Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, Nr. , S. 321 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ch. Stewart's
Intercommunicationssignal für Eisenbahnzüge.
Ein neues Intercommunicationssignal für Eisenbahnzüge war
kürzlich in London von dem Erfinder Ch. Stewart ausgestellt. Es besteht in seiner einfachsten
Gestalt in einer aufgerollten Fahne, welche für gewöhnlich in
einer Hülse unterhalb des Wagendaches eingeschlossen ist. Zwei
Kautschuk- oder Spiralfedern haben das Bestreben, den Stock der
aufgerollten Flagge aus der Hülse herauszuschnellen, werden
jedoch für gewöhnlich durch eine Falle daran gehindert, welche
in das hintere Ende des Flaggenstockes eingreift. Von dieser
Falle geht eine Schnur längs der Decke des Wagens durch alle
Coupées hindurch, derart, daß man nur die Schnur
anzuziehen braucht, um sofort die Falle auszulösen. Dann tritt
die Flagge aus ihrer Hülse heraus, rollt sich in Folge der Stöße
des Waggons und einer an ihrem Ende angebrachten
Belastungsstange auf und gibt somit ein weithin sichtbares
Zeichen, welches sowohl vom Zugpersonal, als auch von den
Wächterhäusern und Stationen aus bemerkt werden kann.
Es ist dies in Folge der Bewegungen, welche die Flagge unter dem
Einflusse des Luftzuges macht, jedenfalls auffallender und
weiter sichtbar wie die festen Signalscheiben, welche bis jetzt
in Anwendung gekommen sind, und wenn gleichzeitig mit dem
optischen ein akustisches Signal in Gestalt irgend einer
Knallvorrichtung verbunden würde, zweifeln wir nicht, daß sich
die Stewart'sche Einrichtung in Folge ihrer Billigkeit und
Wirksamkeit rasch verbreiten müßte. Statt dessen wird jedoch von
dem Erfinder eine elektrische Communication zwischen dem ganzen
Zuge empfohlen, welche in bekannter Weise, nachdem der Strom
durch das Ausschnellen der Flagge geschlossen ist, ein Läutewerk
auf der Locomotive oder im Hüttelwagen in Thätigkeit setzt. Dies
erfordert selbstverständlich die Anbringung eines eigenen
Leitungsdrahtes mit den entsprechenden Kupplungen, wodurch beim
Zusammenstellen und Ausrangiren der Züge die Manipulation nicht
unbedeutend erschwert wird.
R.
Lartigue,
Forest u. Digney's automatische
elektrische Locomotivpfeife.
Diese bereits früher (1874 213 356;
vgl. 1876 222 396) beschriebene Pfeife hat
sich bei den weitern Versuchen auf der französischen Nordbahn
gut bewährt und ist auf dieser Bahn endgiltig eingeführt worden.
Seit den 2 Jahren, während welchen sie daselbst in Gebrauch ist,
hat sie bereits in 4 Fällen Unfälle verhütet oder wenigstens
Beschädigungen der Buffer. Die für dieselbe verwendeten
Contactplatten und Bürsten sind im Bulletin de la Société d'Encouragement,
Februar 1877 S. 56 näher beschrieben und abgebildet. Die
Contactbürsten enthalten in mehrern Reihen, gegen einander
verstellt, 16 Drahtbündel und streichen mit starker
Rückwärtsbiegung über die etwa 100m vom Signal entfernten,
2m langen, zwischen den
Schienen liegenden und mit einer schrägen Fläche als Anlauf
versehenen Contactplatten, welche auf einer starken Pfoste
liegen und durch diese auf zwei eisernen, auf die Querschwellen
aufgeschraubten Trägern befestigt sind. Bei auf der Nordbahn
angestellten Versuchen wirkte die Pfeife noch ganz regelmäßig,
wenn die Contactplatten auch blos 0m,2 lang waren.
Theiler's
patentirter Geschwindigkeitszähler für
Straßenlocomotiven.
Dieser Apparat enthält ein Typenrad mit den 20 Typen 0, 5, 10 . .
. 90, 95. Von der Wagenradachse läuft eine elastische Schnur
über eine Scheibe, welche mit zwei Stiften eine Hemmung des auf
der Typenradachse sitzenden Steigrades in schrittweise Bewegung
setzt und das Typenrad um 1 Schritt dreht, so oft der Wagen sich
Yards (4m,57)
fortbewegt hat. Eine Uhr schließt alle 10 Secunden einen
elektrischen Strom durch einen Elektromagnet, dessen Anker
mittels des am andern Ende des Ankerhebels sitzenden Druckstempels
den Papierstreifen gegen das Typenrad preßt und beim Abfallen
das Typenrad auf 0 zurückführt. Auf den Streifen drucken sich
also die in je 10 Secunden zurückgelegten Wege ab. Die höchste
noch meßbare Geschwindigkeit (bei 95) beträgt (95 × 6
× 60) : 1760 = 19,4 engl. Meilen (31km) in der Stunde. Auf die
Typenradachse kann auch ein über einem Zifferblatte laufender
Zeiger aufgesteckt werden. (Nach Engineering, August 1877 S. 155.)
E–e.
Ueber Hartguß; von A. Ledebur.
Wenn man das Gußeisen als ein Gemisch verschiedener Verbindungen
und Lösungen, ähnlich den Legirungen, betrachtet, so liegt die
Vermuthung nahe, daß es beim Erstarren ein der Saigerung der
Legirungen ähnliches Verhalten zeige, also eine abweichende
Zusammensetzung an den nach dem Gießen langsamer und rascher
erkaltenden Stellen. Besonders geeignet für solche
Untersuchungen ist der Hartguß, bei welchem ein Theil des
flüssigen Gußeisens durch rasche Wärmeentziehung an bestimmten
Stellen absichtlich rascher zum Erstarren gebracht wird, als der
andere. Karsten erwähnt in seinem
Lehrbuche der Eisenhüttenkunde, daß wie er durch zahlreiche
Untersuchungen festgestellt habe, in allen Gußstücken der totale
Kohlenstoffgehalt nach dem innern, langsamer erkaltenden Kerne
zu abnehme, während der Graphitgehalt sich vergrößere, daß
ebenso bei Hartgußstücken der innere graue Theil ärmer sei an
totalem Kohlenstoff, als die weiße Rinde.
Mir lagen zur Untersuchung zwei Hartgußstücke vor. Das eine war
ein Bruchstück eines Panzers für die Küstenbefestigung, von Gruson in Buckau gegossen. Dasselbe war
150mm stark, die
Härtung betrug 60mm,
der übrige Theil zeigte eine ähnliche Färbung und Textur wie
graues Holzkohleneisen von garem Gange. Das andere Stück war ein
Bruchstück eines gußeisernen Laufrades von der
„Königin-Marienhütte“. Die Stärke desselben
war 55mm, die Härtung
betrug 15mm, der übrige
Theil zeigte halbirte Bruchfläche mit deutlich erkennbarem
weißem Grunde. Die Untersuchung ergab:
Panzerstück.
Weißer
Grauer
Theil.
Theil.
Kohlenstoff, total
3,31
3,03
Silicium
0,26
0,70
Schwefel
Spur
0,08
Phosphor
Spur
–
Kupfer
0,08
Spur
Kobalt
Spur
Spur
Arsen
Spur
–
Mangan
1,03
1,08
Eisen
93,57
94,98
––––––––––––––
98,25
99,87.
Laufrad.
Kohlenstoff, total
3,27
3,06
Silicium
0,91
1,01
Schwefel
0,03
0,03
Phosphor
–
–
Kupfer
Spur
Spur
Mangan
1,64
1,01
Eisen
94,24
94,86
–––––––––––––
100,09
99,97.
Beide Untersuchungen bestätigen hinsichtlich des
Kohlenstoffgehaltes Karsten's Angabe.
Umgekehrt wie der Kohlenstoffgehalt aber verhält sich der
Siliciumgehalt des Eisens; es ist bekannt, daß Kohlenstoff und
Silicium sich gegenseitig im Eisen vertreten, daß ein
Siliciumgehalt Graphitbildung veranlaßt und daher ein
beträchtlicher Siliciumgehalt im weißen Theile des Gußstückes
undenkbar sein würde. Aus den abweichenden Schmelzpunkten
siliciumarmen Holzkohlenroheisens und siliciumreichen
Kokesroheisens läßt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit der
Schluß ziehen, daß ein Siliciumgehalt den Schmelzpunkt
erniedrige, was mit obigen Ermittlungen im Einklange stehen
würde. Während Karsten den größern
Kohlenstoffgehalt der Rinde einer Wanderung des Kohlenstoffes
zuschrieb, hervorgerufen durch das Bestreben, sich
auszuscheiden, dürfte man jetzt in der Substitution eines
Theiles Kohle durch Silicium und in dem niedrigern Schmelzpunkte
des siliciumhaltigern Eisens den alleinigen Grund für die
Anhäufung der Kohle nach dem Rande, des Siliciums nach der Mitte
des Gußstückes hin zu suchen haben. (Berg- und hüttenmännische
Zeitung, 1877 S. 278.)
Ueber Herstellung von Ferromangan im
Hohofen.
Im Anschluß an die Notizen von Ward
(S. 53 d. Bd.) wies F. Valton in
einer Mittheilung an das American
Institute of Mining Engineers auch auf Resultate hin,
welche zu gleicher Zeit an anderen Orten in der Darstellung von
Ferromangan erzielt worden waren.
Vor dem J. 1870 konnte man in Hohöfen nur Eisen mit 8 bis 10
Proc. Mangangehalt erblasen. Auf einer Reise in Schweden, im J.
1871, überzeugte sich Valton davon,
daß auf den Schißhyttan-Werken regelmäßig Spiegeleisen mit 18
Proc. Mangangehalt hergestellt wurde. Auf der Wiener Ausstellung
1873 hatten die Lava and Jauerburg Werke in Carniola Ferromangan
mit 33 Proc. Mangangehalt. Denselben Werken war es sogar
gelungen, ein 45proc. Product herzustellen.
Im J. 1875 versuchten verschiedene französische Werke die
Darstellung von Ferromangan im Hohofen mit vollständigem Erfolg.
Auf der Ausstellung zu Philadelphia 1876 befand sich sogar
60proc. Ferromangan aus den Hohofenwerken von St. Louis bei
Marseille. Die Gesellschaft von Terrenoire hatte ebendaselbst
75proc. Ferromangan und brachte aus den dazu verwendeten Erzen
70 Proc. des Mangangehaltes zur Verwerthung. Ihr Product war
keineswegs zufällig erzeugt, sondern eine seit lange eingeführte
Handelswaare.
–r.
Zahnräder mit Kautschukbuffern.
Um Brüche der Transmissionsräder, welche Stößen ausgesetzt sind,
zu vermeiden, wurde von Delinière die Anwendung von Kautschukbuffern
ersonnen. Solche werden, zwischen Kraft und Widerstand
eingeschaltet, zur Uebertragung der Kräfte benutzt und nehmen
vermöge ihrer Elasticität die lebendige Kraft der Stöße in sich
auf. Zur Anbringung dieser Buffer besteht das Zahnrad aus zwei
mit Armen und Naben versehenen Kränzen, welche ein ringförmiges
Gehäuse bilden. Der eine der beiden Kränze ist außen glatt und
sitzt auf der Transmissionswelle fest aufgekeilt; der zweite
dagegen trägt außen die Verzahnung und sitzt lose auf der
Transmissionswelle. In dem ringförmigen Gehäuse, welches diese
beiden Kränze mit einander bilden, besitzt jeder derselben so
viele Vorsprünge als Arme vorhanden sind, und zwischen je zweien
dieser Vorsprünge, welche von einem bis zum andern Kranze
reichen, ist ein Kautschukbuffer eingelegt. Die Uebertragung der
Kraft erfolgt daher von dem losen Zahnkranze zuerst auf
sämmtliche Kautschukbuffer und durch diese auf den festen Kranz,
bezieh. auf die Transmissionswelle. (Nach der Revue industrielle, September 1877 S.
368.)
J. P.
Anwendung von Zink gegen
Kesselsteinbildungen.
Im Deutschen Wollengewerbe, 1877 S. 471 bespricht Ingenieur Abel die in diesem Journal (1876 220 172) mitgetheilten Versuche über Verhütung von
Kesselsteinbildungen und bestätigt die Wirkungslosigkeit der
Geheimmittel und Kesselsteinpulver, empfiehlt dagegen gute
Vorwärmer und die Reinigung nach de Haen und Schulze. Abel hat
ferner eine ganze Reihe von Versuchen bei Dampfkesseln der
Mitglieder des Vereines der deutschen Wollenwaarenfabrikanten
mit Zink gemacht (vgl. 1876 222
166), jedoch hatten alle
durchaus keinen Erfolg; er meint daher mit Recht, das Zink
verhindere die Bildung von Kesselstein nicht.
Frerichs (Zeitschrift für das
chemische Großgewerbe, 1876 S. 21) macht den eigenthümlichen
Einwurf, daß bei den erwähnten Versuchen mit Zink eine
gesättigte Lösung von schwefelsaurem Calcium angewendet sei, da
doch in der Technik das Speisewasser in den wenigsten Fällen
mehr als ein Fünftel dieser Menge an Calciumsulfat enthalte. Er
hat dabei offenbar übersehen, daß sich durch Verdampfung denn
doch sehr bald im Kessel eine gesättigte Lösung bilden muß, ja
daß von einer Ausscheidung von schwefelsaurem Calcium überhaupt
nicht früher die Rede sein kann (also auch nicht von einer
Kesselsteinbildung durch diese Verbindung), als nicht eine
völlig gesättigte Lösung vorhanden ist. Referent kann daher
nicht zugeben, daß die Versuche unter Bedingungen angestellt
seien, welche von der Praxis allzu sehr abweichen, wie Frerichs meint. Im Gegentheil haben die
hervorragendsten Ingenieure deutscher Kesselrevisionsvereine
theils schriftlich (Weinlig,
Magdeburg und Eckermann, Hamburg),
theils mündlich (Grabau, Hannover und
Isambert, Mannheim) dem Verfasser die
Uebereinstimmung ihrer Beobachtungen in der Praxis mit den
erwähnten Versuchen ausgesprochen.
F. F.
Bieranalysen.
V. Grießmayer (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1877 S. 1338) theilt aus dem Nachlasse
von C. Reischauer die Analysen
folgender Biere mit: Salvator, Schenkbier von Zacherl (Salvatorbrauerei), Lambic der
Brauerei von E. Becquet in Brüssel
von 1869, und Bier von Bufe aus
Helgoland. Die Alkohol- und Extractbestimmungen sind nach der
aräometrischen Analyse von Metz
ausgeführt, Zucker ist als Glucose berechnet. Die Bestimmung des
Dextrins ist nur dann richtig, wenn im Salvator lauter Glucose
vorhanden ist.
Salvator1874.
Salvator1875.
Salvator1876.
ZacherlSchenkbier.
Lambic.
Helgoland.
Spec. Gew. des Bieres
1,0267
1,028
1,0343
1,0191
1,0012
1,0136
Sp. G. des Bierextractes
1,0346
1,0366
1,0422
–
1,0118
1,0196
Extract
8,58
9,078
10,43
6,3
2,95
4,9
Alkohol
4,22
4,64
4,19
3,4
6,14
3,29
Zucker
1,33
1,47
2,24
1,02
0,42
0,67
Dextrin
–
5,4
–
–
–
–
Proteine des Bieres
–
0,4
0,29
0,3
0,426
–
Proteine des Extractes
–
4,4
2,78
–
14,44
–
Viscosität
–
7'2''
10'1''
–
6'41''
7'4''
Stammwürze
16,71
17,8
18,46
–
–
11,34
Asche
–
0,263
0,32
–
0,31
0,35
Acidität
–
3
–
–
12,4
–
Die Concentration der Salvatorwürze steigt demnach von Jahr zu
Jahr, der Stickstoffgehalt nimmt in demselben Maße ab; die
betreffenden Würzebestandtheile müssen daher noch aus einer
andern Quelle herstammen als von Malz.
Conserviren von Obst.
Bekanntlich leben Früchte noch einige Zeit, nachdem sie vom
Stamme getrennt sind, fort, und zwar hängt die Dauer dieses
eigenthümlichen Gährungsprocesses von der mehr oder weniger
vorgeschrittenen Reife ab. Durch dieses Fortleben der Zellen wird ein
Theil des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure zerlegt. Nach G.
Lechartier und F. Belamy (Comptes
rendus, 1877 t. 84 p. 1035) lieferte z.B. ein Apfel von
49g Gewicht innerhalb 7
Wochen 400cc Gas, dann
hörte die Gasentwicklung auf. U. Gayon (Daselbst S. 1036) erhielt in 6 Wochen mit zwei
andern Aepfeln 305 und 376cc Gas. Die Lebensthätigkeit der Apfelzellen wird aber
völlig zerstört und damit jede Gährung verhindert, wenn man die
Aepfel in einer Luft aufbewahrt, welche etwas Phenol,
Chloroform, Aether oder Blausäure enthält; weniger kräftig
wirken Kampfer und Schwefelkohlenstoff.
Referent kann hinzufügen, daß er bereits seit 2 Jahren hin und
wieder auf dem Boden seines Apfelkellers einige Tropfen reines
Phenol bringt; die Aepfel halten sich dann bis Juli frisch. Nur
darf man in dem betreffenden Raume keine Butter aufbewahren, da
diese leicht einen Rauchgeschmack annimmt.
F.
Nachweis einer Butterverfälschung mit
thierischen Fetten.
Man nimmt ein wenig der verdächtigen Butter zwischen zwei
geeignete Glasstreifen und prüft mit dem Mikroskop. Wenn das
Product rein ist, so soll man nach P. Jaillard (Les Mondes, August
1877 Nr. 14) nur Fettkügelchen erblicken; ist es aber
verfälscht, so soll man baumförmige Krystallgruppen zwischen den
Fettkügelchen wahrnehmen können.
–t.
Was ist: Künstliches Mineralwasser?
Prof. H. Kolbe beleuchtet in einer
kleinen Schrift (Leipzig bei A. Barth) ein Obergutachten der wissenschaftlichen Deputation
für das Medicinalwesen zu Berlin, in welchem ausgeführt ist, daß
überall, wo die Frage zu beantworten steht, ob eine gewisse
Flüssigkeit Arzneimischung als ein „künstlich
bereitetes Mineralwasser“ anzusehen ist, das Urtheil
lediglich davon abhängig gemacht werden muß, ob das in Rede
stehende Präparat nach seiner qualitativen und quantitativen
Zusammensetzung einem in der Natur vorkommenden Mineralwasser so
ähnlich ist, daß es als eine künstliche Nachbildung desselben
gelten kann. Es wird dem entsprechend einem Urtheil des
Medicinalcollegiums der Provinz Sachsen zugestimmt, welches die
nachstehenden Zubereitungen a)
pyrophosphorsaures Eisenwasser, b)
kohlensaures Bitterwasser, c)
kohlensaures Lithionwasser, d)
Hämorrhoidalwasser, e) Natrokrene,
f) weinsaures Kaliwasser, g) zweifach-kohlensaures Magnesiawasser,
h) kohlensaures Ammoniakwasser nicht
als künstliche Mineralwässer, sondern als flüssige
Arzneimischungen bezeichnet, die nur von Apotheken verkauft
werden dürfen.
Kolbe widerspricht dieser Auffassung;
er führt aus, daß auch das bekannte Sodawasser, ja daß ein
großer Theil der übrigen künstlichen Wässer vom allgemeinen
Verkauf auszuschließen seien, wenn man diese Auffassung gelten
lassen wollte. Es liegt aber gewiß im allseitigen Interesse, daß
diese künstlichen Wässer, auch die erwähnten erdachten
Zusammensetzungen dem Publicum so leicht als möglich zugänglich
bleiben, Darstellung und Verkauf derselben daher nicht auf
Apotheken beschränkt werden.
Es sind mehrere der künstlichen Mineralwässer auf speciellen
Wunsch derer, die sie erdacht haben, von den unter der Firma Dr. Struve
und Soltmann betriebenen
Mineralwasser-Anstalten zuerst angefertigt und eingeführt
worden; so ist das kohlensaure Bitterwasser des Dr. H. Meyer
seit nahezu 50 Jahren präparirt und feil gehalten, ferner das
pyrophosphorsaure Eisenwasser des Dr. Nega, welcher im J. 1851
die oben genannte Firma um Ausführung seiner Vorschrift
ersuchte. Welch glänzende Resultate in sanitätlicher Beziehung
mit diesen beiden namhaft gemachten Wässern erzielt worden sind
und erzielt werden, wenn sie, wie von dieser Firma, auf das
Gewissenhafteste nach den Magistralformeln hergestellt werden,
ist bekannt.
Herstellung eines Glases aus
phosphorsaurem Kalk.
Sidot (Comptes
rendus, 1877 t. 84 p. 1501) hat durch Erhitzen von
phosphorsaurem Kalk bis zur Weißglut ein Glas erhalten, welches
vollkommen durchsichtig ist und sich wie gewöhnliches Glas
verarbeiten läßt. Dasselbe wird von Säuren nur beim Erhitzen,
nicht aber von Fluorwasserstoffsäure angegriffen, wodurch es für
manche Zwecke sehr werthvoll sein wird.
Ueber die Durchlässigkeit des Glases für
Gase.
G. Quincke (Poggendorff's Annalen,
1877 Bd. 160 S. 118) hat durch sorgfältige Versuche
nachgewiesen, daß selbst bei einem Druck von 40 bis 126at keine wägbaren Mengen
von Kohlensäure oder Wasserstoffgas innerhalb 17 Jahren durch
eine Glaswand von 1mm,5
Dicke hindurch getrieben werden.
Ueber die Intensitätsverhältnisse einiger
irdischer Lichtquellen.
H. C. Vogel und G. Müller haben mit Hilfe des
Spectralphotometers die Intensität der gebräuchlichsten
Lichtquellen untersucht; sie stellen die Resultate in folgenden
Sätzen zusammen:
1) Das Licht einer Wachskerze ist im Blau verhältnißmäßig
schwächer als das einer Stearin- und Paraffinkerze.
2) Petroleum gibt im Blau größere Intensität als Oel.
3) Eine Petroleumlampe sendet bei frisch abgeschnittenem Dochte
mehr blaue und violette Strahlen aus, als wenn sie einige Zeit
gebrannt hat. Das Verhältniß dafür ist ungefähr 12 : 11.
4) Eine Gasflamme ist im Roth und im Blau und Violett relativ
heller als eine Petroleumflamme.
5) Die einzelnen Theile der Flammen, welche einen sehr
beträchtlichen Unterschied in Bezug auf die Totalintensität
haben, sind in Bezug auf verschiedene Stellen des Spectrums
wenig verschieden.
6) Die Vergleichung einer Petroleumlampe (mit Flachdocht) mit
einer Silber'schen Oellampe hat ergeben, daß die Petroleumlampe
relativ mehr brechbare Strahlen aussendet.
7) Das Gegentheil findet statt bei einer Silber'schen Lampe mit
Petroleum, welche mit derselben gewöhnlichen Petroleumlampe
verglichen wird.
8) Eine Vergleichung einer Petroleumlampe mit Drummond'schem
Kalklicht hat im Allgemeinen zu dem Resultate geführt, daß
letzteres vom Grün ab eine sehr beträchtlich größere Intensität
besitzt, die sich im Blau und Violett bis auf mehr als das
Doppelte steigern kann. Das Kalklicht war jedoch so
ungleichmäßig, daß von einer einigermaßen sichern Messung keine
Rede sein kann. (Nach dem Monatsbericht der Berliner Akademie
der Wissenschaften, März 1877 S. 141.)
Ueber die Aufnahme von Tannin durch die
Pflanzenfaser.
Bekanntlich nimmt die thierische Haut aus wässeriger Lösung
Tannin aus und bildet damit eine feste Verbindung, das Leder. A.
Müntz (Comptes
rendus, 1877 t. 84 p. 955) zeigt nun, daß, während der
gewöhnliche Schimmelpilz (Penicillium) glaucum lebend
Tannin in Gallussäure und Glycose zerlegt, das todte Mycelium
desselben aus wässeriger Lösung 60 Proc. Tannin aufnimmt und
dadurch gleichsam gegerbt wird. Höhere Pilse (Agaricus, Boletus) nehmen bis 86 Proc.
Tannin auf und werden dadurch lederartig. Auch andere
Pflanzenfasern nehmen Tannin auf, und zwar um so mehr, je
reicher sie an Stickstoff sind.
Wärmeleitungsvermögen der Seide, Wolle und
Baumwolle.
J. Schuhmeister (Chemisches
Centralblatt, 1877 S. 577) hat gefunden, daß das
Wärmeleitungsvermögen der Luft gleich 1 gesetzt, das der Seide
11, der Wolle 12 und das der Baumwolle 37 beträgt.
Ueber die specifische Drehung des
Rohrzuckers.
Wie Tollens schon früher (1877 223 650) vermuthete, so bestätigen die neuesten Versuche von
ihm (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1877 S.
1403) und von M. Schmitz (Daselbst S.
1414), daß das specifische Drehungsvermögen des Rohrzuckers in
der That nicht constant ist, sondern mit steigender Verdünnung
erheblich zunimmt. Nach Tollens ist
die Drehung des Zuckers in zehnprocentiger Lösung α 10D = 66,65°, nach Schmitz im wasserfreien Zustande =
64,156°. Frühere Beobachter fanden folgende Zahlen:
Beobachter.
Zuckerin 100cc.
[α]D
Beobachtungsjahr.
g
Arndtsen
77,394
67,02
1858
„
47,276
67,33
1858
„
33,891
66,86
1858
Wild
30,276
66,417
1865
Tuchschmid
27,441
66,48
1870
Hesse
20,000
66,45
1875
Calderon
19,971
67,08
1876
Krecke
16,470
67,024
1867
Girard und de Luynes
16,350
67,31
1875
Hesse
10,000
66,50
1875
Calderon
9,986
67,12
1876
Hesse
6,000
66,67
1875
Oudemannsjun.
5,877
66,90
1873
Hesse
3,000
67,05
1875
„
2,000
67,39
1875
„
1,000
67,95
1875
Tollens schlägt nun vor, die Chemiker
möchten sich dahin einigen, daß überall die Drehung einer
zehnprocentigen Lösung, die er mit α 10D
bezeichnet, als Norm angenommen werde.
Ueber die Constitution der Isomeren des
Rohrzuckers.
A. Villiers hat die zuerst von Berthelot aufgefundene Melizitose aus
einer persischen Manna in gut ausgebildeten Krystallen von der
Zusammensetzung
C₁₂H₂₂O₁₁ . H₂O
erhalten; dieselbe Manna enthielt Rohrzucker. (Comptes rendus, 1877 t. 84 p.
35.)
Berthelot bemerkt hierzu, daß nach
seiner Theorie der Saccharosen, d.h. derjenigen Kohlehydrate,
welche die Zusammensetzung des Rohrzuckers haben, diese als
gemischte Aether angesehen werden können, welche durch
Vereinigung von zwei mehratomigen Alkoholen, nämlich von zwei
isomeren Glycosen unter Abspaltung von Wasser, entstehen.
Saccharose (Rohrzucker), Melitose und Lactose (Milchzucker)
liefern denn auch durch Spaltung zwei verschiedene Glycosen.
(Comptes rendus, 1877 t. 84 p.
38.)
U. Gayon bespricht die Umwandlung des
krystallisirbaren Zuckers im rohen Rohrzucker in inactive
Glucose; er hält dieselbe für eine Gährungserscheinung. (Comptes rendus, 1877 t. 84 p.
606.)
Einwirkung der Thierkohle auf
Salze.
Nach L. Liebermann (Chemisches
Centralblatt, 1877 S. 289) hat Thierkohle die Fähigkeit, eine
große Anzahl der verschiedensten Salze in der Weise zu zerlegen,
daß freie Säure entsteht, und zwar werden die Basen stärker
zurückgehalten als Säuren. Bei der Filtration durch Kohle werden fast
alle chemischen Verbindungen in größeren oder geringeren Mengen
aus ihren Lösungen zurückgehalten.
Quantitative Bestimmung des Zinns.
H. Pellet und A. Allart (Bulletin de la
Société Chimique de Paris, 1877 t. 27 p.
438) empfehlen zur Bestimmung des Zinns folgendes Verfahren. Die
von Eisen, Kupfer und Antimon freie Lösung erhitzt man zum
Sieden und fügt 2 bis 3g Zink mit überschüssiger Salzsäure zu. Nach vollständiger
Lösung läßt man zu der siedenden Chlorürflüssigkeit so lange
eine Eisenchloridlösung von bekanntem Gehalt zufließen, bis eine
schwachbraune Färbung erscheint. Hat man zuviel Eisenchlorid
zugesetzt, so titrirt man dieses mit einer Zinnchlorürlösung
zurück. Die Umsetzung geschieht nach der Formel:
Fe₂Cl₆ + SnCl₂ = 2 FeCl₂ +
SnCl₄.
Die Carbonisation mittels
Chloraluminium.
Das deutsche Wollengewerbe, 1877 S. 731 beschreibt ausführlich
das von Joly in Elbeuf erfundene und
in dessen eigener wie auch in andern Fabriken eingeführte
Verfahren, Wolle mittels Chloraluminium zu entkletten. Dasselbe
soll den Vortheil bieten, daß es die Farben, z.B. Anilinfarben,
auf der Wolle unverändert läßt und doch, sei es bei Verwendung
zur Extraction von halbwollenen Lumpen, sei es bei Behandlung
von Wolle oder Wollwaaren behufs Beseitigung von Kletten, Samen
und Strohresten, eine vollständige Zerstörung der Pflanzenfaser
bewirkt. Das gewöhnliche Säureverfahren eignet sich bekanntlich
nur für weiße oder indigoblaugefärbte Stoffe.
In der Joly'schen Fabrik wird eine Chloraluminiumlösung vom spec.
Gew. 1,0431 bis 1,0506 verwendet. Sie befindet sich in einem
hölzernen Bottich, in welchem die zu carbonisirende Wolle oder
Waare eingeweicht wird, wobei man auf 8k Wolle höchstens 4 bis
5k käufliches
Chloraluminium vom spec. Gew. 1,1598 rechnet. Ist die Wolle
genügend von der Salzlösung durchdrungen, so wird in der
Centrifuge ausgewunden, und die abfließende Lösung für die
Verwendung bei späteren Operationen aufgefangen. Die
ausgewundene Wolle kommt jetzt in einen gewöhnlichen Trockenraum
und verbleibt in demselben so lange, bis sie als gut trocken zu
erkennen ist. Dann erst wird sie in den auf etwa 100°
geheizten Carbonisationsraum, meist eine eigens für diesen Zweck
construirte Maschine, nach Art der Norton'schen
Wolltrockenmaschinen (*1861 160 428) bezieh. der
Rahmmaschinen, gebracht. Nach dem 3/4 Stunden dauernden
Durchgang durch diese Trockenmaschine ist die Carbonisation
vollendet und bedarf es nicht mehr, wie beim Säureverfahren,
einer dem Entsäuern analogen Behandlung; das spätere Waschen in
weichem Wasser, besser noch in Walkererde, entfernt das
Chloraluminium vollständig. Man carbonisirt in Elbeuf meist nur
das gewalkte Tuch oder auch die ausgewaschenen Loden. Trotz der
hohen Temperatur im Carbonisationsraum leidet das Wollhaar
keinen Schaden.
Was übrigens die Behauptung Joly's
betrifft, das Chloraluminium zersetze sich in höherer Temperatur
nicht und gebe keine Salzsäure frei, so verweist Ref. einfach
auf die verschiedenen Lehrbücher der Chemie, welche das
Gegentheil behaupten. Es ist sicher nur die im
Carbonisationsraum frei werdende Salzsäure, welche die
Zerstörung der Pflanzenfaser bewirkt; aber es ist denkbar, daß
die gleichzeitig freiwerdende Thonerde für eine Anzahl Farben,
wenn auch nicht für alle, sowohl im Carbonisationsraum als
insbesondere beim nachherigen Waschen im Wasser als Schutzmittel
dient, und hierin besteht nach Ansicht des Ref. die
Eigenthümlichkeit des patentirten Verfahrens, wodurch es sich
vor dem gewöhnlichen Säureverfahren ebenso deutlich als
vortheilhaft unterscheidet.
Kl.