Titel: | Neuerungen in der Gewebefabrikation; von Hugo Fischer, Professor an der technischen Hochschule in Dresden. |
Autor: | Hugo Fischer |
Fundstelle: | Band 240, Jahrgang 1881, S. 18 |
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Neuerungen in der Gewebefabrikation; von Hugo
Fischer, Professor an der technischen Hochschule in Dresden.
Patentklasse 86. Mit Abbildungen auf Tafel 3.
H. Fischer, über Neuerungen in der Gewebefabrikation.
Die Gewebefabrikation gründet sich im Allgemeinen auf die
Verarbeitung fadenförmiger Körper zu solchen Körpergebilden, bei denen vorzugsweise
zwei Dimensionen entwickelt sind. Sie bietet, gleichwie die Spinnerei, welche in den
meisten Fällen das Arbeitsmaterial für die Weberei liefert, ein reiches Feld für die
Thätigkeit des Erfinders. Dies wird bestätigt durch die groſse Zahl Patente, welche
seit dem Inkrafttreten des Reichspatentgesetzes im Deutschen Reiche auf Erfindungen
im Webereigebiete ertheilt wurden. Die Zahl derselben betrug bis Ende 1879 ungefähr
157, deren Veröffentlichung durch die officiellen Patentschriften des Kaiserlichen
Patentamtes gegenwärtig erfolgt ist. Nur ein geringer Theil dieser Patente, nämlich
9,55 Procent der Gesammtzahl, entfallen auf Maschinen zur Vorbereitung der Kette und
des Schusses für die Webearbeit, während die übrigen Patente (142 Stück oder 90,45
Proc.) der eigentlichen Weberei angehören. Diese letzteren Patente vertheilen sich,
wie folgt:
26,1 Proc. auf Einrichtungen zum Eintragen des Schusses
(Schützenconstruction, Schützenwechsel, Schützentreiber, Rietbauart,
Ladenbewegung),
22,5 Proc. auf Einrichtungen zur Bildung des Faches
(Geschirrconstruction, Mustergebung mittels Schaft- und Jacquardmaschinen),
18,3 Proc. auf Gewebearten nebst Verfahrungsweisen zu deren
Herstellung,
16,9 Proc., auf Vorrichtungen zur Spannung des Gewebes im Stuhl
(Längen- und Breitenspannung),
9,86 Proc. auf Anordnungen zum selbstthätigen Abstellen des
Stuhles bei Störungen in der Arbeitsverrichtung (Schuſswächter, Absteller bei
Kettenbruch),
6,34 Proc. auf specielle Gesammtanordnungen von Webstühlen.
Die Hauptarbeit ist hiernach dem Theil der Erfinder geworden, welcher sich mit
Construction von Einrichtungen beschäftigte, die unmittelbar zum gegenseitigen
Verschränken der zur Gewebeerzeugung erforderlichen beiden Fädenschaaren, der Kette
und des Einschusses, dienen. Das nähere Studium dieser Patente zeigt, daſs neue
Arbeitsverfahren oder neue Arbeitsmittel zur Ausführung dieser Arbeit nicht ersonnen
wurden, daſs sich die sämmtlichen Erfindungen vielmehr auf Neuerungen an den für die
Schränkung der Fäden bereits üblichen Arbeitsmitteln beziehen, welche jedoch zum
Theil anzuerkennende Verbesserungen dieser in sich schlieſsen.
Das nachfolgende Referat bezweckt eine gedrängte Uebersicht des Inhaltes und Wesens
dieser Neuerungen zu geben, wobei eine Theilung der Patente nach dem in ihnen zum
Ausdruck gebrachten speciellen Arbeitszweck angestrebt wurde. Bereits früher in
diesem Journal veröffentlichte Neuerungen in der Gewebeindustrie sind hierbei nicht,
oder nur kurz erwähnt, bezieh. wiedergegeben.
A) Vorbereitungsarbeiten der
Weberei.
Spulmaschinen. Anfang d. J. 1878 führte der
Fabrikant R. Voigt in Chemnitz zuerst die Benutzung
von Reibungsscheiben zum Antrieb stehender Spindeln an Trichterspulmaschinen ein
(* D. R. P. Nr. 1804 vom 8. Januar 1878, vgl. 1879 233 * 453). Neben dem
hierdurch erzielten ruhigen Gang der Maschine ist es namentlich die Möglichkeit
einer leichten, schnellen und sicheren Auſserbetriebsetzung jeder einzelnen
Spindel bei dem Bruche eines Fadens, welche diesen Spindelantrieb empfiehlt.
Auch in der Folge war Voigt bemüht, die Einrichtung
der Schuſsspulmaschinen nach dieser Richtung hin zu vervollkommnen, von welchem
Bestreben die in den Patenten Nr. 2221 vom 11. Januar 1878 und Nr. 9106 vom 25.
September 1879 enthaltenen Neuerungen Zeugniſs geben. Während im ersten Patente
noch die rotirende Spindel beibehalten ist und Anspruch auf Neuheit nur die
Ausführungsform des Fadenwächters erhebt, zeigt das letztere Patent in der
Feststellung der Spindel und der Bewegungsertheilung an den Preſstrichter
wesentliche Abweichungen von den bis dahin bekannten Constructionen von
Schuſsspulmaschinen. Die Verwendung des Reibungsantriebes läſst auch hier leicht
die Anfügung eines Fadenwächters von der durch die früheren Patente geschützten
Construction zu. Besonders geeignet ist die Uebertragung der Bewegung auf den
Preſstrichter für Schuſsgarn-Duplirmaschinen, da dieselbe bei geeigneter
Fadenzuführung leicht ein schwaches Zusammenzwirnen der Fäden gestattet, welches
eine nahezu gleiche Spannung der einzelnen aufgewundenen Fäden bewirkt. Bei dem
Abwinden der Spule erfolgt eine Rückdrehung des gezwirnten ablaufenden Fadens,
so daſs die die Schütze verlassenden Fadenbündel also schlicht und ungezwirnt in
das Gewebe eingetragen werden. Die Patentschrift zeigt zwei verschiedene
Anordnungen dieser Maschine, deren eine etwas modificirt durch Fig. 1
Taf. 3 wiedergegeben ist. Die von den Spulen s
kommenden Fäden gelangen nach Ueberschreitung der Bremsrolle a durch das Auge des Fadenführers b und den Schlitz im Trichter t nach der feststehenden Spindel c. Der als Preſsflügel wirkende Trichter t, welcher die Form der Aufwindung bedingt, ist mit
der die Spindel conachsial umgebenden Hülse d fest
verbunden und wird mittels der Reibungsscheiben e1, e2 in Drehung versetzt. Der an dieser Drehung
theilnehmende Fadenführer b erhält hierbei durch
ein Excenter und den Hebel f eine auf- und abgehende Bewegung,
deren Gröſse von der Höhe des Trichters f abhängt
und welche das Uebereinanderordnen der Fadenlagen bewirkt. Ein Belastungsgewicht
g bestimmt, indem es die Spindel c nach oben drückt, die Festigkeit der
Spindelbewickelung. Die Kreisbewegung des Fadenführerauges bewirkt die Zwirnung
der zwischen ihm und der Bremsrolle a ausgespannten
Fadenstücke. Auf dem Wege s a durchläuft jeder
Faden das Auge eines kleinen Hebels h, welcher bei
dem durch Fadenbruch veranlaſsten Herabfallen des Hebels so auf den drei armigen
Winkelhebel i wirkt, daſs dieser den Eingriff der
Reibungsscheiben e1, e2
aufhebt, also den betreffenden Preſstrichter stillstellt. Eine gleiche
Einwirkung des Winkelhebels i findet auch bei
ungebrochenem Faden statt, sobald die Spule die erforderliche Gröſse erlangt
hat, indem dann das Ende der herabsinkenden Spindel c durch Einwirkung auf den abwärts reichenden Arm des Hebels i die Hebung der Scheibe e2 veranlaſst.
B) Gewebe-Erzeugung.
I) Spannung der Kette und des Gewebes im Stuhl.
a) Längenspannung. Während des Webens werden
Spannungsänderungen der zwischen Kettenbaum und Waarenbaum ausgespannten
Kettenfäden verursacht: durch die Fachbildung und das Anschlagen der Lade,
ferner durch die Aufarbeitung der Kette. In Folge der Fachbildung erfahren
die im Stuhl bereits straff gespannten Fäden eine Streckung und nehmen
daher, namentlich bei der Verwendung scharf gedrehter Garne von geringer
Elasticität bei dem Fachschluſs nicht wieder die ursprüngliche Länge an; die
Spannungsänderung tritt periodisch bei jedem Eintragen eines Schuſsfadens
ein. Während der Aufarbeitung der Kette windet sich dieselbe von dem
Garnbaum ab und es wird bei constanter Garnbaumbelastung durch Verkleinerung
des Baumdurchmessers, also des Hebelarmes der spannenden Kraft diese selbst
vergröſsert; die Spannungsänderung tritt auch hier periodisch bei jedem
Eintragen eines Schuſsfadens ein. Während aber im ersten Fall die
jedesmalige Aenderung der Spannung durch das Abziehen der Kettenfäden von
dem Garnbaum wieder aufgehoben wird, bleibt die Spannungszunahme im zweiten
Fall bestehen, so daſs sich im Verlauf des Webens die einzelnen
Spannungszunahmen summiren und schlieſslich eine für die Gleichartigkeit des
Gewebes und die Fadenfestigkeit gefährliche Gröſse erlangen müssen.
Die älteren Einrichtungen zur constanten Erhaltung der KettenspannungVgl. Civilingenieur, 1875 * S. 615. 1877
* S. 145. nehmen nur auf den letzten Fall, als den
gefährlichsten, Rücksicht, bei einer Anzahl der neueren
Kettenspannvorrichtungen ist jedoch auch dem ersten Punkt Berücksichtigung
geschenkt.
An die Stelle der bisher üblichen Band- und Seilbremsen tritt bei den
verschiedenen patentirten Neuerungen die Backenbremse, ein meist aus zwei
starren Theilen zusammengesetzter, im Innern mit weichem Stoff (Leder, Tuch
u.a.) ausgekleideter Ring, welcher durch gegenseitige Näherung der beiden
Theile beliebig fest gegen einen am Garnbaumende befestigten metallenen Bund
gepreſst werden kann. Der Ring ist durch einen Stützpunkt des Gestelles
gegen Drehung gesichert; die zwischen der inneren Ringfläche und dem Bund
auftretende Reibung bestimmt die Spannung der Kettenfäden. Der
unveränderliche Durchmesser d des Bundes
erfordert im Verlauf der Gewebeerzeugung eine Verkleinerung der
Reibungskraft R, damit der Gleichung Rd = Sϑ auch dann
genügt wird, wenn bei Abnahme des Garnbaumdurchmessers ϑ die Spannung S
der Kettenfäden sich nicht ändert. Die Regulirung der Spannung ist
unvollkommen bei periodischer, vollkommen bei stetiger, von der Abnahme des
Garnbaumdurchmessers abhängiger Verkleinerung der Reibungskraft R.
Die Anwendung der Backenbremse zur Regulirung der
Kettenspannung zeigt zuerst das Patent der englischen Firma Hahlo und Liebreich (* D. R. P. Nr. 1801 vom
18. November 1877, vgl. 1879 232 * 32). – Karl
Wetzel in Gera (* D. R. P. Nr. 5129 vom 28. September 1878) bewirkt
den Anschluſs der Bremsbacken a und b (Fig.
2 Taf. 3) an den Wellenbund durch eine bügelartig gekrümmte
Blattfeder c, deren Spannung durch die in den
oberen Bügeltheil eingeschraubte Schraube d mit
Mutter e und Gegenmutter f regulirt wird. Durch Einstellung der Muttern
wird die zulässige Gröſse der Anfangsspannung bei gefülltem Kettenbaum
bestimmt, welche im Verlauf der Webearbeit durch Rechtsdrehung der Schraube
und dadurch bewirkte Entlastung der Bremsbacken von dem Federdruck
zeitweilig verringert wird. Die Wirkung der Bremse ist in Bezug auf
Erhaltung einer constanten Kettenbelastung unvollkommen und steht hierin in
gleicher Linie mit der alten Seilbremse mit Schnellwage.
Die Garnbaumbremse von Louis Laſsmann in
Geibsdorf bei Lichtenau in Schlesien (* D. R. P. Nr. 3813 vom 30. Mai 1878)
zeigt denselben Mangel einer selbstthätigen, von der Abnahme des
Kettenbaumdurchmessers abhängigen Aenderung der Reibungskraft, verhütet aber
ein Anwachsen der Kettenspannung während und nach der Fachbildung. Die durch
Anziehen der Schraube a (Fig.
3 Taf. 3) an dem Kettenbaumende erzeugte Reibung wird gemessen
durch die am Webstuhlgestell befestigte Feder b, gegen welche sich der Arm c des
unteren Bremsbackens stützt. Bei der Fachbildung findet eine
Spannungsvergröſserung nicht statt, da die zur Verlängerung der Fäden
erforderliche Fadenmenge durch Drehung des Garnbaumes in dem Bremsring
gewonnen wird; während des Fachschlusses nimmt der unter der Wirkung von Feder b sich rückwärts drehende Garnbaum die
überschüssige Fadenlänge wieder auf. Das allmähliche Aufarbeiten der
Kettenfäden führt die Anfangsspannung der Feder b von neuem rasch herbei.
Zur selbstthätigen Constanterhaltung der Kettenspannung
empfiehlt T. E. Wilson in Lille (* D. R. P. Nr.
9004 vom 16. September 1879) die Benutzung der Gewichtsabnahme des
Garnbaumes während des Webens zur Regulirung der Pressung des Bremsringes.
Eine der angegebenen, nur in constructiver Hinsicht von einander
abweichenden, Anordnungen zeigt Fig.
4 Taf. 3. Die beiden Ringtheile, welche die Bremsbacken b umschlieſsen und gegen den Umfang des
Garnbaumes B pressen, tragen zwei nach oben
ragende divergirende Arme a1 und a2. Zwei an einem Steg des Stuhlgestelles
befestigte Rollen c1, c2
schlieſsen diese Arme ein, tragen in Folge dessen den frei schwebenden
Garnbaum und erzeugen zwischen diesem und den Bremsbacken einen dem
Garnbaumgewicht proportionalen Druck. Für die Functionirung des Apparates
ist Bedingung, daſs der halbe Neigungswinkel der Arme gegen einander gröſser
ist als der Reibungswinkel, welcher dem Material der sich berührenden
Rollen- und Armflächen entspricht. In diesem Fall steigt der Garnbaum bei
Gewichtsverminderung durch Abwickeln der Kette und wird proportional der
Gewichtsabnahme entlastet. Der stets vorhandene Unterschied zwischen Reibung
der Ruhe und Reibung der Bewegung läſst die Wirkung dieses Apparates nur
unvollkommen erscheinen, da der Reibungsverminderung stets eine gröſsere
Gewichtsabnahme, welche mit einer Zunahme der Kettenspannung gleich
bedeutend ist, vorangehen muſs. Entsprechende Vergröſserung des
Neigungswinkels vermehrt die Empfindlichkeit des Apparates.
Die Patente des H. Vogt in
Reutlingen (* D. R. P. Nr. 5372 vom 9. November 1878 und Zusatz Nr. 8737 vom
18. Juli 1879) enthalten Neuerungen an Kettenspannapparaten mit
selbstthätiger, von der Abnahme des Garnbaumdurchmessers direct abhängender
Regulirung. Die principielle Einrichtung dieser verschiedenen
Stuhlconstructionen angepaſsten Apparate ist durch Fig.
5 Taf. 3 wiedergegeben. Die beiden abwärts gerichteten Arme a1, a2 des durch
die Schraube s anzuspannenden Bremsringes B sind durch den Sperrhaken b und den um das Ende des Armes a2 drehbaren
Winkelhebel c gekuppelt; letzterer wird für die
Erzeugung einer bestimmten Reibung am Bremsring zweckentsprechend belastet.
Einer Abnahme der Belastung folgt unmittelbar die Abnahme der
Reibungsgröſse. Die Belastung dieses Hebels durch ein bei richtigen
Verhältnissen der Constructionstheile für die Praxis als constant zu
betrachtendes Gewicht G bewirkt die Schnellwage
S, welche durch die Stange d mit dem Hebel c
verbunden ist. Die Verlängerung der Stange liegt beständig an dem Umfang der
aufgebäumten Kette und rückt bei Abnahme des Garnbaumdurchmessers allmählich gegen die
Garnbaummitte hin, wie dies die punktirten Linien zeigen. Liegt der
Angriffspunkt m der Stange d an der Schnellwage auf der durch den
Drehpunkt n des Winkelhebels c und die Achse o
des Garnbaumes bestimmten Geraden, so ist, da Δ
mop1
~ Δ mnq1, Δ mop2
~ Δ mnq . . . Δ
mopn
~ Δ mnqn, der
Hebelarm der Belastung G des Winkelhebels und
damit auch der Anzug der Bremse stets direct proportional dem
Garnbaumhalbmesser, wie dies für die richtige selbstthätige Regulirung
erforderlich.
Eine höchst sinnreiche und durch ihre Einfachheit
überraschende Lösung der Aufgabe, eine während der ganzen Webdauer constante
Kettenspannung zu erhalten, bietet die Einrichtung zur gleichmäſsigen
Kettenzuführung an mechanischen Webstühlen von Samuel O'Neill in Eccles bei Manchester und Otto Schmidt in Schloſschemnitz bei Chemnitz (*
D. R. P. Nr. 10546 vom 15. Februar 1880). Zwischen dem walzenförmigen
Streichbaum s (Fig.
6 Taf. 3) und den, wie gewöhnlich, durch eine Seilbremse mit
Laufgewicht belasteten Kettenbaum k ist eine
mit Leder oder Tuch überzogene, parallel zum Streichbaum liegende
Transportwalze t eingeschaltet, mit welcher die
Kettenfäden durch die Spannwalze n in inniger
Berührung erhalten werden. Die Fäden umspannen den gröſsten Theil des
Walzenumfanges t, so daſs die Drehung dieser
Walze ein Abziehen der Kette von dem Kettenbaum bewirkt. Diese Drehung und
damit die Abgabe der Kette erfolgt genau in demselben Maſse, als sich die
Kette durch die Bindung eingetragener Schuſsfäden einarbeitet, so daſs
beständig eine gleich groſse Kettenlänge zwischen dem Streichbaum und
Brustbaum ausgespannt ist und demzufolge auch die Kettenspannung immer den
gleichen Werth behält. Die schrittweise Drehung der Transportwalze t erfolgt proportional der Aufwindung des
fertigen Gewebes auf den Waarenbaum w, sie wird
von der Ladenschwinge l abgeleitet und durch
das Gesperre r1, die Kegelradgetriebe r2, r3 und Schnecke mit Schneckenrad r4 übertragen. Die kleine Seilbremse b auf der Zwischenwelle a hebt den todten Gang der Kegelräder auf. Für die richtige
Functionirung des Apparates muſs eine sorgfältig und fehlerfrei gebäumte
Kette, eine sorgsame Nebeneinanderlagerung der Kettenfäden auf der
Transportwalze und eine möglichst gleiche Anfangsspannung der einzelnen
Kettenfäden unbedingt vorausgesetzt werden.
Bei Webstühlen, welche dem speciellen Zweck der Erzeugung nicht ebenflächiger
Stoffe dienen, wie z.B. Corsetwebstühle, können die sonst üblichen
Spannapparate nicht Anwendung finden, da zum Zweck der Formgebung Theile der
Kettenfäden stärker eingewebt werden müssen als benachbart liegende. Die
Spannapparate müssen daher abwechselnd auf die ganze Breite der Kette und
auf verschieden groſse, verschieden gelegene Theilstücke derselben einwirken
können.
H. Gutmann in Cannstatt (*
D. R. P. Nr. 6623 vom 18. Februar 1879) wendet für die volle Breitenspannung
eine mit Heftstiften ausgestattete, parallel zum Brustbaum liegende und
durch Riemenzug in der Längenrichtung des Stuhles bewegbare Spannlatte an,
welche zur Anheftung des bereits fertigen Gewebes dient; nach jedem Schuſs
wird die Latte mittels Handhebel und Gesperre verschoben. Zum stellenweisen
Gewebeanzug dient eine leicht zu entfernende Spannwalze, deren Lager von
einer Stuhlwand und dem Rahmen der Spannlatte gestützt werden. Dieselbe
liegt ebenfalls parallel zum Brustbaum, wird mittels Kurbel schrittweise
gedreht und bewirkt mittels Heftstiften, welche über den ganzen Walzenumfang
vertheilt sind und in das Gewebe eindringen, den Transport eines der
Walzenlänge gleichen Theiles der Gewebebreite.
Zur straffen und gleichmäſsigen Aufwindung des fertigen
Gewebes auf den Waarenbaum empfiehlt Franz
Rodel in Greiz (* D. R. P. Nr. 10513 vom 23. October 1879) den
Ersatz der bisher üblichen belasteten Hebel zum Andrücken des Waarenbaumes
an den vom Regulator bewegten Sandbaum durch zwei Federbremsen, welche an
den Enden des Baumes angeordnet sind. Jede dieser Bremsen besteht aus einer
Schraubenfeder a (Fig.
7 Taf. 3), welche einen von ihr umschlossenen Bolzen b aufwärts treibt; die Federspannung wird durch
die Schraubenmutter c regulirt. Das zugespitzte
Ende des Bolzens unterstützt den den Waarenbaum tragenden Winkelhebel d, welcher am Beginn des Webens die erhobene,
ausgezogene Stellung einnimmt. Bei Füllung des Waarenbaumes sinkt derselbe
und preſst hierbei die Feder a entsprechend der
Gewichtszunahme zusammen. Die Entfernung des Baumes erfolgt, nach
Ueberführung des Hebels d in die punktirte
Stellung, mittels des Handgriffes e, in welcher
derselbe durch Einlegen der Sperrklinke f
erhalten wird. Die Feder ruht in einem trichterförmigen Gehäuse G, das am Stuhlgestell festgeschraubt wird.
b) Breithaltung. Zur
Schonung der Stoffränder bei der Breiten-Spannung des Gewebes durch
Sperrruthen ersetzt J. G. Queisser in Lauban (*
D. R. P. Nr. 6299 vom 21. Januar 1879) die zur Befestigung des Gewebes an
der Ruthe dienenden Heftstifte durch kleine Zangen, welche an den
Ruthenenden angeordnet sind. Der obere Zangenbacken a wird durch die Ruthe (Fig.
8 Taf. 3), der untere durch die winkelförmig gestaltete, um den
Bolzen b drehbare Platte c gebildet. Der Haken d hält die Zange geschlossen und damit den Stoff eingeklemmt, die
Feder f bewirkt die Zangenöffnung. Zur
Verlängerung und Verkürzung der Ruthe dienen die bisher benutzten
Mittel.
Ein Zangenbreithalter mit selbstwirkender Versetzung der
Zange ist von J. B. E. Brulé in Paris (* D. R.
P. Nr. 4095 vom 5. Mai 1878) angegeben. Aus der wenig klaren Patentbeschreibung
geht hervor, daſs der Erfinder zwei Zangenpaare benutzt, je eines an einer
Langseite des Gewebes. Die Zangen jeden Paares sind in der Kettenrichtung
hinter einander angeordnet und wirken wechselweise derart, daſs die dem Riet
zunächst liegende Zange von ihrer Endstellung am Brustbaum gegen das
Rietblatt vorschreitet, am Ende des Weges durch Schlieſsen der Zangenbacken
das Gewebe erfaſst und sich mit diesem eine kurze Strecke parallel zum Riet
gegen die Webkante hin bewegt. Da die entsprechenden Zangen der beiden
Zangenpaare die Bewegungen gleichzeitig ausführen, so bewirkt dies
Breitenspannung des Gewebes; die noch in der Nähe des Brustbaumes
verbliebenen Zangen, vom Erfinder Hilfszangen genannt, führen hierauf
ähnliche Bewegungen aus, stellen sich wieder dicht an die ersten Zangen und
gehen dann mit diesen gemeinschaftlich, das Gewebe haltend, nach jedem
Schuſseintrag gegen den Brustbaum zurück. Die Zangenbewegungen werden von
der Lade abgeleitet und durch Hebel, Federn und Sperrräder vermittelt.
Werkzeugconstructionen zur dauernden Breitenspannung des
Gewebes im Stuhl enthalten auſser den deutschen Patenten Nr. 1263, 1871
bezieh. 8796 (vgl. Robertshaw 1878 229 481. Parkinson
1880 230 * 473. Hertel 1880 237 * 79) auch die
Patente Nr. 9594 vom 3. September 1879 und Nr. 11249 vom 20. Februar 1880
ab. Die Inhaber des ersteren, A. C. Hoyer und
C. R. Hertel in Chemnitz, ordnen in einem
feststehenden Gehäuse A (Fig.
9 und 10
Taf. 3) eine endlose Hakenkette an, deren Gliedenden zu Spitzen ausgebildet
sind, welche über die Kettenebene hervorragen. Die Längenachsen der an den
Sahlleisten des Gewebes angeordneten Ketten liegen in einer Horizontalebene
und divergiren nach dem Brustbaum zu, so daſs das von den Spitzen erfaſste
und von einem Deckel a niedergehaltene Gewebe
bei der Fortbewegung allmählich verbreitert wird.
Louis Cronenberger in Colmar i. E. (* D. R. P.
Nr. 11249 vom 20. Februar 1880) benutzt zwei parallelachsige Schraubenräder
zum Breithalten des Gewebes. Die Zähne dieser Räder sind durch parallel zur
Radachse eingehobelte Nuthen von dreieckigem Querschnitt unterbrochen; die
hierdurch gebildeten pyramidalen Erhöhungen erfassen das zwischen den Rädern
hindurchgeführte Gewebe und strecken dasselbe bei der durch die Fortbewegung
des Gewebes hervorgerufenen Drehung der Räder in der Breitenrichtung. Zum
leichteren Einlegen des Gewebes zwischen die Räder ist eine der Radachsen um
einen zu derselben normalen Bolzen drehbar und wird in der Arbeitslage durch
eine Feder und Schraube festgestellt. (Fortsetzung folgt.)