Titel: | Bestimmung hoher Temperaturen; von Ferd. Fischer. |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 319 |
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Bestimmung hoher Temperaturen; von Ferd.
Fischer.
Mit Abbildungen.
F. Fischer, über Bestimmung hoher Temperaturen.
Im Anschluſs an die früheren Mittheilungen (*1877 225 272. 463) mögen einige neue
Pyrometer, sowie diesbezügliche Versuche über die Zuverlässigkeit derselben
besprochen werden.
J. A. Tremeschini und F.
Lion (Englisches Patent Nr. 2708 vom 12. Januar 1878) berechnen die
Temperatur eines Ofens aus der strahlenden Wärme, ähnlich wie dies schon früher Sweeny (1877 225 464) gethan hat. Sie bringen zu dem
Zweck eine mehrfach gebogene Röhre aus feuerfestem Thon in den betreffenden Ofen, an
dessen offenem Ende Luft eintritt. Die austretende heiſse Luft gelangt in einen
röhrenförmigen Ansatz aus geschwärztem Kupfer, welchem gegenüber sich ein
empfindliches Metallthermometer befindet, das mittels Zahngetriebes entfernt oder
genähert werden kann. Wird das Thermometer auf einer bestimmten Temperatur gehalten,
so entspricht die Entfernung den Quadraten der Temperatur.
Aehnlich wie dies bereits Zabel (1870 195 236)
ausführte, verbindet Mac-Donald (Englisches Patent Nr.
1716 vom 3. Mai 1877) ein mit trockenem Stickstoff gefülltes Metall- oder
Porzellanrohr mit einem Bourdon'schen Manometer, welches mit einer entsprechenden
Temperaturscale versehen ist.
W. MaierThonindustriezeitung, 1878 S. 52. in
Ulm hat ein Pyrometer construirt, welches aus einem eisernen Rohre besteht, in
dessen Achse sich eine Welle leicht bewegt. Um diese Welle ist ein Metallstab
spiralförmig gewickelt, von welchem das eine Ende am Rohr, das andere an dieser
Welle befestigt ist. Durch die Erwärmung und Abkühlung dreht sich die Spirale auf
und zu und bewirkt dadurch eine Drehung der Welle, welche auf einem Zifferblatt
mittels eines Zeigers ohne alle Uebertragungsmittel sichtbar gemacht ist. Eine
bleibende Ausdehnung des Metallstabes soll bei dem von Maier angewendeten Metall bis 450° nicht stattfinden; hat sie aber dennoch
stattgefunden, so läſst sich das Pyrometer angeblich leicht wieder richtig stellen.
– Sowohl nach meinen als nach anderen Versuchen sind Metallspiralen zu
Temperaturbestimmungen völlig unbrauchbar. Ich bezweifle daher, daſs dieses
Pyrometer für höhere Temperaturen zuverlässige Angaben macht.
Das Pyrometer von Zabel und Comp. in
Quedlinburg (D. R. P. Anmeldung Nr. 431 vom 17. April 1878 und Nr. 3846 vom 6. Mai
1878) beruht auf der ungleichen Ausdehnung zweier Metallstäbe. In dem geschlossenen
Schutzrohre a (Fig. 1),
welches in den Körper b eingeschraubt ist, befindet
sich ein Messingrohr, für höhere Temperaturen bis 900° ein Kupferrohr c. Dieses ist im Körper befestigt und trägt an seinem
oberen Ende die Werkplatten eines Fühlhebelapparates. In dem Rohre c befindet sich ein zweites Rohr d aus gleichem Metall, welches an seinem unteren Ende
ein Stahlrohr e trägt und an seinem oberen mit dem
Fühlhebel verbunden ist. Das Stahlrohr e ist unten mit
dem Messingrohre c verschraubt. Taucht man nun den
Schaft des Instrumentes, d.h. den Theil von Flansche, Conus oder Gewindezapfen
abwärts, in die Flüssigkeit oder Feuerluft, deren Temperatur gemessen werden soll,
so erwärmen und dehnen sich die Rohre c und d gleichmäſsig, da dieselben aus gleichem Metall
bestehen; nur das Stahlrohr c dehnt sich weniger aus.
Dieser Unterschied in der Ausdehnung wird durch das Fühlhebelwerk, welches in der
Abbildung durch das auf dem Zifferblatt herausgeschnittene Stück sichtbar ist, auf
den Zeiger übertragen, welcher die betreffende Temperatur auf der Scale anzeigt.
Damit zur gleichmäſsigeren Erwärmung der Rohre die erhitzte Luft in den Rohren
circuliren und austreten kann, ist der Körper mit zwei Oeffnungen versehen, welche
mit einer eigentümlichen Filtrirvorrichtung f (Fig. 2), bestehend aus zwei Drahtsieben mit zwischengelegtem Schwämme,
zugeschraubt sind, damit auch in feuchten oder staubigen Räumen mit dem Instrument
gearbeitet werden kann. Die Einstellung der Scale geschieht nach dem Abschrauben der
erwähnten Filtervorrichtung mittels der gezahnten Scheibe g (Fig. 3).
Fig. 1–4., Bd. 230, S. 321
Steinle und Hartung in Quedlinburg
verfertigen Graphitpyrometer.Daſselbe ist in den meisten industriellen Staaten, im Deutschen Reich vom 31.
October 1877 ab patentirt. Das geschlossene Schutzrohr a (Fig. 4) trägt auf
seinem oberen Ende die Büchse b mit der Scale und ist
an seinem unteren Ende bei u mit dem siebartig
durchlöcherten Rohre c verbunden. Letzteres trägt auf
seinem Kopfe, der
bei k eine gute Führung im Schutzrohr a erhält, das Zeigerwerk, welches durch das ebenfalls
durchlöcherte Rohr d in Verbindung mit dem Graphitstab
g steht. Sobald das Rohr l in Folge äuſserer Temperatureinflüsse seine Länge verändert, wird der
Graphitstab und durch Vermittlung des Rohres d auch der
Zeiger in Bewegung gesetzt. Das Schutzrohr a kann seine
Länge beliebig verändern, ohne auf das Zeigerwerk irgend welchen Einfluſs zu üben,
während die Rohre c und d,
da sie durchlöchert und von einer groſsen Luftschicht umspült sind, immer gleiche
Temperaturen und darum auch gleiche Längen behalten sollen. Die Einstellung
geschieht nach dem Lösen der Schraube s mittels eines
eingesteckten Schlüssels durch entsprechendes Drehen des Zeigers.
Der Güte der genannten Firma verdanke ich ein sehr gut
gearbeitetes Graphitpyrometer, welches ich mehrfach mit dem Siemens'schen elektrischen Pyrometer (*1875 217 291) und meinem kleinen
Calorimeter (* 1877 225 468), für niedere Temperaturen mit einem Geiſsler'schen Quecksilber-Normalthermometer mit
Stickstofffüllung verglichen habe. Die Apparate wurden unmittelbar neben einander in
einem eigens für derartige Zwecke vorgerichteten Ofen gebracht, welcher später bei
Besprechung der Verbrennungsvorgänge in Stubenöfen näher beschrieben werden
soll.
Tabelle I.
Zeit
Steinle undHartung
Siemens
F. Fischer
Bemerkungen
Uhr22233344444555555
Min.203040405055 312203046 0 510203045
358354315728760755729700615608530448440428393359260
361358316612617623619612575535471455437423391351266
–––––––602–518464––418–––
Temperatur der in den Schornstein abziehen- den Gase 180°.
Zug 1mm,3.Thermometer 3150. Das
Graphitpyrometer, in Wasser von 10° getaucht, sprang auf –
50°, ging innerhalb 1 Stunde wieder auf + 9°.Temperatur der
abziehenden Gase 195°.Desgleichen
170°.Desgleichen
144°.Thermometer 261°. Im Wasser von 10°
ging das Graphitpyrometer auf – 45°, erhob sich aber in der
Nacht auf + 30°.
Hiernach stimmen die Angaben des elektrischen Pyrometers mit dem Calorimeter und
Quecksilberthermometer recht gut, auch mit dem Graphitpyrometer bis 450°; dann aber
zeigt letzteres zu hohe Temperaturen an.
Am zweiten Versuchstage wurden vor den Temperaturbestimmungen bei Kokesfeuer die Gase
mit dem bereits beschriebenen Apparate (*1878 227 259. 229 262) untersucht, sowie
die Temperatur der abziehenden Gase und die Zugstärke des Schornsteines in
Millimeter Wasserhöhe bemerkt:
Zeit
Kohlensäure
Sauerstoff
Stickstoff
Schornsteint-temperatur
Zug
Bemerkungen
Uhr888822
Min.12203050 010
11,414,613,113,0 9,212,0
8,5 5,6 7,4 7,610,5 8,1
80,179,879,579,480,379,9
182208231248214228
mm1,21,51,61,91,61,8
7 Uhr 45 Min. angezündet.1 Uhr 35 Min.
angezündet,
Nachdem die in Tabelle II (S. 324) zusammengestellten Versuche beendet waren, wurde
das Graphitpyrometer wieder richtig eingestellt und mit dem elektrischen Pyrometer
und dem Quecksilberthermometer zusammen in lebhaft siedendes Wasser gebracht. Es
wurden folgende Angaben erhalten:
Zeit
Steinle und Härtung
Siemens
Geiſsler
Uhr
Min.
8
10
101
98
99,5
8
20
102
100
99,8
8
30
103
99
99,8
8
40
103
101
99,8.
Diese Versuche bestätigen, daſs das elektrische Pyrometer sich langsamer erwärmt und
abkühlt als das Graphitpyrometer, daſs letzteres die Temperatur daher rascher
angibt. Zählt man zu den Angaben des Calorimeters 2 Proc. hinzu, die auf den
unvermeidlichen Wärmeverlust während des Einwerfens des Eisencylinders zu rechnen
sind, so stimmen dieselben mit den Temperaturangaben des elektrischen Pyrometers
sehr gut überein. Da dies ferner mit dem Quecksilberthermometer für niedere
Temperaturen stimmt, so halte ich die Angaben dieser beiden Pyrometer für
richtig.
Tabelle II.
Zeit
Steinle undHartung
Siemens
F. Fischer
Geiſsler
Schornstein
Zug
Bemerkungen
Uhr899999991010101010102222222333344444
Min.40015202327304001014203540525303540505551015251015253050
84391086286085885284881067058156051131229468945945939928850820788768730700438405320228223 88
751837778750751747744710585502495449308290–696766796798732705664651633609284261212142118 17
754–761–––730697––482440––––741–788––––––––––––
––––––––––––30428716––––––––––285256208138117 16
–––222––218213188–––105––238240243243–218201198193188128120103–––
mm–––2,0––2,22,12,3–––1,0––1,92,02,02,1––1,71,5––1,51,31,2–––
Rothglühend.Rothglühend.Kaum
sichtbar roth.Schwarz.Im Zimmer. Das
Graphitpyrometerwurde nicht corrigirt.2 Uhr 10 Min.
eingesetzt.Schwach
rothglühend.Am anderen Morgen.
Das Pyrometer von Steinle und Hartung ist offenbar nach
einem Quecksilberthermometer eingetheilt, ohne Rücksicht darauf, daſs die Ausdehnung
des Eisens und Graphites in höheren Hitzegraden jedenfalls verhältniſsmäſsig gröſser
ist. Daher werden die Abweichungen auch um so gröſser, je höher die Temperatur.
Dieser Fehler läſst sich wohl durch eine passende Eintheilung künftig vermeiden. Da
es ferner vor jedem Gebrauch bequem eingestellt werden kann, so darf ich dasselbe
für viele technische Zwecke wegen seiner leichten
Handhabung, so daſs sich selbst gewöhnliche Arbeiter danach richten können, bestens
empfehlen. Wo es allerdings auf völlige Genauigkeit ankommt, ist das Siemens'sche
Pyrometer, trotz seines hohen Preises (500 M.), allen anderen vorzuziehen; sonst ist
das von mir vereinfachte Calorimeter anzuwendenFür 25 M. von W. Apel in Göttingen zu
beziehen., welches sich auch durch genaue Resultate und
Billigkeit auszeichnet,
allerdings etwas mehr Uebung erfordert als das Graphitpyrometer.
Da die Eisencylinder oft abgeputzt und nachgewogen werden müssen, so habe ich auch
Versuche mit einem 18g,472 schweren Platincylinder
gemacht. Nach J. ViolleComptes rendus, 1877 Bd. 85 S. 543.
ist die specifische Wärme des Platins zwischen 0 und 1200° C0t = 0,0317 +
0,000006 t. Daraus ergeben sich folgende Werthe:
C0100 =
0,0323
C0500 =
0,0347
C0900
= 0,0371
C0200 =
0,0321
C0600 =
0,0353
C01000 =
0,0377
C0300 =
0,0335
C0700 =
0,0359
C01100 =
0,0383
C0400 =
0,0341
C0800 =
0,0365
C01200 =
0,0389.
Die wahre specifische Wärme des Platins \frac{dQ}{dt} bei t° ist
innerhalb derselben Grenzen \gamma_t=0,0317+0,000012\,t, woraus
sich ergibt:
\gamma_{100}=0,0329,\gamma_{500}=0,0377,\gamma_{1000}=0,0437,\gamma_{1200}=0,0461.
Die Schmelztemperatur des Platins ergab sich mit Hilfe dieser Werthe zu 1779°, wird
aber wohl noch etwas niedriger sein, da die specifische Wärme des Platins in der
Nähe des Schmelzpunktes offenbar rascher wächst.
Die mit dem Platincylinder erhaltenen Angaben stimmen zwar gut, die Vortheile
desselben entsprechen aber doch nicht völlig den Kosten (26,50 M.) eines solchen, im
Verhältniſs zu den Eisencylindern.
Die Versuche werden fortgesetzt.