Titel: | Ueber die Nutzlosigkeit der Condensation. |
Autor: | G. Schmidt |
Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 257 |
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Ueber die Nutzlosigkeit der
Condensation.
Isherwood und G. Schmidt, über Nutzlosigkeit der
Condensation.
In dem Journal of the Franklin Institute,
1881 Bd. 112 S. 170 veröffentlicht Isherwood eine
bemerkenswerthe Abhandlung, in welcher nachgewiesen wird, daſs bei sehr gewöhnlich
vorkommenden Verhältnissen durchaus keine Kohlenersparniſs zu erwarten sei, wenn die
bestehende Auspuffmaschine in eine Condensationsmaschine umgebaut wird, wobei für
die Auspuffmaschine die höhere Speisewassertemperatur und die Ersparung der
Luftpumpe, für die Condensationsmaschine die kleine Gegendampfspannung und der
stärkere Expansionsgrad vortheilhaft ist.
Die mittlere Gegendampfspannung nimmt Isherwood bezieh.
mit 1,12 und 0,25k für 1qc an, die Speisewassertemperatur mit 93 und 38°
C. (200 und 100° F.), indem für die Auspuffmaschine ein Vorwärmer vorausgesetzt
wird.
Zum Vergleich werden die Versuche in Mülhausen 1878 an einer
Corliſs-Condensationsmaschine und jene von John W. Hill
1874 an einer Corliſs-Auspuffmaschine der Industrie-Ausstellung in Cincinnati
benutzt, beide mit fast gleicher Kesselspannung, beide mit horizontalem Cylinder,
gleichem Hub, gleichem Verhältniſs des schädlichen Raumes und der
Dampfwegquerschnitte zu dem vom Kolben durchlaufenen Raum; nur der
Cylinderdurchmesser war bei der Condensationsmaschine um 50 Proc. gröſser als bei
der Auspuffmaschine. Beide Maschinen arbeiteten mit gesättigtem Dampf ohne merkliche
Compression mit kleinem Voreilen auf Eintritt- und Austrittseite. Die
Auspuffmaschine hatte keinen Dampfmantel; bei der Condensationsmaschine werden hier
zum Vergleich nur jene Versuche benutzt, bei welchen der Dampfmantel keinen Dampf
erhielt. Beide Maschinen waren gut eingehüllt, hatten gleiche Steuerung, nämlich die
gewöhnlichen Corliſs-Schieber, zwei oben, zwei unten, Regulirung der Füllung durch
den Regulator und Schluſs der Drehscheibe durch Gewicht mit Bremstopf. Beide
Maschinen waren im besten Zustand und es kamen während der Versuchsdauer keine
erheblichen Aenderungen der Diagramme an beiden Enden und sonstiger
Beobachtungsdaten vor, welche alle 15 Minuten abgenommen wurden. Die
Speisewassermenge wurde durch Eichung bestimmt und es gab keine Dampfverluste durch
Undichtheiten. Die Condensationsmaschine hatte 610mm Durchmesser und 2m mittlere
Kolbengeschwindigkeit, die Auspuffmaschine 408mm
Durchmesser und 2m,44 Kolbengeschwindigkeit. Isherwood betrachtet diese Verschiedenheit als sich in
ökonomischer Hinsicht nahe ausgleichende.Der Berichterstatter theilt diese Anschauung nicht, weil die
Condensationsmaschine bei kleinerem Durchmesser und gröſserer Füllung ganz
sicher ökonomischer gearbeitet hätte als bei der übertrieben starken
Expansion, welche nur bei Anwendung des Dampfmantels zulässig ist.S.
In der folgenden aus dem englischen ins metrische Maſs umgerechneten Tabelle versteht
Isherwood, wie er es immer thut, unter der
Nutzpferdestärke einfach die Differenz zwischen der indicirten Stärke und jener,
welche die leer gehende Maschine erfordert, indem er die zusätzliche Reibung
vernachlässigt. Schätzen wir diese auf 10 Procent der Nutzarbeit, so ist die Isherwood'sche Nutzpferdestärke noch mit 1,1 zu
dividiren. – Als Speisewassertemperaturen sind nicht jene der Versuche angegeben,
sondern jene, welche man bei laufendem Betriebe erhalten hätte, wenn es nicht nöthig
ist, das Speisewasser zu messen, wobei es stark abkühlt.
Cylinderdimensionen
Condensationsmaschine
Auspuffmaschine
Anzahl der Cylinder
1
1
Cylinderdurchmesser
60cm,959
40cm,798
Kolbenhub
1m,2192
1m,2192
Nutzbare Kolbenfläche
2851qc,97
1296qc,73
Vom Kolben beschriebener Raum
0cbm,3476
0cbm,1581
Schädlicher Raum an jedem Ende
2,46 Proc.
2,92 Proc.
Versuchstage
8. u. 9. April 1878
3. October 1874
Dauer des Versuches in Stunden
10,78 u. 5,68
8,00
Dampfgewicht berechnet nach der
Indicatorspannung:
Dampfgewicht im Cylinder im Augen- blick der
Absperrung, stündlich
–
713,10k
Am Ende des Hubes, stündlich
–
825,38
Gewicht des im Cylinder condensirten Dampfes, um die
Wärmemenge zu liefern, welche sich in Expänsions- arbeit
umsetzt, stündlich (berechnet)
–
66,99
Summe d. beiden vorhergehenden Zahlen
–
892,37
Maschine:
Ueberdruck im Kessel
4,682k/qc
4,955k/qc
Ueberdruck im Ventilkasten
4,431
4,746
Drosselklappe
Weit offen
Weit offen
Füllung
0,1050
0,2066
Expansionsverhältniſs
7,903
4,366
Condensatorspannung über Null
0,1458k/qc
–
Atmosphärendruck über Null
–
1,0165k/qc
Umdrehungszahl in der Minute
49,198
60,108
Speisewassertemperatur
37,778°
93,333°
Dem Speisewasser zugeführte Wärme- menge für 1k
616c,292
560c,878
Speisewassermenge, stündlich in den Kessel
gepumpt
1502k,55
991k,97
Wärmemenge, in der Stunde zugeführt
926013c
556371c
Dampfspannung im Cylinder nach dem
Indicator:
Dampfspannung bei Beginn des Kolben- hubes
über Null
4,984k/qc
5,535k/qc
Desgleichen „
bei der Absperrungam Ende des Hubes
Nichtbeobachtet
5,0011,233
Mittlerer Gegendruck
0,2187
1,1197
Kleinster Gegendruck
–
1,1178
Mittlere indicirte Spannung
1,6974
1,7840
Nutzspannung nach Isherwood
1,5453
1,6512
Richtiger
1,405
1,501
Mittlere Hinterdampfspannung zur
Be- rechnung der absoluten Pferdestärke
1,9162
2,8004
Leergangsspannung
0,1521
0,1328
Indicirte Pferdestärke zu 75mk in der Sec.
129,06e
75,35e
Nutzpferdestärke nach Isherwood
117,56
69,74
Richtiger
106,8
63,4
#Hallauer's absolute
oder Isherwood's
totale Pferdestärke
145,71
118,3
Von derselben entfällt nur auf
Expan- sionsarbeit an Pferdestärke
–
56,55
Oekonomische Resultate:
Speisewasser
für
1e ind. und Stunde
11,642k
13,164k
„
„
1e eff. und Stunde
12,788
14,223
Richtiger nach Multiplication mit 1,1
14,067
15,645
Speisewasser für 1e abs. und Stunde
10,312
8,385
Verbrauchte Wärmemenge:
Für 1e ind. und
Stunde
7175c
7383c
Für 1e eff. und
Stunde nach Isherwood
7881
7977
Richtiger nach Multiplication mit 1,1
8669
8775
Für 1e absolut und
Stundel
6355
4703
Unterschied zwischen dem Gewichte
des verdampften Kesselwassers und dem Ge- wichte des Dampfes
bei der Absperrung
–
278,87
Dieser Unterschied beträgt in Procent
des Speisewassers
–
28,11 Proc.
Unterschied zwischen dem Gewichte
des verdampften Kesselwassers und dem Ge- wichte des Dampfes
am Ende des Hubes
–
99k,60
Dieser Unterschied beträgt in Procent des
Speisewassers
29,63 Proc.Aus Beobachtungswerthen indirect berechnet von Isherwood (vgl. Journal of the Franklin Institute, 1881 Bd. 111 S.
435).
10,04 Proc.
Der stündliche Verbrauch an Wärmemenge, also auch an Kohle ist für 1e absolut bei der Condensationsmaschine um 35,13
Proc. gröſser als bei der Auspuffmaschine, in Folge der starken Condensation an den
Wänden des durch den Auspuff in den Condensator stark abgekühlten Cylinders und in
Folge der um 9,88 Procent gröſseren Wärmemenge, welche zur Verdampfung von 1k Wasser wegen kleinerer Speisewassertemperatur
erforderlich ist. Bei gleicher Temperatur des Speisewassers ergibt sich das
Verhältniſs (135,13 : 109,88 =) 1,22, d.h. die Condensationsmaschine benöthigt um 22
Procent mehr Kohle für 1e absolut als die
Auspuffmaschine nur allein wegen der gröſseren Condensation.
Wenn also nach der Tabelle bei der Auspuffmaschine am Ende des Hubes 100 – 10,04 = 89,96
Procent des Gemenges als Dampf vorhanden waren, so werden (rechnet etwas
eigenthümlich Isherwood) bei der Condensationmaschine
nur (89,96 : 1,22 =) 73,8 Procent der Gesammtmenge ausgenutzt, während der Rest von
26,2 Procent des Kesseldampfes im Cylinder condensirt. Bei dem Versuch ergab sich
die condensirte Menge = 29,63 Proc.Berichterstatter findet diese Zahl noch ungewöhnlich klein.S. Viele
Erfahrungen bestätigen, daſs bei 8facher Expansion in ungemanteltem Cylinder die
Condensation so viel betrage (ja noch sehr viel mehr!). Die Hauptursache dieser
Condensation ist die Differenz der Temperatur des Admissions- und des Auspuffdampfes
bei seiner geringsten Spannung; diese beträgt bei der Condensationsmaschine 151 – 61
= 90°, bei der Auspuffmaschine nur 155 – 102 = 53°.
Die Nutzpferdestärke erfordert 8669c bei der
Condensationsmaschine, gegen 8775c bei der
Auspuffmaschine; also ist der Kohlenaufwand für die Nutzleistung bei der
Auspuffmaschine ohne Dampfmantel, bei 5k
Ueberdruck im Kessel mit 4⅜facher Expansion bis auf den zufälligen Unterschied von
1,2 Proc. ebenso groſs wie bei der Condensationsmaschine mit 2¼mal gröſserem
Volumen, ohne Benutzung des Dampfmantels bei 4k,7
Ueberdruck im Kessel mit 8facher Expansion, daher unter diesen Versuchsverhältnissen
sich keine Ersparung durch Anbringung eines Condensators und einer Luftpumpe an der
Auspuffmaschine erzielen lieſse. Nur bei wesentlich kleinerer Kesselspannung kommt
die Condensationsmaschine in Vortheil. Die Nutzspannung beträgt bei der
Condensationsmaschine 80,64 (richtiger 73,32) Procent der mittleren
Hinterdampfspannung (oder der totalen Spannung Isherwood's), bei der Auspuffmaschine ist diese Zahl 58,96 (richtiger
53,60) Proc. Das Verhältniſs dieser Zahlen ist 1,368, also sehr nahe gleich dem
Verhältniſs 1,351 der Wärmemengen für 1e absolut
in den beiden Fällen, so daſs der kleinere Quotient der Auspuffmaschine gerade
ausgeglichen erscheint durch den geringeren Verbrauch an Wärme für 1e absolut bei derselben und daſs daher für die
Nutzarbeit mit und ohne Condensation gleicher Kohlenverbrauch erforderlich ist.
Die Richtigkeit dieser Thatsache wurde einige Jahre früher bei einer groſsen
Mahlmühle in New-York sicher gestellt, welche mittels mehrerer Auspuffmaschinen
betrieben wurde und Dampf von 6k,3 Ueberdruck mit
erheblicher Expansion verwendete. Dem Eigenthümer wurde eingeredet, einen
Oberflächencondensator und eine Luftpumpe hinzuzufügen mit veränderlicher Füllung
und stärkerer Expansion, um bei gleicher Kesselspannung dieselbe indicirte Pressung
zu erzielen, wodurch eine bemerkliche Differenz im Gewichte der Kohle für das Mahlen
und Putzen eines Scheffel Weizens erwartet wurde. In der That war es auch so, aber
in entgegengesetztem Sinn: die effective Pferdestärke kostete jetzt so viel mehr
Kohle, daſs Condensator und Luftpumpe wieder beseitigt und die Originalbedingungen
hergestellt wurden.Ein schlagendes Beispiel, wie schädlich der Mangel des Dampfmantels für eine
Condensationsmaschine mit kleiner Füllung ist.S.
Die vorstehenden Resultate sind nur für ähnliche Bedingungen richtig und werden durch
jede Ursache geringer Condensation, so z.B. durch Dampfhemd, Dampfüberhitzung, weite
Cylinder u. dgl., abgeändert, durch welche Umstände die Condensationsmaschine in
Vortheil kommt. Es ist jedoch wahrscheinlich, daſs bei einem Ueberdruck von 6,7 bis
7k/qc im
Kessel abermals die Gleichwerthigkeit beider Maschinen bei ihrem günstigsten Gang
hergestellt wäre, trotz Dampfmantel, Ueberhitzung und gröſserer Dimensionen in
beiden Fällen. Für Schiffsmaschinen ist die Benutzung hochgespannten Dampfes
wichtig, um kleineren Abmessungen für gegebene Leistung zu erhalten und um die
Luftpumpe sammt Zugehör beseitigen zu können; denn die zur Bethätigung der Luft- und
der Circulationspumpe nöthige Arbeit ist bei Schiffsmaschinen viel gröſser als bei
Landmaschinen, weil die Luftpumpe erheblich unter dem Wasserspiegel steht und die
Ausströmungsrohre vielfach gekrümmt sind. Ein Oberflächencondensator wird dennoch in
allen Fällen nothwendig sein, um destillirtes Wasser für den Kessel zu erhalten,
aber seine Kühlfläche wird erheblich kleiner genommen werden dürfen, weil dem
Auspuffdampf um 10 Proc. weniger Wärme entzogen werden muſs als bei der
Condensationsmaschine und weil wegen der gröſseren Temperaturdifferenz an den beiden
Enden der Condensationsflächen (hauptsächlich aber wegen der gröſseren
Temperaturdifferenz gegen das Kühlwasser) die Einheit der Kühlfläche weit wirksamer
ist. Auch würden weniger als 0,9 der Kühlwassermenge hinreichen, weil die Differenz
zwischen seiner Anfangs- und Endtemperatur bedeutend gröſser wäre, so daſs auch die
Circulationspumpe weniger Arbeit verbraucht.
Der Vortheil der Beseitigung der Luftpumpe kommt besonders bei Handelsschiffen zur
Geltung, welche gleichförmige Leistung benöthigen. Dagegen ist bei Kriegsschiffen,
welche bestimmt sind, nach langen Zwischenzeiten auf kurze Zeit sehr groſse
Pferdestärke zu entwickeln und hierbei diese Stärke ganz langsam wachsen zu lassen,
die Condensationsmaschine in ökonomischem Vortheil.
G.
Schmidt.