Titel: | Ueber Morse's Spiralbohrer; von Joshua Rose. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 328 |
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Ueber Morse's Spiralbohrer; von Joshua Rose.
Mit Abbildungen.
Rose, über Morse's Spiralbohrer.
Die Einführung der Spiralbohrer hat einen der bedeutensten Fortschritte im
Schneidwerkzeuge der modernen Maschinenfabriken mit sich gebracht. Bei Verwendung
der gewöhnlichen flachen Bohrer hängt der Durchmesser des erzeugten Bohrloches davon
ab, mit welcher Genauigkeit der Arbeiter den Bohrer für einen bestimmten
Lochdurchmesser zuschleift, und weiters davon, ob die Spitze des Bohrers auch
wirklich im Mittelpunkte dieses Durchmessers sich befindet; beim Schleifen von Hand
besitzt der Arbeiter kein Mittel, welches ihn in dieser Beziehung leiten könnte.
Außerdem ändert sich mit jedem Schleifen die Härte des Bohrers und, was weit
wichtiger ist, die Dicke der Bohrerspitze; letztere sollte so dünn sein, als es
vermöge der Festigkeit zulässig erscheint, weil die schneidenden Kanten um die
Spitze herum nicht mit passenden Schnittwinkeln versehen werden können und daher
unter ungebührlich starkem Drucke arbeiten müssen. Je dünner die Bohrerspitze ist,
desto geringer
Textabbildung Bd. 225, S. 328
Taf. F. J. C. Scott's neue patentirte Theilvorrichtung für Räderformmaschinen
und Räderfräsmaschinen. S. 328–329
ist die zum Betriebe des Bohrers erforderliche Kraft, desto
rascher wird das Bohren bewerkstelligt. Bei den Spiralbohrern bleibt die Dicke der
Bohrerspitze constant, und darin ist die Leichtigkeit begründet, mit welcher diese
Bohrer arbeiten. Ueberdies sind bei letztern die schneidenden Kanten viel schärfer
und gleichzeitig durch das dahinter befindliche Material besser gestützt. In ihrer
Correctheit im Durchmesser, in der genau centrischen Spitze, der gleichmäßigen Härte
und der Freiheit, mit welcher sie die Späne selbst aus dem Bohrloche befördern,
liegt hauptsächlich ihre Ueberlegenheit den flachen Bohrern gegenüber; und es ist
wirklich unpraktisch, ein rundes Loch mit einem flachen oder Löffel-Bohrer zu
bohren, indem das Zurückziehen des Bohrers behufs Reinigung des Bohrloches, sowie
das Reinigen des letztern von den Bohrspänen namentlich bei langen Löchern fast mehr
Zeit in Anspruch nimmt als das Bohren selbst.
Um den Austritt der Bohrspäne bei den Spiralbohrern zu erleichtern, wird jetzt die
Spiralnuth in verbesserter Weise so hergestellt, daß ihre Steigung gegen die Spitze
hin zunimmt, was sich als sehr zweckmäßig erwiesen hat. Die hinter den Schneiden
liegenden Außenflächen des Spiralbohrers wirken zugleich als Führung für die
Schneiden und schützen diese gegen das Verlaufen. Dennoch sind die Spiralbohrer im
Querschnitte nicht genau rund, sondern von der schneidenden Seite der Spiralnuth
gegen rückwärts etwas abgenommen und zwar zu dem Zwecke, um der Reibung zwischen dem
Bohrer und der Wandung des Bohrloches vorzubeugen. Hierin aber liegt hauptsächlich
der Grund, warum improvisirte Spiralbohrer, d. s. solche, welche nicht mit
speciellen Vorrichtungen erzeugt sind, in keiner Weise die Vortheile richtiger
Spiralbohrer aufweisen; darin liegt es, daß solche nicht mit jenem bedeutenden
Vorschube arbeiten können, welchen richtige Spiralbohrer unter gewöhnlichen
Verhältnissen gestatten.
Der feine Riß am Grunde der Spiralnuth dient überdies dem Arbeiter beim Schleifen als
Richtschnur, und ist bei Beachtung desselben auch ein genaues Schleifen von Hand
möglich. Natürlich bleibt es aber immer besser, die Spiralbohrer auf der
Bohrerschleifmaschine (vgl. Sellers, * 1873 210 245. Van Hagen, * 1876 222 401) zu schleifen, weil der Vorschub nicht so
energisch stattfinden kann, als er es sollte, wenn nicht beide schneidenden Kanten
ihrer ganzen Länge nach arbeiten.
Ein anderer sehr wichtiger Punkt der Frage bezüglich der allgemeinen Anwendbarkeit
der Spiralbohrer liegt in der Art der Einspannung der Bohrer. Bei schlechter
Einspannung des Bohrers kann unmöglich ein „Rundlaufen“
desselben erwartet werden. Es werden deshalb die Spiralbohrer mit runden oder flachen conischen Enden
nach Kalibern versehen, nach denselben Kalibern gleichzeitig Bohrköpfe angefertigt
und mit den Bohrern geliefert. Man hat dann nur nöthig, den Bohrkopf in die Spindel
derjenigen Maschine, in welcher der Spiralbohrer zur Verwendung kommen soll, so
einzupassen, daß er selbst rund läuft, wonach alle in denselben eingespannten Bohrer
auch ohne weiters rund laufen werden. Wird in einer Werkstätte jede Drehbank und
jede Bohrmaschine mit den entsprechenden Bohrköpfen versehen, so genügt ein einziger
Satz Spiralbohrer für die ganze Werkstätte; die überall genau passenden Bohrer
laufen stets rund, haben immer gleichen Durchmesser, gleiche eigenthümliche Härte
und sind stets und ohne Beihilfe des Grobschmiedes zum Gebrauche bereit.
In der ganzen Maschinenbaukunst gibt es Nichts, was eine genaue Ausführung so sehr
lohnt als das Bohren. Von der Richtigkeit der Bohrungen hängt weitaus die
Richtigkeit der ganzen Maschine ab; ein nur um Weniges verbohrtes Loch kann
bedeutende Anstände verursachen und außerordentlich viel Nacharbeit bedingen.
Für feine Arbeiten und bei kleinen Löchern besitzen die Spiralbohrer ein
unbeschränktes Feld, und durch die Mühe, welche man sich bei ihrer Herstellung
gegeben, wurde hierin eine solche Vollkommenheit erreicht, wie sie keines der andern
Werkzeuge aufweisen kann, welche den Weg in die Maschinenwerkstätten gefunden
haben.
Um Spiralbohrer über 12mm im Durchmesser zum
Bohren von Metall geeignet zu machen, müssen die schneidenden Kanten viel länger
angeschliffen werden, wodurch die Bohrer mehr zugespitzt werden.
Die geraden Randbohrer und in der Steigung zunehmenden Spiralbohrer sind patentirt
und werden ausschließlich von der „Morse Twist Drill Company“
in New Bedford, Mass., Nordamerika, erzeugt, welche die Fabrikation derselben durch
die Einführung von Whitworth-Kalibern auf eine Stufe hoher Vollkommenheit
gebracht hat. (Nach der Polytechnic Review, Mai 1877 S. 191.)