Titel: | Berthet's Maschine zur Gewinnung des Faserstoffes aus den Blättern der Agaven o. dgl. |
Autor: | E. H. |
Fundstelle: | Band 244, Jahrgang 1882, S. 121 |
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Berthet's Maschine zur Gewinnung des Faserstoffes aus den Blättern der
Agaven o. dgl.
Mit Abbildungen auf Tafel 10.
Berthet's Gewinnung der Agavefasern.
Von den vielen jetzt in den Handel gebrachten vegetabilischen Faserstoffen findet
auch die Agave- oder Pitefaser, namentlich zur Herstellung von Seilerwaaren,
Schiffstauen u. dgl., neuerdings auch als Ersatz für Borsten und Roſshaare, eine
vielseitige Verwendung.
Die Agaven wachsen in groſser Menge in Südamerika, Westindien und anderen heiſsen
Ländern; die Pflanze besteht aus einem rosettenartigen Kranz von langen Blättern, in
deren Mitte ein 4 bis 6m langer Blüthenstengel
sich erhebt, der bis zu 4000 Blüthen trägt. Zur Fasergewinnung werden nur die
fleischigen Blätter benutzt, deren Länge 0,50 bis 1m,20 beträgt. Die Blätter werden gewöhnlich einem kurzen Röstproceſs
unterworfen, wodurch alle Gewebe derselben bis auf die Gefäſsbündel zerstört werden,
und hierauf durch Riffeln mit eisernen Kämmen die Fasern gewonnen. Neuerdings wird
zur Abscheidung der Gewebetheile von den Fasern eine rotirende, mit Schlagleisten
versehene Trommel angewendet, welche auf einem Theil ihres Umfanges mit einer
concentrischen Mulde umgeben ist; zwischen Trommel und Mulde wird von dem Arbeiter
erst der obere Theil des länglichen Blattes, dann der untere Theil desselben
eingeführt und mittels der gegen das Blatt schlagenden Leisten der Trommel das
Gewebe entfernt und die Fasern frei gelegt. Eine solche von 2 Mann bediente Maschine
liefert in 10 Stunden ungefähr 7000 entschälte Blätter, von denen 1000 Stück je nach
Gröſse 25 bis 40k Faserstoff ergeben. Das Zuführen
der Blätter ist bei diesen Maschinen gefahrvoll für den Arbeiter und das Umkehren
jedes Blattes bringt einen ziemlichen Zeitverlust mit sich. Diese Uebelstände sollen
durch die vorliegende Maschine von A. Berthet (Bulletin de Ronen, 1881 S. 332) beseitigt werden, bei
welcher die Blätter ununterbrochen zugeführt werden und dadurch eine bedeutend
höhere Lieferung erzielt wird. Um die Abscheidung des Faserstoffes zu erleichtern,
werden die frischen Blätter zuerst zwischen zwei geriffelten Walzen gequetscht;
ferner sind zwei Schlagtrommeln, jede mit Mulde versehen, neben einander angeordnet,
denen die Blätter mittels eines endlosen Seiles derartig zugeführt werden, daſs der
obere Blatttheil der einen Trommel und der untere Blatttheil der zweiten Trommel
dargeboten wird. Dies wird dadurch ermöglicht, daſs diejenige Seilscheibe, welche
das Blatt der zweiten Trommel zuführt, um 15cm
tiefer liegt als die erste Seiltrommel.
Die Maschine ist in Fig. 8 und
9 Taf. 10 im Aufriſs und Grundriſs dargestellt; Fig. 10
zeigt das Blatt, wie es, von dem endlosen Seil und der Seilscheibe gehalten, der
ersten Schlagtrommel zugeführt wird, Fig. 11,
wie es zum gröſsten Theil entschält aus derselben austritt, Fig. 12,
wie es von dem unteren Theil des endlosen Seiles erfaſst wird, und Fig. 13,
wie es der zweiten Schlagtrommel dargeboten wird.
Auf der Antriebwelle A, welche mittels der
Riemenscheiben a in Bewegung gesetzt wird, sind die
Trommeln B und B1, die eine der Quetschwalzen O und der Räderbetrieb zur langsamen Bewegung der
Seilscheibe C1
befestigt. Die aus Guſseisen hergestellten Trommeln B
und B1 von 1m,32 Durchmesser machen 75 bis 125 Umgänge in der
Minute und sind mit bronzenen, etwas schräg zur Achse liegenden Leisten versehen,
welche eine zugeschärfte Kante haben. Auf etwa ⅓ ihres Umfanges sind die Trommeln
mit eisernen concentrischen Mulden E versehen, deren
innere, den Trommeln zugekehrte Seite mit Holz F
ausgefüttert ist und sich ziemlich dicht an die Schlagleisten anschlieſst.
Das endlose Seil b, welches die Blätter zwischen die
Trommeln B und B1 und deren Mulden einführt, wird von der
Seilscheibe C von der Hauptwelle aus durch Stirnräder
und Schneckengetriebe in Bewegung gesetzt, mittels der Spannscheiben D und D1 gespannt und über die Leitscheiben X und K nach der um 15cm tiefer liegenden Seilscheibe C1 geführt. Die
einzelnen Blätter werden vertical in der Lage Fig. 10 bei
b2 (Fig. 9)
zwischen das Seil und die Seilscheibe C gebracht, bei
der Weiterbewegung des Seiles zwischen der Trommel B
und der Mulde in der Breite von d bis d1 hindurchgeführt,
wobei das Gewebe des einen Theiles des Blattes entfernt wird. An der Stelle h, wo sich das von der Scheibe C nach D und das von der Scheibe X nach K führende
Seilstück kreuzt, wird das Blatt von der Scheibe C frei
und fällt über das darunter hinweggehende Seilstück i;
in der durch Fig. 13
veranschaulichten Weise wird das Blatt über die Zwischenscheibe K nach der zweiten Seilscheibe C1 weiter geführt und der noch nicht entschälte obere
Blatttheil zwischen die zweite Trommel B1 und deren Mulde befördert. Nachdem hier auch der
noch übrige Theil des Blattes von seinem Gewebe befreit und die Faser frei gelegt
ist, werden die einzelnen Faserbündel bei M von einer
langen Nadel abgehoben und von einem Arbeiter entfernt. Auf dieser Maschine, welche
etwa 3e beansprucht, sollen in 10 Stunden von 2
Arbeitern ungefähr 15000 Blätter entschält werden, welche 600 bis 800k Faserstoff enthalten.
E. H.