Titel: | Ueber das oxalsaure Eisenoxydul-Kali und dessen Verwendung zur Entwicklung photographischer Bromsilberplatten; von Dr. Josef Maria Eder. |
Autor: | Josef Maria Eder |
Fundstelle: | Band 235, Jahrgang 1880, S. 377 |
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Ueber das oxalsaure Eisenoxydul-Kali und dessen
Verwendung zur Entwicklung photographischer Bromsilberplatten; von Dr. Josef Maria Eder.
Eder, über den Eisenoxalat-Entwickler.
Das oxalsaure Eisenoxydul-Kali besitzt; hervorragende reducirende Eigenschaften und
zwar in weitaus höherem Grade als alle anderen bisher untersuchten sauren oder
neutralen Eisenoxydulverbindungen; seine Reductionskraft kommt der alkalischen
Pyrogalluslösung nahe. Wie ich in einer der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien am 15.
Januar 1880 überreichten Abhandlung ausführte, werden Silber- und Goldsalze,
speciell sogar Chlor-, Brom- und Jodsilber, durch dasselbe zu Metall reducirt
(namentlich in der Wärme und nach vorhergegangener Lichtwirkung), Kupferacetat wird
zu metallischem Kupfer, Berlinerblau zu weiſsem Kaliumeisencyanür (dem aus
Eisenvitriol und Ferrocyankalium entstehenden Niederschlag), Indigoblau zu
Indigoweiſs auch in saurer Lösung momentan und vollständig reducirt.
Die von Carey LeaBritish Journal of Photography, 1877 S. 292 und
304. Photographische Revue, 1877 S.
45. entdeckte Eigenschaft des Bromsilbers, nach vorhergegangener
Isolation durch oxalsaures Eisenoxydul-Kali leichter zu Metall reducirt zu werden
als bei Lichtausschluſs, führte zu einer neuen Anwendung des genannten Salzes in der
Photographie. Dieser sogen. „Eisenoxalat-Entwickler“ fand aber in Deutschland
und Oesterreich keinen Eingang, hauptsächlich darum, weil die Darstellung ziemlich
umständlich und seine Eigenschaften wenig studirt waren. Meine Versuche lieſsen mich
die Vorzüge des Eisenoxalat-Entwicklers vor dem bis jetzt gebräuchlichen alkalischen
Pyrogallus-Entwickler erkennen und meine diesbezüglichen Untersuchungen und
Vereinfachungen hatten die vielfache Einführung des neuen Entwicklungsverfahrens zur
Folge.
Die Darstellung der oxalsauren Eisenoxydul-Kali-Lösung durch Kochen von 6 bis 10g oxalsaurem Eisenoxydul mit 100cc einer Lösung von neutralem oxalsaurem Kali (1 :
4) ist für den Praktiker unbequem, nicht nur weil die Operation zeitraubend ist,
sondern auch weil das Oxalsäure Eisenoxydul schwer zu beschaffen ist. Weitaus
einfacher ist folgende Methode: Es wird 1 Volumen einer Lösung von Eisenvitriol (1 :
3) mit 3 Vol. einer Lösung von neutralem oxalsaurem Kali (1 : 3) vermischt. Die
entstehende tiefrothe Lösung wird mit 2 bis 20 Tropfen Bromkaliumlösung (1 : 10) für
100cc der ersteren versetzt und ist jetzt zum
Entwickeln der Bromsilberplatten, namentlich der jetzt allgemein gebräuchlichen
Gelatineplatten, fertig. Der Bromkaliumzusatz dient dazu, die Verschleierung des
Bildes zu vermeiden; zu viel davon hemmt den Entwicklungsproceſs. Ein
Haupterforderniſs für das Gelingen der Entwicklung ist die schwach saure Reaction der Lösung; alkalische Reaction würde Schleier
erzeugen, stark saure Reaction verursacht das Auskrystallisiren von oxalsaurem
Eisenoxydul. Der Eisenoxalat-Entwickler wirkt auch noch bei einer 2 bis 10 und
20fachen Verdünnung mit Wasser, wird aber durch die Verdünnung in seiner Wirkung
geschwächt. An der Luft verdirbt er in 2 bis 3 Tagen, weil er sich oxydirt und dabei
smaragdgrüne Krystalle von oxalsaurem Eisenoxyd-Kali ausscheidet. In ganz
vollgefüllten, wohl verkorkten Flaschen hält er sich dagegen unbegrenzt lange.
Der nach meiner MethodeDie ausführliche Originalabhandlung ist im Organ der „Wiener
Photographischen Gesellschaft,“ der Photographischen Correspondenz, 1879 S. 223 und 243
niedergelegt. dargestellte Eisenoxalat-Entwickler kommt nicht nur
dem alkalischen Pyrogallus-Entwickler gleich, sondern übertrifft ihn sogar in Bezug
auf die Reinheit und Brillanz der damit entwickelten Negative; er ist viel leichter
als der letztere zu handhaben und sowohl für Porträts, als Landschaften mit Vortheil
verwendbar. In der That wird er in neuester Zeit vielfach mit bestem Erfolg
angewendet. Gegenwärtig bringt auch Dr. Schuchardt in
Görlitz einen nach den obigen Angaben gemischten Eisenoxalat-Entwickler mit 0,1
Proc. Bromkalium in den Handel, wodurch namentlich den Dilettanten das sichere
Arbeiten mit Gelatine-Trockenplatten bedeutend erleichtert wird.
Der Eisenoxalat-Entwickler kann oftmals hinter einander benutzt werden. Beim
Gebrauche wird er in eine Tasse oder Cüvette gegossen und die Trockenplatte einfach
hineingelegt. Das Bild ist nach 2 bis 5 Minuten entwickelt. In dieselbe Lösung kann man eine zweite, dritte und zwölfte Platte legen
und auf diese Weise viele Platten hinter einander entwickeln, was bekanntlich beim
alkalischen Pyrogallus-Entwickler unmöglich ist, denn dieser muſs für jede Platte
frisch gemischt werden.
Da der Eisenoxalat-Entwickler ein wenig kostspieliger als der alkalische
Pyrogallussäure-Entwickler ist, so war man namentlich in England darauf bedacht, ihn
zu regeneriren, aber ohne Erfolg. Digestion mit Eisendraht, Zink-Eisen u. dgl. ist
nutzlos. Es gelang mir aber, diese Aufgabe befriedigend zu lösen, indem ich wohl
nicht den ganzen Eisenoxalat-Entwickler, wohl aber den werthvolleren Bestandtheil
desselben, nämlich das Oxalsäure Kali, aus der alten Lösung auf einfache Weise
wiedergewinne. Der alte Entwickler wird (sammt dem grünen Krystallbodensatz) erwärmt
und die Lösung mit einer concentrirten Potaschelösung so lange versetzt, bis eine
Probe davon mit der letzteren keinen Niederschlag mehr gibt. Das Filtrat von dem
Eisenoxyd-Niederschlag enthält keine berücksichtigenswerthen Mengen Eisen mehr und
besteht aus einer hinlänglich reinen Lösung von oxalsaurem Kali, welche mehr oder
weniger überschüssige Potasche enthält. Man versetzt mit Oxalsäure bis zur schwach sauren Reaction und prüft jetzt mit dem
Aräometer, ob die Concentration der Lösung noch die richtige (8° B.) istDiese Dichte (8° B.) gilt für die reine Kaliumoxalat-Lösung, welche frei von
Kaliumsulfat ist. Bei der Anwesenheit des lezteren ist die Dichte gröſser;
man schüttelt dann mit dem festen Oxalsäuren Kali bis zur
Sättigung.; wenn sie zu verdünnt ist, so kann dies leicht durch einen
Zusatz von krystallisirtem neutralem oxalsaurem Kali corrigirt werden. Auf je 100cc dieser Kaliumoxalat-Lösung werden 7 bis 8g krystallisirter Eisenvitriol hinzugefügt;
Bromkalium wird nicht mehr zugesetzt.Hat sich in der Lösung Bromkalium angehäuft, so kann es aus der regenerirten Flüssigkeit durch Zusatz von 2 bis
3cc Silbernitrat-Lösung (1 : 10) auf
100cc Flüssigkeit und Filtration
entfernt werden. Bei wiederholter Regeneration häuft sich
schwefelsaures Kali an, von welchem man durch Krystallisation trennen kann, da es
relativ schwer löslich ist. Diese Methode der Wiederherstellung von erschöpften
Eisenoxalat-Entwickler wird wesentlich zur Verbreitung der neuen Entwicklungsmethode
beitragen.
Wien, Januar 1880.