Titel: | Zur Selbstentzündung der Steinkohle; von H. Haedicke in Hagen. |
Autor: | H. Haedicke |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 148 |
Download: | XML |
Zur Selbstentzündung der Steinkohle; von H.
Haedicke in Hagen.
Haedicke, zur Selbstentzündung der Steinkohle.
E. Richters (1868 190 398. 1869 193 51. 1870 195 315.
449) folgerte aus seinen bekannten Versuchen, daſs, wenn die Feuchtigkeit sich als
wirksam zur Verwitterung der Steinkohlen zeigt, dies nur in der Unterstützung liegen
kann, welche dieselbe dem Einfluſs des Schwefelkieses zuwendet, während die
zerstörende Wirkung des Sauerstoffes erst bei höherer Temperatur sich geltend macht
und auſserdem durch die Feuchtigkeit beeinträchtigt
wird. Der Einfluſs, welchen der Schwefelkies auf die Verwitterung der Kohle haben
könne, sei nun folgender: er oxydirt sich unter Mitwirkung der Feuchtigkeit und geht
in das schwefelsaure Oxydulsalz über; durch Bildung dieses Salzes werden die Kohlen
gesprengt und erhalten so eine gröſsere Angriffsfläche; das Oxydul geht in das
Oxydsalz über, dieses gibt Sauerstoff an die Kohle ab und dient so als Vermittler
zur Sauerstoffanhäufung. Diese Schlüsse führen Richters
zur Beleuchtung der Gründe der Selbstentzündung, welche meistens der Wirkung des
Schwefelkieses, zuweilen auch einem ähnlichen Proceſs, zugeschrieben wird. Der
Schwefelkies könne aber durch seine Oxydation nicht die Entzündung der Kohle
hervorbringen, da die dabei entwickelte Wärme nicht dazu hinreiche (bei 1 Proc.
Schwefelkies 72° Temperaturerhöhung).
Der Verfasser hat nun eine Reihe von Versuchen angestellt, welche in den Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des
Gewerbefleiſses, 1880 S. 471 ff. beschrieben sind und den Nachweis führen
dürften, daſs der Schwefelkies die Eigenschaft hat sich im
reinen Sauerstoffstrome bei einer Temperatur von etwa 200° zu entzünden.
Diese Versuche wurden erst mit grob zerkleinerter Holzkohle angestellt, welche in
verschiedener Weise mit Schwefeleisen imprägnirt worden war, und ergaben bei
derselben eine Entzündungsstemperatur von 260 bis 300°. Sie versagten bei Verwendung
atmosphärischer Luft sowie bei Anwendung von mit Wasserdampf untermischtem
Sauerstoff. Bei Verwendung reinen Schwefeleisens genügte eine Temperatur von 200°,
um eine lebhafte, funkensprühende Verbrennung zu erzeugen. Hiernach spielt der
Schwefelkies in der Kohle etwa die Rolle, welche dem Schwefel am Streichhölzchen
zuertheilt ist. Er begnügt sich mit einer geringeren Entzündungstemperatur, fordert
dafür aber die Anhäufung von Sauerstoff. Diese Bedingung nun erfüllt die Kohle,
wiederum vielleicht – nach Richters – unterstützt vom
Schwefelkies, indem das bei der Umwandlung desselben sich bildende Oxydsalz als
Vermittler für die Anhäufung dient, wenn man nicht annehmen will, daſs die
anziehende Kraft der Kohlenflächen an dem freien Sauerstoff genügend Nahrung finde.
Diese Anhäufung des Sauerstoffes liefert aber gleichzeitig in Verbindung mit dem Umwandlungsproceſs des
Schwefelkieses die Wärme, welche nothwendig ist, um die Entzündungstemperatur des
letzteren hervorzubringen. Es ist sogar möglich, daſs dieselbe noch weiter
herabgezogen werden kann, wenn man dem Proceſs die bei den genannten Versuchen nicht
gewährte Zeit zur Verfügung stellt. Hiermit stimmt auch die Erscheinung überein,
daſs namentlich milde (blätterige) Kohle mit zum Theil geringem Schwefelkiesgehalt
mehr zur Selbstentzündung geneigt ist als andere, da die durch die Flächenanziehung
bewirkte Sauerstoffanhäufung immerhin als die erste Vorbedingung anzusehen sein und
die Entzündung eines kleinen Stückes Schwefelkies genügen dürfte, um den Vorgang
einzuleiten.
Eigenthümlich scheint hier die Rolle zu sein, welche die Feuchtigkeit spielt. Während
diese einerseits wohl ziemlich sicher der Erwärmung Vorschub leistet, durch
Umwandlung des Schwefelkieses in das schwefelaure Salz, bildet sie meinen Versuchen
nach ein Hemmniſs für die Entzündung selbst, indem sie die dazu nothwendige
Temperatur steigert. Hiernach dürfte ein leiser Wechsel der Luft der Entzündung
förderlich sein, indem er die Feuchtigkeit zeitweise entfernt, vielleicht dann,
nachdem diese ihre Dienste geleistet. Auch dies würde mit der Erfahrung stimmen, da
sowohl in den Kohlenhalden die Erscheinung am ersten in der Nähe der Luftkanäle
beobachtet wird, als auch positiv feststeht, daſs bei den Kohlen schiffen die
Lüftung sich nur als nachtheilig und geradezu gefährlich erwiesen hat.
Wie wichtig die Untersuchung der in Rede stehenden Erscheinung ist, geht daraus
hervorVgl. Beiblatt Nr. 25 zum Marine-Verordnungsblatt
1879. daſs z.B. im J. 1874 unter 31116 Schiffen 70 Unglücksfälle
durch Selbstentzündung entstanden sind, und ist es auch namentlich der eben
angezogene Artikel, welcher den Verfasser veranlaſste, die Versuche anzustellen.
Selbstredend sollen diese nur als Vorläufer für solche von berufeneren Händen
angesehen werden.
Als Mittel gegen die Selbstentzündung dürfte, falls obige Anschauung sich als
zutreffend erweist, zunächst die Vermeidung jeglicher Lüftung anzunehmen sein, wenn
diese nicht gleich so stark durchgeführt werden kann, daſs sie kühlend wirkt. Genaue
Temperaturbeobachtungen bleiben erwünscht. Da ferner die Feuchtigkeit der Entzündung
sowohl, als auch der Sauerstoffanhäufung gegenüber hinderlich erscheint, so dürfte
für den Fall einer bedenklichen Temperaturerhöhung die Einführung eines
Dampfstrahles dienlich sein.
Im Uebrigen mag noch auf die Gefährlichkeit hingewiesen werden, welche die Ansammlung
geölter Putzbaumwolle, welche sich häufig genug in den Kohlenbunkern der Dampfer und
in den Laderäumen der Kohlenfahrzeuge vorfindet, mit sich bringt. Dieselbe ist als
unter Umständen pyrophor nachgewiesen worden und dürfte im Stande sein, den
Schwefelkies zur Entzündung zu bringen, oder mindestens
in der Entzündung zu unterstützen, sicher, wie dieser, in ihrer selbsterwärmenden
Wirkung durch die Sauerstoff anhäufende Eigenschaft der Kohle unterstützt.