Titel: | Ueber Anlass zu Explosionen von Petroleum und anderen brennbaren Flüssigkeiten; von Professor Dr. Rud. Weber in Berlin. |
Autor: | Rud. Weber |
Fundstelle: | Band 241, Jahrgang 1881, S. 277 |
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Ueber Anlaſs zu Explosionen von Petroleum und
anderen brennbaren Flüssigkeiten; von Professor Dr. Rud. Weber in Berlin.
R. Weber, über den Anlaſs zu Explosionen von Petroleum u.
dgl.
Bei der Verarbeitung des amerikanischen Rohöles zu Leuchtpetroleum werden groſse
Mengen eines leichtflüchtigen Nebenproductes – Rohnaphta genannt – gewonnen, woraus
für das praktische Leben sehr wichtige Stoffe, insbesondere das als Reinigungs- auch
als Beleuchtungsmittel vielfach jetzt benutzte Benzin, das zur Gasbereitung dienende
Gasolin und das sogen. Putzöl, ein Material zur Säuberung mit Fett behafteter
Maschinentheile, hergestellt werden. Der Verbrauch dieser Artikel hat gegenwärtig
einen sehr groſsen Umfang angenommen; tausende von Centner des Rohmaterials, ganze
Schiffsladungen, werden und zwar namentlich über die Weserhäfen eingeführt und ein
schwunghafter Industriebetrieb hat im Inlande sich entfaltet.
Diese Stoffe sind leicht verdampfbar und ihre entzündlichen Dünste erzeugen, wie es
ja bei solchen verbrennlichen Stoffen allgemein der Fall ist, wenn sie in gewissen
Verhältnissen mit Luft gemischt sind, Gemenge, welche mit gröſserer oder geringerer
Heftigkeit abbrennen. Bei der vielseitigen, umfangreichen Verwendung jener Stoffe
haben mehrfach Unglücksfälle sich ereignet. Zu den folgenschwersten dieser Art
gehört die unlängst in den Akademischen Bierhallen zu Berlin stattgefundene
Katastrophe, wobei 5 Personen, darunter 4 Mannschaften von der Feuerwehr, getödtet,
überdies noch 7 Personen mehr oder weniger verletzt worden sind. Dieser so schwere
Unglücksfall entstand in Folge der Entzündung gröſserer Mengen zur Gascarborirung
bestimmten Gasolins. Bei ähnlichen Gelegenheiten ereigneten sich Unglücksfälle zu
Halle, Halberstadt und an anderen Orten. Diese Ereignisse haben Befürchtungen
hinsichtlich der Gefährlichkeit jener Stoffe und zwar nicht ohne Unrecht
wachgerufen, wobei nun auch Uebertreibungen des Gefahrzustandes nicht ausgeblieben
sind.
Auch das gewöhnliche Leuchtpetroleum wird, und zwar jetzt mehr wie früher, als ein zu
Besorgnissen Anlaſs gebendes Material angesehen; man behauptet, es würden von
Amerika zur Zeit schlechtere, leichter verdampfbare Oele eingeführt und in Folge
dessen habe die Anzahl der Lampenexplosionen wesentlich sich vermehrt.
Bei der groſsen Bedeutung dieser so allgemein gebrauchten Artikel dürfte jede, auch
noch so geringfügig erscheinende, zur Darlegung ihres Verhaltens, ihres
Gefahrzustandes angethane Thatsache nicht ohne Interesse sein. Das Ergebniſs einer
sowohl auf die leichter, als auf die schwerer flüchtigen Petroleumdestillate sich
beziehende Untersuchung, bei deren Ausführung ich mich der anregenden Mitwirkung des
Hrn. R. Vette (Firma August
Korff in Bremen) und zwar in dem Umfange zu erfreuen hatte, daſs dieselbe
als eine gemeinschaftlich ausgeführte zu betrachten ist, wird in Folgendem
dargelegt.
Verhalten der leichtflüchtigen Petroleumdestillate.
Das bei der Rectification des Rohöles erhaltene erste, die flüchtigsten der
condensirbaren Bestandtheile einschlieſsende, Product führt den Namen Rohnaphta.
Dasselbe ist meistens farblos, oft wasserklar und hat einen unangenehmen Geruch, von
Nebenbestandtheilen des Rohöles herrührend, welche bei der weiteren Verarbeitung
ausgeschieden werden. Das Rohöl gibt nun 10 bis 15 Proc. Rohnaphta und bei der jetzt
in Amerika stattfindenden Tagesproduction von 72000 Barrels, d. s. etwa 200000 Ctr.,
kann täglich die ungeheuere Menge von gegen 20000 Ctr. dieses Productes gewonnen
werden. Aus der Rohnaphta werden durch fractionirte Destillation die ihrer
Flüchtigkeit nach sich folgenden Fabrikate: Gasolin, Benzin, Ligroin und Putzöl
erzeugt. Die zu Beleuchtungszwecken mannigfach und umfangreich angewendeten Fabrikate dieser
Art haben nun die Eigenschaft, daſs sie wenig Rauch entwickeln und schon ohne
Mitwirkung von Zuggläsern mit sehr intensiv leuchtender Flamme verbrennen, – ein
Verhalten, welches bekanntlich einerseits in ihrem geringeren Gehalte an Kohlenstoff
und andererseits in der leichteren Entzündbarkeit derselben gegenüber den schweren
Oelen beruht. Diese Eigenschaften begründen die vielfachen Bestrebungen, jenen Oelen
als Beleuchtungsmaterial allgemein Eingang zu verschaffen.
Was die Einrichtung der in Anwendung kommenden Lampen betrifft, so ist die einfachste
derselben die sehr bekannte Schwammlampe, bestehend nur aus einem das von Schwamm
aufgesaugte Oel enthaltenden Behälter und einer kleinen, runden Dochthülse. Sie soll
den Wachsstock, die einfache Kerze ersetzen und ist in manchen Gegenden, so im
Elsaſs, sehr verbreitet. Das zum Speisen derselben erforderliche Oel (Ligroin) wird
in Partien von Waggonladungen über Bremen dahin verfrachtet.
Verbreitet sind auch die mit einem höher gelegenen Behälter versehenen Lampen, aus
dem feine Oelstrahlen und zwar entweder gegen ebene oder gegen rund gestaltete
Metallkörper strömen, wodurch sich dann flache oder büschelförmige Flammen
entwickeln. Erstere Lampen dienen vielfach zur Beleuchtung von Werkstatträumen, auch
zur Straſsenbeleuchtung, denn sie geben ein sehr intensives Licht. In
Norddeutschland wird die Straſsenbeleuchtung kleinerer Ortschaften häufig durch
solche Lampen bewirkt. Die Lampen mit rund gestalteten Flammenkörpern führen den
Namen Sturmlampen, weil sie selbst starken Windströmungen widerstehen, und sie
eignen sich um deswillen zu Arbeiten im Freien, so z.B. zu Erdarbeiten. (Eine groſse
Zahl verschiedener Lampenformen dieser Art, selbst sehr elegant ausgestattete, sind
in den Preislisten der New-Yorker Firmen: Standard Gasolin
Lamp and Stove Works, Globe Gas Light Company dargestellt.) Um den
umfangreichen Verbrauch solcher auch für Zwecke der Gasindustrie dienenden Oele zu
charakterisiren, sei bemerkt, daſs zur Zeit die Stadt New-York davon im Jahre etwa ½
Million Barrels benöthigt. Auch zum Speisen von Heizlampen dienen solche Oele und
sehr compendiöse Löthapparate sind unter deren Benutzung construirt worden. Es
brennen diese Oele mit prachtvoll weiſsem Lichte auf mit gewöhnlichen
Petroleum-Rundbrennern versehenen Lampen, vorausgesetzt, daſs die zu solchen
Versuchen verwendeten Brenner sowohl an der Dochtschraube, wie auch an anderen
Stellen derart gedichtet sind, daſs ein die Flamme störendes Heraustreten von
Dämpfen vermieden ist.
Ein sehr groſser Uebelstand ist nun die Flüchtigkeit und die durch ihre leichte
Verdampfbarkeit bedingte gröſsere Gefährlichkeit solcher Oele. Man hat vorgegeben,
völlig ungefährliche Leuchtöle dieser Art herstellen zu können, und schon vor mehr
als 10 Jahren ging von Amerika das Gerücht von unexplosiven Naphtaarten aus, welche nach verschiedenen
VerfahrenVgl. Wagner's Jahresbericht, 1872 S.
841. bereitet sein sollten. Solchen Bestrebungen stehen nicht bessere
Erfolge als etwa die der Lösung des Problems der Aufhebung der Schwere eines Körpers
in Aussicht. Die angewendeten Mittel, zu denen Alkohol, Salz, selbst Zwiebeln und
Cyankalium gehören, können diesen Effect nicht erfüllen. Unter fremdartig klingenden
Namen hat man sogen. Sicherheitsöle in den Handel gebracht und dem solchen Angaben
Glauben schenkenden Publicum gewiſs vielfach Gefahren bereitet.
Vom Schleier des Geheimnisses umhüllt, ein Nachhall jenes in Amerika längst
verklungenen Vorfalles, tauchte kürzlich im Inlande die Nachricht von einem neuen
Beleuchtungsmateriale, Naphta-Aether genannt, auf, welches keine
ExplosionsgefahrVerhandlungen der Polytechnischen Gesellschaft in
Berlin vom 7. October 1880. (Schwartz
über v. Kordig's Naphta-Aether.) haben sollte. Um die
Ungefährlichkeit solcher flüchtigen Oele zu beweisen, zeigt man dem Publicum etwa
folgende Versuche: Man schraubt das Dochtrohr von einer Lampe ab, zeigt, wie die
Oeldämpfe ohne Explosion im Behälter brennen, gieſst brennendes Oel auf dem
Fuſsboden aus, woselbst es dann, ohne' ihn zu beschädigen, abbrennt. Ferner zeigt
man das Niederbrennen solcher Dünste in gröſseren, das Oel einschlieſsenden
Behältern, befeuchtet auch weiſse Zeuge damit und verweist auf das gefahrlose, diese
Stoffe bei geschickter Behandlung nicht beschädigende Abbrennen. Befeuchtet man
nämlich Zeugstoffe in einfacher Lage mit Benzin, so findet beim Abbrennen in Folge
der Kühlung keine Beschädigung statt, während bei Stoffen in mehrfachen Lagen der
kühlende Luftstrom von unten abgehalten wird und in Folge dessen eine Ankohlung
leicht erfolgt.
Alle diese den Laien bestechenden Versuche lassen sich nun sowohl mit
leichtflüchtigem Petroleumöl (Gasolin, Benzin), als auch mit anderen brennbaren
flüchtigen Flüssigkeiten – z.B. mit Aether – ausführen, liefern aber naturgemäſs
keinen Beweis für die behauptete Ungefährlichkeit.
Der durch solche Oele möglicherweise bedingte Gefahrzustand hängt bekanntermaſsen von
dem Mischungsverhältnisse des Dampfes und der Luft ab. Die Kenntniſs der
Einzelheiten dieser Umstände hat für die praktische Handhabung dieser wichtigen
Stoffe eine groſse Bedeutung und die Erforschung jener Einzelheiten war Gegenstand
dieser Untersuchung.
Um nun die näheren Bedingungen dieses Zustandes zu ermitteln, wurden Gemische aus
atmosphärischer Luft und Dämpfen sorgfältig gereinigten Gasolins in der Weise
hergestellt, daſs in weithalsige Pulvergläser von 350cc Inhalt jene Flüssigkeit mittels einer Pipette in bestimmter Menge gebracht,
die Gläser rasch verschlossen wurden, wozu zum Uebergange eines elektrischen Funkens
entweder mit Drähten versehene, oder durchbohrte Korke, deren Oeffnung für die
demnächstige Einführung einer Zündflamme bestimmt war, dienten. Die Gläser blieben
etwa 20 Minuten bis zur Prüfung ihres Inhaltes in einer bestimmten Temperatur stehen
und wurden inzwischen öfter geschwenkt.
Dabei ergab sich nun, daſs das mittels 3 Tropfen Gasolin hergestellte Dampfgemisch
den Charakter eines stark explosiven Gemenges an sich trug; denn bei Einführung der
Zündflamme drang aus der kleinen Oeffnung im Korke eine sehr kräftige, stark
zischende, bläuliche Flamme heraus und der elektrische Funke erregte eine äuſserst
kräftige Detonation, indem die Korke weithin abgeschleudert und selbst kreuzweis
darüber angelegte starke Bindfäden zerrissen wurden. Bei dieser Menge des Gasolins
lag das Maximum des Effectes. – Wurden nun in jenen Gläsern 6 Tropfen Gasolin
verdunstet, so zeigte das Luft-Dampfgemisch keine Detonationskraft; der elektrische
Funke erregte keine Explosion und die Zündflamme lockte nur eine kurze, leuchtende,
aus jener Oeffnung ohne Geräusch heraustretende Flamme hervor. So ändert denn der
immerhin mäſsige Ueberschuſs jener Substanz vollständig den Charakter der
Verbrennungserscheinung, er hebt bereits die Explosionsfähigkeit auf. – Dies ist die
einfache Erklärung der Experimente, womit man dem Publicum die gänzliche
Ungefährlichkeit solcher Oele glaubwürdig zu machen sich bestrebt.
Obschon es eine sehr bekannte Thatsache ist, daſs Ueberschüsse an brennbaren Gasen
die Entzündbarkeit Sauerstoff enthaltender Gemische beeinträchtigen, sogar unter
Umständen sie aufheben, erschien es doch, namentlich wegen des Versagens der
Reaction bei dem hier obwaltenden mäſsigen Ueberschüsse des brennbaren Dampfes, von
Interesse, den statthabenden Vorgang in beiden Fällen näher zu prüfen. Bevor wir auf
die Versuche selbst eingehen, sei hinsichtlich der Natur jener flüchtigen Oele und
des Verbrennungsvorganges Folgendes bemerkt.
Die aus der Rohnaphta durch Destillation gewonnenen, mit Schwefelsäure gereinigten
flüchtigen Oele (Benzin und Gasolin) bestehen hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen
von der Formel CnH2n+2. In den flüchtigsten Producten (Gasolin) sind vorwiegend die Glieder
C5H12
(Siedepunkt 30°) und C6H14 (Siedepunkt 69°) vertreten. Ihre Zusammensetzung beträgt rund 83,5
Proc. Kohlenstoff, 16,5 Proc. Wasserstoff. Nun beziffert sich die Menge des in jenen
Gläsern von 350cc Inhalt enthaltenen Sauerstoffes
auf etwa 70cc, dem Gewicht nach (bei mittlerer
Temperatur) auf 0g,090. Letztere Sauerstoffmenge
ist ausreichend, um 0g,025 Gasolin zu Wasser und
Kohlensäure zu verbrennen. Nach angestellten Versuchen wiegen 100 Tropfen Gasolin
(bei Benutzung jener Pipette) 0g,952; demnach
entsprechen diese 3 Tropfen nahezu jener Menge von 0g,025. Bei
Anwendung einer gröſseren Menge Gasolins kann nur eine unvollständigere Verbrennung
statthaben und es ist die schwächere Reaction – wie die Gasanalyse ergeben – auf die
Bildung gröſserer Mengen von Kohlenoxydgas zurückzuführen, bei dessen Entstehung
bekanntlich eine wesentlich geringere Wärmeentwicklung stattfindet.
Die rasche Abnahme der Detonationsfähigkeit des Dampfgemisches erhellt aus folgender
Zusammenstellung:
1
Tropfen
Gasolin
nicht entzündbar,
2
„
eine schwache Flamme,
3
„
heftige Reaction,
4
„
schwächere Reaction,
5
„
wesentlich schwächere Reaction,
6
auch 7 Tropfen
ruhig heraustretende Flamme.
In den beiden letzten Fällen lieſs nach dem Abnehmen des
groſsen Korkes das Dampfgemisch sich noch entzünden und brannte bei Luftzutritt im
Glase ruhig ab.
Um die Natur der Verbrennungsgase zu ermitteln, wurde das mit wechselnden Mengen von
Gasolin (in jenen Gläsern) erzeugte Gemisch elektrisch entzündet und unter Anwendung
der Seeger'schen Bürette und den bekannten Absorptionsflüssigkeiten nun der Gehalt
an Kohlensäure, an Kohlenoxyd und an restirendem Sauerstoff bestimmt. Es ergab sich
hieraus Folgendes. Es enthält das Verbrennungsgas, gebildet aus:
3 Tropfen = 0g,025 Gasolin
und
350cc Luft:
Kohlensäure
6,2 Vol.-Proc.
Kohlenoxyd
6,2
Freien Sauerstoff
4,5
4 Tropfen desgleichen:
Kohlensäure
2,5
Kohlenoxyd
9,2
Freien Sauerstoff
6,9
5 Tropfen desgleichen:
Kohlensäure
0,2
Kohlenoxyd
2,3
Freien Sauerstoff
17,2
Bei letzterem Versuch hatte der Funken nur in seiner nächsten
Nähe die Zündung bewirkt und es konnte der Rest des Gasgemisches noch entflammt
werden. Auch bei den zwei ersten Fällen waren noch unverbrannte Oeldämpfe vorhanden.
Die Abschwächung geht, wie jene Zahlen erweisen, mit der Zunahme des Kohlenoxydes,
mit dem Betrage des Sauerstoffrestes Hand in Hand.
Bei diesem Verlaufe spielt die schwierige Entzündlichkeit der Dämpfe jener
Kohlenwasserstoffe eine sehr wichtige Rolle. Ihre Entflammung findet nämlich erst
bei intensiver Rothglut statt und daher überträgt sich verhältniſsmäſsig schwierig
die Verbrennung von Theil zu Theil. Schon der Umstand, daſs bei der Einführung eines
stark glühenden
Platinstabes in jenes explosive Gasgemisch dasselbe nicht entzündet wird, bekundet
diese Thatsache.
Diesen schwer entflammbaren Gasolindämpfen gegenüber können nun leichter verbrennbare
Dünste in einem ungleich gröſseren Ueberschusse in solchen Luftgemischen vorhanden
sein; wesentlich bedeutendere Mengen machen erst diesen Einfluſs geltend. Es zeigt
dies folgende mittels Schwefelkohlenstoff, dessen Dünste schon ein heiſser Glasstab
entzündet, unter Anwendung jener Gläser von 350cc
Inhalt ausgeführte Versuchsreihe. Sie ergab bei:
1
Tropfen
keine Wirkung,
2
„
schwache Reaction,
4
„
sehr heftige Reaction,
5
„
etwas schwächer (etwas Schwefel scheidet dabei sich aus),
10
„
noch immer heftig,
15
„
noch immer herauszuckende Flamme,
20
„
desgleichen,
30
„
leise heraustretende Flamme,
40
„
matte Entzündung im Innern.
100 Tropfen Schwefelkohlenstoff wogen 1g,870.
Bei 4 Tropfen, wo das Maximum der Reaction liegt, genügt der Sauerstoff, um die
Verbrennung vollständig zu bewirken; bei gröſserer Menge beginnt die immer mehr sich
steigernde Ausscheidung von Schwefel. – Während nun bei dem schwer entzündbaren
Gasolindampfe die doppelte Menge der das Maximum der Wirkung bedingenden Menge die
Explosionsfähigkeit ganz aufhebt, erfolgt dies bei dem leicht entzündbaren
Schwefelkohlenstoff erst bei der 10fachen Menge von Substanz, welche den
Maximaleffect ergibt.
Einen gleichfalls sehr hohen Entzündungspunkt haben die Dämpfe des Benzols und
folgende Versuche zeigen deutlich, wie selbst geringe Ueberschüsse desselben die
Explosionsfähigkeit vollständig aufheben:
Es ergaben
2
Tropfen
heftige Reaction,
3
„
schwächere Reaction,
4
„
verpufft nicht mehr.
100
Tropfen Benzol wogen 1g,630.
Von bedeutender praktischer Wichtigkeit ist das Verhalten des Aethers, dessen leichte
Explosionsfähigkeit sprüchwörtlich geworden ist. Um sein Verhalten zu
charakterisiren, sei bemerkt, daſs bei Anwendung obiger Flaschen und obiger Pipette
4 Tropfen ein heftig explodirendes Gasgemisch erzeugten, während 8 Tropfen ein
Gasgemisch gaben, welches ohne jede Explosion am Rande der geöffneten Flasche mit
schwacher Flamme abbrannte. 100 Tropfen Aether wogen 1g,040.
Da nun der Aether bei freier Oberfläche in den Aufbewahrungsgefäſsen in den darüber
befindlichen Luftraum noch mehr, als letzterem Verhältnisse entsprechend, Dampf
emanirt, so ist jener Luftraum in den mit Aether zum Theil gefüllten Gefäſsen mit
Dämpfen übersättigt und brennt bei Annäherung einer Flamme ruhig nieder.
Explosionsgefährlich sind dagegen die bei gleichem Luftgehalte den obigen Verhältnissen entsprechende,
geringere Mengen von Aether enthaltenden Dunstgemische, wie solche sich auch beim
Verdampfen von Aether in freien Räumen bilden können.
Der Alkohol, dessen Dunstgebilde gleichfalls gefahrbringend werden können, zeigt
folgendes Verhalten.
Bei Anwendung der Gläser von 350cc Inhalt
ergaben:
1
Tropfen
einen Schein um die Zündflamme,
2
„
leise Entflammung,
3
„
stärkere Reaction,
4
„
heftige Reaction,
5
„
sehr scharfe Reaction,
6
„
desgleichen,
7
„
deutlich schwächere Entflammung,
8–9
„
beginnende Uebersättigung.
Bei 5 bis 6 Tropfen liegt das Maximum des Effectes. 100 Tropfen
von absolutem Alkohol wogen 1g,235.
Wegen der geringeren Flüchtigkeit des Alkohols war, um die Verdampfung zu
vervollständigen, eine gelinde Erwärmung der Gläser nöthig.
Die geringere Verdampfbarkeit bedingt nun auch, daſs, während bei Aether und Benzin
die Luftsphäre über der Flüssigkeit in Folge der Uebersättigung mit Dämpfen bei
gewöhnlicher Temperatur unexplosiv ist, dieser Zustand bei dem schwerer flüchtigen
Alkohol erst bei höherer als der gewöhnlichen Lufttemperatur eintritt. Der
Reactionseffect der über Alkohol befindlichen Luftsphäre ist von der Temperatur
abhängig, welche die Menge des gebildeten Alkoholdampfes bedingt. Um dieses
Verhalten näher zu prüfen, wurde in obige Gläser eine genügende Menge Alkohol
gegossen; dieselben wurden dicht verkorkt, während 15 bis 20 Minuten im Wasserbade
von verschiedener Temperatur erwärmt, und die Luftsphäre dann mittels einer
Zündflamme geprüft. Es trat ein:
Bei
15
bis
20°
Entflammung,
„
25
heftige Reaction,
„
30
sehr heftige Reaction,
„
35
wesentlich geringere Reaction,
„
40
bis
45
Uebersättigung.
Bei etwa 30° haben also diese Dampfsphären das Maximum ihrer
Explosionswirkung, welche sowohl bei höherer Temperatur in Folge der Uebersättigung,
als bei niederer wegen zu geringer Dampfmenge sich schnell abmindert.
Gemische von obigen Kohlenwasserstoffen mit Alkohol, Aether verhalten sich wie die
Gemengtheile.
Beiläufig sei bemerkt, daſs, wie allgemein bekannt, in Gasgemischen, welche
Wasserstoff enthalten, ein Ueberschuſs des letzteren die Explosionswirkung
abmindert, schlieſslich auch aufhebt, daſs dieselbe aber noch bei dem mehr als
10fachen des erforderlichen Betrages vorhanden istVgl. Bunsen: Gasometrische Methoden, 2. Auflage
S. 81., während von den obigen Kohlenwasserstoffen und den
zuletzt beschriebenen Körpern die doppelte Menge die Entzündbarkeit (durch
elektrischen Funken oder durch eine Flamme) aufhebt.
Das geschilderte Verhalten hat für die Handhabung und den Verkehr mit den leicht
verdampfbaren Körpern, wie Benzin u.s.w., Bedeutung. Dampfsphären, wie sie sich
nämlich in theilweise gefüllten Behältern entwickeln, sind wegen des vorhandenen
Dampfüberschusses nicht explosionsfähig und ohne Gefahr wird das vielfach
gebräuchliche Verlöthen der Benzinbehälter vollführt. Dagegen können scheinbar leere
Behälter groſse Gefahren bringen. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich kürzlich,
als man versuchte, einen Leck in einem eisernen, zum Transporte von Benzin benutzten
Fasse durch Loth zu schlieſsen. Das Faſs explodirte in Folge eines kleinen
Dampfrestes jenes Oeles.
Sehr gefahrvoll ist es, Räume, worin auch nur geringe Mengen von Benzin verdampft
sind, mit Licht zu betreten, weil die wenig Benzin enthaltenden Dampfgemische gerade
explosionsfähig sein können, wogegen reichlichere Mengen verdampften Gasolins oder
Benzins zwar mächtige, verheerende Flammen, aber geringere Explosionswirkungen
hervorrufen. – Bei den Gasolin-Luftgas-Apparaten ist anzurathen, dem
Dampfbildungsraume möglichst kleine Abmessungen zu geben und darauf zu halten, daſs
der Gasolinvorrath darin nicht ausgeht.
(Schluſs folgt.)