Titel: | Ueber die Unsicherheit im Messen der Steinkohlen; von Karl Karmarsch. |
Autor: | Prof. Karl Karmarsch [GND] |
Fundstelle: | Band 227, Jahrgang 1878, S. 1 |
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Ueber die Unsicherheit im Messen der Steinkohlen;
von Karl Karmarsch.
Karmarsch, über die Unsicherheit im Messen der
Steinkohlen.
Die Quantitätsbestimmung fester Waaren, welche aus einem Haufwerk kleinerer oder
grösserer Theile bestehen, geschieht entweder nach Gewicht oder nach dem Raummasse.
Das Wägen gewährt den Vortheil, dass es nötigenfalls mit beträchtlichen Mengen in
einer einzigen Operation vollführt werden kann und die meiste Genauigkeit zulässt;
es ist eigentlich die allein naturgemässe Methode, weil es eine wirkliche Bestimmung
der vorhandenen Körpermasse ist, während man beim Messen eine oft ungemein
veränderliche und niemals mit Sicherheit bekannte Grösse von leeren – d.h. durch die
Substanz nicht erfüllten – Zwischenräumen einschliesst und das specifische Gewicht
des Stoffes (von dem nur zu häufig der Werth desselben mit abhängt) unberücksichtigt
lässt.
Gleichwohl behauptet sich das Messen zur Zeit noch in grossem Umfange, weil es nur
einfache, wenig kostspielige und unschwer zu transportirende Geräthschaften
erfordert und weil – es einmal hergebracht ist.
Die Steinkohle, dieses in so ungeheuren Mengen von Arm
und Reich, von fast allen Zweigen der häuslichen und industriellen Wirthschaft
verbrauchte Material, ist einer derjenigen Artikel, welche sich in dem eben
bezeichneten Falle befinden, und zugleich von solcher Beschaffenheit, dass bei ihm
die Messung ganz besondere Unzuträglichkeiten darbietet. Abgesehen von den
bedeutenden Verschiedenheiten des specifischen Gewichtes der Kohle, welches eins der
den Brennwerth bestimmenden Elemente ist, erscheint dieselbe bald in Stücken von der
verschiedensten und meist in demselben Quantum sehr ungleichen Grösse, bald als ein
Gemenge solcher Stücke mit mehr oder weniger Grus, bald endlich als fast reiner
Grus. Mit Stücken irgend welcher Grösse ist ein genaues und gleichmässiges Füllen
der Messgefässe geradezu unmöglich und daher ein Schwanken des Messungsergebnisses
nicht zu vermeiden. Der Gesammtinhalt der mitgemessenen Zwischenräume ist bei so
verschiedener und oft beträchtlicher Grösse der Theile oder Theilchen ein nie richtig zu schätzendes
UnbekanntesWenn man das specifische Gewicht einer Kohle kennt, so ist daraus das Gewicht
eines massiven Kohlenkörpers zu finden, der ein Gemäss von bekanntem
Cubikinhalte vollständig ausfüllen würde. Vergleicht man ferner hiermit das
Gewicht Kohle, welches beim Messen von dem Gefässe aufgenommen wird, so
ergibt sich die Grösse des wirklich ausgefüllten Theiles des Inhaltes,
folgeweise der Antheil der leeren Zwischenraume. Auf diesem Wege ist
gefunden worden, dass letztere 22 bis 57 Proc. ausmachen können, in den
meisten Fällen aber zwischen 30 und 40 Proc. betragen.; er kann
sogar merklich wechseln, je nachdem man dieselbe Portion Kohle mit Messgefässen
verschiedener Grösse oder auch nur verschiedener GestaltCylindrisch oder parallelepipedisch; mit verschiedenem Verhältniss zwischen
Weite und Tiefe. ausmisst. In überraschendem Grade zeigt sich der
Einfluss der Grösse des Messgefässes, wenn diese Grösse bei zwei vergleichungsweise
benutzten Gefässen sehr bedeutend verschieden ist.Es ist nicht selten von Käufern Klage geführt worden, dass eine vom Händler
gelieferte Anzahl Scheffel den grossen Aufbewahrungskasten, von gleichem
Cubikinhalt wie jene, nicht ausgefüllt haben, und wurde daraus auf
betrügliche Verkürzung geschlossen. Eine unten (IV) folgende Tabelle wird
zeigen, dass eine ansehnliche Differenz dieser Art bei völlig rechtlichem
Messen vorhanden sein kann, ja der Natur der Sache nach eintreten
muss. Je grösser die Stücke und je weniger sie von Grus begleitet
sind, desto hervortretender sind die Unsicherheiten der Messung.
Allen diesen Fehlerquellen gegenüber lässt sich dem Wägen der Steinkohlen nur der einzige Uebelstand vorwerfen, dass es einer
Ungenauigkeit bei betrüglich nassgemachten Kohlen
unterliegt; aber abgesehen davon, dass ein verschwenderisches Nässen sich im Ansehen
verrathen würde, kann ein geringes Nässen (welches bei der Messung allerdings ohne
merklichen Einfluss bleibt) nicht Irrthümer des Wägens veranlassen, die mit der dem
Messen anhängenden Ungenauigkeit in Vergleich gestellt werden dürften. Man weiss
nämlich aus Beobachtungen, dass trockene Steinkohle durch vollständiges und auffallend sichtbares
Tränken mit Wasser durchschnittlich nur um 3 bis 5 ¾ Proc. (je nach Grösse ihrer
Theile und dem eigenen specifischen Gewicht der Kohle) an Gewicht zunimmt, während
beim Messen Differenzen von 5 bis 25 Proc. und noch darüber vorfallen.
Eine in der kaiserlichen Normal-Eichungs-Commission zu Berlin gegebene Anregung,
begleitet von dem Wunsche, dass – wenn auch das Messen der Steinkohlen nicht
unbedingt entbehrt werden kann – wenigstens dasselbe thunlichst beschränkt und eine
festere Bestimmung über die Grösse der anzuwendenden Gemässe erreicht werden möchte,
ist Veranlassung geworden, mir die Zusammenstellung und Vergleichung der über
Unsicherheit der Steinkohlenmessung vorliegenden Erfahrungen zu übertragen, und so
ist gegenwärtige Mittheilung entstanden. Man hat nicht an gesetzlichen und
allgemeinen Zwang in der erwähnten Beziehung gedacht; aber klare Einsicht in die
grosse Bedeutsamkeit des
Gegenstandes wird auch ohne derartige strenge Massregeln ihre Früchte tragen
können.
I.
In grossem Massstabe sind Messungen verschiedener Steinkohlen-Sorten, mit
Rücksicht auf das Gewicht, von Professor Hartig in
Dresden angestellt worden.Untersuchungen über die Heizkraft der Steinkohlen Sachsens. Leipzig 1860
(Vgl. 1860 156 121) Das
angewendete Gemäss war der damals in Sachsen gesetzlich geltende Scheffel von 7900 sächsischen Cubikzoll oder 1hl,03985, ausgeführt als viereckiger, fast
würfelförmiger Kasten, 19 Zoll lang ind breit bei 21,88 Zoll Tiefe. Es wurden
4532 Scheffel von 45 Kohlensorten abgemessen und einzeln gewogen. Das Messen
geschah vorschriftmässig ohne Häufung mit thunlichster Ebnung der Oberfläche.
Von den Resultaten hebe ich nur einige der günstigsten und einige der
ungünstigen aus. Unter „Kohlen in grossen Stücken“ werden Stücke mit
wenig Grus, unter „Kohlen in kleinen Stücken“ wird Grus mit wenig Stücken
verstanden.
Nr.
Gattung der Kohle
In grossen Stücken
In kleinen Stücken
Zahl
dergemessenenScheffel
Gewicht v. 1 Scheffel
Zahl
dergemessenenScheffel
Gewicht v. 1 Scheffel
gröss-tesk
klein-stesk
mitt-leresk
gröss-tesk
klein-stesk
mitt-leresk
1
Von Zwickau
57
78(132,7)
58,75(100)
70,45(119,9)
55
77(116,6)
66(100)
72,23(109,5)
2
„ „
56
85,5(134,1)
63,75(100)
78,4(122,9)
56
83,5(115,1)
72,5(100)
79,85(110,1)
3
„ „
84
84,5(116,5)
72,5(100)
78,85108,7
86
83,5(112)
74,5(100)
79,6(106,8)
4
„ „
53
87,5(135,6)
64,5(100)
80,25(124,4)
56
86(113,9)
75,5(100)
82,3(109)
5
„ „
54
84,75(140)
60,5(100)
76,35(126,2)
53
85(115,6)
73,5(100)
79,45(108)
6
Von Lugau-Niederwursch- nitz. Waschkohle 1. Qual.
–
–
–
–
23
74(103,5)
71,5(100)
72,75(101,7)
7
Ebendaher. Waschkohle 2. Qualität
–
–
–
–
71
75(112,7)
66,5(100)
70,15(105,4)
8
Ebendaher. Russkohle
128
83,25(126,1)
66(100)
75,95(115)
124
82,5(113,8)
72,5(100)
77,05(106,2)
9
Ebendaher. Russkohlen- grus
–
–
–
–
19
84,5(103)
82(100)
83(101,2)
10
Von Hanichen. Kalkschie- ferkohle
53
100(148,1)
67,5(100)
84,55(125,2)
49
98(110,1)
89(100)
94,2(105,8)
Ich habe, um eine Vergleichung zu erleichtern, überall unter die Gewichte
zwischen Klammern Verhältnisszahlen gesetzt, bei welchen das kleinste gefundene
Gewicht eines Scheffels als 100 angenommen ist. Man sieht hiernach, dass das grosste Gewicht
einer Scheffelfüllung um 3 bis 48 Proc. beträchtlicher ausfallen kann als das
kleinste Gewicht einer Scheffelfüllung mit Kohlen derselben Art; ja dass selbst
das durchschnittliche Gewicht aus einer bedeutenden Anzahl Scheffelwagungen noch
um 1,2 bis 26 Proc. das kleinste Gewicht übersteigt, also letzteres um reichlich
1 bis 20 Proc. hinter dem Durchschnitte zurückbleibt, den man als Norm annehmen
kann. Diese Zahlen gewinnen an Bedeutung, wenn man sich sagt, dass von
unaufmerksamen oder gar unredlichen Verkäufern die lockerste Füllung des Gemässes nicht absichtlich vermieden, wohl eher
erstrebt werden wird. Der Unterschied im Gewichte bei Füllung mit grossen und
mit kleinen Kohlen tritt am deutlichsten hervor, wenn man die kleinsten Scheffelgewichte in beiden Fällen mit
einander vergleicht:
Betrag des niedrigsten
Scheffelgewichtes
Nr.
grosseKohlen
kleineKohlen
DifferenzProc.
1
58,75
66
12,3
2
63,75
72,5
13,7
3
72,5
74,5
2,7
4
64,5
75,5
17
5
60,5
73,5
21,4
8
66
72,5
9,8
10
67,5
98
31,8
––––––
Durchschnitt
15,5.
Die lockerste Füllung
vorausgesetzt, geht also in dasselbe Gemäss von kleinen Kohlen meist ein Achtel
bis ein Fünftel mehr an Kohlengewicht, als von grossen Kohlen. – Der Unterschied
wird weniger beträchtlich bei den mittleren
(durchschnittlichen) Füllungsgewichten, welche im Verkehre mit grösseren Mengen
der Regel nach eintreten werden:
Mittleres Scheffelgewicht
Nr.
grosseKohlen
kleineKohlen
DifferenzProc.
1
70,45
72,3
2,6
2
78,4
79,85
1,8
3
78,85
79,6
0,9
4
80,25
82,3
2,5
5
76,35
79,45
4
8
75,95
77,05
1,4
10
84,55
94,2
11,4.
Bei den höchsten
Scheffelgewichten endlich kehrt sich das Verhältniss fast um, indem hier oftmals
die Füllung mit grossen Kohlen ein geringes Mehrgewicht gegen jene mit kleinen
Kohlen zeigtUnter 32 von Hartig untersuchten
Steinkohlensorten sind 16 in diesem Falle., was unzweifelhaft
seinen Grund darin hat, dass die derben grossen Kohlenstücke gar keine Zwischenräume
enthalten, folglich im Ganzen weniger durch Grus (doch nur unvollkommen)
ausgefüllte Lücken bleiben.
Wenn man annimmt, es handle sich um den Ankauf von 100 Scheffel Steinkohlen, und
deren Gewicht nach den Mittelzahlen der obigen
Tabelle zu Grunde legt, so erhielte der Käufer:
Kohlen
wenn siegross
wenn sieklein
nach Nr.
1
7045k
7230k
2
7840
7985
3
7885
7960
4
8025
8230
5
7635
7945
6
–
7275
7
–
7015
8
7595
7705
9
–
8300
10
8455
9420
also in den verschiedenen Fällen Gewichtmengen, von denen
die grösste (9420k) um ein reichliches Drittel
grösser ist als die kleinste (7015). Hiernach hört jede richtige Werthschätzung
der gemessenen Waare auf; denn den
Trockenheitszustand (der auch noch anders als wegen des Gewichtes beachtenswerth
ist) und die etwaigen Beimengungen nicht kohliger Theile muss der Empfänger beim
Messen wie beim Wägen nach dem Ansehen taxiren, den Aschengehalt aber auf
anderem Wege kennen gelernt haben; was er nach Abzug dieser Grössen an
wirklicher nutzbarer Kohlensubstanz bekommt, weiss er bei gemessenen Kohlen
durchaus nicht.
II.
Ich selbst habe vor etwa zwanzig Jahren auf Veranlassung der Polizeidirection in
Hannover eine kleine Reihe von Versuchen angestellt, durch welche ausgemittelt
werden sollte, ob und in welchem Grade beim Messen der Steinkohlen einerseits
mit Doppelhimten (sogen. Balgen) und andererseits mit einfachen Himten eine
Verschiedenheit der Kohlenmenge hervorgehe. Die dabei angewendeten Kohlen (vom
benachbarten Deistergebirge) waren von der Beschaffenheit wie hierorts damals
meistentheils die „Brandkohlen“ angeliefert wurden, nämlich hauptsächlich
Kohlenklein (Grus) mit wenigen grösseren Stücken untermengt. Der zu jener Zeit
eingeführte Himten fasste 0hl,3115, der Balgen also 0hl,623. Beide Gemässe
waren nach gesetzlicher Vorschrift cylindrisch mit einer dem Durchmesser
gleichen Tiefe (beziehungsweise 14 und 17 ⅔ hannov. Zoll, d. i. 340,8 und 430mm.
Es wurde von einem Vorrathe der erwähnten Kohlen zuerst der Doppelhimten
(ungehäuft) viermal gefüllt und das Aufgenommene jedesmal genau gewogen; dann
von den gesammelten Haufen sechsmal mit dem einfachen Himten zurückgemessen;
endlich der Doppelhimten noch zweimal gefüllt. Das Nettogewicht der von den Gemässen
aufgenommenen Kohlen betrug in diesen verschiedenen Fällen (auf jetziges Gewicht
umgerechnet):
Bei demDoppelhimten
Bei demHimten
k
k
52,97
27,58
54,27
28,43
54,00
27,47
55,91
27,36
55,83
27,18
54,00
26,81
––––––
––––––
Durchschnittoder halb
54,50 27,25.
27,47
Die zuerst gemessenen 4 Doppelhimten wogen zusammen 217k,15; davon drei Viertel = 162k,86; die davon zurückgemessenen 6 Himten
betrugen 164k,83: die Differenz von 1,2 Proc.
ist theils den zufälligen Ungenauigkeiten im Messen, theils der beim Umschütten
eingetretenen Zerkleinerung einiger Kohlentheile zuzuschreiben.
Mit beiderlei Gemässen geht also durchschnittlich wesentlich gleiches Resultat
hervor, was eben so wenig überraschen kann als die massigen Abweichungen der
einzelnen Messungen von einander, da die Kohlen, wie schon gesagt, fast nur aus
ganz kleinen Stückchen und Körnern bestanden, welche ein sehr gleichmässiges
Einfüllen zulassen. Der Mehrbetrag des grössten Befundes gegen den kleinsten
beträgt beim Doppelhimten (55,91 und 52,97) 5,5 Proc., beim einfachen Himten
(28,43 und 26,81) 6 Proc.; immerhin sind dies doch Differenzen, welche beim
Wägen nicht vorkommen könnten. – Beide Versuchsreihen zusammengenommen, ergibt
sich für den Himten das kleinste Gewicht = 26,48 und das grösste = 28k,43 mit einer Differenz von 7,3 Proc.Auf 1 sächsischen Scheffel berechnet, wäre dies 88,4 und 94k,9, für 1hl 85,01 und 91k,27.
III.
Versuche, welche i. J. 1871 auf Veranlassung der kaiserl.
Normal-Eichungs-Commission von einem Mitgliede derselben, dem Rechnungsrathe Baumann, Mechaniker zu Berlin, angestellt wurden,
hatten zunächst zum Zwecke, den Einfluss zu ermitteln, welchen etwa die Gestalt des Gemässes auf das Ergebniss der
Kohlenmessung haben möchte; sie bieten aber zugleich neue Anhaltspunkte für die
Beurtheilung der den Messungen überhaupt anklebenden Unsicherheiten. Die
angewendeten Gemässe waren zwei Doppelhektoliter,
das eine als Kastenmass von viereckiger Gestalt,
das andere nach Art der Hamburger Tonne ausgeführt.
Das Kastenmass von 2hl misst vorschriftmässig
625mm in Länge und Breite bei 512mm Tiefe. Die in Rede stehende Tonne ist ein
fassähnlicher Behälter (ein ausgebauchter Cylinder) von folgenden Dimensionen: senkrechte
Tiefe 614mm, innerer Durchmesser am Boden 395,
in der Mitte der Höhe 688, oben in der Oeffnung 501mm.
1) Vorversuche zur Prüfung der beiden Gemässe auf gleiche
Grösse ihres Rauminhaltes:
a) Der Kasten wurde fünfmal mit kleinen Schmiede-Steinkohlen – gewöhnlich
Nusskohlen genannt – gefüllt und abgesondert entleert, dann die gesammelte
Kohlenmenge von 10hl mit fünfmaliger Füllung
der Tonne zurückgemessen. Ferner wurde
b) umgekehrt zuerst fünfmal mit der Tonne von dem grösseren Kohlenvorrathe ab –
und das erhaltene Quantum mit dem Kasten zurückgemessen.
In beiden Fällen zeigte sich, zufolge der beim Umschütten eintretenden Abreibung
und Zerkleinerung einiger Kohlentheile, bei der zweiten Messung ein scheinbarer
Abgang, eine Verminderung der 10hl, im Betrage
von 4l (0,4 Proc.) bei Versuch a und 4l,5 (0,45 Proc.) bei Versuch b. Diese
Uebereinstimmung gab genügende Gewähr für die gleiche Raumgrösse beider Gemässe,
zugleich aber auch einen Beweis dafür, dass im vorliegenden Falle die
verschiedene Gestalt derselben einen Unterschied der Messungsresultate nicht zur
Folge hatte.
2) Von der schon erwähnten Nusskohle wurden zwei Portionen von je 20hl abgemessen, einerseits durch zehnmalige
Füllung des Kastens, andererseits durch zehnmalige Füllung der Tonne; jede
Portion im Ganzen gewogen. Es betrugen
20hl Kastenmass
1522k
20hl Tonnenmass
1536.
Wenn hiernach die Tonne ein um 0,92 Proc. grösseres
Kohlengewicht geliefert hat, so zeigen die weiter folgenden Beobachtungen, dass
dies nur ein zufälliger Unterschied ist, wie man schon nach dem geringen Betrage
vermuthen kann.
3) Um die Werthe einzelner Füllungen zu beurtheilen, wurde ferner jedes der
Gemässe zehnmal gefüllt und jede Füllung für sich gewogen; zugleich erweiterte
man den Versuch durch Erstreckung auf drei verschiedene kohlige Brennstoffe,
nämlich Steinkohle (Nusskohle), grobe Koke und Holzkohle. Folgendes ergab sich
hierbei:
Steinkohle
Koke
Holzkohle
2hl wogen
2hl wogen
2hl wogen
imKastengemessen
in derTonnegemessen
imKastengemessen
in derTonnegemessen
imKastengemessen
in derTonnegemessen
k
k
k
k
k
k
141,70
150,90
70,80
69,80
33,70
36,95
156,30
150,60
69,65
68,75
34,60
36,30
150,40
154,65
70,65
71,50
35,32
36,60
157,45
152,30
71,80
73,75
35,65
37,50
142,75
149,50
74,15
78,07
36,25
33,75
145,25
144,70
76,70
76,65
36,45
34,77
145,45
145,42
77,95
78,32
36,40
34,50
150,45
149,40
83,07
75,95
35,90
36,15
152,55
153,90
81,50
80,55
37,45
37,22
162,05
158,05
80,62
71,77
35,45
36,75
––––––––
––––––––
––––––––
––––––––
––––––––
––––––––
Summe
1504,55
1509,42
756,89
745,11
357,17
360,49
Mittel
150,45
150,94
75,69
74,51
35,72
36,05
Fehler-Summe
53,45
30,25
42,79
33,77
7,76
10,25
Durchschnittlicher Fehler
5,345
3,025
4,279
3,377
0,776
1,025
oder Procent
3,55
2,00
5,65
4,53
2,17
2,84
Man bemerkt zunächst, dass in Betreff der ganzen gemessenen Menge die Tonne
(verglichen mit dem Kasten) eine Mehrleistung von 0,32 Proc. bei Steinkohle und
von 0,93 Proc. bei Holzkohle, dagegen eine Minderleistung von 1,56 Proc. bei
Koke ergeben hat. Die Geringfügigkeit dieser Zahlen und der Widerspruch, in
welchem sie mit einander stehen, macht es unmöglich, dem einen oder dem andern
der beiden Gemässe eine grössere durchschnittliche Fassungsfähigkeit beim Messen
von beträchtlichen Quantitäten der aus Stücken oder Stückchen bestehenden Waare
zuzuschreiben: man muss erkennen, dass – wenigstens bei
einem Gemässe von 200l –Es ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass hei geringerer Grösse (1
oder 0hl,5) die runden und die
viereckigen Gemässe etwas verschiedene Ergebnisse liefern wurden, weil
bei den kleinen vierseitigen Massen die der Einlagerung von Stücken mehr
oder weniger hinderlichen Ecken eine grössere Bedeutung gegenüber dem
Gesammtrauminhalte haben. Man muss bedauern, dass in dieser Beziehung
Versuche zur Zeit fehlen, da die oben erwähnten zwei kleineren Masse in
Kastenform gesetzlich zugelassen sind. die Verschiedenheit
der Gestalt alsdann ohne Einfluss auf das Gesammt-Messungsergebniss bleibt, wie ja schon aus obigem Versuche (1)
gefolgert worden ist.
Wendet man dagegen den Blick auf die Wägungen der einzelnen Posten, so ergibt sich:
bei SteinkohleProcent
bei KokeProcent
bei HolzkohleProcent
Kasten
Tonne
Kasten
Tonne
Kasten
Tonne
das grösste Gewicht über dem kleinsten
14,3
9,2
19,2
15,4
11,1
11,1
das grösste Gewicht über dem Durchschnitt
7,7
4,7
9,7
8,1
4,8
4,0
das kleinste Gewicht unter
dem Durchschnitt
5,8
4,0
8,0
6,3
5,7
6,4
Hier tritt nun die auffallende Erscheinung entgegen, dass
mit Steinenkohle und Koke das Tonnenmass weniger aus
einander gehende Gewichtzahlen ergibt als das Kastenmass. Ein anderer
Ausdruck für diese Wahrnehmung sind die Zahlen, welche am Schlusse der obigen
grösseren Tabelle kurzweg als „Fehler“ bezeichnet stehen, nämlich die
Summen sämmtlicher Differenzen (sowohl im Mehr als im Weniger) zwischen dem
Durchschnittsgewicht und den einzelnen Posten, sowie die daraus folgenden
durchschnittlichen Fehler. Wenn nun auch, wie es scheint, bei zehnmal oder öfter
wiederholten Messungen die Unregelmässigkeiten sich nahezu ausgleichen so ist es
doch ohne Widerrede einem Gemässe zum Vorzug anzurechnen, wenn die
Einzelfüllungen minder schwankend ausfallen. Dies muss nach dem Mitgetheilten
von der Tonne, im Vergleich mit dem Kasten, gesagt
werden; es ist auch wohl nicht zufällig, sondern vermuthlich darin gegründet,
dass das richtige und stets gleich gute Ausfüllen der Ecken in dem Kastenmass nicht so leicht geschieht wie das der Rundung
in dem Tonnenmass. Bei Holzkohle zeigt sich ein Unterschied in dieser Weise
nicht, findet sogar (nach den Fehlersummen zu urtheilen) eher das Gegentheil
statt, nämlich eine nähere Uebereinstimmung der Einzelmessungen im Kastenmasse. Ein Versuch, dies zu erklären, könnte
auf die Vermuthung führen, dass die unter der Holzkohle häufiger vorkommenden
Stücke von gerader länglicher Gestalt sich im
Tonnenmasse der Rundung unvollkommener anschmiegen, dagegen im Kasten nach
Zufälligkeiten ihrer Lagerung gut in die Eeken eindringen. Demnach dürfte man
schliessen, dass für Steinkohle und Koke das runde Gemäss, hinsichtlich der
genauern Messsung bei einzelnen Füllungen, besser
angewendet ist als das Kastenmass.
4) Endlich sind vergleichende Messungen und Wägungen mit gewöhnlichen Steinkohlen
vorgenommen, welche in drei Sorten unterschieden werden: ungesiebte Kohlen
(Stücke und Grus durch einander), gesiebte Mittelkohle (von Grus befreite
Stückchen) und Kohle in grosse Stücken. Zwei Versuche im Kastenmass und zwei im
Tonnenmass mit jeder Sorte ergaben folgende Resultate:
Ungesiebte Kohle
GesiebteMittelkohle
Grosse Stücke
Kasten2hl
Tonne2hl
Kasten2hl
Tonne2hl
Kasten2hl
Tonne2hl
k
k
k
k
k
k
142,80
157,00
152,90
152,27
137,25
134,20
160,40
159,89
152,00
150,92
134,75
135,00
––––––
––––––
––––––
––––––
––––––
––––––
Mittel
151,60
158,45
152,45
151,60
136,00
134,60
Leider gestattet die geringe Zahl der Versuche wenig sichere Schlusse. Jedenfalls
ist es für das Tonnenmass ein ungerecht günstiger Zufall gewesen, dass die erste
Füllung des Kastens mit ungesiebter Kohle (142k,8) so unvollkommen ausfiel; lässt man dieses eine Resultat fort, so
bestätigen die übrigen die naturgemässe Erwartung, dass ein und dasselbe Gemäss
am meisten von ungesiebter Kohle, weniger von den kleinen Stücken und am
wenigsten von den grossen Stücken aufnimmt. Dass die Tonne bei der gesiebten
Mittelkohle um 0,6 Proc., bei der Kohle in grossen Stücken um 1,1 Proc. im
Nachtheil erscheint, kann nicht als entscheidend gelten, wenn man das Ergebniss
der grossen Tabelle unter (3) dagegen hält. Im Ganzen zeigt sich hier wieder die
grosse Unsicherheit des Messens überhaupt, indem ein Mass von 2hl Gewichtmengen Steinkohle fasste, welche
zwischen 134,2 und 160k,4 (= 100 : 119,5)
schwankten je nach Grösse der Kohlentheile und mehr oder weniger gelungener
Füllung.
IV.
Eichmeister F. L. Repsold zu Hamburg hat der
kaiserl. Normal-Eichungs-Commission nachstehende Mittheilung gemacht (October
1877):
„Die so häufig bei Lieferungen von Steinkohlen oder Cinders (Koke) zwischen
Lieferanten und Empfängern entstandenen Differenzen wegen angeblich
mangelhafter Messungen bestimmten in letzterer Zeit viele Privatleute, in
ihren Wohnungen kastenartige Verschlage herstellen zu lassen und mich
aufzufordern, deren Fassungsraum festzustellen, in der Meinung den für den
Inhalt von beispielsweise 2cbm,4
hergestellten Raum nun auch mit den dem Inhalt von 24hl gleichzustellenden vorgeschriebenen
Massen gefüllt beanspruchen zu können.“
„Da jedoch erfahrungsgemäss wegen der verschiedenartigen Gruppirung der
einzelnen Partikeln in den betreffenden Gefässen oder Räumen nicht nur die
Grösse der beim Messen der Steinkohlen etc. benutzten Masse einen nicht
unwesentlichen Einfluss ausübt auf das Gesammtquantum des gemessenen
Materials, sondern auch in ähnlicher Weise bei Füllung eines grössern Raumes
sich erhebliche Differenzen ergeben zwischen dem mit bestimmten Gemässen
hineingemessenen und dem den betreffenden Raum füllenden Quantum, genauere
Daten
GattungderKohlen
Zur Füllungdes Kastens
von2cbm, 4
warenerforderlich unterBenutzung desMasses von
Derselbenahm alsomehr auf
alsdas seinemRaum ent-sprechendeMass von24hl
Das beiEntleerungdes
Kastenswieder ge-messeneQuantumbetrug
beiBenutzungdes Massesvon
Alsowenigerals zuvorbei
derErfüllunggemessen
Zur Füllungdes Kastens
von3cbm,6
warenerforderlich beiBenutzung desMasses von
Derselbenahm alsomehr auf
alsdas seinemRaum ent-sprechendeMass von36hl
Das beiEntleerungdes
Kastenswieder ge-messeneQuantumbetrug
beiBenutzungdes Massesvon
Alsowenigerals zuvorbei
derEinfüllunggemessen
2hl
1hl
0hl,5
um
2hl
1hl
um
2hl
1hl
0hl,5
um
2hl
1hl
um
hl
hl
hl
hl Proc.
hl
hl
hl Proc.
hl
hl
hl
hl Proc.
hl
hl
hl Proc.
Grobe Nusskohlen
25,45––
–25,60–
––26,45
1,45 = 6,01,60 = 6,72,45 =
10,2
25,10––
–25,00–
0,35 = 1,40,60 = 2,3– –
–––
–38,50–
––40,25
– –2,50 = 6,94,25 = 11,8
–37,05–
––37,30
– –
1,45 = 3,82,95 = 7,3
Gesiebte Nusskohlen
–
–
26,30
2,30 = 9,6
–
–
– –
–
–
39,65
3,65 = 10,1
37,45
–
2,20 = 5,5
Kleine Steinkohlen
27,30–
–27,35
––
3,30 = 13,73,35 = 13,9
25,70–
–26,00
1,60 = 5,91,35 = 4,9
40,75–
–40,85
––
4,75 = 13,24,85 = 13,5
38,20–
–38,40
2,55 = 6,22,45 = 6,0
Kaminkohlen
26,75–
–26,75
––
2,75 = 11,42,75 = 11,4
24,50–
–25,00
2,25 = 8,41,75 = 6,5
39,10–
–40,00
––
3,10 = 8,64,00 = 11,1
37,45–
–37,30
1,65 = 4,22,70 = 6,7
Kleine Cinders (Koke)
–––
–––
––26,00
– –– –2,00 =
8,3
–––
–––
– –– –– –
38,25––
–38,25–
––39,50
2,25 = 6,22,25 = 6,23,50 =
9,7
37,05–37,70
–36,65–
1,20 = 3,11,60 = 4,21,80 = 4,5
Grosse Cinders (Koke)
26,00–
–26,00
––
2,00 = 8,32,00 = 8,3
––
––
– –– –
39,20–
–39,25
––
3,20 = 8,93,25 = 9,0
37,65–
–37,40
1,55 = 3,91,85 = 4,7
über den Umfang der sich ergebenden Differenzen aber
nicht vorliegen, so schien es einigen der bedeutenderen und achtbarsten
Hamburger Steinkohlenhändler wünschenswerth, zur Klärung jenes Verhältnisses
eine Reihe von vergleichenden Messungen verschiedener Kohlensorten
anzustellen, an denen Theil zu nehmen ich – nach desfalls an mich ergangener
Aufforderung – gern bereit war.“
„Nachdem nun nach meiner Angabe ein viereckiger, am untern Theile einer seiner
Breitseiten mit einem Schosse (Schieber) versehener solider hölzerner
Kasten von ungefähr 1m Höhe und einem
Fassungsraume von 2cbm,4, sowie ein dazu
gehöriger Aufsatz von ungefähr 0m,5, durch
welchen der Fassungsraum auf 3cbm,6
vergrössert werden konnte, angefertigt worden war, wurde derselbe auf einem
Steinkohlenlagerungsplatze in etwa 0m,8
Höhe über der Erde aufgestellt, um ihn leicht entleeren zu können, und in
denselben verschiedenartige Steinkohlen und Cinders unter Benutzung
verschiedener Gemässe hineingemessen; nach erreichter gänzlicher Füllung des
Kastens in der Grösse von 2,4 oder 3cbm,6
dessen Inhalt mehrfältig wieder zurückgemessen. Die dabei erhaltenen
Messungsresultate finden sich in vorstehender Tabelle (S. 11) verzeichnet,
aus welcher ersichtlich ist, dass bei Verwendung grösserer oder kleinerer
Gemässe beim Zumessen nicht unwesentliche Differenzen im Gesammtquantum sich
ergeben haben.“
„Ebenso hat sich aber erwiesen, dass bei zweimaligem Messen eines und
desselben Kohlenquantums mit dem nämlichen Masse eine Uebereinstimmung des
gemessenen Quantums nicht erreicht wird, dass vielmehr – wahrscheinlich in
Folge der Abnutzung der einzelnen Kohlentheile bei der Hin- und Herbewegung
– sich ebenfalls Differenzen von mehreren Procenten ergeben haben.“
Fasst man in dieser Tabelle von Repsold die
verschiedenen Kohlenarten zusammen, so kann man folgende Aufstellung
ableiten:
a) Der Kasten vomtheoretischen Inhalt
hat beim Einmessen zur Füllungerfordert mit dem Masse von
2hl
1hl
0hl,5
hl
hl
hl
24hl
25,45
25,60
26,45
24
27,30
27,35
26,30
24
26,75
26,75
26,00
24
26,00
26,00
–
36
40,75
38,50
40,25
36
39,10
40,85
39,65
36
38,25
40,00
39,50
36
39,20
38,25
–
36
39,25
–
–
–––––––––––––––––––––––––––
Summe
302,05
263,30
198,15
anstatt
276
240
180
Ueberschuss Proc.
9,4
9,7
10,1.
b) Der Kasten vomtheoretischen Inhalt
ergab beim Herausmessenmit dem Masse von
2hl
1hl
hl
hl
24hl
25,10
25,00
24
25,70
26,00
24
24,50
25,00
36
37,05
37,30
36
37,45
38,40
36
38,20
37,30
36
37,45
36,65
36
37,05
37,40
36
37,70
–
36
37,65
–
––––––––––––––––––––––
Summe
337,85
263,05
Anstatt
324
252
Ueberschuss Proc.
4,3
4,4.
Hiernach erscheint im grossen Durchschnitt der Messungserfolg mit den
verschiedenen Gemässen in der Art verschieden, dass in der That gleiche Mengen
Kohlen ein desto grösseres scheinbares Quantum ergeben, je kleiner das benutzte
Gemäss ist, folglich die grösseren Gemässe sich etwas reichlicher füllen. Doch
tritt der Unterschied wenig hervor zwischen dem 2hl, 1hl und 0hl,5-Masse, ja verschwindet hier völlig, wenn
man (unter Beiseitelassung der Koke) nur die bei Steinkohlen erhaltenen
Resultate zur Berechnung zieht. Indessen kann doch bei einzelnen Kohlensorten,
deren körperliche Beschaffenheit begünstigend wirkt, der Unterschied des Messens
mit Gemässen verschiedener Grösse beträchtlicher ausfallen als der obige
allgemeine Durchschnitt: davon geben die groben Nusskohlen in der Tabelle ein
Beispiel. Dass nur Ueberschuss beim Herausmessen aus dem Kasten durchschnittlich
nur etwa halb so gross ist, als der beim Hineinmessen, wird seinen Grund in der
Abreibung oder Zerkleinerung vieler Kohlentheile haben, welche zuerst beim
Einschütten und dann wieder beim Herausschaffen eidlich ist und eine dichtere
Füllung der Gemässe zur Folge hat.