Titel: | Doppelmuffelofen zur Zugutemachung silicatischer Kupfererze; von Hunt und Silliman. |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 510 |
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Doppelmuffelofen zur Zugutemachung silicatischer
Kupfererze; von Hunt und
Silliman.
Mit Abbildungen auf Taf.
XI [c.d/1].
Hunt und Silliman's Doppelmuffelofen für Kupfererze.
Auf der seit langen Jahren in Abbau stehenden mächtigen, neben Kupferkies auch
Malachit und Kieselkupfererz führenden, in einer auf den laurentinischen Gneißen des
Welshgebirges ruhenden und im Norden von Discordant aufgelagerten, mit mesozoischen
Sandsteinen bedeckten Zone von milden Schiefergesteinen aufsetzenden
Magneteisensteinlagerstätte der Jones- oder Johannes-Grube bei
Springfield (Penn., Nordamerika) kommt ein eigenthümliches Kupfererz vor, welches
von den dortigen Bergleuten als „Thonerz“ (clay-ore) oder „thoniges
Kupfercarbonat“ (clay carbonate of
cooper) unterschieden, von Dr. T. Sterry Hunt aber, mit Hindeutung auf die
mythologisch-alchemistische Bezeichnung des Kupfers,
„Venerit“ genannt worden ist. Auf der westlichen Seite der
jetzt zur
Magneteisengewinnung in Abbau stehenden Pinge setzen unregelmäßige Lager des
erwähnten, im Durchschnitte 6 bis 7 Proc. Kupfer enthaltenden Minerals auf, von
welchem mittels kleiner Schächte und Stollen seit einigen Jahren mehrere 1000t gewonnen wurden. Den
Ergebnissen neuerer Ausrichtungsarbeiten zufolge bildet der Venerit regellose, den
milden, anscheinend in Verwitterung begriffenen und die großen Lagerstöcke von
Magneteisen unterteufenden Schiefern eingelagerte, mit einem grobkörnigen,
kupferarmen Minerale und eisenschüssigen Zwischenmitteln von gleichem Streichen und
Fallen wechselnde Schichten, welche von zahlreichen Quarztrümmern abgeschnitten
werden und bei einer Mächtigkeit von 6 bis 8 Fuß (1,83 bis 2m,44) 3 bis 6 Proc., bei einer
solchen von ½ Zoll (12mm,7) und darüber 10 bis 12 Proc. Kupfer geben.
Diese reineren Erzportionen zeigen im feuchten Zustande eine apfelgrüne, beim
Trocknen zum Grünlichweiß sich abändernde Farbe. Das Mineral ist frei von
Carbonaten, durchaus nicht thonartig und bildet eine Art von Kupferchlorid, ein
Hydrosilicat von Magnesia, Kupferoxyd, Thonerde und Eisenoxyd. Von verdünnten Säuren
wird es wenig angegriffen, von concentrirter Schwefelsäure aber unter Abscheidung
von flockiger, durch Behandlung mit verdünnter Natronlauge von beigemengtem
Quarz- und Magneteisensand leicht zu trennender Kieselsäure zersetzt. In
einem durch sorgfältiges Waschen und Schlemmen von gröbern Körnern und den feinsten,
lange suspendirt bleibenden Theilchen befreiten Antheile des Minerals fand G. W. Hawes:
Ungelöstes
6,22
oder nach
SiO
2
30,73
SiO
2
28,93
Abzug des
Al
2
O
3
14,67
Al
2
O
3
13,81
Ungelösten
Fe
2
O
3
5,35
Fe
2
O
3
5,04
FeO
0,29
FeO
0,27
MgO
18,55
MgO
17,47
CuO
17,58
CuO
16,55
H
2
O
12,83
H
2
O
12,08
–––––
–––––
100,37
100,00
und berechnete aus diesen Ergebnissen das Sauerstoffverhältniß
zwischen Monoxyden, Sesquoxyden, Säure und Wasser zu sehr annähernd 4:3:6:4, so daß
die Zusammensetzung des Venerits (falls das Mineral eine homogene Substanz ist) den
Chloriden nahe steht.
Die Verhüttung dieses Erzes bot eine interessante Aufgabe dar, indem es einerseits
bei seiner Strengflüssigkeit der Beschickung nur in geringen Mengen zugesetzt werden
kann, anderseits eine hydrometallurgische Behandlung zu kostspielig sein würde, da
zur Extraction des Kupfers eine vollständige Zersetzung des Silicats durch Säuren
erforderlich ist. Während nach J. Douglas
jun. Beobachtungen dem Kieselkupfererze (Chrysocolla),
einem einfachen Kupfersilicate, durch Digestion mit einer kochsalzhaltigen
Eisenchlorürlösung das Kupfer vollständig entzogen wird, verhält sich der Venerit
indifferent gegen eine solche Lösung sowohl vor, als nach dem Zubrennen (Glühen).
Hunt fand indessen, daß das Erz nach dem Erhitzen mit
kohlenstoffhaltigen Substanzen in verschlossenen Gefäßen zu Dunkelrothglut seinen
Kupfergehalt an die Kochsalz-Eisenchlorürlösung rasch abgibt, indem ohne
Zweifel durch diese Behandlung das Kupfer des Silicats zunächst zu Metall reducirt
und dann beim Erkalten an freier Luft rasch zu einem Gemenge von Oxydul und Oxyd
umgewandelt wird, welches sich mit Eisenchlorür zu Kupferchlorür und Kupferchlorid
umsetzt. Proben des Erzes, mit einem geringen Zusatze von Holz oder bituminösem
Steinkohlenpulver 3 bis 4 Stunden lang zu gelindem Rothglühen erhitzt und an der
Luft erkaltet, gaben an die erwähnte heiße Flüssigkeit ihren ganzen Gehalt an Kupfer
ab, welches letztere zum größten Theil als Chlorür in Lösung ging, wie daraus
hervorgeht, daß zum Fällen von 100 G.-Th. metallischen Kupfers aus der
farblosen Flüssigkeit nur ungefähr 47 Th. metallisches Eisen erforderlich waren.
Diese Beobachtungen Hunt's wurden bald verwerthet, und
jetzt werden, nach den Mittheilungen im Engineering and
Mining Journal, October 1876 S. 263 auf den Werken der „Chemical
Copper Company“ zu Phönixville (Pa.) täglich mehrere Tonnen
„Thonerze“ auf hydrometallurgischem Wege verhüttet.
Professor B. Silliman construirte unter thätiger Beihilfe
von Wm. Edmondson für die Behandlung dieser und ähnlich
beschaffener Erze in continuirlichem Betriebe einen besondern, im Januar 1876 in
Phönixville ausgeführten Muffelofen, der in den Figuren 18 bis 23 nach den
Werkzeichnungen abgebildet ist. Die Form, die Dimensionen und die ganze Einrichtung
desselben wurde durch die besondern Eigenschaften des Erzes bedingt, welches, von
der Grube mit einem Gehalte von 20 bis 25 Proc. Bergart angefahren, beim Trocknen zu
einem leichten, lockern, mit Stücken von unzersetztem Gestein gemengten Pulver
zerfällt. In diesem Zustande läßt es sich mit Steinkohlenpulver oder einer ähnlichen
reducirend wirkenden Substanz ohne Mühe innig mengen. Da es ein auffallend
schlechter Wärmeleiter ist, gleichzeitig aber die Muffelwandungen zu möglichster
Beschränkung des Brennstoffverbrauches möglichst schwach sein müssen, so dürfen die
Chargen von nur geringer Dicke sein, um ein rasches Erhitzen derselben zu
ermöglichen und zu starke Belastung der Wand zu vermeiden.
Die Wände der beiden Muffelkammern oder Muffeln sind aus den besten, eine Schicht
stark mit größter Sorgfalt gelegten und mit den Umfassungsmauern an mehrern Stellen
fest verbundenen feuerfesten Ziegelsteinen construirt (Fig. 19 und 22). Die 10
Fuß (3m,05) hohen, 12
Fuß (3m,66) tiefen und
2 Fuß (0m,61) breiten
Kammern fassen je etwa 14000 bis 15000 Pfund (6350 bis 6804k) trocknes Erz, von welchem in
frisch gefördertem Zustande die Bergtonne ungefähr 33 Cubikfuß (0cbm,934) im Gewichte
von 2352 Pfd. (1067k)
faßt, während es nach dem Trocknen etwa 75 Pfd. pro 1 Cubikfuß (etwa 1200k pro 1cbm) wiegt. Aus dem in
der Mitte zwischen beiden Muffeln liegenden Herde strömen die Feuergase zunächst
nach außen, dann aufwärts zwischen die äußern Muffelwände und die Umfassungsmauern,
hierauf wieder abwärts in den zwischen beiden Muffeln befindlichen mittleren Raum,
wo sie durch einen aus Figur 19 ersichtlichen
gemauerten horizontalen Scheider dem unter der zum Trocknen des Erzes dienenden
Sohle hinwegstreichenden Systeme von Zügen zugeführt werden und, nachdem sie die
Muffelwände in deren ganzen Ausdehnung bestrichen haben, schließlich der Esse
zuströmen. Diese Einrichtung bewährte sich als ganz zweckentsprechend, indem
sämmtliche Theile der Muffelkammern sehr gleichmäßig erhitzt werden. Die von den
Feuergasen, wie Figur 18 zeigt, vor ihrem Eintritte in die Esse erhitzte Trocknungssohle
hat über 500 Quadr.-Fuß (46qm,45) Fläche
und ist aus großen, auf den Scheidewänden der Züge ruhenden Breitziegeln construirt
(Fig.
19). Jede Muffel hat zwei zum Eintragen der Beschickung dienende, mit einer
Eisenplatte bedeckte Oeffnungen, die mit einem zum Entweichen der während des
Calcinationsprocesses entwickelten Wasserdämpfe und Gase, gleichzeitig auch zum
bequemen Oeffnen und Schließen der Oeffnung dienenden Gasrohre versehen sind. Die
zum Austragen der geglühten Beschickung bestimmten beiden ausbalancirten Thüren
(Fig. 23)
bewegen sich in senkrechten Führungen. Die zum Transporte des reducirten Erzes
dienenden Wagen stehen dicht unter und vor den Austragsthüren.
Die Reduction des Kupfersilicats in diesen Muffeln dürfte entweder durch unmittelbare
Einwirkung des Kohlenstoffes auf das Kupferoxyd (C + CuO = CO + Cu), oder durch gleichzeitige Einwirkung von
Kohlenwasserstoffgasen und Kohlenoxyd auf das letztere—in diesem Falle unter
Bildung von Wasser und Kohlensäure—vermittelt werden. Anthracitpulver als
Reductionsmittel wirkt, wie die Erfahrung bald lehrte, viel zu langsam und erfordert
eine zu hohe Temperatur, um irgend vortheilhaft zu sein; eine mit diesem Materiale
beschickte Erzpost war selbst nach 48 stündigem, ununterbrochenem Glühen nur
theilweise reducirt. Weit besser wirkte Pulver mit bituminöser Steinkohle; die Reduction erfolgte
zwar vollständig, nahm indessen noch immer zu viel Zeit in Anspruch, indem ein auf
der Trocknungssohle vorgerichtetes Gemenge von 15000Pfd. (6804k) trocknem Erz und 1500 Pfd.
(680k)
Steinkohlenpulver zur Reduction 60 Stunden erforderte, während man von vorn herein
bezüglich der Dauer des Reductionsprocesses und des durch dieselbe bedingten
Brennstoffverbrauches günstigere Resultate erwartet hatte. Nachdem dessenungeachtet
dieses Verfahren mehrere Monate mit recht günstigen Ergebnissen befolgt worden, kam
man auf die Anwendung von Steinkohlentheer, von welchem 1 Barrel (etwa 400 Pfd. oder
181k) an Stelle
der 1500 Pfd. (680k)
Steinkohlenpulver genommen wurde. Die Reduction erfolgte nun vollständig binnen 30
Stunden, und zwar bei einer niedrigern Temperatur als früher bei der Anwendung von
Steinkohlen, was leicht erklärlich ist. Beim Erhitzen eines möglichst innigen
Gemenges von Erz und Theer in der Muffel tritt eine chemische Wirkung erst bei
Dunkelrothglut (unter 500°), also bei einer
Temperatur ein, bei welcher bekanntlich in einem Kohlenwasserstoffstrom die
Reduction der Eisenoxyde zu Eisen erfolgt, bei der aber der Theer reichliche Dämpfe
abgibt, welche die bereits ziemlich stark erhitzte Beschickung in dem geeigneten
Momente durchdringen und eine rasche und sehr vollständige Reduction des Kupfers
vermitteln, wogegen das bei Anwendung von Anthracit, Holzkohle oder Koke entwickelt
Kohlenoxyd nur langsam auf das Kupferoxyd wirkt, wozu überdies eine beträchtlich
höhere Temperatur erforderlich ist, bei Benutzung bituminöser Steinkohle aber ein
beträchtlicher Antheil, der bei einer unter dem Reductionspunkte des Kupfersalzes
liegenden Temperatur aus jenem Brennstoffe entwickelten Hydrocarbüre für den Proceß
verloren geht und die zurückbleibenden Kokes in Folge ihres unvortheilhaften
Aggregatzustandes nur langsam und unvollständig zu wirken vermögen.
Allem Anscheine nach entsprechen die Dimensionen und Einrichtungen des beschriebenen
Muffelofens dieser in jeder Art vortheilhaften Wirkungsweise des Kohlentheers aufs
Beste; nur dürfte eine vollkommenere Heizmethode für die Muffeln dringendes
Bedürfniß sein, weshalb auch die Anlage von Gasgeneratoren definitiv beschlossen
ist, nachdem die mit einem solchen Ofen 9 Monate lang in continuirlichem Betriebe im
Großen ausgeführten Versuche die bedeutenden Vorzüge derselben deutlich klargelegt
haben und ein Umbau des Feuerraumes durch die Anlage eines Gasofens nicht
erforderlich gemacht werden wird.
Beim Ausziehen der Chargen oxydirt sich das reducirte Kupfer in Folge der Berührung
mit der äußern Luft sofort und löst sich in diesem Zustande im
Hunt-Douglas-Bade leicht auf. Das geglühte, vorher feinpulverige Erz zeigt eine
merkwürdige Texturveränderung; es ist ganzkörnig geworden, so daß es vom gedachten
Lösungsmittel leicht und vollkommen durchdrungen wird, während es vor dem Glühen und
der durch dasselbe vermittelten Beseitigung des Hydratwassers für Flüssigkeiten fast
ganz undurchdringlich ist.
H. H.