lösung
mit Wasser, so scheidet sich das Neutralfett in Tropfen aus, während die Seife
in Lösung bleibt. Da aber das Neutralfett mit Seifenlösung eine Emulsion bildet, so
ist man nicht im Stande, die beiden durch Filtration oder durch längeres Stehen
lassen von einander zu trennen; wohl aber gelingt es durch Ausschütteln mit Aether,
die Seifenlösung vollständig von Neutralfett zu befreien. Ich verfahre daher
folgendermaſsen:
4 bis 8g der auf Neutralfett zu prüfenden
Fettsäuremasse (je nach dem gröſseren oder kleineren Gehalt an Neutral fett) werden
in einem ungefähr 300cc fassenden Kolben mit
beiläufig 50cc starkem Weingeist (von etwa 96
Proc. Tr.) durch Erhitzen bis zum gelinden Sieden in Lösung gebracht; nach Zusatz
von einigen Tropfen Phenolphtaleïnlösung wird aus einer Bürette alkoholische
Halbnormalkalilauge zuflieſsen gelassen, bis die Rothfärbung beim Schütteln nicht
mehr sofort verschwindet; sodann verdünnt man mit 150cc Wasser. Es entsteht dadurch ein Weingeist von 20 bis 25 Proc. Tr., in
welchem die Neutralfette so gut wie unlöslich, die Kaliseifen aber noch vollkommen
klar löslich sind. Nach dem Erkalten setzt man 60 bis 100cc Aether hinzu, verschlieſst das Kölbchen mit
einem Korke und schüttelt tüchtig durch, läſst alsdann so lange ruhig stehen, bis
die unter der Aetherschicht befindliche Seifenlösung vollkommen klar geworden ist.
Man pipettirt nun den gröſsten Theil der klaren Seifenlösung mit der Vorsicht, daſs
nichts von der darüber schwimmenden Aetherschicht mitgerissen wird, aus dem
Kölbchen, verdünnt sie stark mit Wasser und erhitzt so lange zum Kochen, bis der
Aether und Alkohol vollständig vertrieben sind. Sodann setzt man durch verdünnte
Schwefelsäure oder Salzsäure die Fettsäuren in Freiheit, wäscht diese, nachdem sie
sich als obenauf schwimmende Oelschicht vollkommen abgeschieden, mit heiſsem Wasser,
bis dieses keine saure Reaction mehr annimmt, und läſst danach erkalten. Erstarren
die Fettsäuren zu einem Kuchen, so hebt man diesen ab, ohne etwa an den Wänden des
Gefäſses hängen bleibende Theile desselben zu beachten; bleiben die Fettsäuren aber
flüssig, so pipettirt man den gröſsten Theil derselben ab. Nun bestimmt man das
Aequivalentgewicht der vorher sorgfältig getrockneten Fettsäuren durch Titration mit
halbnormal alkoholischer Kalilauge in oben angegebener Weise. Die Anzahl der zur
Neutralisation der freien Fettsäuren in dem Neutralfett haltigen Gemenge
verbrauchten Cubikcentimeter Normalalkali, mit dem tausendsten Theile des so
gefundenen Aequivalentgewichtes multiplicirt, ergibt das Gewicht der darin
enthaltenen Fettsäuren, somit auch die Menge des beigemengten Neutralfettes.
Die ätherische Lösung des Neutralfettes kann man nach dem Verdunsten des Aethers
benutzen, um dasselbe auf seine Beschaffenheit zu prüfen.
Daſs von dem unter der Aetherschicht befindlichen etwa 25 procentigen, mit Aether gesättigten Weingeist
bei gewöhnlicher Temperatur eine ganz unbedeutende Menge Neutralfett gelöst wird,
überzeugte ich mich dadurch, daſs ich 1g
Rindstalg, bei einem 2. Versuche 1g Rindschmalz in
kochendem Alkohol von 98 Proc. Tr. löste, mit dem 3 fachen Volumen Wasser verdünnte
und mit Aether schüttelte. Nach dem Klarwerden hinterlieſsen 100cc der unter dem Aether befindlichen Schicht in
beiden Fällen nicht ganz 1mg Abdampfrückstand,
eine Menge, die hier gar nicht in Betracht kommt. Bei Gemischen, die ich mir aus
käuflicher Stearinsäure (Aequivalentgewicht zu 264,4 gefunden) und obigem Rindstalg
herstellte, fand ich bei Anwendung dieser Methode folgende Zahlen:
Wirklich vorhanden
Gefunden
Neutralfett
8,50 Proc.
8,19 Proc.
22,62
22,84
41,19
41,19
Bei diesen Gemischen würde man auch dann noch annähernd
richtige Zahlen erhalten haben, wenn man eine totale Verseifung vorgenommen und das
Aequivalentgewicht der abgeschiedenen Fettsäuren bestimmt hätte, weil die
Aequivalentgewichte 264,4 und 271 nicht sehr verschieden sind. Deshalb erzeugte ich
mir Gemische aus den Fettsäuren des Rindstalges und aus Rindschmalz, welches
letztere ich durch Auslassen, Filtriren und sorfältiges Trocknen von frischer
Kuhbutter bereitete. Da das Aequivalentgewicht der Fettsäuren in der Butter das
geringste unter allen Fetten ist und von dem der Fettsäuren aus anderen thierischen
und pflanzlichen Fetten sehr bedeutend abweicht, so ergibt eine
Aequivalentgewichtbestimmung nach vollständiger Verseifung des Gemisches und
Abscheidung der freien Fettsäuren ganz fehlerhafte Werthe für den Gehalt an
Neutralfett, welche um so weiter von der Wahrheit abweichen, je gröſser derselbe
ist. Aus diesem Grunde erscheinen mir diese Mischungen vorzüglich geeignet, die
Genauigkeit meiner Methode zu prüfen.
Das Rindschmalz ist bedeutend leichter verseifbar als Rindstalg, indem die
Rothfärbung, welche 0cc,1 Halbnormalkalilauge in
einer mit Phenolphtaleïn versetzten, kochend heiſsen Lösung von Rindschmalz in
Alkohol erzeugt, in 1 Minute vollständig verschwunden ist, während sie bei Rindstalg
fast 10 Minuten anhält; dieselbe ist aber von genügend langer Dauer, um freie
Fettsäuren, welche die Rothfärbung sofort verschwinden machen, neben Rindschmalz
vollkommen scharf durch Titration bestimmen zu können.
Es wurde bei Mischungen aus den aus Rindstalg abgeschiedenen Fettsäuren
(Aequivalentgewicht 271) und Rindschmalz erhalten:
Wirklich zugegen
Gefunden
Neutralfett
9,9 Proc.
9,5 Proc.
20,1
20,6
41,7
41,1
60,5
60,1
Mit Hilfe dieser Methode könnte man auch nachweisen, ob bei einer unvollkommenen
Verseifung alle Bestandtheile eines Fettes in gleicher Weise in Anspruch genommen
werden, ob z.B. bei einer Autoclavenmasse, für welche Hausamann seine Neutralfettbestimmungen anwendet, in allen Stufen der
Verseifung das noch unverseifte Fett und das Verhältniſs der verschiedenen in
Freiheit gesetzten Fettsäuren dasselbe ist, und zwar auf die Art, daſs man die
freien Säuren (durch Titration mit alkoholischer Kalilauge bis zur bleibenden
Rothfärbung) titrirt, die gebildete Seife mit Aether vom Neutralfett, wie oben
angegeben, befreit, daraus die Fettsäuren abscheidet und durch Titration deren
Aequivalentgewicht bestimmt. Ist das Aequivalentgewicht bis auf die zulässigen
Fehlergrenzen constant, so ist die Richtigkeit obiger Voraussetzung erwiesen. Erhält
man für dasselbe aber veränderliche Werthe (die eine gewisse Gesetzmäſsigkeit zeigen
müssen), so ist die Annahme unrichtig.
In gleicher Weise könnte man zu diesem Nachweise das nach dem Verdampfen der
ätherischen Lösung erhaltene Neutralfett benutzen, indem man nach Köttstorfer (1879 232 286)
die Menge Kaliumhydrat ermittelt, welche 1g des
Neutralfettes zur vollständigen Verseifung benöthigt. Es fehlte mir leider bis jetzt
die Gelegenheit, diese Untersuchung mit einer Autoclavenmasse selbst
vorzunehmen.
Was die Anwendung der alkoholischen Kalilösung betrifft, so hat diese den Nachtheil,
daſs deren Titer beim Aufbewahren sich ziemlich bedeutend ändert. Der Titer der bei
obigen Versuchen verwendeten alkoholischen Kalilauge wurde jeden zweiten Tag mit
Halbnormaloxalsäure frisch gestellt und zeigte folgende Werthe:
0,3839 Normal
0,3740 Normal
0,3800
0,3695
0,3783
0,3682
0,3741
0,3660
Derselbe hatte also nach Verlauf von 14 Tagen um 4,6 Procent
seines ursprünglichen Werthes abgenommen. Für genaue Bestimmungen darf man den Titer
daher nur für 1 höchstens 2 Tage als unveränderlich betrachten. Die
Neubestimmungdesselben verursacht aber, wenn man ihn schon annähend kennt, wenig
Mühe, sie ist in 10 Minuten geschehen; auch genügen hierfür 20 bis 30cc der alkoholischen Kalilösung.
Auch beim ½stündigen Kochen verringert sich der Titer der alkoholischen Kalilösung
etwas, aber so unbedeutend, daſs diese Aenderung bei deren Anwendung ganz
vernachlässigt werden kann.
Ein weiterer Uebelstand ist die tiefgelbe Färbung, welche alkoholische Kalilauge nach
kurzer Zeit annimmt, die das Erkennen der Endreaction (Eintritt oder Verschwinden
der Rothfärbung) sehr beeinträchtigt. Dieser läſst sich beseitigen, wenn man die
alkoholische Kalilauge
mit frischem, fein gepulvertem Spodium schüttelt und filtrirt, wodurch sie fast ganz
entfärbt wird. Es verringert sich dabei aber der Titer, indem das Spodium nicht nur
den Farbstoff, sondern auch Aetzkali absorbirt. Bewahrt man die Lösung in einer
Flasche auf, deren Boden mit grob gepulvertem, durch Sieben von allem Staube
befreitem Spodium bedeckt ist, so behält sie lange Zeit eine ganz blaſs gelbe
Färbung und erscheint in der Bürette fast farblos.
Brünn, Anfang März 1882.