Titel: | Westinghouse's Luftbremse für Eisenbahnen. |
Autor: | Ernst Bilhuber |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 34 |
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Westinghouse's
Luftbremse für Eisenbahnen.
Mit Abbildungen auf Taf.
I [d/2].
Westinghouse's Luftbremse für Eisenbahnen.
Nach der in diesem Journal erschienenen Beschreibung der verschiedenen Arten von
Westinghouse'schen Luftbremsen (*1877 223 18), wie sie
bei den Waggons in Anwendung sind, möge nun auch der an der Locomotive angewendete
Bremsmechanismus eine nähere Besprechung erfahren.
In Figur 17
sind B, B die Treibräder und B₁ ein Stück des Rahmens einer amerikanischen Locomotive; an diesem
Rahmen sind mittels Gelenken d₁ die Bremsbacken
d aufgehängt. b ist
einer der Bremscylinder, dessen Kolbenstange c durch die
zwei Gelenkhebel c₁ mit den Segmenthebeln e und diese mit den Bremsbacken d so verbunden sind, daß beim Beginne des Hubes der Berührungspunkt S der angreifenden Flächen unter die Verbindungslinie
der Mittelpunkte s, s der Segementcurven zu liegen
kommt. Die Hebel e arbeiten auf diese Weise, bis der
Berührungspunkt S mit der Verbindungslinie der Mittel
punkte ss zusammenfällt, als Kniehebel, in Folge
dessen die Bremsbacken schnell gegen den Umfang der Treibräder gebracht werden. Die
weitere Bewegung ist eine langsamere, gleichmäßigere. Die einzelnen Theile des
Apparates sind so construirt, daß bei Beendigung der Kniehebelbewegung die Backen
gerade anfangen, den Radumfang zu berühren.
Die Druckstangen e₁ zwischen den Bremsbacken und
den Segementhebeln sind verstellbar (Fig. 18), um die
Abnutzung der Backen und Radreifen ausgleichen zu können. Die Nasen a₁ mit Setzschrauben a am Ende der Druckstangen e₁ dienen
zum Verstellen der Bremsbacken derart, daß sie stets parallel und gleichmäßig am
Radumfange angreifen. Beim Drehen der Setzschrauben, welche gegen die Aufhängehebel
d₁ drücken, bewegen sich die obern losen
Enden der Bremsbacken entweder gegen oder von den Radreifen, und kann auf diese
Weise der gleichmäßige Angriff regulirt werden.
Durch Unachtsamkeit könnte manchmal der Luftdruck so groß sein, daß bei Anwendung der
Bremse ein Gleiten der Räder stattfindet. Um diesem Uebelstande abzuhelfen und
zugleich einen schnellen Abzug der Luft beim Zurückgehen der Bremse zu erzielen, werden die
in Fig. 19
und 20
angegebenen Vorrichtungen verwendet. In der Zu- und Ableitungsröhre D für die comprimirte Luft zum Cylinder ist ein
Speiseventil D₁ und ein Sicherheitsventil D₂ (Fig. 19) angebracht,
dessen Ventilconus n durch eine Feder in seinen Sitz
gedrückt wird. Diese Feder muß so gespannt sein, daß das Ventil bei Ueberschreitung
des festgesetzten Druckes sich öffnet. In dem Speiseventilgehäuse D₁ (Fig. 20) ist das Ventil
r' so angebracht, daß es beim Einströmen der Luft
geschlossen, beim Ausströmen derselben aber geöffnet wird. Auf diese Weise muß die
im Bremscylinder arbeitende Luft durch die kleine, etwa 5cm weite Oeffnung r im Speiseventil gehen, was ein zu schnelles Steigen des Kolbens und
Andrücken der Bremsbacken, bezieh. einen gefährlichen Stoß im Zug und Apparate
verhindert. Wird der Ablaßhahn gedreht, so öffnet der rückwirkende Druck das Ventil
r und die Luft entweicht schnell; der Kolben im
Cylinder sinkt, die Bremsbacken fallen durch ihr eigenes Gewicht zurück und kommen
außer Berührung mit dem Radumfang. Die sich gegenüber liegenden Bremsbacken, rechts
und links der Locomotive, sind durch Querstäbe von den Augen d₂ der Aufhängehebel d₁ aus
verbunden, was zu der Gleichmäßigkeit des Angriffes beiträgt.
Statt comprimirter Luft kann bei dieser Anordnung auch Dampf, Wasser etc. angewendet
werden.
Ernst Bilhuber.