Titel: | Ueber die Natur der Elasticitätsgrenze und die Art ihrer Veränderungen; von Prof. R. H. Thurston. |
Autor: | R. H. Thurston |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 233 |
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Ueber die Natur der Elasticitätsgrenze und die
Art ihrer Veränderungen; von Prof. R. H.
Thurston.
Mit einer Abbildung.
Thurston, über die Elasticitätsgrenze und die Art ihrer
Veränderungen.
Die Mittheilungen von Generalmajor Uchatius (1877 223 242) und von Professor Bauschinger (1877 224 1) habe ich mit großem
Interesse gelesen und darin die Bestätigung meiner frühern Behauptungen gefunden,
welche ich nun in Kürze und in conciser Form wiederholen werde. Vorher aber will ich
versuchen, eine correcte Definition der oftmals unbestimmten Ausdrücke, welche bis
jetzt in Verbindung mit diesen Erscheinungen gebraucht wurden, zu geben, sowie eine
historische Darstellung der Erscheinungen, welche zu deren Anwendung geführt
haben.
Textabbildung Bd. 225, S. 233
Es möge die Curve OA in vorstehendem Holzschnitt
das „Spannungsdiagramm“ eines Probestückes von irgend welchem
gegossenen Metall darstellen; dasselbe nähert sich stets mehr oder weniger der Figur
einer Parabel. Es sei ferner die Curve OB das
Spannungsdiagramm eines Metalles, welches durch Schmieden oder Walzen weiter
verarbeitet worden ist.
Dabei werden, wie üblich, die Ordinaten dieser Diagramme den beanspruchenden Kräften
proportional gezeichnet; dieselben bringen einen bestimmten Grad der Formveränderung
hervor, sei sie nun durch Verdrehung, Spannung, Compression oder irgend andere
Beanspruchungsweise entstanden, und proportional dieser Formveränderung werden
sodann die Abscissen aufgetragen.
Nun zeigte schon Hodgkinson im J. 1839 (vgl. Bd. 73 S.
399), daß bei Gußeisen selbst die geringste
Inanspruchnahme, auch weit unterhalb der sogen. „Elasticitätsgrenze“, eine „bleibende
Formveränderung“ („Setzung“) hervorbrachte.
Daß aber dasselbe Resultat höchst wahrscheinlich bei allen Materialien stattfindet,
glaube ich selbst nach zahllosen Versuchen, die ich mit den verschiedensten
Materialien in meiner autographischen Festigkeitsmaschine (*1875 216 2) durchgeführt habe, behaupten zu können.
Es sind daher thatsächlich, wie ich es in meiner ersten Abhandlung in Dingler's
polytechn. Journal ausgesprochen habeVgl. 1875 217 347. Der angeführte Wortlaut findet
sich in den Transactions of the Franklin
Institute 1874., „diese Spannungsdiagramme nur die geometrischen Orte der
successiven Grenzen der Elasticität des Materiales,
wie sie den successiven zunehmenden bleibenden Setzungen
entsprechen“, und zwar während des ganzen Verlaufes der Spannungscurve,
so daß in Wirklichkeit, wie jetzt allgemein bekannt ist, gar
keine wahre und definitive Elasticitätsgrenze in dem früher gebräuchlichen Sinne
existirt. Denn es gibt überhaupt keinen Punkt
der Curve, in welchem das Material, wenn von der Spannung entlastet, wieder genau
seine ursprüngliche Form zurückgewinnt, wenn auch durch besondere Behandlung
gewisser Materialien diese Veränderung innerhalb enger Grenzen verschwindend klein
gemacht werden kann.
Ich will daher eine Spannungscurve, welche, wie die Linie AO, die graphische Darstellung des Resultates
regelmäßiger und ununterbrochener Verdrehung eines Metalles ist, die „Curve der normalen Elasticitätsgrenze“
nennen. Dann ist für einen beliebigen Punkt C der Curve
AO die Ordinate CX die der Verdrehung CY entsprechende
normale Elasticitätsgrenze.
Wenn bei der Formveränderung eines Metalles (wie in Curve OB) ein Punkt E'
gefunden wird, bei welchem sich das Verhältniß zwischen Inanspruchnahme und
entsprechender Verdrehung plötzlich ändert – derart, daß nun durch geringe
Vermehrung der Last größere Verdrehungen hervorgebracht werden, und daß gleichzeitig
die weitern Verdrehungen nahezu gleich werden mit den zunehmenden bleibenden
Setzungen, dann nenne ich diesen Punkt E' die natürliche
Elasticitätsgrenze (primitive
oder original elastic limit) des betreffenden
Probestückes. Dieselbe ist nie ganz scharf markirt, häufig jedoch sehr wohl
bemerkbar, und nur in den Metallen, welche zu der von mir so genannten Zinnclasse (1877 223 337) 224 17) gehören, ist die Bestimmung dieses Punktes nahezu
unmöglich.
So ist im Diagramme AO dieser Punkt der natürlichen
Elasticitätsgrenze bei E angenommen; doch findet die
Formveränderung der Curve hier so allmälig statt, daß kaum von einem solchen
Wendepunkte gesprochen werden kann. Dagegen entspricht als normale Elasticitätsgrenze jedem Grad von Formveränderung ein ganz
bestimmter Werth, so der Abscisse Ox die
Spannungsordinate ax, der Abscisse Oy der Werth by,
der Abscisse Oz der Werth cz u.s.f.
Nun können diese beiden Arten von Elasticitätsgrenzen durch mechanische Einflüsse
verändert werden. Zunächst durch die Beanspruchung selbst, welche das hier
verzeichnete Diagramm gebildet hat; denn wenn das Probestück im Punkte a entlastet worden ist, so geht die Curve nicht nach O zurück, sondern nach o₁, und das bei der Wiederbelastung entstehende Diagramm ist nun o₁ aA, die
natürliche Elasticitätsgrenze erscheint von E nach a gerückt und erhöht, und die Curve der normalen
Elasticitätsgrenzen geht nunmehr von o₁ nach A, ist jedoch zwischen a und
A unverändert geblieben. Ebenso rückt, wenn wir das
Probestück bei neuerlicher Entlastung und Wiederbelastung im Punkte c als ein neues Stück betrachten, die natürliche
Elasticitätsgrenze nach c hinauf, während die normalen
Elasticitätsgrenzen zwischen c und A unverändert bleiben und der geometrische Ort der
normalen Elasticitätsgrenzen durch die Linie o₂ cA dargestellt wird.
Wenn wir nun, im Gegensatze zu dem die Zinnclasse repräsentirenden Diagramme OA, ein der Eisenclasse angehöriges Diagramm OB untersuchen, so zeigt sich für die Verdrehung
Ow die normale Elasticitätsgrenze analog dem
frühern in der Ordinate wd; wird aber jetzt eine
Pause gemacht und das Probestück hierauf weiter verdreht, so wird auch die normale Elasticitätsgrenze erhöht, und zwar von d nach einem höheren Punkte d'.
Dies ist somit eine Erscheinung, welche vollständig von der gewöhnlichen, mit Zunahme
der Formveränderung stattfindenden Veränderung der normalen Elasticitätsgrenzen und
von der dadurch bedingten Erhöhung der natürlichen Elasticitätsgrenze abweicht, und
welche von einer ganz andern Ursache hervorgerufen wird. Ein Metall der Zinnclasse
dagegen würde, wie oben
dargestellt, bei denselben Vorgängen die gleicher Verdrehung entsprechende normale
Elasticitätsgrenze entweder stets an demselben Punkt, oder auch eventuell bei der
Wiederaufnahme der Spannung herabgesetzt zeigen, beispielsweise von c nach c' in der Curve OA.
Nach dem vorausgeschickten und mit Bezug auf meine frühern Abhandlungen, besonders
aber in Hinsicht auf die von mir veröffentlichten Spannungsdiagramme wird es wohl
deutlich genug erhellen, daß es von den beiden oben beschriebenen Erscheinungen die
Erhöhung der normalen Elasticitätsgrenze ist, welche
ich zuerst beobachtet und in ihrer Wichtigkeit dargestellt zu haben glaube, während
die Gegenbemerkungen, welche meine Arbeiten hervorriefen, auf Mißverständnissen zu
beruhen scheinen, die ebensowohl flüchtiger Beurtheilung der Kritiker, als ungenauer
Darstellung des Verfassers oder Uebersetzers zugeschrieben werden können. Letzteres
muß jedoch von geringerer Bedeutung erscheinen, nachdem die Spannungsdiagramme
selbst, wenn aufmerksam studirt, unmöglich mißzuverstehen sind.
Daher kann ich nicht allein zugeben, daß die Erscheinungen, welche ich, nach der
Meinung von Professor Bauschinger und General Uchatius, als neu hingestellt haben sollte, in
Wirklichkeit allgemein bekannt sind, sondern ich füge hinzu, daß dieselben sogar
länger bekannt sind, als es von meinen Kritikern angeführt wird. Das Verfahren des
Generals Uchatius besteht einzig in der Art und Weise, wie von der längst bekannten Veränderung
der natürlichen Elasticitätsgrenze nützliche Anwendung
gemacht wird; aber auf diese Weise wird man niemals, wie
ich glaube, Spannungsdiagramme von Kanonenbronze erhalten, welche, wie die Curve OE'dd'B' im beigefügten Holzschnitt oder wie die Diagramme Nr.
10, 16, 101, 68, 33, 52, 17, 81 und 21 meiner ersten Abhandlung (Bd. 217 Texttafel
C) die von mir entdeckte Art der Erhöhung der
normalen Elasticitätsgrenze aufweisen. Ich wenigstens
habe in meiner ausgedehnten Experimentenreihe mit Kupfer-, Zinn- und
Zink-Legirungen vergeblich nach dieser Erscheinung in der Zinnclasse
geforscht.
Das Verfahren des Generals Uchatius ist in den Vereinigten
Staaten als der Dean-Proceß bekannt und wurde von
Samuel Buel Dean aus Boston, Mass., im Mai 1869 patentirt
für Nordamerika, England, Frankreich und Oesterreich, letzteres im
Register-Subvolume XIX, Folio 10, Nr. 378.
Das Artilleriebureau der Vereinigten Staaten hatte auch die Anfertigung von Kanonen
nach dem Dean-Proceß im J. 1870 in Angriff genommen, kam jedoch, aus Mangel
an Geldmitteln, damit nicht zu Ende. Aber es war Dean
gelungen, die Dichte der Bronze von 8,321 auf 8,780 zu erhöhen, die Festigkeit von
19k,15 pro 1qmm auf 29k,16 und die Härte von Nr. 1 in General Rodman's Scale auf Nr. 2,97Man vergleiche dagegen die von General Uchatius
erzielten Resultate (1875 217 126). Ueber die
vorausgegangenen Arbeiten Anderer hat sich wohl Niemand rückhaltloser
ausgesprochen wie General Uchatius selbst, ohne
daß hierdurch seine eigenen Verdienste geschmälert werden könnten. (Vgl. Bd.
217 S. 133.)Die Red..
Ebenso wurde auf die Methode des Generals Uchatius, die
Bronze in eisernen Formen zu gießen, schon 1856 durch Mallet in seinem Werke über Construction von Artilleriematerial
hingewiesen. Dieselbe wurde einige Zeit später von Laveissière angewendet und erwies sich von hohem Werthe. Das
Dean'sche Verfahren wurde wohl zuerst 1869 in Europa bekannt gemacht (durch Cl. Herschel aus Boston an Isidor Kanitz in Wien am 18. Mai 1869); 1870 wurde es von dem englischen
Comité für indische Feldartillerie empfohlen, und später von Oberst Rosset für die italienische Artillerie.
Was nun die Veränderung des Materiales betrifft, welche bei dem Dean-Proceß
auftritt, ist derselbe nahe verwandt dem Kaltwalzen, einem noch ältern Verfahren.
Texttafel B (Bd. 216 S. 97) enthält in Nr. 22 das
Spannungsdiagramm eines bemerkenswerth homogenen Eisenstückes, während Nr. 85 das
Verhalten einer ähnlichen Qualität, welche den Proceß des Kaltwalzens durchgemacht
hat, angibt. Ganz ähnlich sind die Diagramme zweier kürzlich von mir untersuchter
Probestücke aus einer für die Vereinigten Staaten angefertigten Bronzekanone. Das
eine Stück, aus der comprimirten Seele des Rohres, schließt sich in auffallender
Weise der Curve Nr. 85 des kaltgewalzten Eisens an, während ein zweites Probestück,
von dem äußern Ring der Kanone, der Anfangscurve von Nr. 22 völlig ähnlich ist. Die
neue natürliche Elasticitätsgrenze ist bei dem innern Stück bis zu einem Punkte
erhöht, welcher eine maximale Compression von etwa 21k auf 1qm andeutet, und nachdem die Kanone thatsächlich in Gebrauch war, läßt
sich annehmen, daß die Spannung der Gase diese Grenze niemals weit überschritten
hat.
Aus der Aehnlichkeit der Diagramme ergibt sich die nahe Verwandtschaft zwischen
Dean's Proceß und dem Kaltwalzen; letzteres aber war schon lange vorher 1857 und
1858 in Amerika und Europa durch Bernhard Lauth patentirt
worden, nachdem derselbe schon seit 1854 damit experimentirt hatte. Das Lauth'sche
Verfahren steht fortwährend in erfolgreichster Anwendung.
Selbst Werder's Verfahren bei der Erbauung des Münchener
Glaspalastes, die
Zugstangen der Dachgesperre vor der Aufmontirung einer hohen Spannung zu
unterwerfen, welches nach Professor Bauschinger (1877 224 1) schon 1854 in Anwendung gekommen ist, wurde schon
früher durch Clark empfohlen, der in seinem Berichte über
die Britannia- und die Conway-Brücke im J. 1850 folgendes anführt.
„Wir sahen, daß durch Vergrößerung der bleibenden Setzung von
Schmiedeisen die spätere Ausdehnung und Zusammendrückung unter beliebigen Lasten
vermindert wird, und wir haben die Vermuthung ausgesprochen, daß die Rohre der
Brücke eine geringere Durchbiegung unter ihrer normalen Last gezeigt haben
würden, wenn ihre obern und untern Platten vorher durch künstliche Beanspruchung
comprimirt und ausgedehnt worden wären. Wenn es also möglich wäre, die
gedrückten und gespannten Glieder von Eisenconstructionen vor ihrer Anwendung
als Träger auf künstliche Weise dauernd zu belasten, so würde ein solcher Träger
weniger Durchbiegung haben und thatsächlich stärker sein, denn die Stärke wird
nur durch die Durchbiegung bestimmt.“ Weiterhin beschreibt Clark die Versuchsresultate derartig behandelter Stäbe
und stellt dieselben tabellarisch zusammen. Daraus ergibt sich, daß der ungespannte
Stab bei gleicher Last nahe die dreifache Durchbiegung zeigte wie der vorher
künstlich ausgedehnte.
Auch das Experiment von Professor Bauschinger (1877 224 1), in welchem er dasselbe Probestück mehrmals hinter
einander zum Bruche bringt und jedesmal erhöhte Festigkeit findet, war schon vor
Jahren auf den Werften in Woolwich (England) mit einer großen Zahl von Probestäben
vorgenommen worden und hatte das gleiche Resultat ergeben. Es wurde dies damals von
Einigen dadurch zu erklären versucht, daß der Stab jedesmal an seiner schwächsten
Stelle brechen und daher bei spätem Versuchen nothwendig höhere Festigkeit zeigen
müsse; heute weiß man wohl, daß dieses Resultat zum Theile von der Erhöhung der natürlichen Elasticitätsgrenze herrührt, welche durch die
Formveränderung hervorgerufen wird, und insofern ebensowohl bei Metallen der
Eisen- als der Zinnclasse auftreten kann; erstere jedoch haben diesen Effect
noch dadurch erhöht, daß auch die Curve der normalen
Elasticitätsgrenzen bei intermittirender Beanspruchung höher rückt, wie
dies in den Diagrammen durch das ruckweise Ansteigen der Spannungscurven ersichtlich
ist. So besitze ich einen Eisenbarren, 1 3/8 Zoll engl. (34mm,925) Durchmesser, welcher sich unter der
Last von 30750k bis auf 1 1/4 Zoll (31mm,750) einzog. Den nächsten Tag brach er
unter der Last von 39900k an einer ganz
andern Stelle, während der Theil, welcher unter 30750k nachgegeben hatte, bei 39900k aushielt. Diese
Erscheinung wäre bei
Metallen der Zinnclasse nicht möglich. (Vgl. Wood's
Resistance of materials, 1875 p. 250.)
Die andern Experimente, welche Professor Bauschinger (a.
a. O.) beschrieben hat, sind äußerst interessant; es war jedoch schon in meiner
ersten Abhandlung (in einer Anmerkung des englischen Originals) angeführt, daß
Commodore Beardslee eine Erhöhung der normalen
Elasticitätsgrenzen sowohl beim Verbleiben der Last, als nach
Entfernung derselben constatirt habe, und derselbe wird, nachdem er
wechselnde Versuche bis über die Dauer eines Jahres betreffs dieses Phänomens
angestellt hat, seinen ausführlichen Bericht der Vereinigten
Staaten-Regierung im nächsten Dienstjahre abstatten. Sowohl er als ich
anticipirten schon lange die von Professor Bauschinger
(Bd. 224 S. 5) nachgewiesene Erscheinung.
Dagegen beziehen sich die in Bd. 224 Seite 1 bis 5 dieser Abhandlung enthaltenen
Versuchsresultate thatsächlich auf eine andere Erscheinung als die von mir in meinen
Arbeiten hervorgehobene. Erstere zeigen einfach, wie schon bewiesen war, daß Metalle
der Zinnclasse zwar eine Erhöhung der natürlichen
Elasticitätsgrenze durch Spannung erfahren, aber jene Erhöhung der normalen Elasticitätsgrenzen nicht erleiden, welche auf
Tafel C (Bd. 217) meiner ersten Abhandlung aus den
Diagrammen ersichtlich ist. Das Spannungsdiagramm Nr. 68 auf dieser Tafel (vgl. Bd.
217 S. 166), welches 1873 von einem Probestück Siemens-Martinstahl abgenommen
wurde, zeigt im Beginne der Curve die gewöhnlichen Veränderungen, auf welche sich
General Uchatius und Professor Bauschinger bezogen haben; aber im Punkts B
(bei 62° Verdrehungswinkel) gibt es eine deutliche Illustration der von mir
zuerst bemerkten Erhöhung der normalen Elasticitätsgrenze
nach vollständiger Entfernung der Last, während im Punkte
C (bei 86° Verdrehungswinkel) dasselbe
Phänomen unter constant erhaltener Belastung eintritt, so daß die seither von Bauschinger constatirte Thatsache vollkommen ersichtlich
gemacht ist.
In Zusammenfassung des oben Gesagten gebe ich zunächst als selbstverständlich zu, daß
alle Metalle (selbst Zinn nicht ausgenommen, wie
General Utachius annahm; vgl. das Spannungsdiagramm Nr.
88 auf Texttafel B Bd. 216 S. 97) eine Erhöhung der natürlichen Elasticitätsgrenze zeigen. Dagegen hat mir
noch kein Metall der Zinnclasse jene eigenthümliche Erhöhung der normalen Elasticitätsgrenzen ergeben, welche die
Eisenclasse charakterisirt.
Die Tabellen von Professor Bauschinger auf S. 2, 3 und 5
(Bd. 224) zeigen keine Veränderung der normalen Elasticitätsgrenze bei Bronze oder
Zink und sind jedenfalls nicht markant genug, um entscheidend zu sein. Meine eigenen
Untersuchungen über Bronze, Glockenmetall und Messing von einer Festigkeit bis zu
48k,371 pro 1qmm gegossen ohne Phosphorzusatz oder
sonstige Kunstgriffe) und mit Hunderten andern Metallsorten der Zinnclasse haben mir
nie ein Beispiel der auf Tafel C (Bd. 217) für die Eisenclasse dargelegten Erscheinungen gebracht.
Die Resultate Professor Bauschinger's über die Eisenclasse
stimmen mit den meinigen überein.
Vielleicht wird ein sorgfältiges Prüfen dieser Bemerkungen, sowie vor allem ein
verständiges Studium der von mir erhaltenen Spannungsdiagramme weitere
Mißverständnisse von Seite meiner Kritiker vermeiden.
Zum Schluß möge noch, was die graphische Darstellung der Festigkeitsverhältnisse
durch Zusammenstellung der Versuchsresultate in Spannungscurven betrifft, die Ehre
der ersten Einführung dem General Morin gegeben werden,
welcher in seinem Werke „Resistance des
matériaux“ um das J. 1850 Diagramme vorführt, welche
die gewöhnliche Variation der Elasticitätsgrenze bei zunehmender Belastung deutlich
darstellen.