Titel: | Ueber die Herstellung von Eis; von Ferd. Fischer |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 165 |
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Ueber die Herstellung von Eis; von Ferd. Fischer
Mit Abbildungen auf Taf.
IV [a. b/1].
Fischer, über die Herstellung von Eis.
Bekanntlich gibt es im Wesentlichen zwei Vorgänge, die mit Wärmeabsorption verbunden
sind: Erhöhung des Aggregatzustandes und Vergrößerung des Volums. Man kann hiernach
Kälte erzeugen: 1) durch Verflüssigen eines festen Körpers mittels einer Flüssigkeit
(Lösen von Salzen) oder eines andern festen Körpers (Kochsalz mit Schnee), also
mittels sogen. Eismischungen; 2) durch Ueberführung eines flüssigen (Aether,
Ammoniak) oder eines festen Körpers (Carbonat mit einer Säure) in den gasförmigen
Aggregratzustand; 3) durch Ausdehnung comprimirter permanenter Gase.
Kältemischungen. Blasius Villafranca, ein römischer Arzt, machte im J. 1550 die Beobachtung, daß
man Wasser durch Auflösen von Salpeter abkühlen könne, und Latinus Tancredus fand im J. 1607, daß durch Mischen von Schnee
mit Salpeter eine noch tiefere Temperatur erhalten werde. LeonhardiMacquer's Chymisches Wörterbuch; deutsch von Leonhardi (Leipzig 1791) Bd. 7 S. 19.
berichtet, daß man Eis, mit Kochsalz, Salmiak oder Salpetersäure gemischt, in der
Chemie, der Heilkunst und der Kochkunst als Abkühlungsmittel verwende. Um
Quecksilber gefrieren zu machen, bediente man sich im vorigen Jahrhundert namentlich
der Mischungen von Schnee mit verdünnten Säuren. Brugnatelli (1822 7 381) 1825 18 485) mischte Schnee mit Weingeist oder Aether.
Am 10. November 1824 schrieb die Société d'Encouragement
in Paris einen Preis von 2000 Franken aus für die Entdeckung eines Verfahrens zur
Aufbewahrung oder Herstellung des Eises, so daß 1k Eis nicht mehr als 3 Centim koste (1825
16 100). Es gelang zwar nach den Versuchen von Decourmanche (1825 18 266)
*1826 20 161)
Malepert (*1836 61 444), Boutigny (1844 91 308), Filhol (1847 103 80) und Fumet(1849 114 302) *1851 121 375) mittels Glaubersalz und Säuren Eis herzustellen,
aber nur zu hohen Preisen.
Erst in neuerer Zeit sind die zur Beurtheilung einer Kältemischung erforderlichen
Grundlagen, wenigstens theilweise, durch die Untersuchungen von Rüdorff (1869 194 57), Meidinger (1875 217 471), Berthelot (1874 213 239), Thomsen, Pfaundler u. A.
geschaffen. Immerhin wird es kaum jemals gelingen, mittels 1k Kohle, zum Abdampfen des
Lösungswassers, mehr als 1 bis 2k Eis herzustellen, so daß die Verwendung von Kältemischungen zur
Fabrikation irgend erheblicher Mengen von Eis, selbst unter Mitwirkung von
Maschinenkraft, wohl niemals vortheilhaft werden kann.
Verdunstungskälte. Cullen
machte im J. 1755 die Beobachtung, daß man durch Luftverdünnung die Verdunstung des
Wassers derartig beschleunigen könne, daß das Wasser selbst im Sommer in Folge der
Verdunstungskälte gefriere. Nairne (1777) fand, daß
Schwefelsäure im luftverdünnten Raume die Feuchtigkeit anziehe, worauf es Leslie (1810) durch zweckmäßige Verbindung dieser beiden
Beobachtungen gelang, Wassermengen bis zu 750g zum Gefrieren zu bringen. Thenard (1825 16 106)
verwendete in gleicher Weise Chlorcalcium zur Absorption des verdunstenden
Wassers.
Der erste Versuch, die Verdunstungskälte technisch zur Herstellung größerer Eismengen
zu verwenden, wurde von J. Vallance(*1825 16 227) *1826 21 412) gemacht,
der mittels Luftpumpen durch Schwefelsäure getrocknete atmosphärische Luft über
Wasser streichen ließ. Hare (*1835 56 294) verwendet wieder die Verdunstung des Wassers im Vacuum über
Schwefelsäure — ein Verfahren, welches Edm. Carré
(1867 185 77) *1872 205 417)
in seinen bekannten kleinen Eisapparaten praktisch verwerthete.
Perkins (*1837 64 46) Vgl. 1857
145 318) ließ sich am 14. August 1835 die erste
Aethermaschine patentiren; die durch Verdunstung gebildeten Aetherdämpfe werden
mittels einer Pumpe durch Kühlröhren getrieben und nach der Verflüssigung dem
Verdunster wieder zugeführt. Shaw (1836) will als
Verdampfer eine große Linse aus Kupferblech und einen Condensator aus gebogenen
Röhren verwenden. HarrisonPolytechnisches Centralblatt, 1857 S. 1031 und 1506. und Lavrance (1860 158 115) 1875
218 53), sowie F. Carré
(1860 158 109) und D. Siebe(*1863 168 434) *1869
191 189. *1870 195 522. 1874
214 126. 1875 218 54 und
242) verbesserten die Aethermaschine so weit, daß sie praktisch brauchbar wurde.
F. Carré (1861 160 23) *1862
163 180. *1863 168 171.
1869 193 432) erhielt am 15. October 1860 ein englisches
Patent auf seine Ammoniakmaschine; die Prioritätsreclamationen von Tellier, Budin und Hausmann (1861 160 120)
scheinen nicht begründet gewesen zu sein. Sonstige Vorschläge sind neueren
Datums.
Nach diesem kurzen geschichtlichen Rückblick möge eine gedrängte Besprechung der
bisher vorgeschlagenen flüchtigen Flüssigkeiten folgen. In nachstehender Tabelle ist
der Siedepunkt und die latente Verdampfungswärme einiger Flüssigkeiten, sowie deren
specifische Wärme im gasförmigen Zustande bei constantem Druck nach RegnaultAnnales de chimie et de physique, 1876 t. 9 p.
180. u. A. zusammengestellt.
Textabbildung Bd. 224, S. 167
Flüssigkeit.; Siedepunkt.; Latente
Wärme.; Specifische Wärme der Dämpfe.; Wasser; Grad.; Alkohol;
Schwefelkohlenstoff; Aether; Chloräthyl; Schwefligsäureanhydrid; Methyläther;
Ammoniak; Kohlensäureanhydrid
Hieraus folgt, daß Wasser, Alkohol, Schwefelkohlenstoff, Aether und Chloräthyl nur
unter vermindertem Druck die zur Eisbildung erforderlichen niedern Temperaturen
geben, während durch Schwefligsäureanhydrid, Methyläther, Ammoniak und
Kohlensäureanhydrid auch beim Verdunsten unter Atmosphärendruck hinreichende
Temperaturerniedrigungen erhalten werden. Es wird nun sowohl das Vacuum wie die
Wiedergewinnung der Substanzen erreicht durch Absorption der gebildeten Gase mittels
entsprechender Lösungsmittel oder durch Pumpen. Man unterscheidet hiernach
Eismaschinen mit Absorption und solche mit Compression.
Wasser kann als Kältequelle wegen der geringen Dichte
seiner Dämpfe bei niedern Temperaturen nur in Absorptionsmaschinen mittels der
bekannten hygroskopischen Substanzen verwendet werden. Da aber hierzu ein fast
vollständiges Vacuum erforderlich ist, so werden der schwer zu erhaltenden Dichtungen wegen
auch die Ed. Carré'schen Maschinen keine allgemeinere
Verbreitung finden können.
Alkohol ist wegen seiner geringen Tension und der kaum
ausführbaren Absorption nicht zur Eisherstellung geeignet. Völlig unbrauchbar ist
offenbar der von MoignoDeutsche Industriezeitung, 1865 S. 385. Wagner's Jahresbericht, 1865 S.
574. vorgeschlagene Amyläther, der
erst bei 176° siedet.
Schwefelkohlenstoff, der von Liénard und Hugon in Paris verwendet sein soll,
und mit dem auch Ballo (1874 211 344) 1875 218 239) und DecharmeChemisches Centralblatt, 1874 S. 1 und 769. experimentirt haben,
steht wegen seines höhern Siedepunktes und der geringern latenten Wärme hinter dem
Aether zurück. Außerdem muß wegen der geringen specifischen Wärme seiner Dämpfe die
Maschine größer sein als eine Aethermaschine von gleicher Leistungsfähigkeit.
Aethyläther erfordert im Verdampfer (Refrigerator) ein
bedeutendes Vacuum, im Condensator aber einen Druck von 2 bis 3at; die Dichtungen
müssen daher mit großer Sorgfalt gemacht werden. Wegen der viel geringern latenten
Verdampfungswärme werden die Aethermaschinen nicht dauernd mit den Ammoniakmaschinen
concurriren können. In der That kosten 100k Eis mit den Siebe'schen Maschinen, je nach Größe derselben, 5,6 bis 0,6 M. Auch die
Aethermaschine von Siddeley und MackayPolytechnische Centralblatt, 1875 S. 1426. Iron,
*März 1877 S. 356. in Liverpool wird keine bessern Resultate
geben. Ueber die Aethermaschinen von MühlWagner's Jahresbericht, *1873 S. 736. 1874 S. 828. und von Della-Beffa und West
fehlen noch nähere Nachrichten.
Aethylamin (Siedepunkt + 18°) und Methylamin, dessen Siedepunkt unter 0° liegt, von
Tellier (1862 165 450)
vorgeschlagen, und das von KöhlerMoniteur scientifique, 1870 p. 838. empfohlene Chloräthyl werden wegen ihres hohen Preises kaum
praktisch verwendet werden. Auch das Chymogen (1875 218 56) wird für Europa kaum in Betracht kommen
können.
Schwefligsäureanhydrid, schon von Tellier (1861 160 120) vorgeschlagen, wird
praktisch angewendet bei dem Glaciarium zu Chelsea (*1876 222 555). Dieselben Maschinen werden mit nur unwesentlichen Abänderungen
von Raoul PictetAnnales de chimie et de physique, 1876 t. 9 p. 196. Revue industrielle, * März 1877 S.
128. in Paris auch zur Herstellung von Blockeis, zum Kühlen der
Getränke u. dgl. geliefert; in Europa sollen bereits 14 Maschinen im Betriebe sein.
Nach andern
Mittheilungen erfordern dieselben bei einer stündlichen Leistungsfähigkeit von 25
bis 1000k Eis 1 bis
40e und kosten ohne die erforderliche
Dampfmaschine 10 000 bis 80 000 Franken. 100k Eis kosten angeblich nur 1 Fr.
Unbrauchbar, sowohl für Absorptions- wie Compressionsmaschinen, ist die Kohlensäure (1875 218 57),
während sich der von Linde vorgeschlagene, von Tellier (1872 203 191) 1875
218 55) praktisch verwendete Methyläther noch günstiger als Aethyläther, vielleicht auch als das
Schwefligsäureanhydrid stellen wird. Alle werden aber wesentlich übertroffen vom
Ammoniak.
Ammoniak ist in Folge seiner großen Löslichkeit in Wasser
und der verhältnißmäßig leichten Condensirbarkeit gleich geeignet für
Absorptions- und Compressionsmaschinen. Bei seiner hohen latenten
Verdampfungswärme, der großen specifischen Wärme des Gases und seinem niedrigen
Siedepunkt ist das Ammoniak als die vortheilhafteste von allen bisher zur Eisbildung
vorgeschlagenen Substanzen zu bezeichnen. — Vor einigen Wochen hatte
Verfasser Gelegenheit bei O. Kröpf in Nordhausen eine von
demselben wesentlich verbesserte Carré'sche Ammoniak-Eismaschine mit
Dampfheizung im Betriebe zu sehen. Des bequemern Vergleiches wegen sind hier
dieselben Buchstaben zur Bezeichnung der einzelnen Theile dieser in Figur 38 dargestellten
Maschine gewählt als in der Beschreibung der Carré'schen Maschine (*1863 168 181).
Der Dampf von 3 bis 4at
Spannung tritt durch B in die Heizschlange des
Ammoniakkessels A ein und verläßt sie wieder durch C. Durch diese Dampfheizung wird das Durchbrennen des
Kesselbodens, was bei directer Feuerung bisweilen eintritt, vermieden, die Erwärmung
der Ammoniakflüssigkeit geschieht rascher und gleichmäßiger, die Leistungsfähigkeit
der Maschine wird dadurch erhöht, der Betrieb sicherer.
Das entwickelte Ammoniak durchstreicht nun wie bei den Carré'schen Maschinen den
Rectificator G, geht möglichst entwässert durch I zum Condensator J und
verdichtet sich hier in dem Schlangenrohr K K1 durch eigenen Druck und unter Mitwirkung des durch
J′ aus Z
zufließenden Kühlwassers zur Flüssigkeit. Das flüssige Ammoniak fließt durch L in den Regulator M und von
hier durch N in das Schlangenrohr Q des Eiserzeugers Q1, wo es unter dem verminderten Druck wieder gasförmig wird. Die hierbei
entstehende Kälte wird durch eine Chlorcalciumlösung auf das in den eingesetzten
flachen Gefrierzellen befindliche Wasser übertragen. Statt des beweglichen Rahmens
bei Carré wird die Chlorcalciumlösung hier durch den viel
praktischeren Rührer r in Bewegung erhalten.
Bekanntlich ist das Eis aus gewöhnlichem Wasser in Folge der ausgeschiedenen
Luftbläschen porzellanartig. Es wird nun hier Condensationswasser aus der Schlange
B C in einem Kühlgefäß (auf der Abbildung nicht
sichtbar) durch das aus Y abfließende Wasser vorgekühlt,
durchfließt den wesentlich vergrößerten Kühler O und
wird aus f mit fast 0° in die Gefrierzellen
abgelassen. Das aus diesem Condensationswasser erhaltene, fast chemisch reine Eis
bildet farblose, krystallklare Tafeln von 80mm Dicke, 185mm Breite und etwa 75cm Länge.
Das in Q gasförmig gewordene Ammoniak entweicht durch T, gibt in O einen Theil
seiner Kälte an das zu gefrierende Condensationswasser ab und tritt durch das bis
auf den Boden verlängerte Rohr im Cylinder U in die aus
dem Kessel durch W, W1, W2 kommende erschöpfte Flüssigkeit. Die hierdurch
wieder hergestellte concentrirte Ammoniaklösung wird von der Pumpe g angesaugt, durch das Rohr i nach dem Temperaturwechselgefäß X getrieben
und gelangt, hier vorgewärmt, durch F zum Kessel A zurück.
Der Absorptionscylinder U ist hier fast dreimal so groß
als bei Carré, das aus T
kommende Ammoniakgas wird in die erschöpfte Flüssigkeit selbst geleitet, während
dieselbe früher regenförmig vertheilt eingeführt wurde; die Absorption soll in Folge
dieser Aenderung vollständiger sein. Die Lösungswärme des Gases (496c) wird von dem in der
Kühlschlange dieses Absorptionscylinders durch a aus Z einfließenden Wasser aufgenommen und fortgeführt.
Das Temperaturwechselgefäß X hat hier nur eine Schlange;
die aus dem Kessel A kommende erschöpfte Flüssigkeit
tritt durch W ein, durchfließt dieselbe von oben nach
unten, gibt den größten Theil ihrer Wärme an die die Schlange außen umfließende
concentrirte Lösung aus U ab, geht durch W1, wird in der Schlange
des Kühlgefäßes Y völlig abgekühlt und tritt in den
Absorptionscylinder U, um wieder mit Ammoniakgas
gesättigt zu werden und den Kreislauf aufs Neue zu beginnen.
Die erwähnte Maschine liefert stündlich 50k Eis; das Kühlwasser in Z hatte +9°, das aus dem Condensator abfließende
+14°, das Wasser aus dem Kühlgefäß Y+19°.
Der Dampfkessel, welcher die Schlange B C speiste,
arbeitete mit 4at,
während die Spannung des Ammoniaks im Kessel A und dem
Condensator J von dem Manometer k zu 8at
angegeben wurde. Die Temperatur der Chlorcalciumlösung im Eisbildner wechselte
zwischen -10 und -18°, je nachdem die Gefrierzellen rasch gewechselt wurden.
Ammoniakgeruch war kaum merkbar, der Verlust soll für 2000k Eis nur 1k betragen.
O. Kropf liefert diese Maschinen zu
folgenden Preisen:
Textabbildung Bd. 224, S. 171
Stündliche Leistungsfähigkeit.;
Stündlich erforderliches Kühlwasser.; Kohlenverbrauch pro Stunde.; Erforderliche
Arbeiter zur Bedienung.; Erforderlicher Flächenraum.; Länge.; Breite.; Höhe.;
Preise.; k; hl; k; m; m; m; M;.
Nach den mitgetheilten Rentabilitätsrechnungen kosten 100k Eis mit der größten Maschine 40 Pf.,
mit der zweiten 50 Pf. Für die Maschinen mit directer Heizung, welche ebenfalls von
Kropf geliefert werden, ergeben sich in gleicher
Weise 50 Pf. und 68 Pf. Bei gleicher Leistung stellt sich der Preis des Eises für
Maschinen mit Dampfheizung also wesentlich billiger.
Aehnliche Maschinen liefern jetzt auch Vaaß und Littmann in Halle.
Beachtenswerth ist der Vorschlag von Reece (*1870 195 40), das Mitverdampfen des Wassers möglichst zu
verhüten; dagegen wird durch die von Mort und Nicolle (*1870 197 311) 1875
218 145) vorgeschlagene Verwendung eines möglichst
wasserhaltigen Ammoniaks die Leistungsfähigkeit der Eismaschine ohne Frage
geschwächt.
Die Ammoniakmaschinen mit Absorption haben den großen Vortheil, daß sie keine
Luftpumpe und daher auch keine nennenswerthe Maschinenkraft erfordern, dagegen den
Nachtheil, daß nur die latente VerdunstungswärmeDie theoretische Abkühlung durch Verdunsten ist bekanntlich gleich der
latenten Verdunstungswärme dividirt durch die specifische Wärme des Dampfes.
Somit erhält man für Aether -89,8 : 0,4797 = -187°, für
Schwefelkohlenstoff = -83,5 : 0,1569 = -532°; für das flüssige
Ammoniak gibt Berthelot (1874 213 241) -460° an. Daraus berechnet sich
die latente Verdunstungswärme zu -460 × 0,5084 = 234c Nach Thomsen
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1873 S. 711) ist die
Lösungswärme des gasförmigen Ammoniaks für 1 Molecül = 8435c, für 1k also 496c Die Lösungswärme des flüssigen Ammoniaks
würde darnach 262c sein; eine andere
Angabe ist mir leider nicht bekannt. für den Proceß verwendet
wird, während die Lösungswärme verloren geht und Veranlassung zu einem
verhältnißmäßig großen Kühlwasserverbrauch gibt. Auch dadurch geht Wärme verloren,
daß die erschöpfte Flüssigkeit aus dem Kessel im Temperaturwechselgefäß nicht alle
Wärme an die wiederhergestellte Ammoniaklösung abgibt. Eine Maschine, die nur mit
wasserfreiem Ammoniak arbeitet, ist frei von diesen Verlusten, hat aber eine
Luftpumpe nöthig. Die theoretische Leistungsfähigkeit
einer solchen Ammoniak-Eismaschine mit Compression ist unzweifelhaft größer
als die einer Absorptionsmaschine.
Professor C. Linde in München hat die in Figur 39 abgebildete
Ammoniakmaschine mit Compression construirt. Nach der mir von demselben gütigst zur
Verfügung gestellten Patentbeschreibung sind A und B zwei Röhrenapparate von gleicher Construction,
zusammengesetzt aus Rohrspiralen, zwischen deren Gänge schraubenförmig dünne Bleche
eingelegt sind, so daß die in den Röhren circulirende Flüssigkeit mit einer
außerhalb der Röhren in entgegengesetzter Richtung sich bewegenden Flüssigkeit auf
eine bedeutende Erstreckung hin Gegenströmung hat. Die flüchtige Flüssigkeit
— Ammoniak oder Methyläther — (letzterer ist, wie vorhin gezeigt, viel
weniger vortheilhaft F.) kommt in dem Röhrenapparate des Verdampfers A zur Verdunstung, die gebildeten Dämpfe werden durch
die doppeltwirkende Pumpe C angesaugt und in die Röhren
des Condensators B gedrückt, wo sie mit Hilfe des
dieselben umfließenden Kühlwassers zur Flüssigkeit verdichtet und dann durch das
Regulirventil D nach A
zurückkehren. Soll die Maschine direct zur Luftkühlung verwendet werden, so läßt man
diese in den erwähnten Zwischenräumen des Röhrenapparates von A circuliren, bei der Wasserkühlung das Wasser, bei Herstellung von Eis
dagegen eine Salzlösung.
Zum Füllen und Nachkühlen des Apparates dient der von außen durch Wasser u. dgl.
erwärmte Destillationskessel K, der mit einer
gesättigten Lösung der betreffenden Flüssigkeit gefüllt wird. Die entwickelten
Dämpfe werden durch die Pumpe angesaugt und in B
comprimirt. Die Kolben und Stopfbüchsendichtungen werden in eigenthümlicher Weise
mittels Glycerin gegen die Atmosphäre abgesperrt, welches von außen her einem dem
innern Dampfdrucke stets überlegenen Drucke unterworfen ist; überschüssiges Glycerin
sammelt sich in dem Gefäß G und wird von hier zur Pumpe
zurückgeführt.
Die Figuren 40
und 41 zeigen
Längenschnitt und Querschnitt des Eisgenerators von Linde. Die in dem Verdampfer A (Fig. 39)abgekühlte
Salzlösung tritt durch das Rohr a in die Trommel T ein, fließt durch b
ab und wird nach A
zurückgepumpt. Die Trommel ist von einem Gehäuse eingeschlossen und taucht unten in
Wasser ein, welches, mit einem äußern Gehäuse communicirend, stets in gleicher Höhe
erhalten wird. Bei langsamer Drehung der Trommel bedeckt sich deren sternförmige
Oberfläche fortwährend mit einer dünnen Wasserschicht, welche in Folge der starken
Abkühlung durch die in der Trommel befindliche Salzlösung gefriert. Sobald die
Eisplatten die volle Dicke erreicht haben, wird die Salzlösung bis zum Niveau c c abgelassen und durch ein Röhrchen Dampf in die
Trommel eingeführt, wodurch die Ablösung des Eises erfolgt. Das Eis wird hier wegen
der langsamen Bildung in krystallklaren Platten von 7 bis 8cm Dicke und von beliebiger Länge und
Breite erhalten. (Vgl. A. C. Kirk* 1865 177 220.) Eine derartige Maschine, welche stündlich
250k Eis liefert
oder 400k Eis zur
Wasserkühlung ersetzt, steht bei G. Sedlmayer in München
im Betriebe. 100k Eis
stellen sich auf 80 Pf., bei Ersetzung von Eis zur Abkühlung von Würze oder Wasser
auf 50 Pf. Sie erfordert eine Maschine von 8e.
Die Maschinen werden von der Augsburger Maschinenfabrik in
Augsburg in 7 Größen zu folgenden Preisen geliefert:
Textabbildung Bd. 224, S. 173
Maschine Nr.; Eisproduction pro
Stunde k; Arbeitsverbrauch e; Condensationswasser hl; Preise M.; zum
Transmissionsbetriebe eingerichtet; mit Dampfmaschine; ohne Condensation. mit
Condensation.
Bei der Eisfabrikation im großen Maßstabe ergibt sich für die beiden größten
Maschinen folgende Rentabilitätsrechnung:
Textabbildung Bd. 224, S. 173
Linde's. Eismaschine.; Nr. 7.; Nr.
6.; Leistung.; t; t; t; t Eismenge im Jahr; bei 260 Arbeitstagen zu 24
Stunden.; bei 130 Arbeitstagen zu 24 Stunden.; oder 200 Tagen zu 15 Stunden.;
Anlagekosten.; M; M; Gebäude; Eismaschine incl.
Dampfmaschine mit Condensat; Dampfkessel mit Einmauerung; Aufstellungskosten
etc.; Zusammen M.; Betriebskosten.; M.; M.; M.;
Verzinsung der Anlagekosten:; 5 Proc.; Amortisation; Eismaschine, Dampfmasch.;
Aufstellungsk.; bei 260 Arbeitstagen; bei 130 (200) Arbeitstagen; Dampfkessel
mit Einmauerung:; Kohlen. 2,40 M.; für 100 k; 2k für 1e und Stunde; Bedienung; 1k 5 für 1e und Stunde;
Ammoniak; Beleuchtung etc. Zusammen Gesammtkosten für 100k Eis; Pf.
Mit den kleinsten Maschinen kommen 100k Eis auf 268 Pf. Bei der Wasserkühlung
stellte sich das Aequivalent von 100k Eis mit den größten Maschinen auf nur
22 Pf. Für die angegebenen Leistungen, für den Arbeits-, Ammoniak- und
Kohlenverbrauch wird volle Garantie übernommen.
Kälte durch Expansion. Nachdem schon Herschel dieselbe Idee ausgesprochen, trat zuerst Gorrie (1850 115 159) in Florida mit dem
Vorschlage auf, atmosphärische Luft zu comprimiren, abzukühlen und die bei der
folgenden Ausdehnung auftretende Kälte zu Eisfabrikation zu verwenden. Smyth (*1853 130 412)
verwendete dasselbe Princip zur Luftkühlung, Nesmond
(1875 218 233) ließ sich im J. 1852 eine
Luft-Eismaschine für Handbetrieb patentiren. Kirk
(*1863 170 241) 1864 174 399)
verbesserte die Luftmaschine soweit, daß er mit 1k Steinkohle 1k Eis erhielt. Moignot (*1871 199 362) und Armengaud (1873 208 174)
unterstützen die Compression durch Einspritzen von Wasser.
Die größten Verdienste um die Luft-Eismaschinen hat jedoch Windhausen (*1870 195 115)
1873 207 509. 1875 218 235).
Die neueste Construction seiner Eismaschine, welche für eine stündliche Leistung von
4000cbm Luft von
-40 bis -50° berechnet ist und in der Brauerei von G. Merz in New-Orleans zur directen Kellerkühlung benutzt wirdAllgemeine Zeitschrift für Bierbrauerei, 1876 S. 146 und 412. ist
in Figur 40
skizzirt.
Die durch x angesaugte atmosphärische Luft wird in dem
Compressionscylinder A comprimirt, in D möglichst entwässert, in E
und F abgekühlt, im Expansionscylinder B unter Verrichtung äußerer Arbeit ausgedehnt und,
dadurch stark abgekühlt, durch das Rohr z dem
Bestimmungsorte zugeführt. Bei entsprechender Bewegung des Kolbens tritt die
atmosphärische Luft durch das sich öffnende Saugventil a
in den Compressionscylinder ein; beim Rückgänge des Kolbens schließt sich dieses
Ventil, die Luft wird comprimirt, bis das Druckventil b
sich öffnet und die Luft mit 2 bis 2at,5 Spannung nach D entweichen läßt. Zur möglichsten Verringerung der bei dieser
Compressionsarbeit auftretenden Wärme ist der Cylinder A
mit einem Wassermantel umgeben; außerdem wird durch eine Pumpe etwas Wasser direct
in den Compressionsraum gespritzt. In Folge der kurzen Biegungen, welche die
comprimirte Luft im Entwässerungscylinder D zu
durchstreichen hat, gibt sie hier den größten Theil des mitgenommenen Wassers ab,
tritt in den 4m hohen
Kessel E, geht durch die 4cm weiten eisernen Rohre von geringer
Wandstärke, dann durch
F zum Expansionscylinder B. Das diese Röhren umgebende Kühlwasser tritt an der tiefsten Stelle von
F ein, fließt durch das Rohr f nach E und verläßt diesen Kessel durch n. Die comprimirte und abgekühlte Luft tritt durch das
Ventil c in den Expansionscylinder, wird hier auf
Atmosphärenspannung ausgedehnt und tritt durch d wieder
aus.
Soll die Maschine zur Luftkühlung verwendet werden, so wird die auf -40 bis
-50° abgekühlte Luft direct dem Bestimmungsorte zugeführt; zur Eisherstellung
wird sie über Wasser geleitet, oder durch die Zwischenräume von Zinkblechkästen
hindurch geführt, welche das zu gefrierende Wasser enthalten. Die aus diesen
Eisapparaten entweichende Luft kann dann noch zur Wasserkühlung und Ventilation
verwendet werden.
Eine derartige Maschine kostet mit Zubehör 20 000 M. Nach den mitgetheilten
Rentabilitätsrechnungen kostet das Kälte-Aequivalent von 100k Eis 51 Pf. Eis selbst stellt sich mit dieser
Maschine wesentlich höher; die günstigsten Berichte geben eine Leistung von 5k Eis für 1k Kohle an; doch
scheint selbst diese Angabe noch zu hoch gegriffen.
Diese geringe Leistungsfähigkeit den Ammoniakmaschinen gegenüber ist leicht
erklärlich. Bei den Verdunstungs-Eismaschinen (mit coërcibeln Gasen) ist die
erzeugte Kälte gleich der Summe aus dem Aequivalent der äußern Arbeit während der
Expansion und der latenten Verdampfungswärme; bei den Luftmaschinen (mit permanenten
Gasen) ist die erzeugte Kälte dagegen nur der äußern Arbeit während der Expansion
äquivalent. Bei den Luftmaschinen müssen daher die Dimensionen und schädlichen
Widerstände wesentlich größer sein als bei den Verdunstungsmaschinen. Linde zeigt, daß der Kolben einer Luftmaschine von 1qm Querschnitt einen
Weg von 4km
durchlaufen muß, um das Aequivalent von 100k Eis zu erhalten; hierzu sind mindestens
21k bester
Steinkohle erforderlich.
Für Ventilationszwecke verdienen die Luftmaschinen gewiß alle Beachtung, zur
Herstellung von Eis werden sie nie mit den Ammoniakmaschinen concurriren können.
Theoretisch stellen sich die Linde'schen Ammoniakmaschinen
mit Compression am günstigsten unter allen bis jetzt bekannten Eismaschinen; ob sie
auch praktisch die Ammoniakmaschinen mit Absorption (Carré, Kropf) übertreffen werden, muß sich erst
zeigen.Vgl. Ferd. Fischer: Chemische Technologie des
Wassers (Braunschweig 1877. Fr. Vieweg und Sohn.), S. 16 bis 70.