Titel: | Ueber O. Hallauer's Abhandlung, betreffend die Erfahrungen über Woolf'sche und Compound-Maschinen; von Professor Gust. Schmidt. |
Autor: | Gust. Schmidt |
Fundstelle: | Band 229, Jahrgang 1878, S. 305 |
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Ueber O. Hallauer's Abhandlung, betreffend die Erfahrungen über Woolf'sche und Compound-Maschinen; von Professor Gust. Schmidt.
Mit Abbildungen.
(Schluſs von S. 226 dieses Bandes.)
Hallauer und G. Schmidt, ü. Woolf'sche und Compound-Maschinen.
2) Die Compound-Maschine
C.
Fig. 1., Bd. 229, S. 305
Die Maschine erzielt trotz Anwendung eines Oberflächencondensers behufs Speisung mit
weichem Wasser doch eine mittlere Vorderdampfspannnng von nur 0k,216, weil die Dampfwege mit 8 Procent der
Kolbenfläche reichlich bemessen sind. Die Röhrenkessel arbeiten mit 4k,65 absolutem Druck und liefern Dampf mit nur 3
Proc. mitgerissenem Wasser. Das von Ingenieur E.
Widmann aufgenommene, von Hallauer im Mittel
aus oben und unten mitgetheilte Diagramm ist in Fig.
1 in der Weise dargestellt, wie Referent die Diagramme bei
Compound-Maschinen mit Kurbeln unter 90° zu zeichnen pflegt. Man sieht hierbei, daſs
die Admissionsspannung in Folge Drosselung während der Füllung auf 0,657 des
Kolbenweges von 3,851 auf 3k,396 sinkt; hierauf
folgt die Expansion und dann der Auspuff in die Zwischenkammer (englisch receiver); danach wird der Dampf aus dem kleinen
Cylinder in die Zwischenkammer gepreſst, wobei die Spannung schwach steigt. Etwas
vor Mitte des Kolbenweges beginnt der Uebertritt des Dampfes aus dem kleinen
Cylinder durch die Zwischenkammer in den groſsen; gegen Ende der Bewegung des
kleinen Kolbens expandirt der Dampf aus der Zwischenkammer in den groſsen Cylinder,
worauf der Auspuff des kleinen Cylinders in die Zwischenkammer beginnt. Ehe sich die
in der Zwischenkammer steigende Spannung bis in den groſsen Cylinder fortpflanzen
kann, allerspätestens bei ⅔ des Laufes des groſsen Kolbens, muſs der Schieber des
groſsen Cylinders absperren, damit die Dampfspannung daselbst sich nicht über die
horizontale Linie erheben kann, sondern nach einer kurzen Strecke gleichbleibender
Spannung sich wieder eine correcte Expansionslinie anschlieſst, bis diese Spannung
zu Ende des Kolbenlaufes zu 0k,985 auf 1qc sinkt.
Fig. 2., Bd. 229, S. 306
Fig. 2 zeigt in halber Gröſse der früheren Figur das
hieraus nach Rankine (vgl. *1866 180 422. 1874 214 275) dargestellte Diagramm,
in welchem die Flächen den Arbeiten proportional sind, und es ist in die Figur auch
die Mariotte'sche Linie mit Rücksicht auf die
schädlichen Räume eingetragen. Das Volum der Zwischenkammer ist nicht angegeben,
dürfte aber, nach der Zeichnung zu schlieſsen, 80 Proc. des Volums des groſsen
Cylinders betragen, was auch nöthig ist, wenn die Compression des Dampfes aus dem
kleinen Cylinder in den „Receiver“ nicht stark merklich sein soll.
Bei 75 Touren der Maschine ergab sich die Arbeit für einen Kolbenhub, wie folgt:
Im kleinenCylinder
Im groſsenCylinder
mk
mk
Admissionsarbeit
11187
10573
Expansionsarbeit
4622
3881
––––––
––––––
Hinterdampfarbeit
15809
14454
Vorderdampfarbeit
6376
3198
––––––
––––––
Indicirte Arbeit
9433
11256
––––––––––––––––––
In beiden Cylindern zusammen
20689
Hierzu die Vacuumsarbeit
3198
––––––
Totale absolute Arbeit
23887
e
e
Indicirte Pferdestärke
314,43
375,20
––––––––––––––––––
Total
689,63
k
Speisewassermenge für einen Kolbenhub
0,6896
Condensirt in den Dampfmänteln
0,0405
Eingetreten in den kleinen Cylinder
M
=
0,6491
Hiervon mitgerissenes Wasser
0,0206
Wirksamer trockener Dampf
m
=
0,6285
c
Mit t = 148,29 folgt
Mq + mr
=
412,68
Vom Dampfhemd geliefert
20,33
–––––
Zugeführte Wärmemenge für einen Kolbenhub
Q
=
433,01
k
Ideele Menge trockenen Dampfes \frac
Q\lambda=\frac{433,01}{651,72}
=
0,6644
Stündlicher Verbrauch für 1e
absolut
=
7,5098
„ „ „ „ indicirt
=
8,6706
Ferner ergibt sich in dem 6proc. schädlichen Raum.
m
0
=
0,0232
Bei Beginn der Expansion vorhanden als Dampf
m
1
=
0,6221
Also während der Admission niedergeschlagen an den Wän- den
m + m0 – m1
=
0,0296
c
Die dabei abgegebene Wärmemenge
(m + m0
– m1)r1
=
15,10
Von den Dampfmänteln geliefert 0,0405 × 502,01
=
20,33
––––––
Von den Wänden aufgenommene Wärmemenge
Q
1
=
35,43
––––––
Dampfwärme U1
= 0,6723 × 138,29 + 0,6221 × 466,52
=
383,19
„ U2 = 0,6548 × 86,35 + 0,5648 ×
506,96
=
342,87
––––––
U1 – U2
=
40,32
––––––
Q1+ U1 – U2
=
75,75
Der corrigirte Werth von AL2 ist:
AL_2=\frac{4622+14454-6376}{425}
=
29,88
––––––
Nach Gleichung (8) ε + α = Q1 + U1
– U2 – AL2
=
45,87
Wärmeverlust nach auſsen
α
=
6,00
––––––
Bleibt Auspuffwärme
ε
=
39,87
d. s. 9,21 Procent von Q,
ebenfalls gering.
Dabei hat das im groſsen Cylinder am Ende des Kolbenweges befindliche Gemenge bei 4,5
Proc. schädlichem Raum:
ein Gewicht M + m0' = 0,6491 + 0,0057
= 0,6548
Aus dem Diagramm entnommenes Dampfgewicht
m
2
= 0,5648
also die enthaltene Wassermenge
= 0,0900
oder 13,74 Proc. oder die specifische Dampfmenge ist 86,26
statt 94,61 Proc. bei der Woolf'schen Maschine A im J.
1877, und die Auspuffwärme ε reicht hin, um alles an
den Wänden befindliche Wasser zu verdampfen, wenn 0,86 Proc. von M tropfbar in den Condensator mitgerissen werden.
Im Vergleich mit der Woolf'schen Maschine A zeigt sich
die Compound-Maschine B in Bezug auf den Verbrauch für die indicirte Stärke
gleichwertig, allein in Bezug auf die absolute Pferdestärke steht C gegen A um 5
Proc. zurück, und Hallauer bemerkt sehr richtig,
„daſs hieran der Mangel eines äuſseren Dampfmantels um die Zwischenkammer
Schuld sei, welcher ein Ersatz wäre für die von Hirn empfohlene Ueberhitzung des Dampfes zwischen dem kleinen und
groſsen Cylinder.“
Eine solche Ueberhitzung ist in dem letzten
Decennium bei Woolf'schen Maschinen aus
böhmischen Fabriken mehrfach angewendet worden. (Vgl. * 1870 196 7.)
Wirklich findet sich in Zeichnungen von französischen dreicylindrigen
Marine-Maschinen in der Zwischenkammer zwischen dem Hochdruckcylinder und den beiden
Niederdruckcylindern ein Heizröhrensystem vor, und hat auch Civilingenieur Otto Müller in Budapest bei den von ihm construirten
Compound-Maschinen nicht nur beide Cylinder, sondern auch die Zwischenkammer mit
Dampfmantel und letztere auch noch mit durchgehenden Heizröhren versehen. Durch
diese äuſserst ausgedehnte Zuführung von Wärme ohne Stoff, den man wieder sammt
seiner inneren latenten und Flüssigkeits-Wärme entlassen muſs, wird der principielle
Nachtheil der Compound-Maschine, welcher in dem plötzlichen Auspuff des kleinen
Cylinders in die Zwischenkammer ohne Arbeitsverrichtung liegt, nicht nur
ausgeglichen, sondern es ist möglich, daſs der stündliche Dampfverbrauch für die
indicirte Pferdestärke auf solche Weise sogar kleiner wird als bei jedem anderen
Maschinensystem und daſsund wegen des sehr verminderten Schwungradgewichtes bei der Kurbelstellung
unter 90° auch der Reibungsverlust kleiner ist als bei Woolf'schen Maschinen und ganz besonders kleiner als bei eincylindrigen,
welche wegen der starken Veränderlichkeit des Ueberdruckes und der damit in
Zusammenhang stehenden rascheren Abnutzung aller Reibungsflächen an Dauerhaftigkeit
der Compound-Maschine sicherlich weit nachsteht, weshalb Referent die
Schluſsfolgerungen, welche Ingenieur Hallauer aus
seiner höchst beachtenswerthen gründlichen Arbeit zieht, durchaus nicht anerkennen
kann.
Wenn man sich getraut, mit überhitztem Dampf zu arbeiten, was nur bei sehr
verläſslicher Bedienung und bei schwachen Veränderungen der Betriebskraft möglich
ist, so ist es ja nicht ausgeschlossen, auch die Compound-Maschine mit überhitztem
Dampf zu bedienen, sowie die Herabdrückung des schädlichen Raumes auf 1 Proc. des
Volums nicht blos bei einer eincylindrigen Maschine möglich ist, wenn man sich die
Mehrkosten für Theilung der Schieber gefallen läſst.
3) Horizontale Woolf'sche
Maschine C.
Bei dieser Maschine fand in Folge der langen Leitung ein starker Spannungsverlust
zwischen Kessel und Dampfhemd statt; auch ist der Condensator zu weit entfernt und
waren beide Kolben undicht. Bei 39,37 Touren ergab sich die Arbeit für einen
Kolbenhub:
Im kleinenCylinder
Im groſsenCylinder
mk
mk
Admissionsarbeit
4221
Expansionsarbeit
656
––––––
Hinterdampfarbeit
4877
5788
Vorderdampfarbeit
1384
1862
––––––
––––––
Indicirte Arbeit
3493
3926
–––––––––––––––––
In beiden Cylindern zusammen
7419
Hierzu die Vacuumsarbeit
1862
––––––
Totale absolute Arbeit
9281
e
Indicirte Pferdestärke
130
k
Speisewassermenge für einen Kolbenhub
0,2628
Condensirt in den Dampfmänteln (10 Proc.)
0,0263
Eingetreten in den kleinen Cylinder
M
=
0,2365
3 Proc. mitgerissenes Wasser
0,0079
Wirksamer trockener Dampf
m
=
0,2286
c
Mit t = 150,69 (bei 4k,96 abs. Kesselspannung) folgt
Mq + mr
=
150,35
Vom Dampfhemd geliefert
13,16
––––––
Zugeführte Wärmemenge für einen Kolbenhub
Q
=
163,51.
Die von der Luftpumpe ausgegossene Wassermenge M+M_0 flieſst unter
der Druckhöhe h=0^m,991 durch eine Oeffnung in dünner Wand = f aus und beträgt somit secundlich: \mu
f\sqrt{2gh}, wobei sich der Factor \mu f\sqrt{2g}
aus dem Gefäſsquerschnitt F=3^{qm},499 und aus der beobachteten
Zeit T=17,965, während welcher bei Ausfluſs ohne Zufluſs die Höhe
h von h_1=1,05 auf
h_2=0^m,95 sinkt, berechnet aus der bekannten Gleichung:
\mu f\sqrt{2g}=\frac{2F}{T}
(\sqrt{h_1}-\sqrt{h_2})=0,019483.
Hiermit folgt die in 1 Secunde ausgegossene Menge
=0,019483\sqrt{0,991}=0^{cbm},019395=19^l,395=19^k,395.Hallauer führt diese Rechnung zweckmäſsiger mit
dem Decimeter als Einheit durch, erhält aber das nicht ganz genaue Resultat
19k,497.
Daher für den Kolbenhub M+M_0=\frac{19,395 \times 60}{2 \times
39,37}
=
14,7790
hiervon ab M
=
0,2365
–––––––
bleibt M0
=
14,5425.
Diese Einspritzwassermenge wird mit t0 = 17°
zugeführt, und die Temperatur des ausgegossenen Wassers ist t3 =
26,20. Daher die enthaltene Wärmemenge M0 (t3 – t0) + Mt3
c
= 133,79 + 6,20
=
139,99
Die der indicirten Arbeit äquivalente Wärmemenge
\frac{7419}{425}
=
17,45
Der Wärmeverlust durch Ausstrahlung
α
=
3,50
–––––
Summe
160,94
somit der Fehler gegen Q nur ΔQ = 2c,57, d. s. 1,5
Procent von Q.
k
Die ideele Menge trockenen Dampfes beträgt \frac
Q\lambda=\frac{163,51}{652,46}
=
0,2506
Stündlicher Verbrauch für 1e
absolut
=
7,2903
„ „ „ „ indicirt
=
9,1201.
Die Woolf'sche Balanciermaschine arbeitet daher in Bezug
auf die absolute Pferdestärke um 2,44, in Bezug auf die indicirte um 5,54 Proc.
günstiger, weil die horizontale Maschine schlechteres Vacuum hat, wohl wegen der
Undichtheit der Kolben.
Ferner ist im schädlichen Raum
m
0
=
0,0135
bei Beginn der Expansion
m
1
=
0,2220
––––––––
also an den Wänden niedergeschlagen
m + m0
– m1
=
0,0201
c
Dabei abgegebene Wärmemenge
(m + m0 – m1)r1
=
10,30
Von den Dampfmänteln geliefert 0,0263 × 500,29
=
13,16
––––––––
Von den Wänden aufgenommene Wärmemenge
Q1
=
23,46
Dampfwärme U1
= 0,2500 × 134,69 + 0,2220 × 469,30
=
137,85
„ U2 = 0,2506 × 80,19 + 0,2372 ×
511,80
=
141,48
––––––––
Q1 + U1 – U2
=
19,83
Das vom Referenten corrigirte
AL_2=\frac{656+5778-1384}{425}
=
11,91Hallauer rechnet irrthümlich sein Fd = 14,38 statt 6446 : 425 =
15,16.
Wärmeverlust nach auſsen
α
=
3,50
Auspuffwärme ε = Q1 + U1 – U2
– AL2
– α
=
4,42
Hier ist die Controle nach Gleich. (11) möglich. Es ist
nämlich die Menge im
schädlichen Raum des groſsen Cylinders m0
' = 0k,0141,
also m0
'i
=
8,27
M0 (t3 – t0) + Mt3 wie
früher
=
139,99
Summe
148,26
Hiervon ab
U
2
=
141,48
und AL3 =
1862 : 425
=
4,38
bleibt nach Gleichung (11)
ε
=
2,40
Den früher gefundenen Werth von ΔQ
hinzugefügt
=
2,57
folgt der corrigirte Werth von
ε
=
4,97
nach der zweiten Methode
=
4,42
––––––––
Dieser ist gröſser als der frühere um
=
0,55
oder 0,33 Procent von Q. Die sich
ergebende Uebereinstimmung ist ein Beweis, daſs der groſse Kolben nur sehr wenig
undicht sein kann.
Hallauerziehtgibt aus dem Vergleich der bei den Versuchen an den verschiedenen Maschinen
gefundenen Wassermenge am Ende des Kolbenlaufes im groſsen Cylinder mit der von ihm
gefundenen Auspuffwärme ε den Schluſs, daſs bei einer
Wassermenge von 5, 7, 12 Proc. sich etwa 4 Proc. im Dampf vertheilt und nur 1, 3, 8
Proc. an den Wandungen niedergeschlagen befinden, daher der Werth
\frac{\varepsilon}{Q}=1,\,3,\,6 Proc. solcher Weise erklärt
wäre. Da jedoch seine Werthe von ε wegen des bei
Bestimmung von L2
vorgekommenen Irrthums durchaus zu klein sind, so ergibt sich im Gegentheil, daſs
die Auspuffwärme ε in allen Fällen zur vollständigen
Verdampfung des an den Wänden befindlichen Wassers ausreicht und nur die kleine
Menge von 1,4 bis 2,6 Proc. bei Maschine A 1876, 0 bis 0,6 Proc. bei A 1877, 1,5
Proc. bei B und 0,86 Proc. von M bei Maschine C im
Dampf tropfbar suspendirt in den Condensator übertritt.
Wir schlieſsen dieses Referat mit dem lebhaften Wunsche, daſs die echt wissenschaftliche und
für die Praxis hochwichtige Untersuchungsmethode, welche durch G. A. Hirn, Hallauer, Dwelshauvers-Dery und Groſseteste eingeführt wurde, allgemeine Nachahmung
finden möge.