Ueber die Ausnutzung der Brennstoffe durch
Zimmeröfen; von Ferd.
Fischer.Mit einer Abbildung.F. Fischer, über die Ausnutzung der Brennstoffe durch
Zimmeröfen.Vom 1. Juli 1877 bis zum 31. December 1878 sind in Deutschland 56 Patente auf
Zimmeröfen ertheilt worden – wohl der beste Beweis, daſs man mit den Leistungen der
jetzigen Oefen nicht zufrieden ist. Um so befremdlicher muſs es erscheinen, daſs
Versuche über die Ausnutzung der Brennstoffe durch Zimmeröfen bis jetzt noch gar
nicht gemacht zu sein scheinen; wenigstens sind meines Wissens keine solche
veröffentlicht. Zwar versuchte Bull (1827 24251. 336) die Heizkraft der Brennstoffe durch einen
Zimmerofen zu bestimmen, konnte aber wegen Nichtbeachtung der Verluste durch die
Rauchgase keine irgend wie brauchbare Resultate erzielen. Ferner hat Professor F. Rhien nach einer Flugschrift vom „Eisenwerk Kaiserslautern“ folgende 6 Analysen der Rauchgase des
„Schachtofens für Centralheizungen“ (*1877 2262) gemacht:
BestandtheileKanale im FullhalsoffenKanale geschlossen123Mittel123MittelKohlensäure 3,5 3,4 3,8 3,570 4,8 4,60 6,0 5,130Kohlenoxyd00 0,1 0,033 0,8 1,25 1,0 1,017Sauerstoff13,113,413,713,40013,413,4013,013,300Diesem Sauerstoff entspricht Stickstoff53,60053,200Stickstoff der verbrannten Luft und
Wasser-dampf29,39727,353
Und durch solche Analysen, denen man auf den ersten Blick
ansieht, daſs sie durchaus falsch sind, ist angeblich „wissenschaftlich nachgewiesen, daſs die Verbrennung äuſserst sparsam
ist“, während sie, falls sie richtig wären, das Gegentheil beweisen würden. –
Weitere Versuche sind mir nicht bekannt.Unsere Zimmeröfen haben bekanntlich den Zweck, auf eine möglichst billige und wenig
beschwerliche Weise die Temperatur der Zimmer je nach Gewohnheit und Liebhaberei auf
15 bis 20° zu bringen und zu erhalten. Um zunächst die erforderliche Wärme zu
erzeugen, haben wir zu berücksichtigen, daſs zu einer vollständigen Verbrennung
nicht nur eine hinreichende Menge atmosphärischer Luft, sondern daſs auch eine
genügend hohe Temperatur nöthig ist. Diese Bedingungen für eine möglichst
vollständige Wärmeentwicklung werden in unseren Stubenöfen meist nur sehr
unvollkommen erreicht.Weitaus in den meisten Fällen werden die Kohlen in gewissen Zeiträumen auf das mehr
oder weniger niedergebrannte Feuer geworfen. Durch die Wärme entwickelt sich eine
groſse Menge Leuchtgas, zu deren völliger Verbrennung in einigen wenigen Fällen die
zugeführte Luft nicht ausreicht, so daſs Kohlenoxyd, auch wohl Kohlenwasserstoffe,
namentlich aber ausgeschiedener Kohlenstoff, Ruſs, entweichen. Andererseits wird zum
Erwärmen der Kohle und zur Entwicklung des Leuchtgases Wärme verbraucht und dadurch
das Gasgemenge theilweise unter die Entzündungstemperatur abgekühlt, die Rauchgase
enthalten wieder Ruſs, oft auch Kohlenoxyd und andere brennbare Gase. Dies tritt um
so leichter ein, als unmittelbar vorher durch die theilweise blosgelegten
Rostspalten und während des Schürais durch die Thür groſse Mengen Luft eintreten und
den Feuerraum abkühlen. Die Leuchtgasentwicklung läſst allmälig nach, die Temperatur
erhöht sich, die Rauchbildung hört auf und die zurückbleibende Koke verbrennt ohne
Flamme. Besser stellen sich in dieser Beziehung die Füllöfen, in denen die Kohlen
von oben herabbrennen, da hier das gebildete Leuchtgas mit Luft gemischt durch eine
Schicht glühender Kohlen streichen muſs, so daſs in Folge dessen meist eine völlige
Verbrennung erzielt wird, falls es nicht etwa an Sauerstoff mangelt. In gleicher
Weise wie Steinkohle geben Braunkohle, Torf und Holz erst Leuchtgas, dann ohne
Flamme brennende Kohle. Immer aber erschwert jede zu starke Abkühlung des
Feuerraumes die vollständige Verbrennung, begünstigt daher die Rauchbildung.
Abgesehen von dem unmittelbaren Wärmeverlust wird durch die Ruſsablagerung in den
Zügen die Uebertragung der Wärme von den Feuergasen auf die Zimmerluft wesentlich
erschwert, der Wärmeverlust durch die Rauchgase somit vergröſsert. Die glühenden
Kohlen sollten demnach die Eisenflächen des Ofens nicht unmittelbar berühren,
sondern durch eine Schicht feuerfester Steine davon getrennt und dadurch vor zu
starker Abkühlung geschützt sein. Daſs diese Abkühlung und damit Rauchbildung durch
die Unsitte des Nässens der Kohlen wesentlich begünstigt wird, liegt auf der Hand
(vgl. 1879 232347).Unvollständige Verbrennung in Folge von Luftmangel dürfte bei den gewöhnlichen Oefen
kaum vorkommen; im Gegentheil lassen dieselben durchweg zu viel Luft eintreten,
wodurch das Gasgemisch, namentlich die an Kohlenstoff reicheren Bestandtheile
desselben, oft unter die Entzündungstemperatur abgekühlt wird und daher unverbrannt
entweicht.Bei einigen Oefen ist der Wärmeverlust erheblich, welcher dadurch veranlaſst wird,
daſs Kohlenstückchen unverbrannt durch den Rost fallen und Koke auf dem Rost in
Folge zu groſser Abkühlung nicht völlig ausbrennt. In solchen Fällen empfiehlt es
sich, das durch die Rostspalten gefallene Gemisch gegen das Ende des Heizens auf die
in noch mäſsiger Glut befindlichen Kohlenreste zu bringen. Durch die Aschendecke
wird dann die Wärme derartig zusammengehalten und die Luftzufuhr gemäſsigt, daſs die
Kohlenreste fast völlig ausbrennen.Die durch vollständige Verbrennung erzielte Wärme soll aber im Zimmer bleiben und
nicht mit den Rauchgasen in den Schornstein entweichen. Die Gröſse dieses Verlustes
festzustellen, war der Zweck der nachfolgenden Versuche.Tabelle I.
ZeitKohlensaureKohlenoxydSauerstoffStickstoffZugstarkeAbzugsgaseTemperaturBemerkungenUhr 9101112Min.20304050–10203040–1020304050–102030405010,4 9,5 8,110,2 6,4 5,1 3,2 2,3 1,4 7,3 6,8 5,9 4,0 5,2 4,1 3,2 2,8 2,4 1,8 1,4 1,2SpurSpur0000000SpurSpur0000000000 9,510,511,8 9,813,815,317,418,519,512,613,314,416,515,416,517,618,018,319,119,419,780,180,080,180,079,879,679,479,279,180,179,979,779,579,479,479,279,279,379,179,279,12mm1,82,01,92,0
262°293324301320322310301Seit 7 Uhr 30 gut gefeuert. Kohlen- schicht etwa 22cm hoch.Zimmertemp. 11°; Lufttemp.
4°.Nach dem Umarbeiten der Masse.Kohlen bis auf
etwa 12cm
herunter- gebrannt.Nach dem Aufwerfen; starke
Ruſsab- scheidung.Umgearbeitet.Zimmertemp.
13°. Thaupunkt 8°. 4,9015,579,6304Mittel.
Tabelle I zeigt zunächst die Analysen der Rauchgase eines 1m,2 breiten und 3m hohen Kachelofens mit eisernem Einsatz. Die zum Heizen verwendete
westfälische Steinkohle hatte im Mittel folgende Zusammenstellung:
Bei der vollständigen Verbrennung gibt demnach 1k Kohle:
Dazu erforderlicheMenge SauerstoffkkKohlensaure 1cbm,45
oder2,862,08Wasser, durch Verbrennung0,3150,28Desgl., hygroskopisches0,035 0Schwefligsaure0,0320,016Stickstoff0,011 0–––––––––––––––––––––––––3,2532,376
erfordert dazu (2,38 – 0,08 =) 2k,3 Sauerstoff, entsprechend fast 10k
oder 7cbm,7 atmosphärische Luft, und gibt dabei
rund 7200c.Aus dem Mittel der Analysen berechnet sich in der früher (1879 232338) besprochenen Weise folgender Wärmeverlust:
Trotzdem bei diesem Versuche das Feuer vorsichtiger geleitet wurde als sonst,
entwichen demnach mit den Rauchgasen noch 40 Procent des gesammten Brennwerthes.Bei der nächsten Versuchsreihe Tabelle II wurde wie gewöhnlich mit denselben Kohlen
gefeuert; die erhaltenen Mittelwerthe ergeben folgenden Verlust:
ZeitKohlensäureKohlenoxydSauerstoffStickstoffZugstärkeAbzugsgaseTemperaturBemerkungenUhr2345Min.–1020304050–1020304050–1020304050–1020305,14,13,04,84,03,63,12,21,81,25,25,04,03,63,12,81,81,21,10,90,80,7000SpurSpur00000SpurSpur000000000015,416,517,615,716,617,117,718,619,019,715,015,216,617,117,618,019,119,619,820,020,120,379,579,479,479,579,479,379,279,279,279,179,879,879,479,379,279,279,179,279,179,179,179,04mm4,355,25,5
351°342334322352344338Luftemperatur 0°, Zimmertemp. 13°.Nach dem Aufwerfen;
Ruſs.Zimmertemperatur 15,4°.Nach dem
Aufwerfen; Ruſs.Zimmertemperatur
15,3°.Thaupunkt 12°.2,8017,979,3–340Mittel.
Hier entwichen also fast 80 Procent des gesammten Brennwerthes, was wohl theilweise
dem verstärkten Zuge zuzuschreiben ist. Dabei ist noch nicht berücksichtigt der
Verlust durch Ruſs und Kohlenoxyd, der wohl kaum mehr als 1 Proc. betragen kann,
sowie für die unverbrannte Kohle. Da die Asche bis zur völligen Abkühlung im
Aschenfall bleibt, so wird durch die höhere Temperatur derselben kein Wärmeverlust
herbeigeführt (vgl. 1879 232339).
[Textabbildung Bd. 233, S. 137]
Es wurden nun Versuche mit dem in nachstehender Figur im Durchschnitt in 1/20 n. Gr.
abgebildeten eisernen Ofen gemacht. Der 0m,5 hohe
Feuerraum A ist mit feuerfesten Steinen ausgesetzt; die
Thüren zu der mit einer schrägen Rast versehenen Schüröffhung a und die zum Aschenfall B sind mit
einer Verschraubung versehen, schlieſsen aber leider, wie auch die Füllthür b, nicht völlig dicht. Die Rauchgase gehen in der
Pfeilrichtung durch den Aufsatz C und entweichen durch
das Blechrohr D zum Schornstein. In dem Rohransatz d ist mittels eines gut schlieſsenden Korkes das
Thermometer t (Geiſsler'sches mit Stickstofffüllung),
das zum Zugmesser führende Rohr e und das mit dem
Apparat zur Untersuchung der Rauchgase verbundene Glasrohr f befestigt. Sämmtliche Fugen am Ofen sind mit einem Gemisch von
Wasserglas, Asbest und Thon sorgfältig gedichtet. Durch die vielen Biegungen werden
die Rauchgase völlig gemischt; gleichzeitig bei c und
d genommene Gasproben hatten bis auf 0,1 Proc.
genau dieselbe Zusammensetzung.Tabelle III.
Tabelle III zeigt die Analysen der Rauchgase bei der Feuerung mit Piesberger
Anthracit. Das Mittel derselben gibt nur einen Wärmeverlust von 15 Procent des
Gesammtbrennwerthes. Bei der zweiten Versuchsreihe mit Anthracit (Tab. IV) wurden
mittels der schon früher (* 1878 230322) verglichenen
Pyrometer die Temperaturen des FeuerraumesTabelle IV.
ZeitKohlensaureSauerstoffStickstoffZugstarkeAbzugsgaseTemperaturOfentemp.BemerkungenSteinle undHartungSiemensFischerUhr12 1 2 3 4 5 6Min.10203045––153045–153045–153045–30– 9,310,211,210,910,7 8,3 9,210,311,713,612,812,111,811,711,210,911,010,510,4 9,1111,110,1 9,2 9,5 9,812,011,410,0 8,7 6,7 7,5 8,3 8,8 8,81 9,3 9,7 9,610,010,311,679,679,779,679,679,579,779,479,779,679,779,779,679,479,579,579,479,479,579,379,35mm5,35 bis
666
184°21421922522820716220222823424123723423022622121921821620286085071070075090983083884882080778976270399295994984582080076671373973172270869162498194892682680979774870073071969968361511 Uhr 40 aufgeworfen.Aschenthur wenig geoffnet.Ofen in der
Mitte rothglühend.Starker Südwind, Temp. 8°.Dann frisch
aufgeworfen.Thaupunkt 12°.10l enthielten 64mg SO2 und 12mg SO3.12l enthielten 49mg SO2
und 10mg SO3.Temp. im Laboratorium
24°.Thaupunkt 14°.
gemessen, indem statt der Thür b
eine Blechscheibe mit den genau eingepaſsten Apparaten eingesetzt wurde. Bezüglich
der Pyrometer1)Die Angabe E. Buchner's (1879 232430), daſs beim Gebrauch meines Pyrometers
zwei Personen erforderlich wären, muſs ich bestreiten. Weder ich, noch zwei
mir bekannte Chemiker, die denselben Apparat gebrauchen, haben eine Hilfe
nöthig. ergibt sich zunächst, daſs für hohe Temperaturen das
Pyrometer von Steinle und Hartung allerdings
unbrauchbar ist, da es nicht wie früher nur regelmäſsig bis 145° zu hohe
Temperaturen anzeigt, sondern auch einmal 130° zu wenig. Die Angaben der beiden
anderen Apparate stimmten befriedigend. Bemerkenswerth ist die groſse
Temperaturabnahme auf dem verhältniſsmäſsig kurzen Wege von b nach d, sowie auch der Gehalt der Rauchgase
an Schwefeltrioxyd (vgl. 1876 221470). Der Wärmeverlust
betrug im Mittel 17 Procent des Gesammtbrennwerthes; Kohlenoxyd war überall nicht
nachweisbar.Welchen Einfluſs das Oeffnen der Ofenthüren hat, zeigt folgende Versuchsreihe mit
Kokefeuerung:
Die letzte Analyse entspricht einem Wärmeverlust von etwa 6 Proc. Jetzt wurde die
Thür zum Aschenfall ganz, die Feuerthür etwas geöffnet.In Folge der ungehinderten Luftzuführung wurde die Verbrennung sofort sehr lebhaft,
die Temperatur der abziehenden Gase stieg rasch, so daſs das Thermometer t bald entfernt werden muſste, während dem verstärkten
Zuge entsprechend der Kohlensäuregehalt fiel, der Wärmeverlust aber derartig stieg,
daſs die letzte der folgenden Analysen etwa 40 Procent des Brennwerthes
entspricht.
Diese Versuche, die inzwischen auch mit anderen Brennstoffen unter den
verschiedensten Verhältniſsen fortgesetzt werden, bestätigen, daſs Kachelöfen für
die Wärmeabgabe an die Zimmerluft viel ungünstiger sind als Eisenöfen. In der That
scheint es fast, als ob die Kachelöfen bestimmt wären, den Schornstein, nicht aber das Zimmer zu heizen,
da die mit der
Zimmerluft in Berührung kommenden Flächen unter Vermeidung scharfer Ecken und
Unebenheiten sorgfältig mit einer Glasur versehen werden – alles Umstände, welche
die Wärmeabgabe möglichst erschweren. Dem entsprechend gingen auch die Gase aus dem
vorhin erwähnten Kachelofen, obgleich derselbe – abgesehen von dem eisernen Einsatz
– etwa die sechsfache Heizfläche hat, mit durchweg 100° mehr in den Schornstein als
aus dem kleinen eisernen Ofen, dessen Oberfläche vollständig mit kleinen,
vorspringenden Verzierungen bedeckt, für die Wärmeabgabe demnach sehr günstig ist.
Der Wärmeverlust der Kachelöfen kann allerdings durch guten Verschluſs der Thüren
wesentlich gemindert werden; wegen der ungleichen Ausdehnung von Eisen und Thon ist
aber ein völliger Verschluſs wohl kaum zu erreichen. Wird die Luftzufuhr bei dem mit
Steinen ausgesetzten eisernen Ofen richtig durch gut schlieſsende Thüren gehandhabt,
so halten sie die Wärme wohl ebenso lange als die Kachelöfen; jedenfalls lassen sie
weit weniger Wärme in den Schornstein gehen als diese, sind daher überall da
vorzuziehen, wo man Ursache hat, sparsam zu sein.