Titel: | Untersuchungen der Heiz- und Ventilationsanlagen in den städtischen Schulgebäuden zu Darmstadt. |
Autor: | H. R. |
Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 41 |
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Untersuchungen der Heiz- und Ventilationsanlagen
in den städtischen Schulgebäuden zu Darmstadt.
Zur Untersuchung von Heiz- und Ventilationsanlagen in
Schulen.
Unter obigem Titel ist ein Bericht erschienenDarmstadt 1880. Herbert'sche
Hofbuchdruckerei., dessen Inhalt besonders für Fachmänner von
Werth und Interesse sein wird. Die Untersuchungen sind von den HH. Dr. Büchner, Professor der Chemie an der technischen
Hochschule, Dr. Ihle, Privatdocent, Dr. Siegert, Assistent für Chemie daselbst, und
Stadtbaumeister Rechter (nunmehr Stadtbaurath in
Chemnitz) im Winter 1879/80 angestellt worden und erstrecken sich auf 2
Warmwasserheizungen mit besonderen Ventilationsanlagen, 2 Luftheizungen, 1
Lokalheizung mit Ventilation (Meidinger-, Wolpert- und Warsteiner-Oefen) und 4
Lokalheizungen ohne Ventilation.
Faſst man kurz die in dem Berichte enthaltenen wichtigsten Ergebnisse zusammen, so
ergibt sich zunächst, daſs bezüglich der gleichmäſsigen
Vertheilung der Wärme in den Klassenzimmern nach horizontaler Richtung die Warmwasserheizungen die günstigsten, die
Lokalheizungen im Mittel die ungünstigsten Resultate aufzuweisen haben, während nach
verticaler Richtung gerade der umgekehrte Fall
eintritt. Der Grund hierfür scheint uns in der Temperatur der Heizkörper zu liegen,
da bei niedriger Temperatur die strahlende Wärme eine geringere, gleichzeitig aber
auch die Luftbewegung in den Klassenzimmern eine langsamere ist.
Der relative Feuchtigkeitsgehalt der Luft hat sich,
gegenüber der Forderung eines solchen von 50 bis 70 Proc., bei allen mit Ventilation
verbundenen Anlagen als zu niedrig herausgestellt. Soweit eine centrale
Luftvorwärmung stattfindet, kann diesem Uebelstande durch Aufstellung von
Verdunstungspfannen oder anderen Vorrichtungen zur künstlichen Befeuchtung der Luft
wohl abgeholfen werden; schwierig stellt sich die Lösung der Frage bei der mit
Ventilation direct verbundenen Lokalheizung. – Kohlenoxyd ist bei keiner Anlage gefunden worden, und dürfte diese erneute
Thatsache wesentlich dazu beitragen, endlich das Gespenst der Kohlenoxydfrage für
immer zu bannen. – Ganz besonders eingehende Beobachtungen sind in Bezug auf den Kohlensäuregehalt der Klassenluft angestellt worden.
Derselbe stellt sich im Mittel bei:
Wasserheizung
zu
19
bis
20
auf
10000
Th.
Luft
Luftheizung
„
14
bis
16
„
„
„
„
Lokalheizung mit Ventilation
„
12
bis
13
„
„
„
„
während bei der Lokalheizung ohne Ventilation eine weit über
das zulässige Maſs hinausgehende, während des Unterrichtes beständig zunehmende
Kohlensäurebildung nachgewiesen wurde.
Nach den vorstehenden Zahlen sind die Resultate, welche die Lokalheizung mit Ventilation
aufzuweisen hat, als scheinbar die günstigsten anzusehen und da auch noch eine in
dem genannten Berichte enthaltene Berechnung der jährlichen Betriebskosten
wesentlich für Lokalheizung mit Ventilation spricht, so neigen sich die Ansichten
der Verfasser sehr zu dieser Beheizungsmethode hin. Die durch die Untersuchungen
gewonnenen Hauptresultate finden sich in folgenden Sätzen zusammengefaſst. Es ergibt
sich:
1) Daſs Lokalheizung ohne Ventilation auſser den
geringsten Anlagekosten und dem angenehmen Feuchtigkeitsgehalte (nahezu normal) der
Luft sowohl bezüglich der Erwärmung, als der schlechten Beschaffenheit der Luft den
Anforderungen, welche die Hygiene an eine gute Heizanlage stellt, in zu geringem
Grade genügt, als daſs dieselbe für Schulgebäude empfohlen werden könnte.
2) Daſs die Lokalheizung mit Ventilation sich in
Darmstadt so vorzüglich bewährt hat, daſs man in Zweifel geräth, ob man derselben
nicht den Vorzug vor den Centralheizungen geben soll, da sie vor letzterer die
geringen Anlagekosten voraus hat und den nicht zu unterschätzenden Vortheil besitzt,
daſs jeder Raum unabhängig von den anderen erwärmt und die Temperatur in demselben
regulirt werden kann. Speciell der Wasserheizung gegenüber kann man noch die
Einfachheit der Heizapparate erwähnen, wodurch etwa nöthig werdende Ausbesserungen
leicht ausführbar und weniger kostspielig sind. Der Centralheizung gegenüber
sprechen zu Gunsten dieser Ofenheizung die leichte Vermeidung zu schroffer
Temperaturwechsel und die weniger Aufmerksamkeit erfordernde Bedienung des Feuers.
Endlich kann noch der Umstand geltend gemacht werden, daſs von Seiten der Lehrer
weniger über die Ofenheizung mit Ventilation, als über die Central–, vor allem über
die Centralluftheizung geklagt wird.
3) Muſs allerdings zugestanden werden, daſs Vorzüge der Centralheizungen in der Bequemlichkeit des Betriebes, in der Sauberhaltung
der geheizten Räume und endlich in der gröſseren Sicherheit gegen Feuersgefahr
bestehen. – Der einzige Uebelstand, welchen alle Heizungen
mit Ventilation haben, besteht in der groſsen Trockenheit der Luft;
besonders bei der Lokalheizung mit Ventilation dürfte es schwierig sein, demselben
vollständig abzuhelfen. – Die Frage, ob die erörterten Vorzüge der Centralheizungen
die Nachtheile derselben aufwiegen und ob man für die Erwärmung von Schulgebäuden
nicht doch der Lokalheizung mit Ventilation den Vorzug geben soll, werden die im
Laufe der nächsten Jahre zu machenden Erfahrungen beantworten.
Da die Veröffentlichung wissenschaftlicher Untersuchungen und die mit demselben
abgegebenen Gutachten geeignet sind, einen ganz besonderen Einfluſs auf die
allgemeinen Ansichten und Urtheile auszuüben, so kann Referent die Bemerkung nicht
unterlassen, daſs bei den Untersuchungen der Darmstädter Anlagen manche, wichtige Verhältnisse
leider ganz unberücksichtigt gelassen worden sind und daſs somit die Folgerungen,
welche den Beobachtungsverhältnissen entsprungen sind, zum Theil als nicht ganz
zutreffende, vor allen Dingen aber als nicht allgemein gültige bezeichnet werden
müssen. Ref. geht dabei von der Ansicht aus, daſs derartige Arbeiten nicht nur
bezwecken, ein Bild zu geben von der Leistung der betreffenden Anlagen, sondern daſs
vor allen Dingen Anhaltspunkte für später auszuführende Anlagen gewonnen werden
sollen. Hierzu sind aber verschiedene Angaben und Beobachtungen erforderlich, welche
speciell für die Leistung der untersuchten Anlagen von einschneidender Bedeutung
sind und die ein klares Bild der wichtigsten Constructionsverhältnisse und der
Anordnung dieser Anlagen ermöglichen. So vermiſst man in dem vorliegenden Bericht
Angaben über Stärke und Material der Wände, bezieh. Transmission derselben, Lage der
Gebäude (ob geschützt, oder den Winden ausgesetzt), Anordnung der Oefen und
Heizkörper in den Klassen, Temperatur der Auſsenluft bei den anemometrischen
Messungen, Richtung und Stärke des Windes zur Zeit der Beobachtung, Bodenfläche und
Höhen der Klassen u. dgl. Abgesehen aber hiervon, ist die Vergleichung der einzelnen
Anlagen nicht vom Standpunkt gleicher Leistungsfähigkeit, sind die Folgerungen nicht
vom Standpunkt gleicher Anforderungen gemacht worden, was doch unbedingt nöthig ist,
wenn man über die Wirkungsweise verschiedener Heizsysteme ein objectives Urtheil
gewinnen will. So werden bei Berechnung der jährlichen Betriebskosten die
Amortisationskosten für Ofenheizung, Luft- und Wasserheizung als gleich angenommen;
vor Allem aber werden die Betriebskosten nur nach 1000cbm zu heizenden Raumes aufgestellt, während die sehr verschiedene Stärke
der Ventilation und die Besetzung der Klassen bei den einzelnen Anlagen ganz auſser
Betracht bleiben. Natürlich kommen die Anlagen, welche besonders kräftig wirkende
Ventilationsanlagen besitzen, bei diesem Vergleich am ungünstigsten fort. Es wird in
dem Berichte die Anforderung berechnet, welche in Bezug auf Kohlensäuregehalt der
Luft an eine ideale Ventilation gestellt werden müsse, und ergibt sich diese für
Kinder von 8 bis 12 Jahren zu 20cbm für Kopf und
Stunde ein- bezieh. abzuführender Luft. In wie weit diesen Anforderungen die Anlagen
in den Darmstädter Schulen entsprechen, ergibt folgende den Tabellen entnommene
Zusammenstellung. Die Ventilation beträgt im Mittel für Kopf und Stunde:
RealschuleWasserheizung
VolksschuleWasserheizung
Volksschule(Runde
Thurmstraſse)Luftheizung
Volksschule(Müllerstraſse)Luftheizung
MittelschuleLokalheizungmit
Ventilation
20,59
10,04
16,53
15,83
12,31cbm.
Da jedoch der auf einen Schüler
kommende Klassenraum im Mittel:
6,07
3,82
4,25
4,27
6,13cbm
beträgt, ersieht man sofort, daſs die Anlagen in der
Realschule nur bei der
jetzigen Besetzung die gewünschte Ventilation aufweisen, daſs aber bei
verhältniſsmäſsig gleicher Besetzung der Klassen, und zwar unter Annahme einer Höhe
der Räume von 4m und einer Bodenfläche von 1qm,3 für jeden Schüler, nur die Anlagen in der
Volksschule (Runde Thurmstraſse) der berechneten Anforderung von 20cbm für Kopf und Stunde entsprechen würden,
während die Lokalheizung mit Ventilation nur die Hälfte dieser Luftmenge liefern
würde.
Es kann daher nur bedauert werden, daſs nicht auch Specialisten des Faches der
Heizung und Ventilation zu den umfangreichen und werthvollen Untersuchungen
herangezogen worden sind; denn dadurch hätten noch weitere Resultate gewonnen werden
können, welche, in die richtige Form gebracht, eine allgemeinere Verwerthung
gestattet hätten und noch nutzbringender für die Entwicklung des gesammten Faches
gewesen wären. Zweck dieser Zeilen ist daher, für anderweite Untersuchungen nach
dieser Richtung eine wohlmeinende Anregung zu geben.
H. R.