Titel: | Lenker-Umsteuerung für Schiffsmaschinen. |
Autor: | Whg. |
Fundstelle: | Band 242, Jahrgang 1881, S. 6 |
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Lenker-Umsteuerung für
Schiffsmaschinen.
Mit Abbildungen auf Tafel 1.
Lenker-Umsteuerung für Schiffsmaschinen.
In neuerer Zeit wird (namentlich bei Maschinen von Schraubendampfern) eine
Reversirsteuerung vielfach angewendet, welche sich durch besondere Einfachheit
auszeichnet. Diese Steuerung arbeitet mit einem
Excenter, dessen Stange in einem beliebigen Punkte durch einen Lenker auf einem
Kreisbogen geführt wird derart, daſs Excenter, Excenterstange und Lenker ein
Kurbelviereck bilden. Die Schieberbewegung wird von einem andern Punkte der
Excenterstange rechtwinklig zu dieser abgeleitet. Die Wirkungsweise ist ähnlich wie
bei der Steuerung von Hackworth (vgl. 1876 219 * 3), bei welcher ein Punkt der Excenterstange in
einer Coulisse geradlinig geführt wird, der Lenker also
unendlich lang zu denken ist.
Fig.
1 und 2 Taf. 1
zeigen diese Steuerung in der Anordnung von G. Klug in
Hamburg (* D. R. P. Kl. 14 Nr. 6646 vom 31. December
1878). Das Excenter E hat mit der Kurbel gleiche
Richtung. Bei C greift die Schieberschubstange CD an, während der Punkt F durch den Lenker FG auf einem
Kreisbogen geführt wird. Wie bei der Hackworth'schen Steuerung beschreibt der
Angriffspunkt der Schieberschubstange auch hier eine ellipsenähnliche Bahn und, wie
bei jener die Umsteuerung durch Drehung der Coulisse, also der geradlinigen Bahn des
geführten Punktes, bewirkt wird, erfolgt dieselbe hier durch Drehung der
Kreisbogenbahn des Punktes F. Der Drehpunkt G des Lenkers befindet sich nämlich an dem um den
festen Punkt M drehbaren Umsteuerhebel und kann durch
diesen in verschiedenen Lagen festgestellt werden. Die beiden in Fig. 2
gezeichneten Bahnen des Punktes C entsprechen den
beiden äuſsersten Stellungen des Umsteuerhebels.
In Fig.
3 sind in gröſserem Maſsstabe die Bahnen von C für fünf verschiedene Stellungen des Hebels gezeichnet, von denen zwei
für den Vorwärtsgang, zwei für den Rückwärtsgang und die mittlere für den Stillstand
der Maschine gelten. Die beiden Theile einer jeden Bahn, welche den beiden
Kolbenhüben einer Umdrehung entsprechen, sind ebenso wenig wie bei der
Hackworth'schen Steuerung einander congruent. Die Schieberbewegung ist demnach auch
für die beiden Kolbenhübe nicht gleich. Da aber auch die Drehwinkel der Kurbel,
welche gleichen Kolbenstellungen entsprechen, beim Hin- und Hergang ungleich sind
(um so mehr, je kürzer die Pleuelstange ist), so kann man die Anordnung derart
treffen, daſs beide Ungleichförmigkeiten sich theilweise aufheben. Man kann ferner
die gröſsere Cylinderfüllung der der Kurbel zugewendeten Cylinderseite zukommen lassen, während bei den gewöhnlichen
Excentersteuerungen das Umgekehrte der Fall ist. Dies ist aber sehr wichtig bei
Maschinen mit oben stehendem Cylinder, wie sie bei Schraubendampfern allgemein
gebräuchlich sind. Bei Anwendung einer der gewöhnlichen Coulissensteuerungen
bekommen die Theile beim Abwärtsgang einen stärkeren
Antrieb als beim Aufgang, wodurch eine groſse
Ungleichförmigkeit im Gange der Maschine hervorgebracht wird. Erhält der Cylinder
aber für den Aufgang eine gröſsere Füllung, so kann
dadurch die Wirkung der Schwere der auf- und abgehenden Massen theilweise
ausgeglichen werden. In Fig. 4 sind
die Schieberdiagramme für die Mittellage und für die Stellungen I und II des
Vorwärtsganges dargestellt, wie sie den in Fig. 1 bis
3 angenommenen Verhältnissen entsprechen. Die beiden Curven für Auf- und
Niedergang sind dabei der besseren Vergleichung halber in derselben Lage gezeichnet;
die ausgezogenen Curven entsprechen dem Aufgang, die punktirten dem Niedergang. Für
die äuſserste Stellung II ergibt sich für Auf- und
Niedergang etwa 0,6 Füllung (wenn die äuſsere Deckung = e genommen wird), obgleich der Schieber beim Aufgang einen gröſsern
Ausschlag macht. Für die Stellung I erhält man beim
Aufgang eine etwas gröſsere Füllung (etwa 0,34 gegen 0,30 beim Niedergang). Fig.
5 zeigt in gleicher Weise die Diagramme I und
II für den Rückwärtsgang. Bei beiden Stellungen I und II ergibt sich für
den Aufgang eine um reichlich 0,1 gröſsere Füllung. Zur weitern Vergleichung ist in
Fig. 6 noch ein Diagramm angegeben, welches dem Falle entspricht, daſs
der Schieber direct von dem mit einem Voreilwinkel von 43° aufgekeilten Excenter
bewegt würde. Dabei ist, wie bei den ersten Diagrammen, das Verhältniſs der
Pleuelstangenlänge zum Kurbelradius = 4 genommen. Man erkennt, daſs in diesem Falle
die Füllung für den Niedergang um etwa 0,1 gröſser sein würde als für den
Aufgang.
Wenn in den Todtpunktlagen der Kurbel der Punkt F der
Excenterstange mit dem Drehpunkt M des Steuerhebels
zusammenfällt, so ist der Schieber zu Anfang des Kolbenhubes immer gleich weit (=
oa = oa1 in Fig. 3) von
seiner Mittellage entfernt, welche Stellung der Steuerhebel auch einnehmen mag. Man
erhält also dann für alle Lagen gleiches Voreilen des Schiebers.
Für die praktische Ausführung der Steuerung ist zu beachten, daſs ein geringer todter
Gang der Zapfen F und G
die Schieberbewegung wesentlich beeinfluſst. Es wird deshalb gut sein, diese Zapfen
möglichst lang zu machen, wie in Fig. 1
angegeben. Die Anordnung Fig. 1 und
2 ist für eine Zweicylindermaschine bestimmt und deshalb der in Form
eines kräftigen Rahmens ausgeführte Steuerhebel auf jeder Seite mit einem Zapfen G versehen.
Statt den Angriffspunkt C der Schieberschubstange
jenseits des geführten Punktes F anzunehmen, kann man
denselben auch zwischen der Kurbelwelle und jenem Punkte F wählen. Es muſs dann das Excenter der Kurbel entgegengerichtet sein,
oder es muſs die Bewegung auf den Schieber unter Einschaltung von Hebeln übertragen
werden. Im Uebrigen bleibt die Wirkungsweise die gleiche. Diese Einrichtung dürfte
der von Klug vorzuziehen sein, weil dann erstens der
Zapfen F des Lenkers einen geringeren Druck erhält und
zweitens ein Lockerwerden dieses Zapfens einen viel geringeren Einfluſs auf die
Schieberbewegung hat.
Fig.
7 und 8 Taf. 1
zeigen nach Engineering, 1881 Bd. 31 S. 280 eine solche
Anordnung mit einem der Kurbel gleich gerichteten Excenter und Uebertragung der
Bewegung auf den Schieber mittels eines Doppelhebels. Befindet sich der Drehpunkt
G des Lenkers wie gezeichnet oberhalb der
Excenterstange, so wird der Punkt C von der Mittellage
weiter nach oben als nach unten, der Schieber mithin weiter nach unten als nach oben
ausschlagen, so daſs die Cylinder für den Niedergang eine stärkere Füllung erhalten.
Wie fehlerhaft die Dampfvertheilung durch eine derartige Anordnung des Lenkers in
Verbindung mit dem Einfluſs der kurzen Pleuelstange werden kann, ist in Fig.
9 und 10
veranschaulicht. Das Diagramm Fig. 10, in
welchem wieder die punktirten Curven sich auf den Niedergang beziehen, läſst
erkennen, daſs bei der angenommenen äuſsern Deckung e
sowohl beim Vorwärts-, wie beim Rückwärtsgang in den gezeichneten Lagen V und R die Füllung für
den Niedergang etwa 0,2 gröſser ist als für den Aufgang. Auch für die übrigen Lagen
würde die Dampfvertheilung mehr oder weniger ungünstig sein. Damit dieselbe ähnlich
wie bei der Klug'schen Steuerung (vgl. Fig. 4 und
5) ausfalle, muſs der Drehpunkt G des
Lenkers FG unterhalb der Excenterstange liegen. Auch
eine gröſsere Länge desselben würde vortheilhaft sein. Man kann allerdings dadurch,
daſs man den Schieber auf ungleiches lineares Voreilen montirt, für eine bestimmte
Stellung des Steuerhebels gleiche Füllungen für Auf- und Niedergang erzielen. In
Fig. 10 ist dies durch die strichpunktirte Curve angedeutet, für welche
ein um mn gröſseres lineares Voreilen beim
Niedergang vorausgesetzt ist. Auch für die übrigen Stellungen würde die
Ungleichförmigkeit der Dampfvertheilung dann gemildert werden; doch wird die entgegengesetzte
Anordnung des Lenkers immer vorzuziehen sein.
Beachtenswerth an der in Fig. 7 und
8 dargestellten Maschine ist die trotz ihrer groſsen Einfachheit sonst
nicht beliebte Anordnung des Niederdruckcylinders direct auf dem Hochdruckcylinder. Der von oben eingesetzte Zwischendeckel ist
durch ein in dem vorspringenden Rande des groſsen Cylinders angebrachtes Mannloch
zugänglich, so daſs die Schrauben bequem gelöst und dann beide Kolben mit einander
nach oben herausgezogen werden können. Ferner kann auch durch dieses Mannloch die
Packung der Stopfbüchse erneuert werden, während das Anziehen derselben mit Hilfe
eines Schraubengetriebes von auſsen geschieht. Die Maschine ist von B. Young in London entworfen.
Von Ch. Brown, dem Director der
Schweizer Locomotiv- und Maschinenfabrik in Winterthur, sind die
Lenker-Umsteuerungen schon seit längerer Zeit angewendet worden. Eine in jener
Fabrik ausgeführte Maschine für ein Schraubendampfboot des Genfer Sees ist nach Engineering, 1881 Bd. 31 S. 35 in Fig. 11 und
12 abgebildet. Die Maschine ist, wie die vorhergehende, eine
Zwillingsmaschine, leicht gebaut und in allen Theilen zweckmäſsig durchgeführt. Die
Excenterstangen C sind hier vertical gerichtet und die
Bewegung wird durch Stangen l und Winkelhebel w auf die Schieber übertragen. Diese Anordnung
gestattet die Benutzung verhältniſsmäſsig langer Excenterstangen, was für die
Dampfvertheilung von Vortheil ist. Die Excenter müssen hierbei um 90° gegen die
Kurbeln versetzt sein. Die Lenker FG, welche die
Excenterstangen in den Endpunkten führen, hängen bei G
in einem Rahmen, welcher mit seitlichen Zapfen M in dem
schmiedeisernen Gestell der Maschine gelagert ist. – Beachtenswerth ist noch die
Kreisform des Schiebers und die aus Fig. 12
ersichtliche Gestalt der Kanalmündungen, sowie die gabelartige Ausführung der
Pleuelstangen und cylindrische Führung der Kolbenstange, endlich auch das
Kugelgelenk, welches die Kurbelwelle mit der Schraubenwelle verbindet.
Whg.