Titel: | Ueber Wasserstoffsuperoxyd und seine Verwendung. |
Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 246 |
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Ueber Wasserstoffsuperoxyd und seine
Verwendung.
Ueber Wasserstoffsuperoxyd und seine Verwendung.
Auf Grund einer gröſseren Reihe von Versuchen zeigt M.
Traube in den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1882 S. 659, daſs die bisherige Annahme, das bei
Oxydationsprocessen so häufig auftretende Wasserstoffsuperoxyd werde durch Oxydation
des Wassers erzeugt, nicht richtig ist. Dagegen läſst sich die Bildung des
Wasserstoffsuperoxydes dadurch erklären, daſs z.B. bei gleichzeitiger Einwirkung von
Sauerstoff und Wasser 2 Mol. Wasser in 2 Hydroxylgruppen und 2 Restatome Wasser
zerlegt werden: Zn + 2H2O + O2 = Zn(OH)2 + H2O2. Das
Wasserstoffsuperoxyd wirkt oxydirend durch sein Sauerstoffmolecül, dessen Atome nur
mehr durch eine Verwandtschaftseinheit an einander gebunden sind, reducirend durch
seine Wasserstoffatome: z.B. 2KMnO4 + 5H2O2 = 2MnO + K2O + 5H2O + 5O2 und Pt + 2H2O2 = PtO2 + 2H2O; PtO2 + 2H2O2 = Pt + 2H2O +
2O2.
A. Schuller (Annalen der
Physik, 1882 Bd. 15 S. 289) beobachtete die Bildung von
Wasserstoffsuperoxyd bei der Verbrennung von Wasserstoff in Sauerstoff und bei der
Explosion von Knallgas.
Wasserstoffsuperoxyd wird seit einiger Zeit vielfach zum Bleichen von Schmuckfedern, Seide, Haaren und Elfenbein verwendet (Wagner's Jahresbericht, 1880 S. 349). Die unter der
Bezeichnung Aureoline, Blondeur, Goldfeenwasser, Golden
Hairwater u.s.w. in den Handel gebrachten Haarbleichmittel enthalten als
wirksamen Bestandtheil Wasserstoffsuperoxyd. Nach den von P.
Ebell im Hannover'schen Bezirksverein deutscher
Ingenieure gemachten Mittheilungen müssen sämmtliche Stoffe, welche mit
Wasserstoffsuperoxyd gebleicht werden sollen, zunächst entfettet werden, um sie für
die wässerige Wasserstoffsuperoxydlösung benetzbar zu machen.
Haare werden zu diesem Zweck mit einer 3procentigen
Lösung von kohlensaurem Ammonium 12 Stunden bei 30° behandelt, gespült, mit Seife
nachgewaschen und nochmals mit einer Ammoniumcarbonatlösung entfettet. Nun werden
sie in ein Bad von einer mit Ammoniak völlig neutralisirten, 3 procentigen,
wässerigen Lösung von Wasserstoffsuperoxyd versenkt. Man läſst sie in dem Bade
liegen, bis eine genügende Bleiche erzielt ist, oder man nimmt sie nach einiger Zeit
heraus, trocknet bei gewöhnlicher Temperatur und wiederholt das Eintauchen. Schwarze
Haare werden nicht völlig weiſs, sondern nur licht goldblond.
Federn werden mit Benzin oder einer 1 bis 2procentigen
Ammoniumcarbonatlösung entfettet, an der Luft getrocknet und nun ebenfalls in die
mit Ammoniak neutralisirte 3procentige Wasserstoffsuperoxydlösung getaucht, welche
sich vor Licht geschützt in einem Glas- oder Thongefäſs befindet. Es empfiehlt sich
die Anwendung einer Reihe von Bädern, welche systematisch erschöpft werden. Ist die
Bleiche nach 1 bis 2 Tagen beendet, so werden die Federn mit reinem Wasser, dann mit
Alkohol gewaschen und an der Luft getrocknet. Um die Fäserchen zur völligen
Entfaltung zu bringen, taucht man die trockenen Federn wiederholt in Benzin ein und
verdunstet dieses durch Bewegung an der Luft. Durch die entweichenden Benzindämpfe
tritt völlige Auflockerung ein. Zu unterstützen ist diese Wirkung durch Streichen
über die scharfe Seite eines Messers. Hiernach sind die Federn je nach Wunsch zu
kräuseln.
Zum Bleichen der Rohseide, namentlich der sogen.
Tussahseide, ist ebenfalls Wasserstoffsuperoxyd zu empfehlen. Nach dem Degummiren
der Rohseide durch Behandlung mit Seifenbädern verschiedener Concentration, zuletzt
Kochen mit concentrirten Seifenlösungen empfiehlt sich eine Nachbehandlung mit
kohlensaurem Ammonium. Die entschälte Seide ist dann nach demselben Verfahren, wie
bei den Haaren erwähnt, mit Wasserstoffsuperoxyd zu behandeln. Auch hier hat sich
Alkohol unter Umständen mit wenig Glycerin versetzt für die Nachbehandlung bewährt.
In entsprechender Weise können Knochen, Elfenbein und ähnliche Stoffe, selbst
Zuckersäfte u. dgl., gebleicht werden.