Titel: | Neues über Sichtemaschinen; von Hermann Fischer. |
Autor: | Hermann Fischer |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 347 |
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Neues über Sichtemaschinen;
von Hermann
Fischer.
Mit Abbildungen.
H. Fischer, über Sichtemaschinen.
Seit der letzten Besprechung der sogen.
Centrifugal-Sichtemaschinen (vgl. *1863 167 19. *1873 213 387) haben Verbesserungen oder doch solche Aenderungen,
welche die Einführung derselben erleichtern, stattgefunden,
welche hier kurz zusammengestellt werden sollen.
1) Die Flügelwelle der Sichtemaschine bewegt sich bekanntlich mit
einer wesentlich größern Geschwindigkeit als die Siebtrommel.
Die älteren Formen riefen diese Geschwindigkeiten hervor durch
getrennte Antriebe, welche die oftmals schwierige Anbringung von
Vorgelegen im Mühlraume verlangten. Die
„Königshütte“ bei Lauterberg verbindet das
in Frage kommende Vorgelege mit der Maschine selbst, so daß
diese von nur einem Riemen in Betrieb gesetzt wird. (Die Mühle,
1877 S. 151.)
Die einfache Einrichtung dieses Vorgeleges zeigt Fig. I im Grundriß.
Fig. 1., Bd. 226, S. 348
Die Welle g, welche sich etwa 300
Mal in der Minute drehen soll, trägt die Flügel k und wird mit Hilfe der Riemenrolle
h von irgend einer Welle aus in
Betrieb gesetzt. Ein auf g
befestigtes Stirnrädchen a
greift in ein auf der Welle l
sitzendes Rad b, wodurch l zu entsprechend langsamerer
Drehung veranlaßt wird. Endlich setzt das auf l befestigte Rädchen e das auf dem Hals der Scheibe b befestigte Rad d und mit diesem die genannte
Scheibe b, sowie die Siebtrommel
c in Bewegung.
Es ist offenbar leicht, auf diesem Wege die für c gewünschte Umdrehungszahl (etwa 40 in
der Minute) zu erhalten. Eine im untern Theil der Maschine
befindliche Schnecke kann entweder von der Welle l aus mit Hilfe einer neben e befestigten, oder von dem Hals der
Scheibe b aus mittels einer neben
d gesetzten Riemenrolle ihre Drehung
erhalten. Die Lagerungen der Wellen g und l, sowie des Hohlzapfens
m der Siebtrommel sind auf der
zwischen die Eckständer i
geschraubten Platte f befestigt.
Hiernach ist einer Neuerung zu gedenken betreffend 2) den Vorsichter. Schon um das J. 1860 wurde
von verschiedenen Mühlenbauern das von den Steinen kommende
Schrot zunächst über ein weitmaschiges Sieb geleitet, welches
bestimmt war, die Schalen von den übrigen Bestandtheilen
desselben, dem Gries und dem Mehl, zu sondern und zwar theils,
um das eigentliche Mehlsieb zu entlasten, theils um die Gaze
desselben vor der stark abnutzenden Wirkung der Schalen zu
schützen. Ich nenne in dieser Hinsicht von mir bekannten
Mühlenbauern: Mathes in Chemnitz, Büchler in Cannstatt und Cochrane in La Fayette, Nordamerika;
letzterer nahm 1863 ein Patent auf das genannte Verfahren.
Dieser Vorsichter gewann eine fernere Bedeutung nach Einführung
der sogen. Centrifugalsichtemaschinen. Wenn irgend ein schwerer
Gegenstand – ein Nagel, eine Becherschraube o. dgl.
– in die Trommel der Sichtemaschine gelangt, so ist wegen
der kräftig auftretenden Schleuderkraft eine Verletzung des
Seidenüberzuges der Siebtrommel unvermeidlich. Die unmittelbare
Folge ist eine Verunreinigung des Mehles, welche besonders
deshalb sich sehr unangenehm geltend macht,
weil sie häufig nicht sofort bemerkt werden kann. Man muß daher
für diese Maschine Vorsichter anwenden, welche bisher nach Art
der ältern, sechskantigen, sich langsam drehenden Sichter
angeordnet wurden, weil diese weniger leicht beschädigt werden
können.
Nach der angezogenen Quelle verwendet nun die genannte
„Königshütte“ für die Vorsichter auch die
Schleuderkraft, wählt aber statt des Seidenüberzuges eine
Siebfläche von gelochtem Blech. Hierdurch ist volle Sicherheit
gegen die erwähnten Beschädigungen geboten.
3) Um für kleinere Mühlen die Anschaffung der
Schleudersichtemaschinen zu ermöglichen, fertigt man dieselben
kleiner und verzichtet auf die Drehung der Siebtrommel, wodurch
erheblich an Kosten gespart wird. Ich nenne als Verfertiger
solcher Maschinen die Firmen: G. Luther in Braunschweig, M. Martin in Bitterfeld, die
„Königshütte“ bei Lauterberg. Theils wird
in diesen kleinen Maschinen die Fortbewegung des Sichtegutes
durch die bekannte Schrägstellung der Flügel, theils durch eine
geneigte Lage der Siebtrommel bewirkt.
Die bei dieser Anordnung gefürchtete, aber zu Gunsten der
Einfachheit und der billigen Herstellung als zulässig erachtete
ungleichmäßige Abnutzung des Seidenüberzuges ist nicht in dem
erwarteten Maße eingetreten. Es hat sich ergeben, daß dieselbe
genügend ausgeglichen wird, wenn von Zeit zu Zeit die
gegenseitige Lage der Siebblätter geändert wird. Es ist daher
diese einfache Anordnung als für ihren Zweck sehr geeignet
befunden. Ihrer allgemeinern Einführung steht indessen der
weiter oben genannte Uebelstand entgegen, daß sie für Schrot
eines Vorsichters bedürfen.
4) Ferd. Feistel in Berlin hat nun die
günstigen Erfahrungen in Bezug auf die ruhende Siebfläche
benutzt; mit derselben aber unmittelbar einen günstig wirkenden
Vorsichter verbunden, so daß dessen neue Sichtemaschine eine
sehr gelungene Lösung der vorliegenden Aufgabe zu sein scheint,
wenigstens soweit es kleinere Mühlen betrifft. Figur II (S. 350) stellt die
Feistel'sche Schleudersichtemaschine theils in Ansicht, theils
im Längenschnitt in 1/20 n. Gr. dar.
Die beiden Siebtrommeln B und C, von welchen die erstere mit
Seidengaze, die letztere mit gelochtem Zinkblech bekleidet ist,
sind innerhalb des Sichtemaschinenkastens gut befestigt. Die
Welle L ist auf entsprechenden
Querstücken gut gelagert und einmal mit Flügeln E – die gegen die Siebfläche C wirken – und ferner mit Flügeln
D – zu der Siebfläche B gehörend – ausgerüstet. Wegen
der großen Geschwindigkeit der Flügel, und weil die Flügel D auf der rechten Seite der Figur nicht
mit der Welle L in Verbindung
gebracht werden können, ist eine sorgfältige Verbindung der Flügel
D mit der auf L befestigten Scheibe a und
eine Verbindung der rechts liegenden, in der Figur nicht
sichtbaren Enden von D unter sich,
endlich eine vorsichtige Gewichtsausgleichung der Flügel D erforderlich. Die Scheibe a ist, wie aus der Figur ersichtlich, so
geformt, daß sie sowohl gegen den Schneckenkasten e, als auch gegen die Trommel C einen das Hindurchfallen von Sichtegut
verhindernden Abschluß bildet. Rechts, an dem bedeckten Ende der
Sichtetrommel, ist ein solcher Verschluß nicht erforderlich, da
hier beide Trommeln an die Stirnwand des Kastens fest
anschließen.
Fig. 2., Bd. 226, S. 350
Der Antrieb der Maschine erfolgt durch die Riemenrolle A; neben derselben befindet sich eine
kleine Rolle b, welche auf die Rolle
c der Mehlschnecke wirkt.
Das Schrot wird in den Trichter M
geführt, von der im Kasten e
befindlichen Schnecke erfaßt und unter Vermittlung der in der
Scheibe a befindlichen Oeffnungen
den Flügeln E zugeführt. Diese
schleudern es in bekannter Weise gegen die Zinkblechtrommel C, durch deren Oeffnung sowohl Mehl, als
auch feiner Gries entweicht. Diese werden von den Flügeln D ergriffen und gegen die Mehlsiebfläche
B geworfen, wobei das Mehl nach
außen getrieben wird.
Innerhalb C bleiben zunächst wegen
der Feinheit der Oeffnungen Schalen und
grober Gries zurück. In der Nähe des Ausfall-Endes, rechts in
der Figur, ist die Trommel C mit
weiteren Löchern versehen, so daß hier der grobe Gries von den
Schalen getrennt wird. Die Schalen verlassen die Maschine bei
F, der grobe Gries bei H, der feine Gries, welcher längs der
Siebfläche B getrieben wurde,
gelangt bei J aus der Maschine. Das
abgesichtete Mehl endlich kann durch die Lutten K abgezogen werden.
Feistel liefert die Maschine in zwei
Größen, in 1m,45
bezieh. 1m,67 Länge,
0m,85 bezieh. 1m,00 Breite, 1m,3 bezieh. 1m,5 Höhe, mit 420 bezieh.
380 minutlichen Umdrehungen der Flügel. Die größere Maschine
soll in der Stunde 350k
Weizen- oder 400k
Roggen- Sichtegut, die kleinere Maschine in derselben Zeit
250k bezieh. 300k verarbeiten. Die Trommel
B ist leicht auszuwechseln, also die
Maschine bequem für Roggen- oder Weizenmüllerei
einzurichten.
Gelegentlich der diesjährigen Hauptversammlung des Verbandes
deutscher Müller war eine solche Maschine in Hannover
aufgestellt. Der Freundlichkeit des Hrn. Feistel verdanke ich, daß es mir möglich war, bei dieser
Gelegenheit den Arbeitsvorgang theilweise zu sehen. Es wurden
während des Betriebes der Maschine die Seitenthüren geöffnet, so
daß der Weg des Sichtegutes an der Oberfläche der Mehltrommel
B, welcher sich als eine
Schraubenlinie mit geringer Steigung darstellte, deutlich zu
erkennen war. Die Färbung war an der oberen Fläche der Trommel,
so viel der Augenschein lehrte, genau so wie an der unten
liegenden Fläche, woraus zu schließen ist, daß die obere Hälfte
derselben ebenso sehr in Anspruch genommen wird wie die untere
Hälfte.
Verschiedene Umstände machten es unmöglich, genaue Beobachtungen
über den Kraftgebrauch und die Leistung zu machen. Wohl aber
konnte man sich von den allen Schleudersichtemaschinen eigenen
Reinheit des gewonnenen Mehles überzeugen.