Titel: | Neuerungen im Heizungs- und Lüftungswesen. |
Autor: | H. F. |
Fundstelle: | Band 237, Jahrgang 1880, S. 287 |
Download: | XML |
Neuerungen im Heizungs- und
Lüftungswesen.
Mit Abbildungen auf Tafel 24.
Neuerungen im Heizungs- und Lüftungswesen.
Feuerungen. Perret hat, nach einer
Mittheilung von Ch. Constans in der Revue industrielle, 1880 * S. 109 eine Planrast
construirt, welche besonders für kleinkörnigen Brennstoff (Koke, Anthracit, Lignit
u. dgl.) dienlich sein soll. Die Stäbe der Rast sind dünn und liegen so nahe an
einander, daſs die Spalten genügend eng sind. Bemerkenswerth ist die Gestalt der
Rast-Stäbe, welche diesen Namen eigentlich nicht
mehr verdienen, indem sie die halbe Länge zur Höhe haben. Jeder derselben taucht mit
seinem unteren Rande in Wasser ein, welches in einem gleichzeitig den Aschenraum
bildenden Blechkasten sich befindet. Durch diese Anordnung wird zweifellos eine
solche Wärmeabführung erzielt, daſs die Raststäbe erheblich an Dauer gewinnen; der
Vortheil wird aber durch Herabdrücken des Nutzeffectes erzielt und dürfte zu theuer
erkauft sein.
Wiman's Kachelofen. Die Wochenschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1880
S. 7 beschreibt diesen Ofen nach den „Verhandlungen des Ingenieurvereines in
Stockholm“, wie folgt:
Bei der gewöhnlichen Construction der Kachelöfen sind die Kanäle zur Abführung der
Verbrennungsgase mit den Seitenwänden und der Decke des Ofens fest verbunden. Durch
die ungleiche Erwärmung, welche durch diese Anordnung Kanäle und Seitenwände
erfahren, wird eine ungleiche Ausdehnung der einzelnen Ofentheile hervorgerufen,
infolge deren zwischen den Platten der Wände Fugen entstehen, die nicht nur die
Dauerhaftigkeit des Ofens beeinträchtigen, sondern auch bei gestörtem Zuge dem
Rauche den Austritt in die zu heizenden Räume gestatten. Die Beseitigung dieses
Uebelstandes, sowie eine vortheilhafte Ausnutzung der Wärme der abziehenden Gase
strebt der Ofen von E. A. Wiman an, dessen Einrichtung
aus Fig. 20 bis 22 Taf. 24
deutlich ersichtlich ist.
Der Schacht a, in welchem die heiſsen Gase emporsteigen,
ist durchaus unabhängig von Seitenwänden und Decke des Ofens und kann sich frei
ausdehnen. Von seiner oberen Mündung fallen die Gase herunter und treten durch einen
unter dem Feuerraume liegenden Kanal b entweder direct,
oder mittels eines aufsteigenden Rohres c in den
Schornstein. Auf dem absteigenden Wege geben die Gastheilchen den gröſsten Theil
ihrer Wärme den Ofenwänden ab. Es ist dabei das für eine gute Ausnutzung der Wärme
der Verbrennungsgase richtige Princip, die Heizgase im Niedersinken den zu
erwärmenden Körper berühren zu lassen, genau beobachtet. Die Ofenwände können
infolge des Umstandes, daſs sie in gleicher Höhe nahezu gleich erwärmt werden, zum
Vortheil des Heizvermögens des Ofens möglichst dünn construirt werden. Die in die
Schornsteinröhre führende Oeffnung d dient zur
Abführung der verdorbenen Zimmerluft.
Bei den Luft- und
Wasser-Heizapparaten von G. A. v. Sobbe in
Minden (* D. R. P. Kl. 36 Nr. 8821 vom 20. März 1879) sind die Heizcylinder zur
Vergröſserung der Wärmeaufnahmefläche innen mit pyramidalen Vorsprüngen versehen. In
dieselben ist ein Wassererwärmungsapparat gehängt, bestehend aus einem unten
geschlossenen Cylinder, welcher an der Auſsenseite zur Vergröſserung der
Wärmeaufnahmefläche mit pyramidalen Vorsprüngen und an der Innenseite zur
Vergröſserung der Wärmeabgabeflächen mit verticalen Rippen versehen ist. (Vgl. 1876
222 5.* 7. 1879 231 * 201.
203. 205.)
Luftheizungsofen mit Rippenmantel und
Luftkammersystem von L. Pinzger in Aachen (*
D. R. P. Kl. 36 Nr. 8893 vom 12. August 1879). Ueber die Heizkörper sind Mäntel mit
guſseisernen, auf der Innenseite mit Rippen versehenen Wänden gehängt, welche die
von den Heizkörpern ausgestrahlte Wärme aufnehmen und dieselbe an die zu erwärmenden
vorbei streichenden Lufttheilchen übertragen. Diese Mäntel sind zu einzelnen von
einander getrennten Luftkammern gruppirt, um die in den Warmluftkanälen zuweilen
auftretenden Rückströmungen zu verhüten und die Heizung und Ventilation der
betreffenden Räume vollkommen regeln zu können.
L. Peschlow in Berlin (* D. R. P.
Kl. 36 Nr. 852 vom 16. September 1877. * Nr. 8664 vom 10. Juli 1879. Zusatz * Nr.
8677 vom 10. Juli 1879) setzt senkrechte Heizkörper für Warmwasserheizungen, und
zwar Wärme aufnehmende sowohl, als auch solche, welche die Wärme abgeben sollen, aus
sphärischen ringförmigen Platten zusammen.
Unter der Ueberschrift: Winke für junge
Dampfheizungs-Anordner veröffentlicht W. J.
Baldwin mehrere Briefe im Scientific American.
Derselbe lobt zunächst (a. a. O. 1879 Bd. 41 S. 355) das Dampfheizsystem, nach
welchem Dampf geringer Spannung von dem tief aufgestellten Dampfkessel zu den höher
gelegenen Dampföfen aufsteigt, während das entstehende Wasser ohne weitere Beihilfe in
die Dampfkessel zurückflieſst. Es werden dann Regeln gegeben für die Lage der
Röhren, die Einrichtung der Wärmestrahler u.s.w., welche Regeln für den deutschen
Techniker kaum Interesse haben dürften. Endlich gelangt der Verfasser zur Berechnung
der Heizflächen (a. a. O. 1880 Bd. 42 S. 38). Die von demselben angegebenen
Verfahren glaube ich den Lesern dieses Journals nicht vorenthalten zu sollen.
Nach Baldwin ist die gewöhnliche Regel zur Gewinnung der
Heizflächen folgende: „Multiciplire die Länge mit der Breite und das Product mit
der Höhe des Raumes und schneide rechter Hand zwei Stellen des Schluſsproductes
ab, so drückt die gewonnene Zahl die erforderliche Heizfläche in Quadratfuſs
aus. Hierzu addire man 15 bis 20 Proc. für Eckräume oder solche, welche gröſsere
Auſsenflächen besitzen.“ – Selbstverständlich sind hier überall englische
Fuſs gemeint, so daſs, auf Metermaſs zurückgeführt, die Regel folgendermaſsen lauten
würde: Nehme für gewöhnliche Zimmer auf je 100cbm
Raum 3qm,3, für schwer heizbare Zimmer 3,8 bis
4qm. Aehnliche Angaben finden wir in unseren
Lehrbüchern und technischen Zeitschriften auch.
Baldwin hebt nun, womit wir wohl Alle einverstanden sein
werden, hervor, daſs diese Rechnungsweise nicht zutreffend sei, weil vor allen
Dingen der Zustand und die Gröſse der Fenster, dann die Auſsenwände nach ihrer Lage
und Bekleidung, ferner die Art des Heizens und der Zweck des Gebäudes berücksichtigt
werden müssen, und empfiehlt nachstehendes Rechnungsverfahren, „welches nicht
rein empirisch sei“. Man soll zunächst sämmtliche Einschlieſsungsflächen auf
Fensterglasflächen zurückführen und sich hierbei folgender Zahlen bedienen. Diese
bedeuten, daſs die Flächeneinheit Fensterglas so oft 1000c überträgt, als die Flächeneinheit gewöhnlicher
von rothen Backsteinen hergestellter Wand deren 120 bis 130 hindurchströmen läſst
u.s.w.
Fensterglas
1000
Eiche und Wallnuſs
66
White pine
80
Pitch pine
100
Geputzte Deckenschalung
75 bis 100
Gewöhnliche
Backsteine,
rothe
120 bis 130
„
„
weiſse
125
Granit oder Schieferstein
150
Eisenblech
1030 bis 1110.
Es ist somit die äuſsere Wandfläche mit der zugehörigen Zahl dieser Tabelle zu
multicipliren und durch 1000 zu dividiren, um dieselbe in Fensterglasfläche
auszudrücken. Die Dicke der Wände ist demnach
gleichgültig. Nachdem die der Summe aller Abkühlungsflächen gleichwerthige
Fensterglasfläche gewonnen ist, multiciplire man dieselbe mit dem Quotienten:
\frac{\mbox{Temperaturunterschied des Freien und
Zimmerinneren}}{\mbox{Temperaturunterschied der Dampfroehren und
Zimmerinneren}}
so hat man die erforderliche Heizfläche. Hiernach nimmt Baldwin an, daſs der
Wärmeübergang von Luft durch Glas in Luft gerade so groſs ist wie derjenige von
Dampf durch Eisen in Luft, sofern die Temperaturunterschiede gleich
sind.
Man wird sich nicht sträuben zu glauben, daſs eine auf solcher Annahme begründete
Regel nicht rein empirisch sei, wohl aber der Angabe, wonach Baldwin mehrere Jahre lang die Regel mit Erfolg
benutzt habe, mit einigen Zweifeln begegnen.
Als „neues Ventilationssystem“ wird im Scientific American, 1880 Bd. 42 S. 86
das längst bekannte (vgl. 1876 222 16), ursprünglich von Piarran de Mondésir für Pariser Theater angewendete Verfahren beschrieben,
nach welchem gepreſste Luft mittels Strahlapparate sowohl frische Luft ansaugt, als
auch die gebrauchte Luft fortschafft. Bemerkenswerth dürfte lediglich die in unserer
Quelle angegebene Einrichtung der Strahlapparate, bezieh. die Düsen derselben sein,
welche in Fig. 23
Taf. 24 im Durchschnitt gezeichnet sind. C bezeichnet
das Zuströmungsrohr der gepreſsten, D das Rohr für die
zu bewegende Luft. Die gepreſste Luft drückt, in dem Kopf B angelangt, gegen den verschiebbaren Theil d, welcher mittels der in dem Rohr A
untergebrachten Feder o in der gezeichneten Lage so
lange erhalten wird, als in B kein Ueberdruck vorhanden
ist. In Folge einer entsprechenden Spannung der Luft in B hebt sich der Körper d, die Spannung der
Feder theilweise überwindend, so daſs ein ringförmiger Spalt an dem oberen Rande des
Kopfes B entsteht, aus welchem die gepreſste Luft mit
groſser Geschwindigkeit ausströmt und dadurch befähigt wird, die Luft des Rohres D mit fortzureiſsen. Vermöge der Verengung bei E wird die Vermischung der rasch strömenden Luft mit
der fortzubewegenden sehr begünstigt.
Die beschriebene Anordnung ist in so fern zweckmäſsig zu nennen, als die Weite des
Ausströmungsschlitzes für die gepreſste Luft sich selbstthätig der Spannung
derselben anpaſst. Bedenken erregt die Frage, ob dieser Strahlapparat genügend
geräuschfrei arbeiten wird, um ihn in anderen als Fabrikräumen verwenden zu
können.
Die Lüftung des Rathssitzungssaales der
Guidhall in London ist nach dem Iron, 1880 Bd.
15 S. 171 in folgender Weise eingerichtet. Die frische Luft wird mittels an der
Auſsenseite des Gebäudes mündender, innen senkrecht nach oben gerichteter Kanäle
zugeführt, deren Ausströmungsöffnungen theils in den Setzstufen der Podien, theils
an der Innenseite der Wände sich befinden. Unter Vermittlung mehrerer im Fuſsboden
des Saales angebrachter vergitterter Oeffnungen und solcher, welche an der Decke
Platz gefunden haben, wird die Luft des Saales abgesaugt. Die bewegende Kraft für
das Absaugen liefert theils der Wind, welcher auf drehbare Saugköpfe (vgl. 1876 222 * 12) wirkt, theils die Wärme der
Beleuchtungsflammen, theils besondere in den Abzugsschlotten angebrachte, mit Gas gespeiste
Flammenringe. Die Saugköpfe werden mit Banner's Patent
bezeichnet, jedoch nicht genauer beschrieben. Es soll durch dieselben in den
Saugschlotten eine Geschwindigkeit erzeugt sein, welche gleich 25 bis 30 Procent der
Windgeschwindigkeit ist.
H. F.