Titel: Neuerungen im Eisenhüttenwesen.
Autor: St.
Fundstelle: Band 239, Jahrgang 1881, S. 465
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Neuerungen im Eisenhüttenwesen. (Patentklasse 18. Fortsetzung des Berichtes S. 132 d. Bd.) Mit Abbildungen auf Tafel 39. Neuerungen im Eisenhüttenwesen. A. L. Holley behandelt in einem Vortrage vor der American Society of Mechanical Engineers (Journal of the Franklin Institute, 1881 Bd. 111 S. 25) die Einrichtungen von Bessemeranlagen, welche nach dem basischen Processe arbeiten. Um den die Production auf die Hälfte und noch weniger herabdrückenden Aufenthalt, welchen die Reparaturen der Ausmauerung der Bessemerbirne hervorrufen und sich besonders bei der Ausführung des basischen Processes geltend machen, auf ein Geringstes zu beschränken, schlägt Holley vor, die ganze Reparatur bedürftige Birne aus der Gieſsgrube zu entfernen und durch eine neue, schon in dem Ausbesserungsschuppen vorgewärmte, mit oder ohne Boden versehene zu ersetzen. Um dies leichter bewerkstelligen zu können, besonders um das Lösen der die Windleitung mit dem hohlen Tragezapfen verbindenden Stopfbüchse zu vermeiden, wird die Birne (Fig. 6 Taf. 39), welche lose und mit Spielraum (2 bis 3cm) mittels der Winkel a auf dem Tragring b ruht, durch Bolzen mit letzterem verbunden. Die Vereinigung des Windkastens mit der Windleitung geschieht bei c durch Keilbolzen (vgl. 1873 207 397. 1875 215 * 105. 217 516). Zum Entfernen der Birne wird statt der schweren, groſse Höhe verlangenden Deckenlaufkrahne unter dem Ofen eine starke hydraulische Hebevorrichtung d (Fig. 7) angelegt. Auf diese wird ein durch Maschinenkraft oder auf sonstige Weise bewegter Wagen e geschoben und derselbe unter die auf den Kopf gestellte Bessemerbirne gehoben, die Bolzen gelöst, der Wagen mit der Birne gesenkt und auf Schienen zum Reparaturschuppen gebracht, während eine neue angeheizte Birne auf dieselbe Weise an die Stelle der alten gebracht wird. Es ist bei dieser Anordnung nöthig, die Birne etwas höher zu legen als gewöhnlich. Man kann den Boden entweder im Reparaturraum einsetzen und dann braucht man dort besondere Einrichtungen, in welchen man die Birne aufhängen und kippen kann, oder man setzt den Boden an Ort und Stelle mittels der hydraulischen Hebevorrrichtung, wie es ja jetzt auch häufig geschieht, ein. Letzteres schlieſst die Nothwendigkeit jener Vorrichtungen aus. Es kann dann die Birne in der einmal befindlichen Lage, Boden nach oben, im Wagen verbleiben und leicht an allen Stellen geflickt werden. Der hydraulische Aufzug wird gegen Beschädigungen beim Durchbrechen des Metalles durch eine Lage Sand geschützt. Holley bespricht sodann die Anordnung eines hiernach eingerichteten Werkes. In Fig. 7 und 8 Taf. 39 ist die Gieſsgrubensohle gleich mit der Haupthüttensohle. Die Arbeitsohle im Gieſshause ist etwas höher und fällt nach allen Seiten sanft bis zur Höhe der Hüttensohle ab. Holley hält es für zweckmäſsig, nur die Spiegeleisen-Cupolöfen hinter dem Gieſshause aufzustellen und zwar in einer derartigen Höhe, daſs ihr Abstich um die Gieſspfanne höher als die Oeffnung der horizontal gekippten Birne liegt. Die übrigen Cupolöfen sind, wenn die Hochöfen in der Nähe liegen und man nicht direct vom Hochofen bessemern will, dorthin zu verlegen, um so Gelegenheit zu haben, die beim Hochofen benutzten Einrichtungen, besonders den erhitzten Wind, zu verwenden. – Daſs das directe Bessemern sich in der Praxis ausführen läſst, beweisen das Barrow- und das Ebb Vale-Werk, welche ihr flüssiges Roheisen in fahrbaren Pfannen 3200 bezieh. 8050m weit bewegen, ohne daſs dasselbe erkaltet. Die Spiegelöfen werden in eine fahrbare Pfanne f abgestochen, welche direct ohne weitere Hebung zur Mündung der Birnen gefahren und in diese ausgegossen wird. Das übrige unter Umständen vom Hochofen kommende Roheisen wird mittels des Hauptaufzuges gehoben und durch die an den äuſseren Seiten der Birnen angebrachten Rinnen g in diese entleert. Die übrige Einrichtung ergibt sich aus den Figuren. Daſs der basische Proceſs beim directen Bessemern vom Hochofen und Verwendung von Weiſseisen jedoch noch auf Schwierigkeiten stoſsen wird (vgl. Zeitschrift des berg- und hüttenmännischen Vereines für Steiermark und Kärnthen, 1880 S. 448), ist klar; doch sind dieselben nicht viel gröſser wie beim directen Bessemern nach dem alten Verfahren. Heiſses Einschmelzen ist beim basischen Proceſs Bedingung; kann man den Hochofen beim Betrieb auf Weiſseisen hiernach einrichten, so ist die Hauptschwierigkeit gehoben. Etwas anderes ist es mit dem Entfernen des Schwefels bei Verwendung des Weiſseisens. Hier wirft sich die Frage auf: Entfernt man den Schwefel im Hochofen oder in der Bessemerbirne; ersteres bedingt groſsen Kalkzuschlag und damit die Gefahr von Betriebstörungen im Hochofen, letzteres starkes Ueberblasen auf Kosten des Ausbringens, damit höheren Spiegeleisenzusatz und die Gefahr der Phosphorreduction. Aus der Art des Erzvorkommens in England und Deutschland wird geschlossen, daſs der basische Proceſs in Deutschland mehr Erfolg haben wird als in England, daſs aber noch viele Jahre vergehen werden, bevor Barrow und Süd-Wales aufhören werden, Bessemerstahl in gleich groſser Menge wie in der Gegenwart zu erzeugen, besonders wenn sich herausstellt, welch gefährliche Concurrenten den reinen algierischen und spanischen Erzen in den minder werthigen, beim basischen Proceſs jedoch verwendbaren Erzen entstehen. Für die Wahl von Bessemergebläsen stellt Schlink in Glaser's Annalen, 1880 Bd. 7 S. 6 folgende Gesichtspunkte auf: 1) Einzelmaschinen sind unter allen Umständen zu vermeiden. 2) Ob stehende oder liegende Maschinen zu wählen sind, kann dem Geschmack des Entscheidenden überlassen bleiben. 3) Anwendung von Condensation ist empfehlenswert!]; die Condensation soll aber rasch, sowie bequem ausschaltbar und Arbeiten ohne dieselbe möglich sein. Anderweitige Pumpwerke mit den Maschinen zu verbinden, ist nicht rathsam. 4) Das Woolfsche oder Compound-System bietet hinsichtlich der Dampfersparniſs die gröſsten Vortheile. 5) Drillingsmaschinen sind ebenfalls vorzüglich. 6) Schiebergebläse nach Adamson'schem Systeme (mit Kolben Steuerung) haben sich in der Praxis durchaus bewährt und dürfen empfohlen werden. Bei Anlage von Hochofengebläsen in Deutschland sind nach demselben Verfasser folgende Gesichtspunkte maſsgebend: 1) Jeder Hochofen erhält eine besondere Gebläsemaschine, deren Dimensionen vom Windbedarf abhängig sind. 2) Steht die Bestimmung der Dampfspannung frei, so nehme man diese möglichst hoch, keinenfalls unter 5 bis 6at Ueberdruck. 3) Maschinen mit Condensation arbeiten im Dampfverbrauch stets günstiger als solche ohne Condensation; bei Niedrigen Dampfspannungen sind erstere unter allen Umständen vorzuziehen. 4) Die Anlage von Einzelmaschinen, namentlich ohne Kondensation, erscheint nicht räthlich, da die zulässige Expansion nur gering und der Dampfverbrauch zu groſs ist. Wer sich für Einzelmaschinen mit Condensation entscheidet, nehme stehende directwirkende oder Balancier-Maschinen. Liegende Einzelmaschinen in sehr groſsen Abmessungen sind minder empfehlenswerth. 5) Zwillings- und Drillingsmaschinen sind bewährte gute Systeme; ihre Anwendung wird unbedingt geboten, wenn Condensation unausführbar oder nicht wünschenswerth ist. Empfehlenswerth in erster Reihe sind stehende Drillingsmaschinen, in zweiter liegende Zwillingsmaschinen, letztere hauptsächlich, weil sie keiner Gewichtsausgleichung bedürfen. 6) Das Woolf sehe oder Compound-System ist vortrefflich und überall anzuwenden, wo man in den Anlagekosten keiner Beschränkung unterliegt und Reserven zur Verfügung stehen. Empfehlenswerte Anordnungen sind: Stehende Maschinen mit 2 Pleuelstangen, an unten gelagerter Schwungrad welle an um 180° verstellte Kurbeln angreifend; liegende Compound-Zwillingsmaschine mit um 90° versetzten Kurbeln; stehende Compound-Drillingsmaschinen mit um 120° versetzten Kurbeln. 7) Die Condensation soll stets ausschaltbar und zeitweises Arbeiten ohne sie möglich sein, damit Auswechselungen und Reparaturen ohne Stillstand der Maschinen auszuführen sind. Dasselbe gilt für sonstige mit der Maschine verbundene Pumpwerke, welche unbedingt anderweitige Reserven haben müssen. Im Engineering, 1880 Bd. 30 S. 438 berichtet T. F. Witherbee über die Sprengung einer „Versetzung“ im Hochofen während des Betriebes. Danach traten im Cedar Point-Hochofen in Port Henry, N. Y., durch unregelmäſsige Beschickung Versetzungen auf, welche zuletzt so bedenklich wurden, daſs man den Entschluſs faſste, das Hochofeninnere durch Wegnahme des südlichen Schlackengewölbes freizulegen. Nachdem dieses und später das gegenüber liegende Gewölbe weggesprengt worden, stieſs man auf eine „Decke“, welche auf einem Bett von Anthracit, ungefähr in Höhe des Schlackengewölbes, ruhte. Um diese zu sprengen, wurde sie unterminirt und die Höhlung mit nassem Thon ausgefüllt, in welchen hinein ein Klotz von hartem Holz getrieben wurde, um in die dadurch hergestellte, mit Thon ausgekleidete Oeffnung das Sprengpulver unterzubringen, da die umgebende Kohle weiſsglühend war. Die Ladung, bestehend aus 6k Pulver wurde, in eine Holzbüchse verpackt, eingesetzt; die Oeffnung mit Sand gefüllt und entzündet. Nach der Explosion zeigte sich der Ofen unverletzt; nur 2 Wasserröhren waren zerbrochen und eine Düse verletzt. Die Decke war hoch gehoben, zerrissen und ungefähr 50 Karrenladungen Schlacke, Kalk mit wenig Kohle durch die Schlackengewölbe herausgeworfen worden. Sofort wurden die Düsen gereinigt, sehr heiſser Wind gegeben und der Ofen bald wieder in regelmäſsigen Gang gebracht. St.

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Tafel Tafel 39
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