Titel: | Naphtylamin-Grau, -Mode und -Braun auf Baumwolle; von F. Rhem und F. Lamy. |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 325 |
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Naphtylamin-Grau, -Mode und
-Braun auf Baumwolle; von F.
Rhem und F.
Lamy.
Rhem und Lamy, über Naphtylamin-Grau, -Mode und
-Braun.
Die im Großen ausgeführten Versuche von A. Kielmeyer (1870
196 67) und von A. Scheurer (1870 197 443) haben übereinstimmend
die praktische Unausführbarkeit des Naphtylaminviolettes auf Baumwolle dargethan. F.
Rhem veröffentlicht nunmehr im Bulletin de Rouen, 1876 S. 29 seine Versuche, Naphtylamin-Grau und
-Mode dem Anilinschwarzverfahren entsprechend auf Baumwolle zu entwickeln.
Die drei zugehörigen Streifenmuster, welche dem Originalaufsatz beigegeben sind,
bestehen aus einem Grau und aus zwei einander sehr nahe verwandten Modetönen, doch
ohne daß eine dieser Nüancen eine besonders effectvolle Wirkung auf das Auge
ausübte, wie überhaupt die Rolle derartiger Farbentöne in der Druckerei, im
Gegensatz zur Färberei, von jeher eine untergeordnete, höchstens vorübergehende
gewesen ist. Dazu kommt, wie Rhem selbst bemerkt, das
unklare Weiß zwischen den einzelnen Streifen, welches bei der Empfindlichkeit dieser
Naphtylaminfarben gegen das Chloren nicht leicht verbessert werden kann. Obschon
denselben eine große Beständigkeit gegen Licht und Luft, gegen Säure und Alkalien
nachgerühmt wird, so läßt doch der Umstand, daß die erhaltene Nüance je nach der
Behandlung in der Hänge, oder je nachdem durch Soda, Chromkali, Kalkwasser oder
Kreide passirt wird, eine verschiedene ist, keine besonders sichere Fabrikation
voraussehen, genau wie sich dies seiner Zeit beim Naphtylaminviolett herausgestellt
hat. Wenn gleichwohl über die Versuche Rhem's in diesem
Journal berichtet wird, so geschieht dies wegen ihres wissenschaftlichen Interesses,
und weil noch nicht alle Hoffnung auf eine praktische Verwendung des Naphtylamins in
den Druckereien aufzugeben ist.
Rhem hat das Eisenchlorür als das vortheilhafteste
Fixationsmittel gefunden, obgleich die dasselbe enthaltenden Druckfarben sich nicht
lange halten — eine weitere schwache Seite dieser Fabrikation. Die Vorschrift
für die gelbstichige Modenüance besteht aus:
1l
Wasser
125g
weiße Stärke
50
Naphtylamin
15
chlorsaurem Kali
10
Salmiak
50
Essigsäure
12,5
Salzsäure
25
Eisenchlorür (spec. Gew. 1,3804).
Für die zweite mehr graue Nüance wird Salpetersäure statt Salzsäure genommen. Um ein
förmliches Grau zu erhalten, wird eine der beiden Naphtylaminmodefarben mit
Anilingrau vermengt, und zwar auf 3 Th. Mode, 1 Th. Anilingrau und 1 Th. Stärkepaste
(letztere bestehend aus 1l Wasser, 125g weiße Stärke, 50g Essigsäure, 10g Tournantöl).
Das Anilingrau, welches zur Mischung verwendet wird, hat folgende
Zusammensetzung:
1500g
Tragantschleim
40
Salmiak
40
chlorsaures Kali
5
salzsaures Anilin
30
salpetersaures Kupfer (spec. Gew. 1,4493)
40
Salzsäure.
Das Verhängen wird am besten so durchgeführt, daß die Waare zuerst auf einige Stunden
in ein trocknes, mäßig erwärmtes Local und dann erst für 1 bis 2 Tage in die
eigentliche Feuchthänge der Färberswaare gebracht wird.
Wenn die frühern Arbeiten über das Naphtylaminviolett nothwendig zu dem Schluß
führten, daß dasselbe nicht wie das Anilinschwarz das Ende eines chemischen
Processes, sondern nur die Uebergangsstufe eines solchen bezeichne, welche jede
Gelegenheit benutzt, um sich dem eigentlichen Endpunkt der Reaction zu nähern, so
ist wohl auch das Naphtylamin-Grau und -Mode nur als das Product einer
solchen unvollständigen Oxydation anzusehen, und scheint jener Endpunkt der
Oxydation des Naphtylamins vielmehr im Naphtylaminbraun zu suchen zu sein. In der
That hat diese Farbe in bedeutenden Druckereien im Großen gearbeitet und arbeitet
dort vielleicht noch immer. Im Ganzen genommen hat sie jedoch die Erwartungen, die
ihr erstes Auftreten erweckte, nicht in vollem Maß erfüllt. Ein Braun neben
Anilinschwarz, Orange, Chamois, das überdies mit Alizarin-, Garancine-
und Indigo-Artikeln sich combiniren läßt, versprach allerdings eine
vielseitige Bereicherung der Musterkarte, allein die Fabrikation des
Naphtylaminbrauns erwies sich bald als eine unsichere und mit vielen
Widerwärtigkeiten verknüpfte. Wieder Andere erklärten das erhaltene Braun für unecht
gegen Licht und Luft
und die Nüance für leblos und matt. Die Proben, welche Lamy im Bulletin de Rouen, 1876 S. 38 von dem
nach seiner Vorschrift dargestellten Naphtylaminbraun vorführt, sind zwar, was die
Nüance betrifft, befriedigend, der einfärbige Streifen ist sogar ein wirklich gutes
kräftiges Braun, und das Weiß durchwegs rein und klar, aber Lamy läßt in seiner Abhandlung selbst durchblicken, daß die Fabrikation
manche Gefahren verbirgt und noch mancher Verbesserung nicht blos fähig, sondern
auch bedürftig ist.
Bevor Lamy zur Anwendung der neuen Farbe für den
Baumwolldruck schritt, stellte er zunächst das Braun im Laboratorium dar und erhielt
durch Einwirkung von freier Chromsäure auf die heiße und concentrirte Lösung eines
Naphtylaminsalzes einen dunkelbraunen Niederschlag, welcher in Wasser,
Salpetersäure, Ammoniak, Weingeist unlöslich, in Essigsäure ein wenig löslich ist.
Dann versuchte er diesen braunen Farbstoff auf Baumwolle aufzufärben, und zwar durch
Eintauchen der letztern in eine Lösung von salzsaurem oder salpetersaurem
Naphtylamin, Trocknen und Fixiren im Chromsäurebad (auf 1 Th. zweifach chromsaures
Kali 1 Th. Kieselfluorwasserstoffsäure vom spec. Gew. 1,1598). Hernach wurde die so
behandelte Baumwolle durch Kalkwasser genommen und schließlich nach einer letzten
Passage durch Ammoniak oder Chlorsoda (unterchlorigsaures Natron) ein lebhaftes
gelbstichiges Braun erhalten.
Für den Druck stellt sich Lamy zunächst salpetersaures
Naphtylamin dar in folgender Weise: In einem gußeisernen, emaillirten Gefäße werden
1k,56 möglichst
reines Naphtylamin bei 50° geschmolzen, dann wird bei 40° ein Gemenge
von 1k,35
Salpetersäure von spec. Gew. 1,3804 und von 1k,35 kaltem Wasser zugegeben, das Ganze
vorsichtig zum Kochen gebracht, bei gelindem Feuer 40 Minuten im Kochen erhalten und
in einem glasirten, flachen Thongeschirr erkalten gelassen. Man erhält so eine
Krystallmasse im Gewicht von ungefähr 3k,40, die sich in gut verschlossenen
Flaschen und in trockenen Localen längere Zeit unverändert aufbewahren läßt. Sie
dient zur Bereitung der Druckfarbe; es werden nämlich zu diesem Zweck:
1,28k
salpetersaures Naphtylamin in
0,96k
Essigsäure vom spec. Gew. 1,0583 gelöst, die Lösung an
4l
lauwarme Stärkepaste (150g pro Liter) gerührt und
mit
70g
chlorsaurem Kali (in 600g heißem Wasser gelöst)
versetzt.
Unmittelbar vor dem Druck werden noch 80g Kieselfluorwasserstoffsäure
zugefügt, um durch Bildung von freier Chlorsäure ein dunkleres Braun zu erzielen.
Will man diese Druckfarbe coupiren (heller stellen), so geschieht dies mit lauwarmer
Stärkepaste, welcher pro 2l 35g
chlorsaures Kali (in 400g heißem Wasser gelöst) eingerührt worden sind.
Die Druckfarbe hat eine große Neigung auszukrystallisiren, weshalb es sich, um ein
reines Weiß zu erhalten, empfiehlt, dieselbe 30 bis 40° warm zu verwenden und
die Druckwalzen vor dem Gebrauch in heißem Wasser laufen zu lassen, wie dies
manchmal auch beim Druck von Bleiorange nothwendig wird. Nach dem Druck, bei welchem
ein allzu scharfes Trocknen vermieden werden muß, wird 24 Stunden verhängt, bei
24° (höchstens 28°)auf dem trocknen und bei 22° (höchstens
26°)auf dem nassen Thermometer. Ein längeres Verhängen ist für die Nüance
schädlich. Dann Passiren die Stücke eine kleine Rollenkufe, die nicht mehr fassen
soll als 150l kaltes
Wasser, in welchem pro Liter 60g zweifach chromsaures Kali und 45g Salzsäure (spec. Gew. 1,1786) oder
45g
Kieselfluorwasserstoffsäure (spec. Gew. 1,1598) gelöst sind. Aus diesem Chrombad,
welches übrigens, sobald es anfängt, schmutzig zu werden, frisch angesetzt werden
muß, gehen die Stücke direct in den Fluß, werden dann auf dem Clapot gewaschen und
im Farbkessel 20 Minuten kalt gechlort (auf 8 Stück 700l kaltes Wasser und 8l alkalische
Chlorsodalösung vom spec. Gew. 1,1152). Nun wird gehaspelt und, weil in Folge des
Coagulirens der Stärkepaste im Chrombad dieselbe gern Säure zum Nachtheil des
Gewebes zurückhält, vor der heißen Seife ein kaltes Ammoniak (15g Salmiakgeist pro
Liter Wasser) gegeben. Die darauf folgende Seifelösung soll wie die Chlorsoda
schwach alkalisch gehalten werden; sie enthält 2g Seife pro Liter, und die Stücke laufen
in ihr ½ Stunde lang bei 60°. Hernach wird wieder gewaschen,
getrocknet, nud je nachdem das Weiß ausgefallen ist, ein Dampf- oder
Trockenchlor gegeben.
Ist Naphtylaminbraun neben Bleiorange gedruckt worden, so werden obigem Chrombad im
Rollenkasten noch 500g
schwefelsaures Natron pro Liter Wasser zugesetzt; dann wird gewaschen, durch kaltes
Ammoniak passirt, nochmals gewaschen, das Orange in lauwarmer Chromflotte (500 bis
750g rothes
chromsaures Kali auf 100m) 20 Minuten ausgefärbt, wieder gewaschen, in kochendem Kalk
orangirt, gewaschen und vor dem Trocknen entweder kalt gechlort, wie bei einfärbig
Braun, oder sogleich ein Dampfchlor gegeben.
Es ist zu beachten, daß Lamy's Druckfarbe, abweichend vom
Anilinschwarz und von andern Vorschriften für Naphtylaminbraun, kein Metallsalz
enthält. Lamy hat auch nach letztern versuchsweise
gearbeitet, aber keine hat ihm das gleichmäßige, satte Braun geliefert wie die von
ihm für das Naphtylaminbraun angegebene Vorschrift.
Kl.