Titel: | Ueber die Ausscheidung von Kohlenstoff, Silicium, Schwefel und Phosphor im Frischfeuer, um Puddelofen und im Bessemerconverter; von J. L. Bell. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 352 |
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Ueber die Ausscheidung von Kohlenstoff, Silicium,
Schwefel und Phosphor im Frischfeuer, um Puddelofen und im Bessemerconverter; von
J. L. Bell.
(Schluß von S. 268 dieses Bandes.)
Bell, über die Ausscheidung der Verunreinigungen von
Eisen.
Eine Reihe von Analysen, welche auf den Werken der
Weardale-Iron-Company mit Cleveland-Eisen angestellt worden
sind, indem man in verschieden langen Zeitabschnitten Proben aus dem
Bessemerconverter genommen hat, mögen die Vorgänge bei dem Bessemerproceß veranschaulichen.
1) Es wurde eine Charge Clarence Nr. 3 im Cupolofen geschmolzen,
dann in den Converter ausgegossen und 5 Minuten dem Einfluß des Windes ausgesetzt.
Die alsdann gezogene Probe verhielt sich in ihrer Zusammensetzung zu der des
verbrauchten Roheisens, wie folgt:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,60
1,76
0,175
1,64 Proc.
Probe
3,29
0,39
0,127
1,79 „
Verlust
8,61
77,72
16,63
(10,89
„ Zuwachs.)
2) Zwei andere Proben von Clarence Nr. 3, nach 5 Minuten gezogen,
ergaben im Durchschnitt:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,14
1,68
0,10
1,43 Proc.
Probe
2,90
0,37
0,09
1,59 „
Verlust
7,63
77,96
(0,10 Zuw.)
(11,21 „ Zuwachs).
3) Clarence Nr. 3, während 9 Minuten dem Gebläse ausgesetzt:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,452
1,626
0,120
1,423 Proc.
Probe
0,153
0,018
0,126
1,469 „
Verlust
86,03
98,80
(0,005 Zuw.)
(3,23 „
Zuwachs).
4) Clarence Nr. 3, während 16 Minuten dem Gebläse ausgesetzt:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,48
2,07
0,05
1,46 Proc.
Probe
0,05
0,07
0,05
1,69 „
Verlust
98,56
96,61
0,00
(15,75 „ Zuwachs).
5) Clarence Nr. 3, während 20 Minuten dem Gebläse ausgesetzt:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,87
1,910
0,046
1,92 Proc.
Probe
0,063
0,007
0,062
1,62 „
Verlust
82,83
99,63
(34,78 Zuw.)
(15,78 „ Zuwachs).
Im Allgemeinen kann man sagen, daß die Differenz gegen den ursprünglichen Gehalt an
Metalloiden, in runden Zahlen und in Procenten ausgedrückt, folgende ist:
Silicium.
Kohlenstoff.
Schwefel.
Phosphor.
Beim Feinen
90
Verlust.
10 Verlust.
30 Verlust.
50 Verlust.
Beim Bessemern,
je nach der
Zeitdauer des Blasens
77 bis 99 „
8 bis 99 „
–
10 bis 16
Zuwachs.
Um den wesentlichsten Unterschied, welcher zwischen dem Fein- und dem
Bessemer-Proceß existirt, zum Zweck der vorliegenden Forschungen zu
beseitigen, wurde ein Gemenge von geschmolzenem Eisenerz und Schlacke im Gewicht von
20 bis 30 Proc. des zu verarbeitenden Roheisens in den Converter gegeben, worauf
man das flüssige Eisen einlaufen ließ und das Gebläse in Thätigkeit setzte. Es trat
sehr bald eine energische Reaction ein, ersichtlich aus dem gewaltsamen Auswerfen
von Theilen der Schmelzmasse. Nach Verlauf von 10 Minuten wurde eine Probe gezogen.
Die Analyse derselben ergab, daß das Eisen keinen Phosphor verloren hatte. Dies
konnte daraus erklärt werden, daß die zugesetzten Erz- und Schlackenmassen,
in Folge ihres geringern specifischen Gewichtes, auf der Oberfläche des Eisens
schwammen, wodurch keine innige Berührung zwischen Metall und Zusatz möglich
war.
Der Versuch wurde deshalb in anderer Art vorgenommen. In eine Charge von Clarence Nr.
4 wurde so lange geblasen, bis etwa der vierte Theil des Eisens oxydirt worden war.
Das durch die darüber stehende Eisenmasse aufsteigende Oxyd hatte hinreichend Zeit,
den Phosphor aus dem Eisen zu entfernen, wenn dies überhaupt möglich gewesen wäre.
Das Eisen war nach der Operation flüssig wie Wasser, sämmtlicher Kohlenstoff daraus
entfernt; allein der Phosphor blieb nach wie vor darin. Nachstehend die betreffenden
Analysen des Eisens (I) und der gebildeten Schlacke (II).
I
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,13
1,87
0,12
1,33 Proc.
Probe
0,00
0,32
0,05
1,65 „
Verlust
100,00
82,46
58,33
(24,81 „ Zuwachs).
II
EisenoxydEisenoxydul
2,86 47,19
entsprechend 38,70 Proc. Eisen.
Manganoxydul
2,92
Kieselsäure
45,38
Thonerde
0,51
Kalk
1,40
Magnesia
Spuren
–––––
100,26
Aus den Resultaten der vorstehend angeführten Versuche scheint die Thatsache
hervorzugehen, daß verschieden hohe Temperaturen auf ein Gemisch von geschmolzenem,
phosphorhaltigem Eisen mit Eisenoxyd völlig entgegengesetzte Wirkungen haben können.
Bei verhältnißmäßig niedriger Temperatur im Puddelofen und Feinfeuer gibt das Eisen
an das Eisenoxyd Phosphor ab. Bei der bedeutend höhern Temperatur im
Bessemerconverter verliert das Eisen nicht nur keinen Phosphor, sondern vermehrt
sogar seinen Gehalt an dieser Substanz. Nachstehender Versuch liefert einen weitern
Beleg für diese Erscheinung. Eine Partie Clarence-Eisen wurde direct aus dem
Hohofen über eine dicke, in einem oben offenen Behälter befindliche Schicht geschmolzenes
Eisenoxyd langsam abgestochen. In Folge der größern specifischen Schwere durchdrang
das Eisen die Oxydschicht und setzte sich auf dem Boden des Behälters ab, von wo
eine Probe genommen wurde. Die vorgenommenen Analysen ergaben:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,305
2,163
0,102
1,515
Proc.
Probe
2,731
0,028
0,056
0,838
„
Verlust
17,37
98,70
45,09
44,68
„
Verlust desselben
Roheisens beim
Feinen
19,87
90,57
100,00
42,85
„
Bei einem andern Versuche blieb nur ungefähr 0,1 Proc. Phosphor im Eisen zurück.
Um eine möglichst vollständige Reinigung des Roheisens von den Metalloiden zu
erzielen, ist es vor Allem nothwendig, daß sich das erstere im geschmolzenen Zustand
befinde. Die Eigenschaft aber, bei verhältnißmäßig niedern Temperaturgraden zu
schmelzen, verleiht dem Eisen der Kohlenstoff. Die Reihenfolge, in welcher die oben
genannten vier Metalloide beim Reinigungsproceß des Roheisens, vom Bessemern
abgesehen, ausscheiden, belehrt uns, daß die Affinität des Eisens zum Kohlenstoff
größer ist als zu Silicium, Schwefel und Phosphor, und eben diese Eigenschaft
ermöglicht daher die Entfernung der letztgenannten Stoffe im Puddelofen. Der alte
sogen. Handpuddelproceß ist nun aber in Bezug auf das zu erzeugende Product ein
außerordentlich unsicherer. Verbrennt der Kohlenstoff aus irgend welchem Grunde zu
schnell, so hat der Phosphor nicht die nöthige Zeit zu seiner Entfernung. Ist
während der Verbrennung des Kohlenstoffes die Temperatur im Puddelofen zu hoch, so
wird der Phosphor ebenfalls in ungenügendem Maße ausgetrieben. Selbst auf den
anerkannt best geleiteten Werken ereignet es sich nur zu oft, daß derselbe Puddler
mit demselben Material und in demselben Ofen, ganz gegen seine Absicht, Luppeneisen
von sehr verschiedener Qualität herstellt.
Der große Unterschied zwischen dem Einfluß des Bessemer- und des
Puddelprocesses auf den Phosphorgehalt des Eisens kann wohl nicht schlagender
nachgewiesen werden, als durch folgende Experimente.
1) Eine Partie Clarence-Eisen wurde, nachdem im Converter fast sein
sämmtlicher Kohlenstoff verbrannt worden war, im flüssigen Zustande zum einen Theil
in einen auf die gewöhnliche Weise besetzten und zum andern Theil in einen mit
Eisenoxyd besetzten Puddelofen gebracht. Das Eisen ballte sich schon nach 5 Minuten und
die angestellten Analysen ergaben:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
3,48
2,07
0,05
1,46
Proc.
Nach dem Bessemern
0,05
0,07
0,05
1,69
„
Gepuddelt wie gewöhnlich
–
Spur
Spur
0,74
„
„ mit
Eisenoxyd
–
Spur
Spur
0,54
„
2) Ein vorzugsweise Phosphor haltiges Roheisen, ähnlich wie oben behandelt, enthielt
ursprünglich 2,10 Proc. Phosphor und nach dem Puddeln nur noch 0,56 Proc.
3) Noch vollständiger war die Austreibung des Phosphors bei einem vor dem Puddeln
gefeinten Eisen:
Phosphorgehalt
des
Roheisens
1,47 Proc.
„
„
gefeinten Eisens
0,84 „
„
„
gepuddelten „
0,27 „
Aus den verschiedenen, in Vorstehendem mitgetheilten Analysen ist ersichtlich, daß
Kohlenstoff und Silicium bis auf Spuren durch alle bis jetzt angewendeten
Reinigungsprocesse des Roheisens entfernt werden können. Der Phosphor dagegen
verläßt das Eisen nur bei verhältnißmäßig niedrigen Temperaturgraden. Hieraus folgt,
daß zur möglichsten Vertreibung des Phosphors im Puddelofen die erste Zeit nach dem
Einschmelzen des Roheisens dazu benutzt werden muß, bei mäßiger Temperatur durch
eine intensive, gleichmäßige Bewegung der ganzen geschmolzenen Masse dem Phosphor
durch häufige und innige Berührung mit dem in der Schlacke enthaltenen Eisenoxyd
Gelegenheit zur Oxydation zu geben.
Die Erfahrung lehrt, daß das Roheisen viel leichter die ihm anhaftenden fremden
Stoffe abgibt, wenn es im flüssigen Zustand in den Puddelofen gebracht wird, als
wenn man es kalt einsetzt. Die Luppenstäbe sind im erstern Falle stets stärker und
enthalten weniger Phosphor. Eine Charge Clarence Nr. 4 ergab:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
5 Minuten im
Bessemerconverter geblasen
3,29
0,392
0,127
1,79
Proc.
Kalt gepuddelt
0,033
0,105
0,013
0,597
„
Warm gepuddelt
0,184
0,100
0,008
0,299
„
Bei einem andern Versuche wurde der Phosphorgehalt des Roheisens von 1,423 Proc.,
beim Kaltpuddeln auf 0,592 und beim Warmpuddeln auf 0,209 Proc. reducirt, während
eine andere Charge desselben Eisens, ebenfalls warm gepuddelt, noch 0,328 Proc.
Phosphor zeigte. Diese verschiedenen Resultate zeugen gleichzeitig wieder für die
oben schon
besprochene Unsicherheit des Handpuddelns. Als weitern Beleg hierfür dienen
nachstehende von Snelus veröffentlichte Analysen. Es
wurden von einer Sorte Roheisen drei Chargen gepuddelt und ergaben:
Kohlenstoff.
Silicium.
Schwefel.
Phosphor.
Roheisen
2,310
0,895
0,763
2,176
Proc.
1 Charge gepuddelt
–
0,692
0,089
0,446
„
2
„
„
–
0,333
0,064
0,386
„
3
„
„
–
0,184
0,044
0,201
„
Uebrigens sind die Schwankungen in Charakter und Qualität des beim Puddeln gewonnenen
Productes jedem Eisenhüttenmann zur Genüge bekannt.
Von Snelus, sowie von Proctor
liegen ferner interessante Analysen vor, welche nachweisen, in welcher Reihenfolge
und in welchem Grade das in Danks' Puddelofen verarbeitete Roheisen die ihm
beigemengten Metalloide abgibt. Die betreffenden Versuche wurden auf den Werken von
Hopkins, Gilkes und Comp.
angestellt. (Vgl. auch 1872 204 216.) Man verfuhr dabei
in der Weise, daß aus dem Puddelofen Proben genommen wurden: 1) nach dem
Einschmelzen, 2) bei eintretendem Garen, 3) vor dem Luppenmachen und 4) von der
fertigen Luppe.
Sieht man hierbei von dem Schwefelgehalt des Eisens, welcher durchweg sehr gering ist
und deshalb keine große Rolle spielt, ab, so ergibt sich aus diesen Analysen für die
Reihenfolge, in welcher die andern drei Metalloide das Eisen verlassen, folgendes
Schema:
Anzahl der Procente jedes einzelnen
Metalloids, welcheaus dem Eisen ausgetreten waren in der
I.
II.
III.
IV. Periode.
Kohlenstoff
36
40
65
95
Silicium
95
95
95
95
Phosphor
68
70
70
74
Hieraus erhellt deutlich, daß das Silicium schon während des Einschmelzens aus dem
Eisen entfernt wird; der Phosphor kommt erst in zweiter Reihe und zuletzt der
Kohlenstoff. In der dritten Periode sind sich Phosphor und Kohlenstoff ungefähr
gleich, und von da ab bleibt der Phosphor nahezu unverändert. Dieser Umstand leitet
ebenfalls zu der schon weiter oben ausgesprochenen Ansicht, daß durch die erhöhte
Temperatur, welche während der III. und IV. Periode im Puddelofen eintritt, das
fernere Ausscheiden des Phosphors verhindert werde.
Neben dieser Erscheinung bietet sich in recht auffallender Weise noch eine andere
dar. Aus den Analysen geht nämlich hervor, daß der Phosphorgehalt des Eisens im Puddelofen zuweilen gegen
das Ende des Processes eine Zunahme erfährt. Dies führt zu der Annahme, daß in
diesem Falle die Temperatur im Puddelofen, oder wenigstens in einem Theile
desselben, eine Höhe erreicht hat, bei welcher kein Phosphor mehr oxydirt wird, und
daß bei dieser hohen Temperatur sogar Phosphor aus der Schlacke in das Eisen
übergeht. Nach Mittheilung von Dr. C. William Siemens findet dieser Uebergang auch beim
Siemens-Martin-Proceß statt. Es wurde nämlich festgestellt, daß ein so
zu sagen phosphorfreies Eisen, wenn es im Siemens-Martin-Ofen mit
Phosphor haltiger Schlacke verarbeitet wurde, gegen das Ende des Processes Phosphor
aufnahm. Wenn wirklich der Phosphor die Eigenschaft hat, bei höhern Temperaturgraden
aus der Schlacke an das Eisen überzugehen, so wird er dies eben so wohl beim
Maschinenpuddeln als beim Handpuddeln thun. Das erstere hat aber gegen letzteres den
nicht zu unterschätzenden Vortheil einer gleichmäßigern Arbeit und in Folge dessen
einer gleichmäßigem Temperatur in allen Theilen des Ofens.
Es ist nachgewiesen, daß das Eisen beim Maschinenpuddeln mehr von seinem
Phosphorgehalt verliert als beim Handpuddeln. Während das bei diesem hergestellte
Luppeneisen im Cleveland-District gewöhnlich 0,35 bis 0,50 Proc. Phosphor
enthält, zeigen viele mit dem Producte aus Danks' Ofen vorgenommene Analysen nur
0,074 bis 0,257 Proc. dieser Substanz. Wie gleichmäßig die Arbeit in diesen Oefen
ist, bewies die jüngst angestellte Untersuchung auf den Phosphorgehalt eines
Luppenstabes in seinen einzelnen Theilen. Man fand an den beiden Enden 0,178 und
0,179 Proc. und in der Mitte des Stabes 0,176 Proc.
Das, was mit Danks' Puddelproceß bis jetzt noch nicht in wünschenswerthem Maße
erreicht ist, beschränkt sich auf den Grad von Gleichmäßigkeit in der
Zusammensetzung der Luppen aus verschiedenen Arbeiten, welchen man von dieser
Puddelmethode hätte erwarten dürfen. Es unterliegt jedoch wohl keinem Zweifel, daß
bei andauernd strenger Ueberwachung und Beobachtung desselben durch geeignete
Persönlichkeiten in nicht zu ferner Zeit alle Umstände erkannt werden, welche im
Verlauf des Processes auf die Beseitigung der dem Eisen schädlichen Substanzen von
Einfluß sind, und daß es schließlich gelingen werde, uns diese Umstände dienstbar zu
machen.
–r.