Titel: | Entlastetes Durchgangsventil von R. M. Daelen in Heerdt. |
Autor: | M. |
Fundstelle: | Band 233, Jahrgang 1879, S. 23 |
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Entlastetes Durchgangsventil von R. M. Daelen in
Heerdt.
Mit Abbildungen im Text und auf Tafel 4.
Daelen's entlastetes Durchgangsventil.
Vorliegende interessante Construction, welche von der bekannten Armaturenfabrik Schäffer und Badenberg in Buckau-Magdeburg ausgeführt
wird, kann principiell zwar kaum als eine Neuheit angesehen werden, hat jedoch darin
ihre wesentliche Bedeutung, daſs die Nachtheile der bis jetzt bestehenden groſsen
Durchgangsventile für Dampf, Wasser oder sonstige unter hohem Druck befindliche
Flüssigkeiten glücklich vermieden sind.
In diesem Sinne hat der Constructeur von der sich zunächst darbietenden Idee, ein
Doppelsitzventil anzuwenden, abgesehen, da das gleichzeitige Dichthalten beider
Sitze sowohl in der Herstellung, als in der Erhaltung für gröſsere Dimensionen
auſserordentlich schwierig wird. Aber auch die bis jetzt gebräuchlichen einfachen
Tellerventile mit einem kleinen, in denselben geführten Entlastungsventil haben den
Nachtheil, daſs die durch das Hilfsventil stattfindende Druckausgleichung vor und
hinter dem Hauptventil gewöhnlich längere Zeit erfordert.
R. M. Daelen hat daher einerseits das einsitzige
Tellerventil mit einem Entlastungsventil beibehalten, jedoch die ganze Anordnung so
getroffen, daſs bei Oeffnung des letzteren, ein geringes Volum der unter Druck
befindlichen Flüssigkeit genügt, um die Entlastung des Hauptventiles sofort
herbeizuführen. Dies ist in Fig. 12
Taf. 4 dar gestellt (*D. R. P. Nr. 48 vom 21. Juli 1877). Das Hauptventil ist nach
aufwärts zu einer Glocke ausgebildet, welche mit ihrer cylindrischen Bohrung über
dem feststehenden, mit Metallring abgedichteten Gegenkolben des Ventilsitzes
gleitet. So bildet sich oberhalb des Gegenkolbens ein engbegrenzter Raum, welcher
für gewöhnlich gegen die eintretende Druckflüssigkeit verschlossen ist und daher, in
Folge der unvermeidlichen Undichtheit des Gegenkolbens, bald die Spannung der
Ausströmseite des Durchgangsventiles annimmt. In Folge dessen erhält das Ventil auf
seine ganze Fläche wirksamen Druck und wird dadurch fest auf seinem Sitze
gehalten.
Zum Oeffnen des Ventiles wird die Ventilspindel wie gewöhnlich nach aufwärts gedreht,
ohne jedoch zunächst eine Bewegung des Hauptventiles hervorzurufen, da die Spindel
nicht fest mit demselben verbunden ist, sondern daſselbe mit einigem Spiel zwischen
dem angeschmiedeten Kopf und einem aufgeschobenen Bundring umfaſst. Letzterer bildet
gleichzeitig das Entlastungsventil, indem er, beim Anheben der Spindel, eine
centrale Oeffnung in der Yentilglocke freimacht und der gespannten Flüssigkeit
Zutritt über den Gegenkolben gestattet. Hierdurch wird sofort der von auſsen auf die
Ventilglocke wirkende Druck aufgehoben, das Hauptventil, bei fortgesetzter Drehung
der Spindel, durch den unteren Bund derselben nach aufwärts mitgenommen und der
volle Durchgangsquerschnitt eröffnet. So stellt Fig. 12 das
geöffnete Ventil in seiner obersten Stellung dar; man sieht dabei, daſs, abweichend
von den bisherigen Constructionen, in dieser Stellung das Hilfsventil wieder
geschlossen ist und zwar durch die Wirkung einer Flachfeder, welche zwischen den
Kopf der Spindel und der Ventilglocke eingelegt und so stark bemessen ist, daſs sie
das Eigengewicht des Ventiles überwindet. Vor der Entlastung des Hauptventiles wird
diese Feder durch die aufwärts steigende Spindel gespannt und hierdurch das
Hilfsventil von seinem Sitz im Hauptventil entfernt; sobald jedoch die Entlastung
stattgefunden und das Hauptventil seinen Sitz verlassen hat, kommt die Feder zur
Wirkung, hebt das Hauptventil und schlieſst dadurch das Hilfsventil wieder ab. Diese
nette Einrichtung hat den Zweck, dem Verschlagen des Hilfsventiles, welches bei dem
sonst eintretenden Pulsiren des Hauptventiles leicht eintreten könnte, wirksam
vorzubeugen.
Eine weitere Ausbildung und Vereinfachung dieser Ventilconstruction, welche übrigens
principiell mit den Steuerungsventilen der älteren Dampfmaschine von Ch. Brown in Winterthur zusammenfällt (vgl. * 1878 229 501) ist in Fig. 13
Taf. 4 dargestellt (*D. R. P. Nr. 1135 vom 2. November 1877). Hier fungirt das
Hauptventil gleichzeitig als Kolben, welcher in einer cylindrischen Bohrung des
Ventilgehäuses geführt wird. Nachdem jedoch diese Führung ein geringes Spiel von
etwa 0mm,5 erhält, so findet die Druckflüssigkeit
ihren Weg über den Ventilkolben, so daſs auch hier das Ventil im geschlossenen
Zustande den vollen Druck erleidet. Das Hilfsventil, welches von der früheren
Construction beibehalten ist, vermittelt nun nicht mehr die Verbindung mit der
Einströmung des Ventilgehäuses, sondern mit der Ausströmung; wird es geöffnet, so
ist der Raum über dem Ventilkolben mit der Ausströmöffnung verbunden, und nachdem
der Durchgangsquerschnitt des Hilfsventiles etwa dreimal gröſser gewählt wird, als
die ringförmige Fläche des Kolbenspieles beträgt, so vermag die Druckflüssigkeit
nicht schnell genug nachzudringen und es findet plötzliche Entlastung oberhalb des
Hauptventiles statt. In Folge dessen wird daſselbe, bei fortgesetztem Aufwärtsdrehen
der Spindel, mit leichter Mühe von seinem Sitze gehoben, da ja in Folge des Zurücktretens der Sitzfläche
gegenüber dem Cylindermantel des Ventiles sogar ein gewisser Aufdruck nach oben
wirksam wird.
Textabbildung Bd. 233, S. 25
Fig.
13 stellt ein Durchgangsventil der groſsten Sorte dar, die vorstehenden
Holzschnitte kleinere Dimensionen, für welche sich speciell die letztere
Construction vermöge ihrer Einfachheit vortrefflich eignet und damit einer
vielfachen Anwendung entgegensehen kann.
M.