Titel: | Ueber das Vorkommen von Phosphor im Cleveland-Eisenstein und in dem daraus erzeugten Eisen; von J. E. Stead in Middlesborough. |
Autor: | –r. |
Fundstelle: | Band 230, Jahrgang 1878, S. 274 |
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Ueber das Vorkommen von Phosphor im
Cleveland-Eisenstein und in dem daraus erzeugten Eisen; von J. E. Stead in
Middlesborough.
Stead, über das Vorkommen von Phosphor in Eisen.
Schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts beschäftigten sich unsere Analytiker mit den
Verbindungen von Eisen und Phosphor. Man wuſste, daſs Phosphor-haltiges Eisen
brüchig und leichter schmelzbar ist als Phosphorfreies Eisen. Später wurde
festgestellt, daſs der als Phosphorsäure im Eisenstein vorkommende Phosphor beim
Schmelzproceſs im Hohofen sämmtlich reducirt und an das Eisen gebunden wird. Heute
bleibt es noch unsere Aufgabe, nach einem Mittel zu suchen, um den im Eisenstein
enthaltenen Phosphor vor der Verhüttung zu entfernen, ohne dadurch das Product zu
sehr zu vertheuern.
Nachstehende Analysen (in Procent) geben ein genaues Bild von dem Charakter des
Hauptlagers unseres Cleveland-Eisensteins. Von oben nach unten wurden nach je 305mm Proben genommen und untersucht:
Eisen
Kiesel-saure
Phosphor-saure
Feuchtig-keit
Verlustbeim Rosten
Eisen im ge-rösteten Stein
1)
26,53
18,30
1,44
8,50
27,39
36,50
2)
29,54
10,90
1,13
9,10
29,80
42,08
3)
29,14
10,68
1,13
9,50
29,80
41,50
4)
28,41
11,98
1,41
9,80
28,80
39,92
5)
29,97
9,00
1,17
10,00
30,83
43,31
6)
30,42
8,82
0,89
10,00
31,51
44,40
7)
29,70
9,00
0,80
10,10
31,78
43,53
8)
29,85
9,29
0,91
9,80
30,90
43,20
9)
30,30
12,01
1,16
9,00
28,50
42,40.
Dieser Eisenstein enthält in allen Schichten ziemlich viel Phosphorsäure, welche
ausschlieſslich an Kalk gebunden ist. Man findet nämlich, daſs Schwefelammonium,
welches phosphorsaure Eisenverbindungen zersetzt, auf diesen Stein nicht reagirt,
daſs schweflige Säure seine Phosphor-haltigen Bestandtheile sehr rasch löst und
zersetzt, während sie diese Reaction wohl bei Kalkphosphaten, nicht aber bei
Eisenphosphaten zeigt, und daſs endlich Kochsalz, mit dem Erz zusammengeschmolzen,
keine Zersetzung bewirkt, während sich bei Gegenwart von phosphorsaurem Eisenoxydul
phosphorsaures Natron bildet.
Man hat früher geglaubt, daſs der Phosphorgehalt dieses Erzes von den Cadavern
Phosphor-haltiger Thierchen herrühre. Dem widerspricht indeſsen einmal die
Thatsache, daſs in einem Theil des Erzlagers keine Fossilien vorkommen, und dann der
Umstand, daſs die Analysen von versteinertem Holz, welches sich dort vorfindet,
ebenfalls bedeutende Mengen phosphorsauren Kalk nachweisen. Es bleibt deshalb nur
die eine Möglichkeit offen, daſs der phosphorsaure Kalk einst in irgend einem Mittel
gelöst vorkam, vielleicht in Kohlensäure, aus welchem er sich später niederschlug.
Unsere Forschungen über diesen Gegenstand sind noch zu lückenhaft, um denselben
heute weiter verfolgen zu können.
Analyse von versteinertem Holz, vorgefunden in Cleveland-Eisenstein:
Kalk
27,60
Phosphorsäure
20,80
Magnesia
1,12
Eisenoxydul
10,02
Eisen
5,20
Kobalt und Nickel
1,65
Oxyde von Kobalt und Nickel
3,70
Thonerde
8,25
Manganoxydul
Spuren
––––––
78,34
Uebertrag
78,34
Schwefel
7,56
Schwefelsäure
0,60
Kohlensäure
0,75
Kieselsäure
0,50
Kohlenstoffhaltige Substanzen
9,60
Wasser
3,00
–––––––
100,35.
Zur Entfernung des Phosphors aus dem Eisenstein sind bis jetzt verschiedene Methoden
in Anwendung gekommen. Die beachtenswerteste derselben ist die von dem
Hüttendirector J. Jacobi in Kladno (vgl. 1871 201 245) erfundene, welche auf der Anwendung von
schwefliger Säure beruht. Das zerkleinerte Erz wird in einen groſsen Wasserbehälter
gebracht und dort mit aus Pyrit dargestellter schwefliger Säure behandelt, wodurch
der phosphorsaure Kalk zersetzt wird. Ungefähr 90 Proc. des Phosphors treten in
Lösung und können mit dem Wasser abgelassen werden. Aus letzterem läſst sich die
überschüssige schweflige Säure durch Kochen wieder gewinnen, wodurch gleichzeitig
das Phosphat niedergeschlagen wird und als Dünger verwerthet werden kann. Dieses
Verfahren wurde auf Cleveland-Eisenstein, den man vorher geröstet und gepulvert
hatte, angewendet. Man benutzte dazu eine 10 proc. schweflige Säure, vom 30 fachen
Gewichte des Erzes, welche man 24 Stunden einwirken lieſs. Die Analysen des
abfiltrirten Erzes ergaben Procent Phosphorsäure:
Probe
Im Erze
Entfernt
Zurückgeblieben
1
1,73
1,64
0,09
2
1,80
1,71
0,09
3
1,34
1,16
0,18
4
1,14
0,97
0,17.
Es wurden also ungefähr 90 Procent der Phosphorsäure entfernt.
Da nun aber der Eisenstein in groſsen Stücken in unsern Hohöfen zur Verwendung
kommt, so galt es, zu untersuchen, ob dieses Verfahren auch auf solche anwendbar
sei. Ein Stück von 16cc Inhalt, 3 Tage lang der
Einwirkung schwefliger Säure ausgesetzt, verlor nur 15 Proc. seines
Phosphorgehaltes. Gröſsere Stücke brauchten verhältniſsmäſsig mehr Zeit, mit
geringerem Erfolg, und so stellte sich denn heraus, daſs die beschriebene Methode
für unsere Zwecke unbrauchbar ist.
Ein anderes Verfahren zur Entfernung des Phosphors ist von Forles eingeführt worden. Es beruht auf der Anwendung des Kochsalzes. Da
wir es jedoch hier mit phosphorsaurem Kalk zu thun haben, so ist dasselbe für den
vorliegenden Fall, wie schon erwähnt, nicht anwendbar. Als letzte Methode führen wir
das Zusammenschmelzen des Erzes mit kohlensaurem Natron an. Hierbei bildet sich
lösliches phosphorsaures Natron. Allein die Anwendbarkeit scheiterte wieder an dem
Umstände, daſs das stückige Erz nicht in genügendem Maſse von der Lösung des
kohlensauren Natrons durchdrungen werden konnte. – Aus allen vorgenommenen Versuchen
schien die Unmöglichkeit hervorzugehen, den zum Hohofenbetrieb bestimmten Eisenstein
in zweckentsprechender Weise seines Phosphorgehaltes zu entledigen.
Es ist bekannt, daſs der phosphorsaure Kalk, mit Kohle und Oxyden oder metallischem
Eisen einer sehr hohen Temperatur ausgesetzt, zersetzt wird und seinen
Phosphorgehalt an das Eisen abgibt. Es darf uns deshalb nicht wundern, wenn wir beim
Hohofenbetrieb sämmtlichen in der Beschickung vorhanden gewesenen Phosphor im
Roheisen wiederfinden. Nur bei ganz kaltem Ofengang, wenn auch das Eisen nur
unvollständig reducirt wird, finden wir Phosphor in der Schlacke. Es ist viel über
den Einfluſs von Fluſsspath auf die Ausscheidung des Phosphors im Hohofen
geschrieben worden. Nachstehende Versuche mögen uns jedoch davon überzeugen, daſs
die genannte Substanz durchaus keine Wirkung in dieser Richtung übt. Eine Sorte
Eisenstein, welche 1,8 Proc. Phosphor ins Roheisen liefert, wurde mit 25 Proc.
Fluſsspath in einem Tiegel zusammengeschmolzen. Der entstandene Eisenkönig enthielt 1,8 Proc.
Phosphor. Zu einem zweiten Versuche wurden zwei gleich groſse Portionen gerösteten
Cleveland-Eisensteins in je einem Tiegel mit 100 Proc. Fluſsspath bezieh. mit
Kalkstein, wie gewöhnlich, zusammengeschmolzen. Das mit Fluſsspath geschmolzene Erz
enthielt 1,630, das mit Kalk zusammengeschmolzene Erz 1,627 Proc. Phosphor. Durch
directes Zusammenschmelzen von Phosphor mit Eisen kann man Verbindungen herstellen,
welche bis 27 Proc. Phosphor enthalten.
Der Phosphor macht, wie schon oben angeführt, das Eisen sehr leichtflüssig. Dies ist
jedoch nur der Fall bis zu einem Gehalt von etwa 12 Procent. Hierbei schmilzt die
Verbindung schon in Hellrothglühhitze. Bei höherem Phosphorgehalt nimmt die
Schmelzbarkeit wieder ab. Der Grad der Zu- und Abnahme der Schmelzbarkeit, in den
angedeuteten Grenzen, wechselt mit dem Phosphorgehalt. Alle Phosphorverbindungen des
Eisens sind auſserordentlich brüchig. Der Grad der Brüchigkeit wächst in directem
Verhältniſs mit dem Phosphorgehalt. Eisen mit 25 Proc. Phosphor läſst sich wie
Sandstein im Mörser zu Pulver verreiben. Wenn Cleveland-Roheisen im Puddelofen
theilweise eingeschmolzen ist, so hat es den Anschein, als ob gewisse Theilchen des
Metalles leichter schmelzbar wären als andere. Nimmt man ein theilweise
geschmolzenes Stück dieses Eisens aus dem Puddelofen heraus und bricht es durch, so
scheinen auch auf der Bruchfläche einzelne Theilchen geschmolzen zu sein, während
dies bei andern noch nicht der Fall ist. Nachstehender Versuch belehrt uns hierüber
des Näheren. Ungefähr 45k flüssiges
Cleveland-Eisen wurde in eine Form gegossen und, nachdem das Metall teigig geworden
war, dem Druck einer hydraulischen Presse ausgesetzt. Der noch flüssige Theil der
Masse, welcher herausquoll, wurde analysirt und mit der Zusammensetzung des zu dem
Versuche gebrauchten Roheisens verglichen:
Roheisen
Herausgepreſstes Eisen
Eisen
93,125
90,122
Kohlenstoff
3,000
1,750
Mangan
0,355
0,288
Silicium
1,630
0,790
Schwefel
0,120
0,060
Phosphor
1,530
6,840
Titan
0,240
0,150
–––––––––––––––––––––––––––––
100,000
100,000.
Man kann das herausgepreſste Eisen als eine Verbindung von Phosphoreisen mit
gewöhnlichem Roheisen betrachten. Unter der Annahme, daſs der Siliciumgehalt der
herausgepreſsten Masse das Verhältniſs des unveränderten Metalles repräsentirt,
haben wir 100 × 0,79 : 1,63 = 48,5 von diesem Metall und 100 – 48,5 = 51,5
Phosphoreisen. Durch Rechnung finden wir, daſs jeder dieser Theile in Procent
zusammengesetzt ist, wie folgt:
Unverändertes Metall
Phosphoreisen
Eisen
45,167
44,955
Kohlenstoff
1,455
0,295
Mangan
0,172
0,116
Silicium
0,790
–
Schwefel
0,058
0,002
Phosphor
0,742
6,098
Titan
0,116
0,034
–––––––
––––––––
48,500
51,500.
Da, wie wir aus der Analyse des Phosphoreisens ersehen, die Menge der übrigen
beigemengten Substanzen verschwindend klein ist, so finden wir ein Verhältniſs von
Eisen zu Phosphor wie 88,05 zu 11,95. Theilt man jede dieser Zahlen durch das
Atomgewicht des betreffenden Körpers, so ergibt sich das Verhältniſs 88,05 : 28 =
3,14 zu 11,95 : 31 = 0,385 oder die chemische Formel Fe8P.
6 Monate später wurde derselbe Versuch wiederholt und ergab das gleiche Resultat.
Hieraus folgt unzweifelhaft, daſs in dem Roheisen Phosphoreisen als besondere
Verbindung vorhanden und durch die ganze Masse des ersteren vertheilt ist. Behandelt man
Schmiedeisen mit Schwefelsäure, so bleibt stets ein unlöslicher schwarzer Rückstand
von Phosphoreisen verschiedener Zusammensetzung: Fe3
P4, Fe3
P2 u.a. wurden
festgestellt. Welchen Einflüssen diese verschiedenen Verbindungen von Phosphor mit
Eisen ihre Entstehung verdanken, muſs späteren Forschungen vorbehalten bleiben.
Roheisen, welches mehr als 5 Proc. Silicium enthält, zeigt eine glasirte Bruchfläche,
wenn in dem Eisen beträchtliche Mengen Phosphor enthalten sind. Ist letzteres nicht
der Fall, wie bei dem Bessemereisen, so kann der Siliciumgehalt bedeutend höher
sein, ohne daſs die genannte Erscheinung eintritt. Dies erklärt sich so, daſs durch
den groſsen Phosphorgehalt des Cleveland-Eisens weniger Eisen zur Aufnahme von
Silicium übrig bleibt.
Der Schwefelgehalt des Roheisens verhindert die Ausscheidung des Kohlenstoffes als
Graphit; denn, wenn man in geschmolzenes graues Roheisen Schwefelstückchen wirft, so
erscheint die Bruchfläche nach dem Erkalten stets melirt oder weiſs. Um den Einfluſs
des Phosphors auf das Verhalten des Kohlenstoffes zu prüfen, wurde auf dem Boden
einer Form, in welche graues Roheisen gegossen werden sollte, ein Stückchen Phosphor
gelegt. Die Bruchfläche des Eisens, auf welchem der Phosphor verbrannt worden war,
blieb grau, und die vorgenommenen Analysen ergaben in Procent:
Roheisen ohnePhosphorzusatz
Roheisen mitPhosphorzusatz
Gebundener Kohlenstoff
0,60
0,73
Phosphor
0,46
1,71.
Durch die Vermehrung des Phosphorgehaltes um 0,25 Proc. sind
also 0,13 Proc. Kohlenstoff verhindert worden, in Graphit überzugehen. Der Einfluſs
des Phosphors in dieser Beziehung, namentlich im Vergleich mit demjenigen des
Schwefels, ist demnach, wie wir sehen, ziemlich unbedeutend.
Unter allen Stoffen, welche bis jetzt zur Entfernung des Phosphors aus dem Roheisen
in Anwendung gekommen sind, verdient das Eisenoxyd zuerst genannt zu werden. Man ist
vielfach der Ansicht gewesen, daſs die Entwicklung der Körperthätigkeit des Puddlers
und beim mechanischen Puddelbetrieb das heftige Arbeiten der Rührapparate an und für
sich zur Entfernung des Phosphors aus dem Roheisen beitragen; berücksichtigt man
dagegen, daſs durch die heftigere Bewegung der einzelnen Theilchen der geschmolzenen
Massen auch eine intensivere Gegenwirkung zwischen Eisen und Schlacken bezieh.
Futter entsteht, so ist es immer nur die Wirkung des in dem Puddelofen vorhandenen
Eisenoxydes, welche die Entfernung des Phosphors zu Wege bringt. Durch folgende
Versuchsresultate wird ersichtlich, daſs mehr Phosphor in dem gepuddelten Eisen
zurückbleibt, wenn der Puddelproceſs bei verhältniſsmäſsig niedriger Temperatur
durchgeführt wird, und wenn man die Puddelschlacke früh abläſst, als wenn dies nicht
der Fall ist. Es ist erwiesen, daſs die Qualität des Luppeneisens um so besser ist,
je höher die Temperatur im Puddelofen war; denn je höher die Temperatur, um so
dünnflüssiger und wirksamer ist die Schlacke. Daſs der Phosphorgehalt im Eisen
verhältniſsmäſsig hoch bleibt, wenn die Schlacke zu früh abgelassen wird, bedarf
keiner weiteren Erläuterung. Zur Beleuchtung der angeführten Thatsachen mögen die
nachstehend in Procent aufgeführten Versuchsresultate dienen:
Phosphorgehalt
EingesetztesRoheisen
Eisenproben,gezogen vordem Kochen
GepuddeltesEisen
des in einem gewöhnlichen Ofen und unter normalen
Verhält- nissen gepuddelten Eisens
1,54
0,73
0,306
eines bei sehr niedriger Tem- peratur gepuddelten
Eisens
1,54
–
0,520
des gepuddelten Eisens bei zu früh- zeitigem Ablassen
der Schlacke
1,54
0,65
0,448
eines bei sehr hoher Temperatur gepuddelten
Eisens
1,54
0,18
0,090.
Eine nach Beendigung des letztgenannten Versuches, aus dem Puddelofen gezogene
Schlackenprobe enthielt 4,2 Proc. Phosphorsäure. Eine im Danks-Puddelofen auf den
Werken von Hopkins, Gilkes und Comp. ausgeführte
Eisenprobe ergab folgendes Resultat:
Phosphorgehalt
EingesetztesRoheisen
Eisenproben,gezogen vordem Kochen
GepuddeltesEisen
des bei sehr hoher Temperatur gepuddelten
Eisens
1,80
0,21
0,17.
Die in dem Puddelofen zurückgebliebene Schlacke enthielt 10
Proc. Phosphorsäure.
Nachstehende von E. Williams ausgeführte Versuche zeigen
gleichfalls die kräftige Wirkung des flüssigen Eisenoxydes. Flüssiges
Cleveland-Eisen wurde in Tiegel gegossen, welche ebenfalls flüssige Schlacke
enthielten. Nachdem die Tiegel bedeckt worden waren, wurden sie ungefähr ¼ Minute
heftig geschüttelt. Das gefeinte Eisen wurde nach dem Erkalten analysirt und zeigte
folgende procentige Zusammensetzung:
Zusatz bestand nur aus
Walzenschlacke
Zusatz bestand aus⅘ Walzenschlackeund ⅕
Sand
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Kohlenstoff
1,80
2,40
3,00
Silicium
0,04
Spuren
Spuren
Phosphor
0,13
0,13
0,04.
Es ist einleuchtend, daſs hier die durch die heftige Bewegung
der geschmolzenen Massen bewirkte innige Berührung der einzelnen Schlacken- und
Eisentheilchen die Entfernung des Phosphors aus dem Eisen veranlaſst hat.
Wir haben aus den vorstehend aufgeführten Versuchen ersehen, daſs bei den im
Paddelofen erreichbaren Temperaturgraden die Verwandtschaft des Phosphors zum
Sauerstoff gröſser ist als zum Eisen. Bei beträchtlich höherer Temperatur, wie
solche in der Bessemerbirne erzeugt werden kann, ist dies nicht mehr der Fall. Zum
Beweis dafür dient nachstehendes Beispiel. Eine Roheisencharge von 6t im Gewicht wurde 15 Minuten lang in der Birne
durchgeblasen, wobei sich viel Eisenoxyd bildete. Das nicht oxydirte Eisen betrug
nur wenige Procent der Masse, und aus Analogie mit den Resultaten des
Puddelofenbetriebes hätte man schlieſsen sollen, daſs nun aller Phosphor in der
oxydirten Masse zu finden sei. Die mit letzterer vorgenommene Analyse ergab dagegen
grade das Gegentheil, nämlich:
Eisenoxydul
47,68
Eisenoxyd
6,87
Manganoxydul
3,47
Kalk
0,52
Magnesia
1,05
Kieselsäure
39,00
Schwefel
0,09
Phosphorsäure
–
Thonerde
1,30
––––––
99,98.
Dieselbe Schlacke wurde später, bei niedrigerer Temperatur,
mit geschmolzenem Cleveland-Roheisen zusammengerührt und entzog diesem 50 Procent
seines Phosphorgehaltes. Dies ist der schlagende Beweis, daſs nur die in der
Bessemerbirne herrschende hohe Temperatur die Entfernung des Phosphors aus dem Eisen
verhindert.
Verhalten des Eisens beim Erhitzen mit Phosphorsäure.
Reines Eisen zersetzt bei Rothglühhitze Phosphorsäure nicht, wohl aber im
geschmolzenen Zustand. Bei einem Versuch, wo reines Eisen in einem Schmelztiegel mit
Phosphorsäure zusammengeschmolzen wurde, entstand ein Regulus von Phosphoreisen,
welcher 85 Proc. Eisen und 15 Proc. Phosphor enthielt. Dies beweist deutlich, daſs
Phosphorsäure durch Eisen in Phosphoreisen und Eisenoxyd verwandelt wird. Bei einem
anderen Versuche wurde reines Eisen mit Puddelschlacke zusammengeschmolzen, welche
ungefähr 4 Proc. Phosphorsäure enthielt. Der entstandene Regulus zeigte 2,12 Proc.
Phosphor. Ein wiederholter Versuch ergab dasselbe. Die Eisenkönige verloren in
beiden Fällen während der Behandlung ungefähr 20 Procent an Gewicht, was also
beweist, daſs reducirende Stoffe gänzlich fehlten. Reines Eisen, mit phosphorsäurem
Eisenoxydul zusammengeschmolzen, lieferte ein Product mit 2,68 Proc. Phosphor.
Cleveland-Roheisen, welches 3,5 Proc. Kohlenstoff, 2,8 Proc. Silicium und 1,5 Proc.
Phosphor enthielt, lieferte, nachdem es fein gepulvert mit reinem Eisenoxyd
vermischt und einer Temperatur ausgesetzt worden war, bei welcher die Masse
zusammenfloſs, ein Metall mit nur Spuren von Kohlenstoff und Silicium und 1,28 Proc.
Phosphor. Es ist anzunehmen, daſs beim Beginn der Schmelzung, als die Temperatur
noch verhältniſsmäſsig gering war, eine theilweise Austreibung des Phosphors
stattfand, während derselbe später bei stärkerer Hitze durch die reducirende Wirkung
des Eisens theilweise aus der Schlacke wieder aufgenommen wurde. Die bei diesen
Versuchen erzeugten Schlacken waren sämmtlich fast mit Kieselsäure gesättigt. Man
kann also annehmen, daſs die Resultate der vereinigten Wirkung von Eisenphosphat und
Kieselsäure auf das reine Eisen zuzuschreiben sind.
Es ist bekannt, daſs Kieselsäure, wenn sie mit phosphorsauren Verbindungen
zusammengeschmolzen wird, die Phosphorsäure austreibt, und es ist wahrscheinlich,
daſs die Kieselsäure, welche in die Schlacke überging, die Phosphorsäure frei machte
und daſs diese durch das Eisen zersetzt wurde. Um nun die Wirkung der phosphorsauren
Eisenverbindungen auf reines Eisen bei Abwesenheit von Kieselsäure zu erfahren,
wurde das Ende eines Stückes Eisendraht mit Eisenphosphat bestrichen und in einem
Strome von Sauerstoff geschmolzen. Ein groſser Theil des Eisens wurde hierbei
verbrannt, und das kleine zurückbleibende Kügelchen, welches nicht mehr als 0g,1 wog, zeigte bei der Analyse deutliche Spuren
von Phosphor.
Um das Verhalten von Eisenoxyd zu Phosphoreisen kennen zu lernen und um zu prüfen, ob
die hierbei eintretende Einwirkung eine rein physikalische oder eine chemische ist,
wurden 2g Phosphoreisen unter einer dicken Lage
von Eisenoxyd, vermischt mit Eisenoxydul, ungefähr 1 Stunde lang geschmolzen. Wäre
hierbei die Wirkung nur eine physikalische gewesen, wobei also das Phosphoreisen
lediglich von der Schlacke aufgenommen wird, so hätte der Eisenkönig bei der
Schmelzung an Gewicht verlieren müssen. Es fand jedoch im Gegentheil eine
Gewichtszunahme statt. Die Könige wogen 2g,3 oder
15 Proc. mehr als vordem und hatten folgende Zusammensetzung:
Vor der Schmelzung
Nach der Schmelzung
Eisen
1,768
2,162
Phosphor
0,232
0,138
––––––
–––––––
2,000
2,300.
Der Phosphorgehalt hatte also um 0g,094 abgenommen,
während der Eisengehalt um 0g,394 zunahm, oder mit
anderen Worten: 0,094 Th. Phosphor hatten den Sauerstoff von 0,394 Th. Eisen,
welches als Oxyd in der Schlacke enthalten war, aufgenommen, um sich in
Phosphorsäure zu verwandeln. Jedes Atom Phosphor hatte demnach 4,2 Atome Eisen
gefällt, während nach der Theorie (P2 + 5FeO = P2O5 + 5Fe) 4,5 Atome Eisen hätten gefällt werden
müssen.
Phosphor im Stabeisen. Sämmtliches aus Phosphor-haltigem
Roheisen hergestellte Stabeisen enthält Phosphor in zwei verschiedenen Formen;
einmal in Verbindung mit dem Eisen selbst, wodurch bei Vorhandensein gröſserer
Mengen Kaltbruch entsteht, und ferner als Phosphorsäure in der Schlacke, welche von
den einzelnen Eisenpartikelchen umhüllt ist; letztere übt auf die Eigenschaften des
Eisens keine schädliche Wirkung aus.
Es hat den Chemikern anfänglich viele Schwierigkeiten verursacht, quantitativ zu
bestimmen, in welcher der beiden Formen der Phosphor im Eisen auftritt. Durch die
ausgeführten Analysen erfuhr man, daſs der Gehalt an Phosphor in dem aus
Cleveland-Roheisen hergestellten Luppeneisen 0,3 bis 0,4 Proc. oder 20 bis 25 Proc.
vom Phosphorgehalt des verwendeten Roheisens beträgt. Das Verhältniſs des als
Phosphorsäure in der Schlacke enthaltenen Phosphors stellt sich, je nachdem die
Stäbe mehr oder weniger Schlacke enthalten, auf 0,05 bis 0,15 Proc.
Nimmt man an, daſs in vier verschiedenen Stäben, welche 2,5 Procent Phosphor
enthalten, 2, 3, 4, bezieh. 5 Proc. Schlacke enthalten sind, so enthält letztere
0,05, 0,075, 0,10 bezieh. 0,125 Proc. Phosphor in unschädlichem Zustand, welcher
durch Hämmern, Schweiſsen und Walzen ausgetrieben werden kann. Ein aus
Cleveland-Roheisen hergestellter Luppenstab, welcher gröſstentheils krystallinisch
und hart war, wurde nach wiederholtem Hämmern und Auswalzen sehnig und weich.
Folgende mit drei verschiedenen Luppenstäben vorgenommene Analysen zeigen, wie
bedeutend der als Phosphorsäure in der Schlacke enthaltene Phosphor, welcher durch
wiederholtes Hämmern und Auswalzen entfernt werden kann, zuweilen ist:
In Verbindungmit dem Eisen
Phosphor inder Schlacke
Gesammt-Phosphorgehalt
0,243 Proc.
0,087 Proc.
0,33 Proc.
0,130
0,110
0,24
0,071
0,149
0,22
In dem Danks-Puddelofen bei Hopkins, Gilkes und Comp.
wurde aus dem bekanntlich sehr phosphorreichen Cleveland-Roheisen Luppeneisen
erzeugt, das last vollständig frei an Phosphor ist, wie dies nachstehende 3 Analysen
zeigen:
Kohlenstoff
0,080
0,110
0,160
Proc.
Silicium
0,092
0,046
0,040
Schwefel
0,012
0,016
0,012
Phosphor
0,110
0,060
0,073
In den vorliegenden Fallen war der Phosphor folgendermaſsen
vertheilt:
Verbunden mitdem Eisen
In derSchlacke
Gesammt-Phosphorgehalt
a)
0,057 Proc.
0,063 Proc.
0,110 Proc.
b)
0,023
0,037
0,069
c)
0,034
0,039
0,073
Man muſs zugeben, daſs besseres Eisen, als vorstehendes,
schwer zu finden ist. (Nach Iron, 1877 Bd. 10 S. 553.
586. 651.)
–r.