Titel: | Ueber Neuerungen in der Soda-Industrie. |
Autor: | F. |
Fundstelle: | Band 239, Jahrgang 1881, S. 47 |
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Ueber Neuerungen in der
Soda-Industrie.
Mit Abbildungen auf Tafel 7.
Ueber Neuerungen in der Soda-Industrie.
Zur Gewinnung von Schwefel durch
Zersetzung geschwefelter alkalischer Erden will G.
Aarland in Stolberg bei Aachen (D. R. P. Kl. 12 Nr. 10486 vom 24. December
1879) Chlorcalcium statt des von Schaffner und Helbig (1879 231 345. 234 134) angewendeten
Chlormagnesiums verwenden, da seiner Ansicht nach die Aufarbeitung der
Magnesialaugen zu schwierig ist.
Sodarückstände, Schwefelbarium und dergleichen Schwefelverbindungen werden mit
Chlorcalciumlösung auf 100° erwärmt. Entsprechend der Zersetzungsgleichung: CaS +
CaCl2 + H2O =
H2S + CaO + CaCl2 erfolgt eine ruhige Entwicklung von Schwefelwasserstoff. Das Gas wird
ganz oder theilweise verbrannt, oder durch Schwefligsäure in Schwefel übergeführt,
kann aber auch zur Herstellung von unterschwefligsauren, schwefligsauren oder
schwefelsauren Salzen verwendet werden. Die zurückbleibende Flüssigkeit läſst man
absitzen und verwendet die klare Chlorcalciumlösung zu einer neuen Zersetzung; aus
dem Rückstande kann das Kalkhydrat abgeschlämmt werden.
A. R. Pechiney (Englisches Patent Nr. 3194 vom 8. August
1879) behandelt die aus den Sodarückständen erhaltenen gelben Laugen so lange mit Luft, bis bei der
Neutralisation mit Säure der gesammte Schwefel ausfällt. Für die hierbei
stattfindenden Reactionen gibt er folgende Zersetzungsgleichungen (vgl. 1880 237
310):
4CaS2 + 2O2 = CaO + CaS2O3 + 2CaS3 und
CaS2O3 +2CaS3 + 6HCl = 3CaCl2 + 3H2O + 4S2.
Zur Gewinnung von Schwefel aus
gebrauchter Laming'scher Masse oder ähnlichen Schwefel haltigen Abfällen schlägt O. Ch. Dalhousci Ross in Peckham (Englisches Patent Nr.
713 vom 21. Februar 1879) vor, in bekannter Weise überhitzten Wasserdampf anzuwenden
(vgl. 1878 230 61).
Eine Vorrichtung zur gleichmäſsigen
Vertheilung von Flüssigkeiten, namentlich für Gay-Lussac- oder
Glover-Thürme statt der bisher gebräuchlichen Segner'schen Räder hat F. Briegleb in Heufeld, Oberbayern (* D. R. P. Kl. 12
Nr. 10386 vom 15. November 1879) angegeben. Die aus Hartblei hergestellte
Vorrichtung besteht aus einem Kegel a (Fig. 1 und
2 Taf. 7), dessen Mantelfläche an der Spitze glatt ist, so daſs sich ein
mittels Trichter genau auf die Spitze geführter Schwefelsäurestrahl auf der
Mantelfläche ringsum in gleicher Schicht verbreiten und abwärts flieſsen muſs. Der
untere Theil des Kegels ist durch hervortretende Rippen e in gleich groſse Fächer getheilt, damit jede dieser Abtheilungen gleich
viel Säure bekommt, welche dann durch angesetzte Röhren n abflieſst.
Der in Fig. 3 bis
6 Taf. 7 dargestellte Apparat zur Concentration
von Schwefelsäure von A. Nobel in Paris (* D.
R. P. Kl. 12 Nr. 10145 vom 15. Januar 1880) bildet einen Thurm A, welcher aus aufeinander gesetzten guſseisernen
Rohren a besteht, auf deren eisernen Vorsprüngen b die aus Porzellan, Steingut, Glas oder sonstigem
feuer- und säurefestem Material angefertigten Schalen c
ruhen. Die zu concentrirende Säure flieſst durch den Hahn e und Trichter f auf die Schalen c, rinnt zur Vermeidung des Spritzens an den in die
Oeffnungen g (Fig. 4)
gestellten Glasstäben h herunter und flieſst
schlieſslich durch das Platinrohr i ab, um in üblicher
Weise abgekühlt zu werden. Die entwickelten Säuredämpfe entweichen durch das untere
Seitenrohr m und werden in üblicher Weise verdichtet.
Die Fugen in den Rohrmuffen a und m werden mit Asbest oder sonstigem feuer- und
säurefestem Material gedichtet. Die auf dem Feuerherde F entwickelten Heizgase umspülen den eisernen Thurm bis zur Spitze.
Der Verlauf des Processes ist folgender: Man öffnet den Hahn e und läſst so lange die zu concentrirende Säure in den
Thurm A hinein, bis dieselbe vom untersten Teller c durch das Platinrohr i
abzulaufen beginnt. Alsdann zündet man Feuer an. Die Hitze theilt sich durch das
Guſseisen des Thurmes den Tellern c und der Säure mit;
letztere gibt Dämpfe ab, welche in Folge der Anordnung der Teller c gezwungen werden, die ganze Fläche des Thurmes A, an welcher sie Wärme aufnehmen, sowie diejenige der
Teller c und der darin befindlichen Säure, an welche
sie Wärme abgeben, zu
bestreichen. Dadurch wird die Säure, während sie durch den Thurm A niederläuft, concentrirt. Man regelt mittels des
Hahnes e den Zufluſs so, daſs stets völlig concentrirte
Säure durch das Rohr i abgeht. Die sich bildenden
Säuredämpfe werden vorzugsweise von oben nach unten in der entgegengesetzten
Richtung der Flamme geführt, weil man dadurch groſse Sicherheit gegen Condensation
von Säuredämpfen am oberen Theil des Thurmes A erlangt.
Es ist begreiflich, daſs bei der hier beschriebenen Anordnung der Thurm A stets eine höhere Temperatur als die anliegenden
Teller und die darin enthaltende Säure erreicht. Es kann daher keine Condensation
von Säuredämpfen an der Metallwandung stattfinden, und da die Säuredämpfe das Metall
gar nicht oder kaum merklich angreifen, so bleibt dasselbe unversehrt. Sogar
Schwefelsäure, welche Salpetersäure oder Untersalpetersäure enthält, kann darin
concentrirt werden.
W. E. A. Hartmann in Swansea (Englisches Patent Nr.
2839 vom 11. Juli 1879) will die Schwefelsäure direct in eisernen Gefäſsen
concentriren (vgl. 1877 225 312); er setzt aber, um die zerstörende Wirkung der
flüssigen Säure auf das Eisen zu verhindern (vgl. 1877 226 431), der einflieſsenden
Säure Eisenvitriol zu, welches sich nach beendeter Concentration fast völlig wieder
abscheidet. Die entwickelten Säuredämpfe werden in bleiernen Kühlschlangen
verdichtet.
Ueber den Leblanc'schen Sodaproceſs berichtet ausführlich K. W. Jurisch in der Zeitschrift Chemische Industrie, 1880 S. 241. In der Fabrik von J. Muspratt in Widnes sind eine Reihe von Rohsodaproben
untersucht worden, und zwar aus dem Revolverofen im Juli 1874 (I), dem Handofen im
November 1874 (II), einem Revolverofen im April 1876 (III) der eigenen Fabrik und im
Februar 1876 aus einem gleichen Ofen der Fabrik von Ch.
Tennant in St. Rollox (IV):
I
II
III
IV
Na2CO3
41,592
41,760
46,154
45,280
NaCl
1,205
1,386
0,673
1,740
Na2SO4
1,213
2,264
0,353
1,505
Na2SO3
0,145
0,534
–
–
Na2S2O3
–
0,315
0,593
1,135
SiO2
2,375
4,090
2,680
3,120
Al2O3
1,080
1,503
0,785
1,021
Fe2O3
0,877
1,107
1,015
0,724
CaOO3
11,616
6,636
9,686
5,114
CaO
5,689
5,816
1,695
1,328
CaS
29,783
31,938
33,615
30,985
MgO
–
0,303
0,404
0,295
Kohle
4,425
3,260
3,500
7,370
Die angewendeten Mischungsverhältnisse waren folgende:
Sulfat
100
100
100
100
Kalkstein
106
109
78
73
Kohle mit 10 Proc. Asche
55
56
47,5
41
Mactear's Kalk (vgl. 1879 232 537)
–
–
7,3
7
Während der Monate December 1879, Januar, Februar und März 1880 wurden von den
täglichen Revolver-Rohsodalaugen Proben genommen und deren Mischung jede Woche
analysirt. Dabei enthielt 1l in Gramm:
Mittel
Höchste
Niedrigste
vorgekommene Zahl
Gesammt Na2O
187,980
198,380
168,950
Na2O als Na2CO3
147,930
161,180
131,750
Na2O als NaOH
40,050
47,740
37,200
Na2CO3
252,910
275,560
225,250
NaOH
51,680
61,600
48,000
NaCl
10,682
15,503
6,274
Na2SO4
2,793
3,755
1,944
Na2SO3
0,291
0,543
0,150
Na2S2O3
1,327
2,080
0,980
Na2S
4,149
5,043
2,925
Gesammt Na2SO4 berechnet
13,061
14,651
10,677
Gesammt Na2SO4 gefunden
13,117
15,549
10,496
Na4FeCy6
0,768
1,050
0,510
SiO2, Al2O3, Fe2O3
4,656
5,630
3,850
Auſserdem wurden im Februar 1880 tägliche Proben der rothen Lauge (II), der oxydirten
rothen Lauge (III) und der kausticirten rothen Lauge (IV) genommen und am Ende des
Monates analysirt. Im Vergleich mit dem Mittel aus den Februar-Analysen der
Revolver-Rohsodalaugen (I) enthielt 1l in
Gramm:
I
II
III
IV
Gesammt Na2O
191,270
189,630
158,800
116,850
Na2O als Na2CO3
149,270
106,300
81,430
14,440
Na2O als NaOH
42,010
83,330
77,380
102,410
Na2CO3
255,200
181,790
139,220
24,690
NaOH
54,200
107,520
99,840
132,140
NaCl
9,719
26,413
19,481
12,650
Na2SO4
2,953
11,809
9,143
7,204
Na2SO3
0,306
5,603
1,126
2,396
Na2S2O3
1,437
6,085
9,693
2,948
Na2S
4,188
8,424
2,262
2,507
Gesammt Na2SO4 berechnet
13,507
44,398
31,953
19,767
Gesammt Na2SO4 gefunden
13,496
44,888
32,694
19,614
Na4FeCy6
0,710
2,280
1,500
0,280
SiO2, Al2O3, Fe2O3
5,118
6,700
4,610
0,960
–––––––––––––––––––––––––––––––––––
Specifisches Gewicht
1,279
1,290
1,235
1,170.
Die von den Revolversalzen abtropfende rothe Lauge (II) ist durch condensirten Dampf
etwas verdünnt, mit welchem die Salze zur besseren Reinigung behandelt wurden. Die
Oxydation der rothen Lauge geschah durch Einblasen von Luft mittels eines
Körting'schen Gebläses unter Mitanwendung von Weldon-Schlamm (1880 235 300. 236
225), die Kausticirung nach Parnell (1879 231 521) bei
3at Druck.
Die Analysen bestätigen, daſs fast alle Verunreinigungen der Rohsodalauge in die
rothe Lauge übergehen, daſs beim Oxydiren derselben das Schwefelnatrium in
dithionigsaures Natrium sich umwandelt und daſs beim Kausticiren nach Parnell letzteres theilweise wieder Schwefelnatrium und
schwefligsaures Natrium bildet. Hierbei schlägt der Kalk auch Kieselsäure, Thonerde
und Eisenoxyd, anscheinend auch etwas Cyan, mit nieder.
Kieselsäure, Thonerde und Eisenoxyd wurden hierbei nach dem
Vorschlage von E. W. Parnell besimmt durch
Uebersättigen von 100cc Lauge mit Salzsäure, Kochen, Hinzufügen
einer beträchtlichen Menge concentrirter Salmiaklösung, Uebersättigen mit Ammoniak
und Kochen, bis der Ammoniakgeruch vollständig verschwunden war. Der dadurch
gebildete Niederschlag setzt sich leicht ab und kann sehr gut filtrirt und
ausgewaschen werden. Er enthält alle Kieselsäure, Thonerde, alles Eisen und etwa 66
Procent des vorhandenen Cyans in schmutzig blaſsgrün gefärbter Verbindung. Während
des Auswaschens mit heiſsem Wasser geht diese letztere Substanz in eine intensiv
blau gefärbte Verbindung (Berliner Blau?) über, welche während des Trocknens die
ganze Masse des Niederschlages tief blau erscheinen läſst und beim Glühen unter
Hinterlassung von Eisenoxyd zerstört wird.
Um den Verbleib des Cyans bei dieser Behandlung aufzuklären, wurden mit der rothen
Lauge (II), welche nach dem Hurter'schen Verfahren (1880 237 311) untersucht 2g,25 Ferrocyannatrium im Liter enthielt, folgende
Versuche gemacht.
Es wurden 100cc in der
beschriebenen Weise mit Salmiak gefällt, jedoch ohne nach dem ersten Zusatz von
Salzsäure zu kochen. Der blaue Niederschlag, welcher nach dem Glühengemäſs der
März-Analyse 0g,670 hätte wiegen müssen, wurde
noch feucht mit reinem Aetznatron behandelt, mit frisch gefälltem Eisenoxydulhydrat
gekocht, mit Chlorkalklösung oxydirt, mit Salzsäure übersättigt und ergab 0g,1325 Na4FeCy6 oder 1g,325
Na4FeCy6 im
Liter Lauge. Das Filtrat enthielt in 11 nach colorimetrischer Vergleichung mit einer
bekannten Rhodanammoniumlösung und Eisenchlorid 0g,972 Rhodannatrium, entsprechend 0g,608
Ferrocyannatrium.
Von den 28,25 Ferrocyannatrium fanden sich somit nach der Fällung durch Salmiak 1g,325 im Niederschlage, 0g,608 im Filtrat, während 0g,317 zerstört waren.
Wurde aber die rothe Lauge nach dem Uebersättigen mit Salzsäure gekocht und dann mit
Salmiak gefällt, so war das Filtrat frei von Cyan; der Niederschlag enthielt 1g,37 Na4FeCy6, so daſs 0g,88
zerstört waren.
Zur directen Bestimmung des Gesammtsulfates wurde die Flüssigkeit mit
unterchlorigsaurem Natrium oxydirt. Die Abweichung der berechneten und gefundenen
Zahlen erklärt sich durch die zuweilen theilweise mit dem Bariumsulfat gefällte
Kieselsäure.
Es werden von Jurisch ferner mitgetheilt das Mittel
(II), sowie die höchsten (III) und niedrigsten (IV) Werthe aus 20 täglichen
Analysen, September 1879, von Revolversoda nach Pechiney (1879 232 529) der Runcorn Soap and
Alkali Company in Runcorn, bezogen auf 100 Th. Gesammtnatron, welches als
Na2CO3 und NaOH
zugegen ist und zum Vergleich aus der Muspratt'schen
Fabrik die Analyse eines 16tägigen Durchschnittsmusters der Rohsodalaugen von
Handöfen, März 1880 (V), sowie das Mittel der Januar-Analysen der
Revolver-Rohsodalauge (I):
I
II
III
IV
V
Na2O als NaOH
21,290
13,320
15,160
8,500
33,570
NaCl
5,930
–
–
–
7,279
Na2SO4
1,720
4,142
5,400
2,800
6,042
Na2SO3
0,164
–
–
–
0,383
Na2S2O3
0,666
1,486
1,630
1,200
1,081
Na2S
2,053
1,433
1,820
0,930
1,359
Gesammt Na2SO4 berechnet
6,843
9,457
10,600
7,830
10,890
Gesammt Na2SO4 gefunden
6,775
9,277
10,350
7,980
10,870
Na4FeCy6
0,358
0,216
0,348
0,174
0,150
SiO2, Al2O3, Fe2O3
2,373
–
–
–
2,730.
Die benutzten Mischungen waren folgende, bezogen auf 100 Th. Sulfat mit 96 Proc.
Na2SO4:
Sulfat
100
87,8
100
Kalkstein
76
64,4
102,1
Kohle
38
34,8
52,1
Mactear's Kalk
8,3
–
–
Pechiney's Sulfat
–
12,2
–
„ Kalksteinpulver
–
7,3
–
Aschenklein
10
–
–
Das Aschenklein wird am Ende der Schmelze zugefügt, um die Rohsoda porös zu machen.
Unter Benutzung obiger Mischung konnten in einem Revolver von 4m,57 Länge und 3m,05 äuſserem Durchmesser in 7 Tagen 180t Sulfat zersetzt werden.
Vom 25. April bis 25. Mai 1880 gaben 26 Analysen der Pechiney'schen Laugen vom
erwähnten Revolverofen in Runcorn folgende Werthe (vgl. 1879 231 343), bezogen auf
100 Th. Gesammtnatron:
Mittel
Gröſste
Kleinste
Na2O als NaOH
19,05
21,50
15,25
Na2S
2,17
2,96
1,94
Na2SO3
1,03
1,31
0,87
Na2SO4
3,63
4,50
3,17
Gesammt Na3SO4 berechnet
9,43
10,76
8,04
Na4FeCy6
0,225
0,28
0,18
Die Beschickung bestand aus:
Sulfat
2150k oder im Verh.
100
Kalkstein
1600
74,42
Kohle
850
41,86
Sulfat
250
11,63
Kalksteinklein
150
6,98.
Diese Analysen bestätigen, daſs die Menge der Cyanverbindungen einfach von der Menge
des vorhandenen unzersetzten Sulfates abhängt, gleichgültig, ob dasselbe während des
ganzen Schmelzprocesses oder nur während des letzten Theiles desselben gegenwärtig
ist. Der Vorzug des Pechiney-Weldon-Processes scheint hauptsächlich darin zu
bestehen, daſs man stets ein Product erhält, welches nahezu dieselbe bekannte Menge
unzersetzten Sulfates enthält, hinreichend, um die Menge der Cyanverbindungen nahezu
auf die in Handlaugen vorkommende Menge herabzudrücken. Durch früheres Entleeren des
Revolverinhaltes würde man Rohsoda bekommen, welche sich bald gut, bald schlecht
auslaugen lieſse und welche bald sehr viel, bald sehr wenig Cyan oder unzersetztes
Sulfat enthielte.
Den mehrfach erwähnten Abdampf- und
Trockenapparat (1879 234 307. 1880 236 * 471) hat J. Thelen in Stolberg bei Aachen (* D. R. P. Kl. 62 Zusatz Nr. 10 336 vom
27. November 1879) jetzt dahin abgeändert, daſs er auch zum Rösten von Erzen dienen
kann. Fig. 7 bis 10 Taf. 7
zeigen diesen Apparat in Vorderansicht, Grundriſs und zwei Schnitten, wie er in der
Fabrik Rhenania zu Stolberg zum Trocknen der Soda
verwendet wird, Fig. 11
denselben in Verbindung mit dem Röstofen von Hasenclever und
Helbig (1872 206 * 274). Die Schaufeln, deren
Gesammtzahl dieselbe geblieben ist wie früher, hängen jetzt nur an zwei wagrechten
Stangen a und b (vgl. Fig.
8 und 9). Sie sind
so angeordnet, daſs die der einen Armreihe nach den Schaufeln der andern Reihe
gewendet sind, so daſs die Stoffe bei der Bewegung der Schaufeln nach rechts von
einer auf der linken Seite befindlichen Schaufel der auf der rechten Seite hängenden
Schaufel zugeschoben und bei Bewegung nach links von dieser wieder zur
nächstliegenden, auf der linken Seite angebrachten Schaufel geschafft werden, so
daſs durch die hin- und hergehende Bewegung der Schaufeln die Stoffe nach dem einen
Ende des Apparates geschoben und hier herausgeworfen werden.
Zum Rösten von Blende u. dgl. rutscht das am oberen Ende der schiefen Ebene A (Fig. 11)
aufgegebene Erz auf derselben herunter, wird durch die Walze B in die halbcylindrische Pfanne geschafft und durch die Schaufeln zum
hinteren Ende gebracht, wo dasselbe durch Oeffnung C
auf die Gutröstsohle D fällt. Von hier aus wird das Erz
durch den Arbeiter nach dem Feuer hingeschoben und dabei völlig abgeröstet.
In der Fabrik Rhenania wird das durch Eindampfen der
Sodalaugen in den mechanischen Abdampfapparaten (1878 228 * 327. 1879 234 307)
erhaltene Salz bei v (Fig. 7 bis
10) durch einen Arbeiter in den Trockenapparat eingeworfen, von den
Schaufeln des Rührwerkes nach dem hinteren Ende des Apparates geschafft, wo dasselbe
bei n aus dem Apparate herausgeschoben wird und direct
auf die Mühle C fällt. Hier wird die völlig trockne
Soda gemahlen und durch geeignete Stellung der Krätzer zum Hebezeug d und von diesem in das höher gelegene Sieb e gebracht, von dem sie unmittelbar in das
untergestellte Faſs fällt, während die abgeschiedenen Graupen durch ein
geschlossenes Abfallrohr f zur Mühle zurückgehen.
Mühle, Aufzug und Sieb sind zur Vermeidung des Verstäubens von einem dichten
Blechmantel umgeben.
Der Trockenapparat mit Mühle liefert in 24 Stunden 10t fertige Soda mit einem Kohlen verbrauch von 8 bis 10k und einer Lohnausgabe von 8 Pf. für 100k fertig verpackte Soda. Bei diesem mechanischen
Eindampfen und Trocknen in den Thelen'schen Apparaten
besorgen bei einer jährlichen Production von 5000t
Soda 4 Mann in der Schicht die ganze Arbeit (vgl. Chemische
Industrie, 1880 S. 241).
Während zur Entschweflung der Sodalauge
Parnell nach dem englischen Patent Nr. 4188 vom 21. October 1878 die
Rohlauge mit metallischem Zink behandelt, fügt Scheurer-Kestner (Bulletin de Mulhouse, 1880
S. 30) aus Chlorzink mit Kalk gefälltes Zinkhydrat zu, bis eine abfiltrirte Probe
Schwefel frei ist. Die entschwefelte Lauge wird nach dem Absetzen abgezogen, das
gebildete Schwefelzink abgewaschen, mit Salzsäure zersetzt, der hierbei entwickelte
Schwefelwasserstoff entsprechend verwerthet, die Chlorzinklösung wieder mit Kalk
gefällt, um aufs Neue zur Entschwefelung verwendet zu werden.
Die Reinigung der Laugen und Säuren
von Metallen, Arsen u. dgl. soll in der Sodafabrik von Merle
und Comp. dadurch ausgeführt werden, daſs man einen elektrischen Strom
hindurchleitet (Journal of the Franklin Institute, 1880
Bd. 109 S. 65).
Th. Wastchuk und N.
Glouchoff in Moskau (* D. R. P. Kl. 75 Nr. 10039 vom 2. December 1879)
beabsichtigen sogar, die ganze Herstellung der Alkalien
durch Elektrolyse zu erreichen. Zu diesem Zweck führen sie in die eine
Abtheilung a (Fig. 12
Taf. 7) des durch eine poröse Scheidewand in zwei Hälften getheilten Gefäſses A als positiven Pol eine Platte aus Platin oder Kohle,
in die andere Abtheilung k eine mit dem negativen Pol
verbundene Eisenplatte ein. Läſst man nun vom Behälter R aus eine Lösung von Kochsalz einflieſsen, so soll das in der Abtheilung
a entwickelte Gasgemisch durch das Rohr S in den halb mit Wasser gefüllten Behälter P gehen, hier die Salzsäure abgeben, während ein
Gemisch von Sauerstoff und Chlor durch die Rohre E zu
einer Gasbatterie G entweicht. Das im Gefäſs k gebildete Natron geht mit dem entwickelten
Wasserstoff durch das Rohr s in das Gefäſs p, der Wasserstoff durch die Rohre e zur Gasbatterie g. Der
Zufluſs der Salzlösung in den Apparat A soll so
geregelt werden, daſs die aus dem Gefäſs p abgelassene
Natronlauge Chlor frei erscheint.
Nach Ansicht der Patentinhaber können, durch die bei der Elektrolyse entwickelten
Gase fortwährend genährt, die Gasbatterien einen constanten Strom entwickeln,
welcher zu einer neuen Elektrolyse zweiter Ordnung verwendet werden kann. Zn diesem
Zwecke braucht man nur die Pole dieser Batterie mit den Elektroden eines anderen
Gefäſses von gleicher Einrichtung wie das Gefäſs A zu
verbinden. Der Sauerstoff und der Wasserstoff, die durch Elektrolyse in diesem
zweiten Gefäſse entwickelt worden sind, können zu den ersten Gasbatterien
zurückgeführt werden, oder zur Bildung anderer galvanischer Batterien dienen, welche
eine Elektrolyse dritter Ordnung bewirken können.
In gleicher Weise wird Chlorkalium zerlegt. Zur Herstellung von Soda und Potasche
sollen die erhaltenen Laugen mit Kohlensäure gesättigt werden. – Die praktische
Ausführbarkeit dieser anscheinend nicht auf Grund von Versuchen ausgesprochenen
Vorschläge in dieser Form darf wohl bezweifelt werden.
Den Apparat zur Gewinnung von Soda
mittels Ammoniak und Kohlensäure (1879 231 * 436) hat H. Unger in Leipzig (* D. R. P. Kl. 75 Zusatz Nr. 10392
vom 21. December 1879) jetzt dahin geändert (vgl.
Fig.
13 und 14 Taf. 7),
daſs er das Natriumbicarbonat durch die Rührvorrichtung A der Schnecke B zuführt, welche zwei Reihen
über einander liegender erwärmter Retorten C, D und E speist. Diese Retorten sind ebenfalls mit Schnecken
versehen, so daſs die Soda in der Richtung der voll ausgezogenen Pfeile fortbewegt
wird und endlich in das Rohr F fällt, um durch die
Schnecke G in die entsprechenden Gefäſse geschafft zu
werden. Der zur Vermeidung von Ammoniakverlusten erforderliche Verschluſs der
Zugangs- und Abgangsöffnungen wird auf die Weise erreicht, daſs man die Schnecken
B und G nach oben
verkürzt und dafür Rührstifte anbringt, welche in der Welle befestigt sind.
Hierdurch wird ein Verschluſs erreicht, auch wenn kein neues Salz mehr zugeführt
wird, da die Schnecken B und G das bei a und b befindliche Carbonat nicht mehr herabfallen lassen, so daſs die Pumpe,
bevor sie Luft von auſsen saugen kann, immer zuerst die Gase aus den Retorten in der
Richtung der punktirten Pfeile bei c weggeholt haben
muſs.
Die Herstellung von
Soda nach dem Solvay'schen Ammoniakverfahren
(1879 231 * 437. 1880 236 *
48) bespricht L. Kämmerer in der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1880 *
S. 119. 251. 305. 353.
R Hasenclever (Chemische Industrie, 1880 S. 237) führt im Anschluſs an
die früheren Betrachtungen (1879 231 521) aus, daſs in
Folge des Sodazolles viele Fabriken erweitert, andere neu gebaut werden. Bei diesen
Neuanlagen wird aber nicht immer das alte Leblanc'sche Verfahren benutzt, sondern
man richtet dieselben vielfach nach dem Ammoniakverfahren ein. Moritz Honigmann hat seine Fabrik in Grevenberg bei
Aachen ausgedehnt und sein Verfahren der Firma Matthes und
Weber in Duisburg übertragen. In Schalke ist die Ammoniaksoda-Fabrikation
zeitweilig auſser Betrieb, während in Rothenfelde und Nürnberg nach modificirtem
Honigmann'schen Verfahren weiter gearbeitet wird. W.
Siemens hat seine Versuche mit dem Groussilier'schen Verfahren aufgegeben.
Die Apparate der Firma Wegelin und Hübener wurden
bisher in Deutschland noch nicht eingeführt. Solvay und
Comp. setzen demnächst ihre Fabrik in Whylen (Baden) in Betrieb und
beabsichtigen eine groſse Anlage in der Nähe von Bernburg auszuführen. Auſserdem
fabriciren in Deutschland Ammoniaksoda nach eigenem Verfahren die Chemische Fabrik
in Dieuze und der Verein chemischer Fabriken in Heilbronn, sowie in einigen Monaten
Engelcke und Krause in Trotha. Die
Ammoniaksoda-Fabrikation gewinnt also bedeutend an Ausdehnung, jedoch hat daneben
auch die Sodafabrikation nach Leblanc in Griesheim,
Rheinau und Stolberg erhebliche Erweiterungen erfahren, bei Höchst wird eine
Schwefelsäure- und Sodafabrik von dem dortigen Farbwerke,
vormals Meister, Lucius und Brüning errichtet und in der Gegend von
Oberhausen beabsichtigt die Chemische Fabrik Rhenania
eine gleiche Anlage hauptsächlich für kaustische Soda auf Grund der Schwefelsäure
aus Zinkblende auszuführen.
Bezüglich der Preisverhältnisse macht Hasenclever folgende Angaben: Beim Leblanc'schen
Verfahren erfordern 100k Soda 400k Kohlen, 150k
Kochsalz, 175k Kalkstein, 110k Schwefelkies, 1k,5 Salpeter und 2 M. für Arbeitslohn. Vergleicht man hiermit den Bedarf
für Ammoniaksoda nach Lunge (Soda-Industrie, S. 661) und berücksichtigt die beim Leblanc'schen
Verfahren erhaltenen Nebenproducte, so ergibt sich für 100k 100procentige Soda folgende Berechnung:
Für 1t
Leblanc
Ammoniaksoda
Kohlen, gerechnet zu
8 M.
400k
=
3,20 M.
210k
=
1,68 M.
Kalkstein „ „
2
175
=
0,35
166
=
0,33
Salz „ „
15
150
=
2,25
220
=
3,30
Schwefelkies „ „
20
110
=
2,20
–
=
–
Salpeter „ „
300
1,5
=
0,45
–
=
–
Salmiak „ „
300
–
=
–
5
=
1,50
Löhne
2,00
1,00
––––––––
––––––
10,45 M.
7,81 M.
Ab 250k
Salzsäure zu 1 M.
= 2,50
M.
„ 15 Schwefel „ 3
= 0,45
2,95
––––––––
7,50 M.
Hierzu kommen noch auf beiden Seiten Reparaturen,
Beleuchtung, Gehalte, Generalunkosten u. dgl. Ohne Rücksicht auf die Verwerthung der
Nebenproducte ist die Ammoniaksoda billiger wie die Leblanc-Soda; auch stellen sich
die Anlagekosten und Ausgaben für Reparaturen entschieden günstiger. Die
Leblanc'sche Methode gewährt dagegen den Vortheil des gröſseren Spielraums im
Verkauf, wenn Schwefelsäure und Sulfat besser als Soda, oder Chlorkalk und Schwefel
besser als Salzsäure zu verwerthen sind, während solche Zwischenproducte bei der
Ammoniaksoda-Fabrikation nicht vorkommen. Die meisten deutschen Fabriken
(Grevenberg, Nürnberg, Duisburg) arbeiten mit Steinsalz; steht billige Salzsoole zur
Verfügung, so stellt sich die Ammoniaksoda wesentlich günstiger, es sei denn, daſs
das Brennmaterial an der betreffenden Stelle zu theuer käme.
Auf die Kiespreise hat die Verwendung der spanischen Kiese (vgl.
1875 215 231) durch Errichtung der Duisburger Kupferhütte
günstig für die Schwefelsäurefabrikation eingewirkt. In der Sulfatfabrikation hat
sich der Ofen von Jones und Walsh (1875 215
W. 1879 231 * 153), wie er
für Kaliumsulfat bei Vorster und Grüneberg in Kalk (hier mit entschiedenem Erfolg F.),
für Natriumsulfat in Aussig verwendet wird, sonst in Deutschland keinen Eingang
verschafft. Durch die häufigen Reparaturen, durch den hohen Kokes- und
Kohlenverbrauch und durch Uebelstände bei der Salzsäure-Condensation gewährt er nach
Hasenclever keine besonderen Vortheile, trotzdem an
Arbeitslohn gespart und mit weniger Schwefelsäure als bei den Handöfen ein schönes,
gleichmäſsiges Sulfat erzielt wird. Das Verfahren von Hargreaves (1875 215 58. 1879 231 * 67) ist ebenfalls einstweilen in Deutschland noch
nicht eingeführt, dürfte aber wohl zur Ausführung kommen, besonders wenn es gelingt,
Steinsalz in Stücken anzuwenden, wie dies auf der Rhenania versucht wird, um das Formen in Stücken zu sparen. In Rheinau und
Griesheim ist der rotirende Sodaofen eingeführt, in Kalk für Potasche.
F.