Titel: | Ueber die Anwendung des Generatorgases für Explosionsmaschinen; von G. A. Hagemann in Kopenhagen. |
Autor: | G. A. Hagemann |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 417 |
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Ueber die Anwendung des Generatorgases für
Explosionsmaschinen; von G. A.
Hagemann in Kopenhagen.
Mit einer Abbildung.
Hagemann, Anwendung des Generatorgases für
Explosionsmaschinen
Nachdem Otto durch seine neue Gasmaschine die Explosionsmotoren
einen guten Schritt vorwärts geführt hat, kann die folgende Abhandlung, die theils
auf theoretische, theils auf praktische Erfahrungen gegründet ist, vielleicht mit
einigem Interesse gelesen werden. Auch kann sie möglicher Weise veranlassen, dass
die grosse mechanische Industrie die Lösung einer Aufgabe versuchen werde, deren ich
mich durch mehrere zusammentreffende Umstände verhindert – nicht annehmen kann.
Die Aufgabe ist, die Anwendung von Generatorgas zur Kraftentwicklung dadurch zu
bewerkstelligen, dass dieses Gas (statt Leuchtgas), nach Mischung mit einer
passenden Menge atmosphärischer Luft und unter geeigneten Temperatur- und
Druckverhältnissen, durch Anzünden zur Explosion gebracht wird.
Ein jeder Ofen, der genügend tief gebaut wird, ist ein Generator, in welchen die in
den untersten Feuerlagen gebildete Kohlensäure in den oberen Feuerlagen wieder zu
Kohlenoxyd reducirt wird. Das Generatorgas ist daher zufolge seiner ganzen
Entstehungsart ein Gemisch von Stickstoff, Kohlenoxyd, etwas Kohlensäure und einer
wechselnden Menge von Wasserstoff und Kohlenwasserstoff, je nach der Natur und
Zusammensetzung des im Generator angewendeten Feuerungsmaterial, Schinz gibt an, dass Generatorgas von Kokes dem Volum
nach enthält: Stickstoff 63,6, Kohlensäure 0,9, Kohlenoxyd 33,7 und Wasserstoff 1,8
Proc.; es besteht demnach aus ⅓ brennbarer und ⅔ unbrennbarer Gase. In der Luft
angezündet, brennt das Gas bekanntermassen ruhig mit blauer Flamme, mit Luft im
bestimmten Verhältniss gemischt und unter passender Temperatur und Pressung mit
einem elektrischen Funken angezündet, erhält man eine Explosion, deren Kraft, auf
einne geeignete Maschine übertragen, benutzt werden kann. Es ist selbstverständlich,
dass, statt erst Kohlen unter dem Dampfkessel zu rennen, um dadurch Dampf zur
Kraftentwicklung zu erhalten, die directe Anwendung des Brennmaterials jedenfalls
eine weit vortheilhaftere ist; und wie soll es erst eine Oekonomie sein, die Kohlen zu Generatorgas zu
verbrennen, dieses zur Dampfentwicklung zu benutzen, endlich den Dampf in der
Dampfmaschine mit nur kleinem Nutzeffect in Kraft zu verwandeln. Es ist weit
vortheilhafter, die vielen und kostspieligen Zwischenapparate auszulassen und das
Generatorgas direct unter Explosion in der Maschine zu verbrennen.
Durch Vergleich wird dieser Vortheil mehr augenscheinlich. Da 0cbm,75 Leuchtgas stündlich 1e in Otto's
Expansionsmotor entwickeln kann, so ist die Vergleichung leicht anzustellen.
Frankland gibt an, dass Leuchtgas,
aus Newcastler Cannelkohlen hergestellt, enthält:
Schwerer Kohlenwasserstoff
9,7
Proc.
Leichter „
41,4
Kohlenoxyd
15,5
Wasserstoff
33,4
1cbm Leuchtgas
enthält demnach nach Gewicht:
g
Schwerer Kohlenwasserstoff
121,6
Leichter „
296,8
Kohlenoxyd
194,4
Wasserstoff
29,9
und der Brennwerth ist:
k
c
Schwerer Kohlenwasserstoff
11850 × 0,1216 =
1440,960
Leichter „
13009 × 0,2968 =
3858,400
Kohlenoxyd
2400 × 0,1944 =
466,560
Wasserstoff
34400 × 0,0299 =
1028,560
–––––––––
6794,480.
1cbm Generatorgas,
wie oben angegeben, enthält:
k
c
Kohlenoxyd
33,7
Vol.-Proc.
=
0,4227 × 2400 =
1014,480
Wasserstoff
1,8
„
=
0,0015 × 34400 =
51,600
––––––––
1066,080
Demnach sind 6cbm,4
Generatorgas, aus Kokes hergestellt, nothwendig, um denselben Brennwerth wie 1cbm Leuchtgas zu geben. Rechnet man, wie hier in
Kopenhagen, 1000 Cubikfuss (30cbm,9) Leuchtgas zu
5 Kronen (5,6 M.) und 1 dänische Tonne (90k) Kokes
zu 2,50 Kronen (2,8 M.) dann kostet 1cbm Leuchtgas
18,1 Pf. und 6cbm,4 Generatorgas 3,7 Pf., indem
90k Kokes, weniger etwa 5 Proc. Asche = 85k Kohlenstoff, ungefähr 160cbm Kohlenoxyd geben, von welchem nur 33,7 Proc.
im Generatorgas sind, so dass also das Gesammtvolum Generatorgas von 90k Kokes etwa 480cbm beträgt. In Vergleich mit Leuchtgas kostet demnach die äquivalente
Wärmemenge im Generatorgas nur etwa ⅕.
Legt man statt Kokes Kohlen für die Berechnung zu Grunde, so erna
man eine noch grössere Preisdifferenz. 1 Tonne (1016k) Newcastler Cannelkohlen, die hier zu 22,4 M. zu haben sind, geben (nach
Frankland) 278cbm
Gas von oben angegebener Zusammensetzung und 647k
Kokes von etwas schlechterer Qualität wie die oben angerechnete. Man erhält von
letzteren etwa 3400cbm Kohlenoxyd – Generatorgas,
entsprechend 530cbm Leuchtgas. Addirt man dazu die
278cbm Leuchtgas, so erhält man 808cbm, wonach Aequivalent zu 1cbm Leuchtgas sich zu 2,78 Pf. berechnet.
Nun wird zur Entwicklung von 1e
effectiv stündlich 0cbm,75 Leuchtgas benutzt und
berechnet sich demnach diese Kraft zu 13,6 Pf. Bei Anwendung von Generatorgas aus
Kokes kostet dieselbe nur 2,80 Pf. und mit Kohlengeneratorgas nur 2,08 Pf. Eine
gewöhnliche Hochdruckdampfmaschine braucht im Allgemeinen stündlich mehr als 3k,5 Kohlen für 1e und kostet demnach 8 Pf. Ein Generatorgasmotor würde demnach dieselbe
Kraft für nur ¼ des Preises einer Hochdruckdampfmaschine herstellen können, und
selbst die Kraft der Hoch- und Niederdruckdampfmaschine ist doppelt so theuer als
die des Generatorgasmotors.
Nachdem die grosse ökonomische Bedeutung der Anwendung von Generatorgas zur
Kraftentwicklung nachgewiesen worden, ist die Frage zu beantworten, ob Generatorgas
mit Luft gemischt überhaupt ein explosives Gemisch geben kann. A. Wagner hat nachgewiesen, dass Kohlenoxyd mit 4 Th.
Luft gemischt noch explodirt, dass aber 6 Th. Luft ein unexplosives Gemisch gibt.
Man muss demnach im Voraus vermuthen, dass Generatorgas aus Kokes, das nur ungefähr
33 Proc. Kohlenoxyd enthält, nicht explodiren kann (jedenfalls nicht bei
gewöhnlicher Temperatur und Pressung), wenn eine zur vollständigen Verbrennung
nöthige Menge Luft eingemischt wird.
Durch eine einfache Berechnung findet man folgende Zusammensetzung
des Generatorgases von Newcastler Cannelkohlen:
Schwerer Kohlenwasserstoff
0,7
Proc.
Leichter „
3,1
Wasserstoff
4,0
Kohlenoxyd
32,5
Kohlensäure
0,7
Stickstoff
59,0
Legt man nun die nach A.
Wagner für die verschiedenen Gasarten noch explodirbaren Gemische mit Luft
zu Grunde, so findet man, dass die oben angegebenen Gase gemischt werden können:
Schwerer Kohlenwasserstoff
mit
0,7 × 27 =
18,9 Luft
Leichter „
„
3,1 × 10 =
31,0
Wasserstoff
„
4,0 × 10 =
40,0
Kohlenoxyd
„
32,5 × 4 =
130,0
––––––––––––––––––––
40,3 und
219,9 = 260,2,
um noch bei gewöhnlicher Temperatur und Pressung zu
explodiren. Für eine vollständige Verbrennung wird gefordert:
Schwerer Kohlenwasserstoff
0,7 × 3 =
2,1
Sauerstoff
Leichter „
3,1 × 2 =
6,2
Wasserstoff
4,0 × 0,5 =
2,0
Kohlenoxyd
32,5 × 0,5 =
16,25
––––––––––––
26,55
Sauerstoff,
welche Menge in 132,75 Volum atmosphärischer Luft
vorhanden ist. Das ganze Gemisch ist demnach 132,7 Luft und 100,0 Gas oder 232,4
Vol. Da dieses Gemisch kleiner als dasjenige, welches noch explosibel ist, muss man
im Voraus annehmen, dass eine Explosion bei gutem Generatorgas immer zu erreichen
ist.
Es ist jedoch möglich, sowohl den Brennwerth als die Explosionsfähigkeit des Gases zu
vergrössern; denn es entwickelt sich bei der Generatorgasbildung eine bedeutende
Wärmemenge. Das Generatorgas verlässt den Generator mit einer bedeutenden
Temperatur, und wir wünschen nur Gase von 100 bis 200°. Diese überschüssige Wärme
wird man zur Wasserzersetzung heranziehen können, indem man die frische, nach dem
Generator gehende Luft mit Wasserdampf sättigt und erhitzt.
Textabbildung Bd. 237, S. 420Eine diesem Zweck entsprechende Anlage ist beistehend skizzirt. A ist der Generator, B ein
Rohrvorwärmer, in welchen die frische, bei b
eintretende Luft erhitzt wird. Bis a ist der Vorwärmer
mit Wasser angefüllt, um die Wasserdämpfe zur Luft abzugeben.
Die Bedeutung dieser Anlage lässt sich am besten erkennen, wenn man die oben gewählte
Grundlage benutzt. 1016k Kohlen (Newcastler
Cannel) geben 278cbm Gas und ausserdem 647k Kokes. Von Kokes soll nun das Kohlenoxydgas
gebildet werden; dabei ergeben sich durch Verbrennung von Kohlen zu Kohlenoxyd
1235c, also können, wenn wir 10 Proc. Asche in
den Kokes rechnen, von den übrig bleibenden 582k
Kokes 1427600c entwickelt werden.
Selbstverständlich darf man nicht erwarten, diese ganze Wärme zum Gase
zurückzubringen, da ein Verlust durch Ausstrahlung der Wärme von den Seiten des
Generators immer vorkommen wird und das Gas nothwendig mit einiger Wärme weggehen
muss. Rechnen wir indessen die Hälfte oder 715000c, so kann dadurch 187k Wasserdampf zersetzt
werden, oder, da einige Wärme zur Dampfentwicklung mitgegangen ist, rund 180k Wasser. Dadurch wird auch Sauerstoff entwickelt,
welcher statt des Sauerstoffes der Luft mit dem Kohlenstoff Kohlenoxyd bildet und
solcherweise auch dazu beiträgt, das Gas zu concentriren, welches nun folgende
Zusammensetzung erhält:
Schwerer Kohlenwasserstoff
0,8
Proc.
Leichter „
3,3
Kohlenoxyd
34,7
Wasserstoff
10,5
Stickstoff
50,0
Kohlensäure
0,7
––––––
100,0
Es bildet sich nur 3440cbm Gas statt früher 3660cbm, aber während jener einen Gesammtbrennwerth
von 5513271c oder 1506c für 1cbm Gas hatte, besitzt dieses
einen Totalbrennwerth von 6228273c oder 1810° für
1cbm Gas. 1cbm Leuchtgas gibt 6794c; von dem neuen
Gas werden deshalb 3cbm,8 erfordert, um dieselbe
Wärmemenge zu geben. Demnach berechnet sich dann 1cbm Gas mit 0,65 Pf., somit 1e bei
stündlich 0cbm,75 Leuchtgas zu 18,1 Pf., während
1e bei Anwendung des neuen Gases nur 2,5 Pf.
kostet. Man muss nun noch bemerken, dass die Gasmaschine in ihrem jetzigen Stadium
etwa 5095° für 1 Stunde und 1e gebraucht.
In dem Vorgegangenen sind wir davon ausgegangen, dass die Kraftmenge, welche durch
die Explosion entwickelt wurde, mit dem Brennwerth des explodirenden Gasgemisches
proportional wäre. Wie wahrscheinlich nun auch diese Annahme sein kann, so hat sie doch eine Bestätigung
nöthig, welche ich nicht zu geben vermag; jedenfalls geht aber aus dem Angeführten
deutlich hervor, dass das Generatorgas uns Mittel zur Construction eines einfachen
und billigen Motors gibt, welcher mechanische Kraft billiger darstellt, als die
bisher durch Dampf entwickelte.
Kann das Generatorgas allein nicht mit Luft so leicht explosible Mischungen bilden,
als wünschenswerth wäre, so kann man es leicht mit Petroleum oder ähnlichen
Kohlenwasserstoffarten anreichern, wie man auch bei Anwendung eines höheren Druckes
sicher eine günstige Explosion erreichen kann.
Von dem hier Vorgeschlagenen habe ich, mit Ausnahme des oben skizzirten Ofens, der
wegen mangelhafter Aufmauerung und vollständigen Mangels an Armatur ein relativ
ungünstiges Resultat ergab (nämlich sehr unreines Gas), in Wirklichkeit nur das
Vermögen des Generatorgases, explodiren zu können, versucht. Auf dem Kastruper
Gaswerk hat Pontoppidan eine Reihe von
Explosionsversuchen mit einem Gemisch von 1 Vol. Gas aus Loghelly-Kohlen mit 1 Vol.
Luft ausgeführt und kräftige Explosionen erhalten, wenn das Gas gut und das Gemisch
richtig war, so dass diese Sache gar keinen Zweifel
übrig lässt.
Einen Motor mit Benutzung von Generatorgas denke ich mir ungefähr folgendermassen
construirt. Auf gemeinsamem Fundament mit der Maschine ist eine Pumpe angebracht,
die in Verbindung mit dem T-förmigen Saugrohr steht, dessen einer Zweig zu dem
Generator führt, während der andere in der Luft ausmündet. Durch Ventile auf diesen
beiden Zweigen kann das rechte Gemisch herbeigeschafft werden. Das Gasgemisch wird
mit 1 bis 2at Druck von der Pumpe in einen
Behälter gepresst, von welchem es durch die von Otto
construirte Mechanismen in den Cylinder der Explosionsmaschine eingelassen und dort
auf gewöhnliche Weise angezündet wird. Als Zündgas kann das Generatorgas selbst sehr
gut gebraucht werden; nur muss man dann eine besondere kleine Pumpe haben, um es von
dem Generator anzusaugen, und einen Gummisack damit gefüllt halten, von wo aus es
dann zum Anzündebrenner geht.
Es würde mich freuen, wenn das Angeführte die Anregung für die Construction eines
guten und billigen Motors, welchen die Industrie so sehr nöthig hat, geben
möchte.