Titel: | Sholes' Schreibmaschine; von Ingenieur Franz Hausenblas. |
Autor: | Franz Hausenblas |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 513 |
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Sholes' Schreibmaschine; von Ingenieur Franz Hausenblas.
Mit Abbildungen auf Tafel
32.
Hausenblas, über Shole's Schreibmaschine.
Die bereits kurz in D. p. J. 1876 219 472 erwähnte
Schreibmaschine (type-writer) des Amerikaners Sholes, welche von der Remington'schen Fabrik in Ilion, N. Y., gebaut wird, ist seit einiger Zeit
auch auf dem Kontinent eingeführt worden; in Anbetracht des Interesses, welches ihre
äusserst geistreiche Einrichtung erregen dürfte, sei dieselbe nachstehend mit
Zuhilfenahme der Abbildungen auf Tafel 32 näher beschrieben. Fig. 1 bis 4 zeigen verschiedene
Ansichten der Schreibmaschine, Fig. 5 und 6 den Verticalschnitt und
Grundriss des Typen-Mechanismus, Fig. 7 bis 12 verschiedene Theile in
grösserem Massstab und Fig. 13 die Anordnung der
Typentasten.
In ihrer principiellen Einrichtung stimmt die Sholes'sche Maschine mit der Malling-Hansen'schen
Schreibkugel (*1872 205 398) überein; nur ist sie einfacher und verwendbarer als
diese. Auch bei Sholes sind sämmtliche Typen beweglich
so angeordnet, dass sie in beliebiger Reihenfolge hinter einander genau an dieselbe
Stelle des Papieres gebrückt werden können. Nach Abdruck jeder Type wird dann das
Papier in der Zeilenrichtung selbstthätig um etwas mehr als Typenbreite verschoben;
doch kann eine solche Verschiebung zur Herstellung eines grösseren Zwischenraumes
nach jedem Wort auch unabhängig vom Abdruck der Typen vorgenommen werden. Nach
Schluss einer Zeile muss das Papier um die ganze Zeilenlänge, welche bis zu einer
gewissen Grenze eine beliebige sein kann, zurückgezogen werden; dabei erhält es
gleichzeitig eine entsprechende Verschiebung senkrecht zur Zeilenrichtung.
Die Typen t (Fig. 5 und 6) sind an kleinen
doppelarmigen Hebeln h befestigt, deren Drehzapfen c auf dem oberen ringförmigen Rande eines Mehrfach
durchbrochenen gusseisernen Topfes T sitzen. Die Hebel
hängen in der Ruhelage in das Innere des Topfes herab, werden aber bei ihrer
Bewegung horizontal und radial in die Topföffnung gestellt, so zwar, dass die Type
genau im Mittelpunkt derselben erscheint. Die Bewegung jedes einzelnen Hebels h erfolgt durch Niederdrücken einer Taste H (Fig. 1), mit welcher der
Hebel durch einen starken Draht D (Fig. 5) verbunden ist. Die
Taste trägt am vorderen freien Ende einen Knopf K mit
dem entsprechenden Schriftzeichen (Fig. 4 und 13); eine Feder f bringt die Taste nach dem loslassen in ihre
ursprüngliche Lage zurück. Der Typenhebel h ist in
einem geschlitzten Blechsegment s (Fig. 5 und 6) geführt und findet in
demselben seine Hubbegrenzung. Um das genaue Einstellen der Hebel h zu ermöglichen, ruhen ihre Drehzapfen in kleinen
Blechplättchen p mit aufgebogenen Rändern, von denen je
vier gleichzeitig mit den zugehörigen Führungen s durch
eine mit dem Topfrand verschraubte Druckplatte d
niedergehalten werden.
Die beim Niederdrücken einer Taste H gehobene Type
schlägt gegen ein mit Druckfarbe getränktes Farbband B
(Fig. 3
und 4) und
bringt dadurch auf dem darüber befindlichen, um die Druckwalze W gelegten Papier das betreffende Schriftzeichen
hervor. Das Papier wird von dem gebogenen Auflagblech A
zwischen die mit Kautschuk überzogene Walze W und die
hölzerne Rolle w geleitet, worauf seine Ränder durch
zwei um letztere und um die Rollen r und r' geschlungene, endlose Gummibänder b und b' gefasst werden,
damit das Papier sich dicht an die Druckwalze anlegt. Bei schmalem Papier wird der
eine Rand statt vom Bande b von einer auf der
Rollenachse a verstellbaren Stahlzunge z gegen die Druckwalze W
gehalten.
Die nach Abdruck einer Type erforderliche Verschiebung des Papieres geschieht
selbstthätig auf folgende Weise. Die Druckwalze W ist
in einem leichten Rahmen R gelagert, welcher auf drei
Laufrollen t, t1 sitzt
und längs der Rundstange S in der Zeilenrichtung
verschiebbar ist. An einem Knopf k (Eig. 4) des Rahmens
hängt eine Schnur v, welche an ihrem anderen Ende am
Umfang einer Federtrommel F befestigt ist; die
gespannte Feder trachtet stets die Schnur v auf die
Trommel aufzuwickeln und dabei den Rahmen mit der Druckwalze von rechts nach links
mitzunehmen. An dieser Bewegung wird aber der Rahmen durch eine mit ihm verbundene
Zahnstange Z mit Sperrvorrichtung gehindert; letztere
besteht aus einer festen und einer beweglichen Sperrklinke u bezieh. u' (Fig. 7 und 8), welche hinter einander
auf einem im Gestell bei O gelagerten Winkelhebel E (Fig. 1) sitzen. In der
Regel greift die bewegliche Klinke u' in die
Zahnstange, wobei in Folge des Zuges der Schnur v die
Klinke u' gegen den Anschlag i am Hebel E angelegt und genau vor die feste
Klinke u gestellt wird. Bei einer entsprechenden
Schwingung des Klinkenhebels E wird daher u ungehindert -in die Zahnstange eintreten, während u' gleichzeitig frei und durch eine an E befestigte Feder f' so
weit seitlich gedrückt wird, dass sie beim Zurückschwingen des Klinkenhebels E in die nächste Lücke der Zahnstange eintreten muss.
Der auf die letztere von F ausgeübte Zug wird dann aber
sofort den Druck der schwachen Feder f' überwinden und
Rahmen mit Zahnstange so weit in der Pfeilrichtung bewegen, bis sich die Klinke u' neuerdings an den Anschlag i legt und den Hub begrenzt. Nun hängt aber an den unteren Gabelenden des
Hebels E mittels zweier Drähte D' eine Leiste M, welche quer unter
sämmtlichen neben einander liegenden Tasten H
durchläuft. Beim Anschlagen einer beliebigen Taste macht deshalb der Hebel E die zum eben beschriebenen Sperrklinkenwechsel
nöthige Schwingung und der Rahmen mit Druckwalze und Papier erfährt eine genügende
seitliche Verschiebung, um eine neue Type zum Abdruck bringen zu können. Da zwei von
den Tasten H nicht auch mit Typen verbunden sind, so
kann durch Niederdrücken des sie verbindenden Bretchens e die Verschiebung des Papieres ohne gleichzeitigen Abdruck einer Type
vorgenommen werden. Hält man dieses Bretchen nieder und schlägt darauf
hintereinander mehrere Typentasten an, so müssen selbstverständlich alle Typen das
Druckpapier an derselben Stelle berühren; es ist deshalb möglich, die Zeichen
„|“ und „–“ zu einem „+“ Zeichen zu vereinigen u.a.m.
Ist eine Zeile nahezu beendet, so stösst ein auf der Zahnstange vorher passend
eingestellter Anschlag m gegen den Hammer g,
In den Figuren hat der Anschlag m den Hammer g
bereits überschritten. welcher beim Niederfallen auf eine Glocke
G (Fig. 2 und 4) schlägt. Auf dieses
Signal hin muss die Zeile mit dem eben im Druck befindlichen Wort oder einer
abzutheilenden Silbe desselben abgeschlossen und das Papier um die ganze Zeilenlänge
zurück verschoben werden. Zu diesem Zweck drückt man auf den durch eine Feder
hochgehaltenen Hebel N (oder zieht denselben mittels
eines Fusstrittes nieder), an welchen ein auf den Uebersetzungsrollen U befestigtes Bändchen gebunden ist. Von diesen Rollen
läuft weiter eine Schnur v' ab, an welcher der Rahmen
R hängt. Das Zurückführen des Rahmens ist aber nur
möglich, wenn vorher die Zahnstange Z aus der
Sperrklinke u' ausgehoben wurde, zu welchem Behufe die
erstere um die Laufschiene S drehbar ist. Die Schnur
v' ist nun nicht direct an den Rahmen, sondern an
einem in diesem gelagerten Hebel n (Fig. 9 und 10) befestigt, welcher
auf dem Aufsatz j des über die Laufschiene S hinaus verlängerten Zahnstangenendes Z' ruht. Beim Anziehen der Schnur v' wird der Hebel n und
mit ihm Z' niedergedrückt, die Zahnstange selbst also
gehoben und ausser Eingriff mit der Sperrklinke gebracht. Dieser Eingriff muss
wieder hergestellt werden, ehe nach genügender Rechtsverschiebung des Rahmens der
Hebel N wieder losgelassen wird, da sonst in Folge des
Federzuges eine plötzliche Zurückbewegung nach links eintreten würde. Am Hubende des
Rahmens stösst deshalb ein lose in der Zahnstange liegender Stift q gegen einen Stellring Q
der Laufschiene S, wodurch der knieförmige Aufsatz j unter dem Hebel n
weggezogen und der Zahnstange gestattet wird, niederzufallen. Der Hebel N kann nun anstandslos ausgelassen und mit dem Druck einer neuen
Zeile begonnen werden, da überdies durch die in das Steigrad V der Druckwalze W greifende Schaltklinke y des Hebels n beim Niederdrücken des letzteren der
Druckwalze eine kleine Drehung und dem Papier eine Verschiebung zur nächsten Zeile
ertheilt wurde. Um die Zeilenweite verändern zu können, ist die Hubgrösse der Klinke
y durch Verdrehung des Sternrädchens y' variabel, dessen drei Zähne verschiedene Länge
besitzen, und von denen ein Zahn den jeweiligen Anschlag für den Klinkenhebel n bildet.
Die Zahnstange lässt sich übrigens auch unmittelbar, also unabhängig vom Hebel n heben, indem man auf ihr freies Ende Z' drückt. Der Rahmen kann dann nach Willkür verschoben
und eine beliebige Stelle der Zeile über den Punkt gebracht werden, in welchem die
Typen gegen die Druckwalze schlagen. Eine Theilung auf dem vorderen Rande der
Gestellplatte (Fig.
3), längs welcher ein am Rahmen angebrachter Zeiger gleitet, erleichtert
hierbei das Auffinden eines bestimmten Zeilenortes.
Damit beim Drucken immer eine frische Stelle des Farbbandes B über die druckende Type kommt, wird dasselbe ebenfalls selbstthätig bei
jeder Schaltung des Rahmens etwas verschoben. Das Farbband ist auf zwei kleine
Walzen ω aufgewickelt (Fig. 11 und 12), deren
Achsen mit einiger Reibung im Gestell der Maschine laufen und je ein Kegelrad
tragen, von welchen immer nur eines in das zugehörige Kegelrad auf der parallel zur
Druckwalze angeordneten Achse a eingreift. Diese Achse
erhält von der Federtrommel F aus eine abgesetzte
Bewegung, indem bei deren ruckweisen Drehung die an F
befestigte Klinke β ein Steigrad γ mitnimmt und durch die Kegelräder ρ die Achse α umdreht. Ist das Farbband nach einer
Seite abgewickelt, so muss man seine Bewegung umkehren, indem man nach Ausheben
einer Klinke η die Achse α
so verschiebt, dass die Kegelräder der Walzen ω ihren
Eingriff wechseln. Selbstverständlich bleiben hierbei die Räder ρ in Eingriff. Die Sperrklinkenverbindung zwischen der
Achse α und der Federtrommel F ermöglicht es, dass die Walzen ω auch
direct von Hand gedreht werden können; ihre aus dem Gestell etwas heraustretenden
Achsen tragen zu diesem Zweck kleine geränderte Knöpfe.
Ein Farbband reicht für etwa ½ Jahr aus; dann muss es einfach ausgewechselt werden,
was ohne besondere Mühe geschehen kann, dafür aber einen complicirten Mechanismus
zur Selbstfärbung überflüssig macht.
Die Maschine ist in allen Theilen leicht zugänglich. Da der Rahmen R mit Lappen L, L die
cylindrische Laufschine S lose umfasst, so kann er um
dieselbe aufgeklappt und eine Controle der vom Rahmen getragenen Theile bequem auch
von unten vorgenommen werden. Der ganze Apparat ist ausserordentlich compendiös und wird Dach Art der
Nähmaschinen auf einem eigenen Tischchen angebracht, in welchem Falle der Hebel N zur Zurückführung des Rahmens R, wie oben bemerkt, mit einem Fusstritt verbunden ist. Die Hantirung mit
der Maschine ist höchst einfach; das Anschlagen der Tasten lässt sich in einigen
Stunden so weit einüben, um ziemlich flink und fehlerfrei zu schreiben. Bei
erlangter Fertigkeit kann man mit der Maschine 40, selbst bis 60 Worte und darüber
in der Minute drucken, also mehr, als man sonst niederzuschreiben im Stande ist.
Ueberdies lassen sich mit der Maschine mehrere Abdrücke (bis 12 Stück) auf einmal
herstellen, wenn man gleichzeitig mehrere Papierblätter mit zwischengelegtem Fett-
oder Kohlenpapier unter die Druckwalze bringt und die Taste stark genug anschlägt.
Ein wesentlicher Vorzug der Schreibmaschine liegt noch darin, dass ihr Gebrauch
weniger anstrengt als das Schreiben und dass sie auch solchen Personen, die mit
Schreibkrampf behaftet sind, ja selbst Blinden den schriftlichen Ausdruck ihrer
Gedanken ermöglicht. Für letztere werden die Schriftzeichen der Tasten erhaben
angebracht. Der Mangel, dass fehlerhafte Stellen nicht mit der Maschine ausgebessert
werden können, fällt wohl kaum ins Gewicht.
Die Sholes'sche Schreibmaschine wird durch Wirth und Comp. in Frankfurt a. M. vertreten und kostet
mit Zubehör 450 M.Eine solche Maschine war uns anlässig der am 11. Februar 1878 abgehaltenen
Versammlung des Bayerischen Bezirksvereines
deutscher Ingenieure von den Vertretern zur Ansicht überlassen
worden, und können wir uns dem oben ausgesprochenen günstigen Urtheile über
die geistreiche Construction und Richte Gebrauchsweise der Sholes'schen Maschine vollkommen anschliessen.
Der ansehnliche Preis derselben und das zähe Festhalten an Gewohnheiten
lassen aber eine allgemeinere Einführung am Continente wohl nicht
erwarten.Der nach Schluss uns zugekommene Bericht des Obersten A. C. P. Pierre (Bulletin de la Société
d'Encouragement, 1878 Bd. 5 S. 97) spricht sich gleichfalls sehr
günstig über diese Schreibmaschine aus.Die Red.