Titel: | Ueber die Zusammensetzung des Weldon-Schlammes und einiger ähnlicher Substanzen; von Ch. Jezler in Schaffhausen. |
Autor: | Ch. Jezler |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 75 |
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Ueber die Zusammensetzung des Weldon-Schlammes
und einiger ähnlicher Substanzen; von Ch.
Jezler in Schaffhausen.
Jezler, über die Zusammensetzung des Weldon-Schlammes.
In Folge meiner früheren Arbeit über Regeneration des Braunsteins (vgl. 1875 215 446)
wurde in einer deutschen Fabrik eine Versuchsfabrikation nach darin angedeuteten
Principien eingerichtet und es oblag mir, den Gang der Fabrikation durch
Untersuchungen im Laboratorium zu verfolgen und zu unterstützen. Nachdem das
Regenerationsproduct dieser Versuchsfabrikation fest erhalten wird, konnte auch die
für den Weldon-Proceſs gebräuchliche Untersuchungsmethode nicht angewendet werden.
Meine Untersuchungen über diesen Gegenstand fallen in das J. 1877 und konnte ich
mich zur Veröffentlichung nicht entschlieſsen, weil ich dieselben als unvollendet
betrachtete. Da nun aber J. Post auf ganz anderem Wege
zu gleichen Resultaten gelangte (vgl. 1880 236 225) und dieselben zu verschiedenen
Besprechungen Veranlassung gaben, will ich in Nachstehendem kurz über die Art meiner
Untersuchungen berichten.
Ich muſs vorerst erwähnen, daſs die von mir zur völligen Oxydation der
Kalk-Manganniederschläge vorgeschlagene hohe Temperatur sich als nicht nothwendig
erwies, sobald dieselben in geeigneter Weise vorbereitet sind. Durch die Anwendung
hoher Temperatur wurde das Wasser bis auf kleine Reste ausgetrieben, was mich zur Annahme einer Verbindung
CaO.2MnO2 verleitete. Die Körper, welche ich bei
meiner neuen Arbeit zu untersuchen hatte, waren nie hoher Temperatur ausgesetzt und
erwiesen sich als Wasser haltig. Das Resultat meiner Untersuchungen ist im
Wesentlichen in einem Patentgesuche vom J. 1877 niedergelegt und lautet: Das
Regenerationsproduct enthält wechselnde Mengen Mangansuperoxyd, jedoch immer mehr
als 2 Mol. MnO2 auf 1 Mol. Basis, sei diese nun MnO
oder gebundener Kalk. Die Regenerationsproducte zeigen, wenn dieselben nicht über
120° erhitzt wurden, was zur Oxydation nicht erforderlich, einen Wassergehalt,
welcher höher ist als der Formel CaMnO6H2 entspricht.
Zur Untersuchung nach gleicher Methode wurde das Weldon'sche Product durch Filtration
und Trocknen in feste Form übergeführt. Die ersten nach erwähnter
Regenerationsmethode im Groſsen dargestellten Producte waren unter Anwendung sehr
mangelhaft gelöschten Kalkes entstanden, so daſs noch deutlich Kalkkörner sichtbar
waren. Um eine in denselben vorhandene Kalk-Manganverbindung zu bestimmen, muſste
ich eine Methode aufsuchen, welche eine Trennung des gebundenen und des fremden
Kalkes zulieſs. Ich fand, daſs aus solchen Körpern in fein zertheiltem Zustande, in
Wasser suspendirt, durch Behandlung mit Kohlensäure gebundener Kalk als Bicarbonat
ausgezogen wird, nachdem fremder Kalk mit CO2
gesättigt ist. Die Kalk-Manganverbindungen werden unter diesen Umständen zerlegt. Ob
diese Zerlegung eine vollkommene sei, untersuchte ich nicht. Werden dagegen
derartige Verbindungen, getrockneter Weldon-Schlamm, die von Gorgeu beschriebenen Körper, Manganhyperoxyd nach Berthier, im Glasrohre eingeschmolzen, wiederum in Wasser suspendirt mit
Calciumcarbont auf 120° erhitzt, so tritt freie Kohlensäure auf. Durch Anwendung der
nöthigen Vorsichtsmaſsregeln vergewisserte ich mich, daſs dieselbe nur aus dem
angewendeten Calciumcarbonat stammen und durch MnO2
ausgetrieben sein konnte.
Werden wiederum solche Verbindungen in feuchtem, nur bröckligem Zustande der
Einwirkung der CO2 ausgesetzt, so findet keine oder
nur spurweise Reaction statt. Ich ermittelte dies auf folgende Weise: Ein möglichst
reines Regenerationsproduct, in welchem noch CO2
nachzuweisen war, wurde fein gerieben, in Wasser suspendirt, mit einigen Tropfen
verdünnter Salzsäure vermischt, die Flüssigkeit abfiltrirt und der Rückstand auf
CO2 untersucht. Wenn solche noch vorhanden,
wurde der gleiche Vorgang wiederholt, bis jede Spur verschwunden war. In dem so
behandelten Körper waren noch reichliche Mengen Kalk und keine Magnesia mehr
nachweisbar und fand ich damit die Mittheilung von Lunge, daſs Magnesia diesen Verbindungen nicht angehöre, bestätigt. 2g,974 so vorbereiteter Masse hatten bei
18stündiger Behandlung in feuchtem Zustande mit Kohlensäure 0g,0005 CO2 aufgenommen. Bei dieser
Behandlung ginge noch vorhandenes Kalkhydrat in Calciumbicarbonat, oder bei
nachherigem Erhitzen auf 120° wieder in Calciumcarbonat über. Durch entsprechende
Behandlung der Untersuchungsobjecte glaubte ich somit ein Mittel gefunden zu haben,
gebundenen und fremden Kalk zu trennen, um so mehr Magnesia als Dicht der Verbindung
angehörend betrachtet wird. Aus der Bestimmung der Kohlensäure und des gesammten
vorhandenen Kalkes ist der an MnO2 gebundene Kalk zu
berechnen. Es werden hierbei durch Kalk- und Magnesiasilicate Ungenauigkeiten
entstehen und bietet namentlich bei hohem Magnesiagehalt obige Methode nicht
genügende Sicherheit. Sehr hoher Magnesiagehalt ist ein für die Praxis nicht sehr
bedeutsamer Punkt, da diese Kalke für die Regeneration nicht gesucht sind.
Die Ausführung meiner Analysen geschah nun in folgender Weise:
Auswaschen des Untersuchungsobjectes mit destillirtem Wasser, wenn nöthig nach
vorhergegangenem Zerreiben, bis die Reaction auf Chlor und Schwefelsäure
verschwunden war. Damit schwindet auch die alkalische Reaction. Wäscht man mit
Chlorcalciumlösung, bis die alkalische Reaction aufhört, und setzt das Auswaschen
mit Wasser fort, so tritt keine alkalische Reaction mehr auf. Nach dem Auswaschen
wird die Masse möglichst schnell durch Auspressen in nur mehr feuchten, bröckligen
Zustand übergeführt und nun etwa 12 Stunden in einer stets erneuerten
Kohlensäure-Atmosphäre aufbewahrt. Würde diese Behandlung mit CO2 sich auf gröſsere Mengen beziehen, so wäre wohl
ein mechanisches Bearbeiten nothwendig. Wo aber wenige Gramm auf einem Filter
ausgebreitet sind, hat bei der porösen Form der Substanz die Kohlensäure allseitig
genügend Zutritt, um die ganze Masse zu durchdringen. Nach der Behandlung mit CO2 folgt Trocknen bei 110 bis 120°. Geschieht dieses
Trocknen in der gewöhnlichen Atmosphäre, so könnte hierdurch eine höhere Oxydation
eintreten. Für die nach meinem Vorschlage regenerirten Producte ist dieser
Luftzutritt ohne Belang, da bei der Fabrikation eine Erwärmung bis nahe an diese
Temperatur oder sogar eine solche weit darüber angewendet wurde.
Weldon's Product wurde stets im Wasserstoffstrome getrocknet. Zu
der nun folgenden Kohlensäure-Bestimmung wurde die CO2 durch Schwefelsäure ausgetrieben, in Natronkalk aufgefangen und gewogen;
die Bestimmung des MnO2 geschah nach Bunsen, die Wasserbestimmung durch langes Ausglühen der
Substanz im Verbrennungsrohr, Aufnahme des Wassers im Chlorcalciumrohr und Wiegen.
Die übrigen Bestimmungen geschahen durch Losen einer abgewogenen Menge in Salzsäure,
Fällen des Kalkes durch Schwefelsäure und Alkohol, Fällen des Eisens und der
Thonerde im Filtrat durch Ammoniak neben viel Chlorammonium, nochmaliges Auflösen
und Fällen des Niederschlages zur Verhütung von Manganverlusten, Fällung des Mangans
im Filtrat durch Schwefelammon und Wägung als Sulfür; schlieſslich Fällung der
Magnesia durch phosphorsaures Ammon.
Von den nach vorstehender Methode ausgeführten Analysen folgen
einige Resultate:
I.
50,81
MnO2
II.
65,88
MnO2
10,58
CaO an MnO2
6,36
CaO an MnO2
3,60
MnO
12,53
MnO
7,84
CaO an CO2
4,11
CaO an CO2
3,64
MgO an CO2
3,23
CO2
10,16
CO2
4,87
H2O
8,78
H2O
3,02
SiO2, Fe2O3, Al2O3,
MgO
und Verl.
4,59
SiO2, Fe2O3, Al2O3 u.
Verl.
––––––
–––––
100,00.
100,00
III.
59,33
MnO
IV.
66,12
MnO2
10,32
CaO an MnO2
8,12
CaO
6,83
MnO
9,06
MnO
2,56
CaO an CO2
0,85
CO2
0,47
MgO an CO2
5,08
MgO
2,53
CO2
8,31
H2O
1,62
SiO2
2,04
Fe2O3 und Al2O3
13,96
H2O
0,42
Differenz und Unlösliches
2,38
Al2O3, Fe3 und
Verlust
––––––
––––––
100,00.
100,00.
Die Analyse I entspricht einem Regenerationsproduct, welches mit
schlecht gelöschtem Kalke erhalten wurde. Es waren darin leicht Kalkkörner sichtbar.
Daſs solche keiner Kalk-Manganverbindung angehören, ist klar. Gebundener Kalk und
Manganoxydul erfordern Kalk als CaO.2MnO2 32,87, als
Mn3O5 8,82,
zusammen 41,69 Proc. MnO2; gefunden 50,81 Proc.
MnO2, mithin ein Ueberschuſs von 9,12 Proc.
MnO2. Da es sich übrigens hier nicht um den
Beweis der Existenz einer Verbindung Mn3O5 (mit etwa entsprechendem H2O-Gehalt), sondern darum handelt, daſs die
Oxydation weiter vorschreitet als CaO.2MnO2, kann
auch der MnO-Gehalt als Mn2O3 in Rechung gebracht werden und ergibt sich dann
ein Ueberschuſs an MnO2 von 13,53 Proc. Trotz dieses
Ueberschusses wäre ein solches Product wegen der groſsen Menge mechanisch
beigemengten Kalkes nicht ökonomisch verwendbar. Ich wählte gerade diese Analyse zur
Mittheilung, weil bei diesem Körper eine ziemlich vollkommene Oxydation des Mangans
stattgefunden hat.
Die Analyse II entspricht einem im Laboratorium unter Anwendung
hoher Temperatur zur Oxydation dargestellten Producte. Der als gebunden gefundene
Kalk, als CaO.2MnO2 in Rechnung gebracht, erfordert
19,76 Proc. MnO2, das Mn2O3 15,35 Proc., zusammen 35,11 Proc.
MnO2; gefunden 65,88 Proc. MnO2, Ueberschuſs 30,77 Proc. Rechnet man wiederum auf
1 MnO 2MnO2, so erfordern die 12,53 Proc. MnO 30,70
Proc. MnO2 und bleibt ein Ueberschuſs von 15,42
Proc. MnO2. Bringt man übrigens, die angewendete
Methode der Trennung von gebundenem und fremdem Kalk als ganz irrig betrachtet und
auſserdem die Existenz einer Oxydationsstufe Mn3O5 entsprechend vorausgesetzt, allen Kalk, also 6,36
+ 4,11 = 10,47 als CaO.2MnO2 in Rechnung, so bleibt
immer noch über dieses Erforderniſs ein Mehr von 2,65 Proc. MnO2.
Die Analyse III ist das Resultat der Untersuchung von
Weldon-Schlamm, den ich von einer Fabrik am Tyne erhielt. Berechnet man den Bedarf
an MnO2 für CaO.2MnO2 und Mn3O5, so bleibt ein Ueberschuſs an MnO2 von
10,52 Proc., oder bringt man wie oben auch den fremden, nicht zur Verbindung
gehörenden Kalk in Rechnung, so resultirt ein Bedarf an MnO2 von 53,72 Proc., mithin Ueberschuſs 2,57 Proc.
MnO2.
Die Analyse IV entspricht einem nach der von mir vorgeschlagenen
Methode im Groſsen dargestellten Product mit Anwendung von dolomitischem Kalk. Wird
der MnO2-Gehalt auf CaO.2MnO2 und Mn3O5 berechnet, so ergibt sich ein Ueberschuſs von
18,66 Proc. Da aber hier die gefundene Kohlensäure nicht einmal genügt, um Magnesia
als Carbonat zu sättigen, wird darüber Unsicherheit entstehen, ob nicht doch MgO an
MnO2 gebunden ist. 0,727 Proc. MgO als Carbonat
in Rechnung gebracht, den Rest als an MnO2 gebunden
betrachtet, entstünde ein Minus an MnO2 von 0,27
Proc. Ob wirklich im vorliegenden Falle MgO an MnO2
gebunden ist, konnte ich s. Z. nicht mehr untersuchen. Bei der Reihe ausgeführter
Analysen entsprach der geringste MnO2-Gehalt einem
Abgang von 2,44 Proc., ohne daſs wesentliche Mengen MgO vorhanden waren, allerdings
unter Voraussetzung der Richtigkeit der Trennung von gebundenem und fremdem Kalk. Es
wäre damit nur erwiesen, daſs auch Producte mit weniger MnO2, als einer Verbindung CaO.2MnO2 entsprechen, entstehen können.
Mögen der beschriebenen analytischen Methode Fehler vorgeworfen werden, wie sie
heiſsen wollen, so werden die Fehlerquellen nie groſs genug sein, um die gefundenen
Mengen an MnO2 blos durch die Existenz von
Oxydationsstufen CaO.2MnO2 und Mn3O5 zu erklären.
Bringt man bei obigen Analysen sämmtlichen Kalk in Rechnung, so bleiben bei II und
III allerdings nur kleine Ueberschüsse. Die in keinem Regenerationsproduct fehlende
Kohlensäure ist aber an Kalk gebunden; ebenso wird die Kieselsäure nicht
ausschlieſslich an Eisen und Thonerde oder Mangan, sondern z. Th. an Kalk gebunden
sein. Diese zwei Fehlerquellen allein, welche den Kalkgehalt der Verbindung als zu
hoch ergeben, werden kleine Fehler in der analytischen Methode ausgleichen. Die
Uebereinstimmung meiner Resultate mit denjenigen von Post, zweier von einander durchaus unabhängiger Arbeiten, war mir zu
auffallend, als daſs ich nicht auch meine Resultate mittheilen wollte. Die Prüfung
der Verbindungen MnO.5MnO2 und CaO.5MnO2 u. dgl. ergab, daſs solche Körper niemals von
constanter Zusammensetzung erhalten werden, weder nach den bekannten angegebenen
Methoden, noch gelang es mir auf vielfach versuchten anderen Wegen irgend einen
entsprechenden Körper von fester Zusammensetzung zu erhalten. Schlieſslich bemerke
ich noch, daſs, wenn ich von CaO.2MnO2 und Mn3O5 spreche, ich
nicht die Existenz solcher Körper annehme, sondern diese Ausdrücke nur zur
Bezeichnung der relativen Mengenverhältnisse von „Basis“ und MnO2 gebrauche, welche dieselben bleiben, welchen
Wassergehalt wir in solchen Verbindungen auch annehmen.
Schaffhausen, November 1880.