Titel: | Ueber Concentration von Schwefelsäure auf 60° B. und über Denitrirung der nitrosen Schwefelsäure Gay-Lussac'schen Apparates; von Friedr. Bode, Civilingenieur in Hannover. |
Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 504 |
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Ueber Concentration von Schwefelsäure auf
60° B. und über Denitrirung der nitrosen Schwefelsäure Gay-Lussac'schen
Apparates; von Friedr.
Bode, Civilingenieur in Hannover.
Mit Abbildungen.
(Fortsetzung von S. 402 dieses
Bandes.)
Bode, über Concentration von Schwefelsäure.
Vergleichung der Kochtrommeln und der Cascaden in Bezug auf
ihre Kosten und Leistungen. Für ein und dasselbe Bleikammersystem wird eine
wirkliche Kochtrommel stets etwas theurer sein als eine Cascade. Dagegen ist eine
Pseudo-Kochtrommel, welche nach Art der in den Figuren 35 bis 37 Tafel V
[b/3] abgebildeten mehr einen Kochtopf vorstellt,
auch wenn man mehrere Töpfe in Anwendung bringt, wohl stets billiger als eine
Cascade. Mit Kochtrommeln oder Töpfen kann man völlig denitriren, so daß eine
Reaction mit Eisenvitriollösung nicht mehr zu erhalten ist; die Säure ist dabei auf
etwa 48° B., kalt
gewogen, zu verdünnen. Mit Cascaden gelingt die Denitrirung bis zu diesem Grade
nicht. Man erhält auf Zusatz von Eisenvitriollösung gewöhnlich eine sehr starke
Reaction, wenn man die Probe sofort nach dem Schöpfen der Säure anstellt, in welcher
in diesem Falle noch eine Menge kleiner Bläschen von Salpetergasen suspendirt sind;
wartet man dagegen einige Zeit, um jene Bläschen aus der Flüssigkeit entweichen zu
lassen, so ist die Reaction weniger stark. Ob man, in Folge davon, bei Anwendung von
Cascaden im Ganzen mehr Salpeter verbraucht als bei Anwendung von Kochtrommeln, habe
ich in exacter Weise noch nicht constatiren können. Dazu würde gehören, daß man
dasselbe Kammersystem ein Mal mit Kochtrommel, das andere Mal mit Cascade gehen
ließe. Wohl aber habe ich an verschiedenen Systemen bald mit Kochtrommeln, bald mit
Cascaden zu thun gehabt, und danach hat es mir immer scheinen wollen, als ob es für
den Salpeterbedarf im Ganzen einerlei sei, ob in Kochtrommel oder auf Cascade
zersetzt wird.
An Vorzügen und Nachtheilen der Kochtrommeln und der Cascaden sind für den Betrieb
noch folgende zu nennen. Bei den Kochtrommeln wird das Thonrohr, welches die
entbundenen Gase zugleich mit den Wasserdämpfen aus der Trommel in die Kammer führt,
ziemlich heiß und springt oft. Bei den Cascaden ist der schwache Punkt das Bleirohr,
welches den innern und den äußern Bleitopf mit einander verbindet. Es wird von den
in Bläschenform mit durchpassirenden Salpetergasen ziemlich stark angegriffen und
ist gewöhnlich zur Unzeit zerstört. Man muß dann mit der Reparatur bis zum nächsten
Stillstande der Kammern warten und so lange, da man keine Proben mehr ziehen kann,
den Zulauf des Wassers auf gut Glück reguliren. Deshalb arbeiten Manche überhaupt
gänzlich ohne die Bleitöpfe, können dann aber auch nie die Stärke der verdünnten
Säure prüfen. Hat man daher Töpfe aus einem Material zur Verfügung, welches gegen
Hitze gut Stand hält, so dürfte immerhin die Anlage von Kochtöpfen zur Zersetzung
der nitrosen Schwefelsäure noch am meisten zu empfehlen sein, sofern man auf den
Gloverthurm verzichten will oder muß.
Cascaden geben die verdünnte Säure direct wieder in die Kammerbodensäure zurück. Die
ausgekochte Säure der Kochtrommeln muß man aber, da dieselben meist zu ebener Erde
stehen, wieder in die Kammer oder über die Apparate heben, in welchen die
Wiederverstärkung stattfinden soll. Will man dies vermeiden, so muß man, was nicht
häufig geschieht, die Kochtrommel erhöht aufstellen, so daß der Ablauf noch etwas
höher als der Säurestand in der Kammer oder als das Gefäß liegt, aus welchem der
Apparat zur Wiederverstärkung gespeist wird. In diesem Falle bedarf man aber
mehr Raum und die Trommel muß mit einem soliden Unterbau versehen sein; auch ist
dann wiederum die in die Trommel kommende nitrose Schwefelsäure um so höher zu
heben. Kochtöpfe würden in diesem Falle weniger hoch aufbauen, weniger theure
Unterlagen bedürfen, aber mehr Raum beanspruchen, wenigstens wenn man gezwungen ist,
mehrere Töpfe anzuwenden.
Es ist nicht eben einfach, über die Kosten des Denitrirens in Kochtrommeln und auf
Cascaden im Allgemeinen Angaben zu machen. Die Anordnung dieser Apparate selbst und
der Anlagen, zu welchen sie gehören, sind auf diese Kosten mit von Einfluß, aber
ungemein verschieden. Wenn ich gleichwohl diese Berechnungen durchzuführen versuchen
will, so geschieht dies, indem ich nicht alle Posten in baarer Münze ausdrücke,
sondern manche nur roh neben einander stelle, indem ich ferner eine bestimmte
Anordnung der Anlagen voraussetze, die man tatsächlich ausgeführt findet. Demnach
möchte ich hier zunächst für Kochtrommeln und Cascaden die Ausgaben bei der
Zersetzung ermitteln, wenn man ein Bleikammersystem annimmt, das in 24 Stunden 120
Ctr. 66°-Säure producirt (diese Production deshalb, weil der
Gloverthurm, von welchem später die Rede sein wird, zu einer solchen Production
gehört). Und von der Kochtrommel werde ich annehmen, daß sie mit dem Ablauf höher
als der Bleikammerboden steht, daß mithin die ausgekochte Säure nicht wieder, wohl
aber unter allen Umständen die nitrose Schwefelsäure des
Gay-Lussac-Thurmes, bis über den Kopf der Kochtrommel zu heben ist.
Der Gay-Lussac-Apparat würde, wie meist der Fall, zu ebener Erde
stehen. Zunächst muß man nun der Denitrirung sowohl in Kochtrommeln, wie auf
Cascaden die Wiederverstärkung der für den Gay-Lussac-Thurm nöthigen
Menge von Absorptionssäure zur Last schreiben. Welche Menge Säure nun ist hierzu
nöthig? Man hört diese Frage – mit Recht – sehr verschieden
beantworten und in den Fabriken findet man dem entsprechend auch, daß der
Absorptionsthurm, auf Procente der Production des Bleikammersystems bezogen, sehr
verschiedene Mengen Säure enthält; wie ich behaupten möchte: häufig zu wenig. In
diesem Falle wird man unvollständige Absorption der Salpetergase haben.
Erzeugt man bei Schwefelkiesbrennung z.B. a
k 66°-Schwefelsäure in einer
Bleikammer täglich, und hat man, nach dem disponiblen
Kammerraume, 4k Salpeter (97
Proc.) oder entsprechend 38/85 (97 × 4)/100 = 1k,75 salpetrige Säure zu brauchen (für
100k 66°-Säure), so ist
die in 24 Stunden nöthige Menge an salpetriger Säure 1,75a/100 Kilogramm, welche im
Gay-Lussac-Thurme von 60°-Schwefelsäure wieder
aufzunehmen sind. Nach Winkler (Untersuchungen S. 29)
zeigt 60°-Schwefelsäure, mit Stickoxyd und Luft bis zur Sättigung an salpetriger
Säure behandelt, einen Gehalt von rund 2,5 Proc. salpetriger Säure. Zur Absorption
von 1,75a/100 Kilogramm braucht man also
mindestens (1,75 × 100a)/(100 × 2,5) Kilogramm
60°-Schwefelsäure.
Die Production von ak
66°-Säure ist aber, auf 60° B. bezogen, etwa 100a/80, und es verhalten sich (1,75a/2,5) : (5a/4) = 0,7 : 1,25 oder 56 : 100. Man muß
also, bei der festgesetzten Anstrengung des
Bleikammersystems, mindestens etwas mehr als die Hälfte der producirten
60°-Säure für den Gay-Lussac-Apparat anwenden, wenn alle
salpetrige Säure absorbirt werden soll. Ob sie es dann schon wirklich wird, ist noch
dahingestellt. Bei andern Graden der Anstrengung des Bleikammerraumes, d.h. bei
anderm Aufwand von Salpeter pro 1 Ctr. 66°-Säure (aber gleicher
Concentration der Röstgase an schwefliger Säure), stellt sich auch das obige
Verhältniß anders, z.B.
bei 4k,5 Salpeter (97 Proc.) für 100k 66°-Säure
wie
62 : 100,
bei 3k,75
Salpeter (97 Proc.) „
„ „ „
37 : 100.
Deshalb darf man, im Vorbeigehen gesagt, den Bedarf an
Absorptionssäure für den Gay-Lussac-Apparat nicht sowohl nach der
Größe des Bleikammersystems bemessen, sondern lediglich nach dem Grade der
Anstrengung des Kammerraumes, d. i. nach dem Bedarf an Salpeter pro Centner
producirter Säure oder verbrannten Schwefels. Ich kann nun auf Grund mannigfaltiger
Erfahrung aus den verschiedensten Fabriken behaupten, daß man in der Regel die
Absorptionssäure nicht in diesen Verhältnissen, die Minima vorstellen, anwendet,
sondern darunter bleibt, und damit wäre dann wohl auch eine neue und sehr
erklärliche Quelle der Salpetersäureverluste nachgewiesen, über welche schon soviel
geschrieben und untersucht ist. Ich will nun im Folgenden den Bedarf an
60°-Säure für den Gay-Lussac-Apparat zu 1/2 der
Production annehmen; es sind dann bei 120 Ctr. täglicher Leistung an
66°-Säure, welche ca. 150 Ctr. von 60° entsprechen, 75 Ctr.
60°-Säure in 24 Stunden zur Speisung des
Gay-Lussac-Thurmes erforderlich. Bedient man sich zur Concentration
der Dampfschlangenapparate, so ist der Aufwand 75 × 0,10 = 7,50 M. per Tag,
und per Jahr mit 320 Betriebstagen 2400 M. Bei Anwendung einer Kochtrommel von der
angegebenen Stellung hat man täglich rund 75 Ctr. nitrose Säure in den Kasten
oberhalb der Trommel zu heben, d. i. ungefähr 9m hoch. Bei Anwendung von Cascaden würde man dasselbe Quantum von Säure
ebenfalls heben müssen, aber nur etwa 7m
hoch.
Zur Verdünnung von 75 Ctr. 60°-Säure auf 48°
B. sind an Wasser erforderlich 1060k (wobei
ich den Gehalt einer Säure von 48° B. an 60°-Säure ansetze mit
78 Proc.). Davon kann man in die Kochtrommel etwa 1/4 als Wasser direct, 3/4 aber
als Dampf geben. Es würden also 795k Dampf
erforderlich sein. Das direct zugesetzte Wasser würde ausreichend als
Condensationswasser aus der Dampfleitung zu entnehmen sein und für Hebung also keine
Kosten verursachen. Nur die Anlage eines Wasserableitungsrohres nebst eines kleinen
Sammelkastens wäre erforderlich. Der Dampfbedarf per Jahr würde somit sein 254400k, und 6k Dampf auf 1k Kohle gerechnet,
gibt einen Kohlenbedarf von 848 Ctr. Den Centner zu 70 Pf. gekauft, ergibt sich eine
Auslage von 594 M. Abnutzung des Dampfkessels und Lohnantheil für die Dampferzeugung
würden noch separat hinzukommen.
Eine Kochtrommel, wie die in Bolley's
Handbuch abgebildete, ist einschließlich aller Nebenbestandtheile und sonstigen Erfordernisse
herzustellen für 1500 M., und hiervon 10 Proc. für Instandhaltung ausgeworfen, gibt
150 M.
Bei Anwendung einer Cascade ist, wie erwähnt, häufig eine Hebung
des zur Verdünnung dienenden Wassers auch nicht nöthig. Ich will die Hälfte, 530k täglich, als zu heben beibehalten. Das
Zersetzungswasser wird mit Dampf bis zu etwa 80° erwärmt. Nimmt man die
durchschnittliche Anfangstemperatur zu 25°, so sind für 1060k Wasser 58300c nöthig, zu deren Erzielung bei Anwendung
von mittlerer Steinkohle 29k Kohle wohl
genügen dürften. Sonach wäre der jährliche Aufwand an Kohle 185 Ctr. und die Ausgabe
dafür 130 M. Außerdem ist hier ebenfalls Abnutzung des Dampfkessels und Lohnbeitrag
für Kesselheizung in Rücksicht zu ziehen.
Die Anlagekosten der Cascade, welche in Fig. 38 und 39 Tafel IX
[a/4] abgebildet ist und für das supponirte System genügen würde, sind mit 1100 M.
zu bestreiten, und hiervon die Instandhaltung mit 8 Proc. genommen, gibt 88 M.
Stellt man demnach die Kosten der Denitrirung in Kochtrommeln und
auf Cascaden zusammen, so ergibt sich Folgendes.
Für die
Kochtrommel.
Für die
Cascade.
Concentrationskosten für
60°-Säure
2400 M.
2400 M.
Kosten für Dampferzeugung
594 „
130 „
Instandhaltung
150 „
88 „
–––––––
––––––––
Zusammen
3144 M.
2618 M.
Dazu kommen
noch:
Kosten für Heben von 75 Ctr.
60°- Säure täglich
9m
hoch.
7m
hoch.
Desgleichen für Heben von Wasser
keine.
530k pro Tag
9m hoch.
Dampfkesselabnutzung und Lohnbeitrag
für die Heizung
entsprechend:848 Ctr. Kohle
jährlich.
entsprechend:185 Ctr. Kohle
jährlich.
C) Der Gloverthurm.
In dem schweizerischen Berichte über die Wiener Weltausstellung „Chemische
Industrie“ von E. Kopp werden (S. 12) die
Glover'schen Thürme als „circa 25 Fuß hohe und 8 Fuß im Quadrat haltende
Bleikammern“ beschrieben, welche vollständig mit feuer- und
säurefesten Backsteinen ausgefüttert sind etc. Diese Bestimmung ist etwas einseitig,
auch hat man runde Gloverthürme. Ich will versuchen, eine solche Ableitung hier
durchzuführen und hoffe, damit um so weniger etwas Ueberflüssiges zu unternehmen,
als mir aus Erfahrung bekannt ist, daß in den chemischen Fabriken die Größen und
Dimensionen von Apparaten vielfach auf gut Glück von ungefähr abgeschätzt und
gewählt werden.
G. Lunge (1871 201 341) hat uns
zuerst mit einem Gloverthurme, seiner Leistung und seiner Größe, sowie mit den
Umständen bekannt gemacht, unter welchen er arbeitet. Der von ihm beschriebene Thurm
mißt im Lichten, von Blei zu Blei 6 Fuß (zu 304mm,8) auf 10 Fuß im Grundriß und hat 25 Fuß lichte Höhe (englische
Maße).
Dieser Thurm concentrirt sämmtliche im System erhaltene Kammersäure und zwar reicht
er hin, „um das Gas von ca. 140 bis 150 Ctr. Schwefelkies von 48 Proc.
Schwefel in 24 Stunden aufzunehmen.“ Es wird hinzugesetzt:
„wenn möglich, sollte man ihn nicht ganz so weit
anstrengen.“ In diesen Daten ist Alles enthalten, was man wissen muß,
um Gloverthürme für andere Verhältnisse zu entwerfen. Bevor dies im Besondern
durchgeführt wird, sei noch Folgendes zur Erwägung gestellt. Die über dem Boden des
Thurmes eintretenden Gase finden unten im Thurme einen völlig freien, nicht
ausgefüllten Raum, der bei etwa 4 1/2 Fuß über dem Bleiboden des Thurmes abschließt,
in welcher Höhe die Oberkante von trocken aufgeführten Bögen aus säurefesten Steinen
liegt. Diese Bögen lassen die nöthigen Durchlässe für die heißen Gase und dienen
mithin sowohl zur möglichst gleichmäßigen Vertheilung der Gase über den gesammten
Thurmgrundriß, wie auch als Träger für die Massen, mit welchen der Thurm ausgefüllt
ist.
Die energische Wirkung des Apparates in Hinsicht auf beide seiner Functionen beruht
nun ohne Zweifel darin, daß Flüssigkeit und Gas sich systematisch im
entgegengesetzten Sinne durch den Thurm bewegen, und daß ferner die Flüssigkeiten,
gut vertheilt, den Gasen in verlangsamter Bewegung große Oberflächen darbieten.
Hiernach darf man nun dem untersten freien, im Mittel etwa 3 1/2 Fuß hohen Raume des
Thurmes, da er ohne Füllung ist und von den Flüssigkeiten in freiem Falle sehr
schnell durchmessen wird, nur einen geringen Werth für die gesammte Arbeitsleistung
des Apparates beimessen, und es rechtfertigt sich daher, wenn man für die Berechnung
des activen Theils des Thurmes diesen Raum gar nicht mit
in Rechnung stellt. Es bleiben dann in diesem Falle 25 – 3 1/2 = 21 1/2 Fuß
oder 6m,55 active Höhe übrig. Hat man, in
anzugebender Weise, sich schließlich die Dimensionen eines neuen Thurmes berechnet,
so wird man selbstredend der gefundenen activen Höhe wiederum einen passenden Betrag
extra zufügen, welcher zur Herstellung der vorher erwähnten Gewölbe und zur
Anbringung des Gaszuführungsrohres unter diese Gewölbe erforderlich ist.
Oberhalb der durchbrochenen Gewölbe ist der Thurm in der ersten Hälfte 14 Zoll engl.
stark und in der zweiten Hälfte 9 Zoll stark mit Steinen rundum ausgesetzt. Von dem
angegebenen Querschnitte (6 zu 10 Fuß) würde somit ein entsprechend ermäßigter
Betrag in Ansatz zu bringen sein. Da aber, wie erwähnt, der Thurm sehr stark
angestrengt, d.h. etwas zu klein ist, so möge der active Grundriß mit 6 ×10 =
60 Quadratfuß = 5qm,57 beibehalten werden.
Der active Inhalt des Thurmes ist alsdann 36cbm,5.
Der tägliche Verbrand an Schwefelkies beträgt 140 Ctr. mit 48 Proc. Schwefel. Bei 44
Proc. nutzbar gemachtem Schwefel hat man in 24 Stunden 3080k, oder 2k,14 verbrannten Schwefel pro Minute. Es
geben 2k,14 Schwefel 4k,28 schweflige Säure, welche für die
normalen Bedingungen der Temperatur und des Druckes einen Raum von 1cbm,5 ausfüllen. Nimmt man den Gehalt der
Röstgase an schwefliger Säure zu 7 1/2 Vol. Proc. an, so sind obige 1cbm,5 schweflige Säure enthalten in 20cbm Röstgasen. Somit ist der active Inhalt
des Thurmes 1,825 mal größer als das Volum Röstgase (auf
0° und 760mm Druck bezogen), welches
pro Minute in den Thurm eintritt.
Nach Obigem ist also die Geschwindigkeit der Gase im Thurme (diesen ohne Füllung
gedacht) 1m,825 pro Minute, und da es,
theoretisch betrachtet, nur auf diese Geschwindigkeit ankommt, so leuchtet ein, daß
man mit den Dimensionen eines Gloverthurmes beliebig variiren kann, wenn man nur den
nothwendigen Cubikinhalt herstellt. Man könnte mithin die Thürme an Höhe
beträchtlich ermäßigen, müßte aber dafür den entsprechenden Grundriß geben. In
Wirklichkeit möchte ich dies nicht unbedingt empfehlen. Man kann bei mehreren
Apparaten, die ebenfalls thurmartig ausgeführt werden, und in welchen sich in
gleicher Weise Gase aufwärts, Flüssigkeiten abwärts bewegen, bei denen ferner
ebenfalls vom principiellen Standpunkt aus nur der Cubikinhalt maßgebend ist,
beobachten, wie für den schließlichen Effect es nicht gleichgiltig ist, Höhe und
Grundriß beliebig mit einander zu vertauschen, wie vielmehr die Höhe so zu sagen
sich wirksamer erweist als der Grundriß. Umgekehrt darf man aber auch den
Querschnitt nicht gar zu beträchtlich auf Kosten der Höhe vermindern, weil mit
Berücksichtigung der Ausfüllung des Thurmes ein gewisser Querschnitt für den
Durchgang der Gase übrig bleiben muß, wenn der Zug nicht gehemmt sein soll.
Wenn man sich also zur Regel machte, mit der activen Höhe der Gloverthürme nicht
unter 7m herabzugehen, so würde, wenn es
erlaubt ist, das Resultat dieser Erwägungen in eine mathematische Form zu kleiden,
der Ausdruck G = 36,5/7 x/140 = 5,21x/140 in Quadratmetern den lichten,
activen Grundriß desjenigen Gloverthurmes angeben, welcher genügen würde einem
Bleikammersystem, das die Röstgase von x Ctr. 48proc.
Schwefelkies in 24 Stunden aufnimmt.
Der Ausdruck G = 5,21x/140
kann graphisch dargestellt werden und gibt eine gerade Linie, welche durch den
Schnittpunkt eines rechtwinkligen Achsensystems geht. Berechnet man mit der Ordinate
x nur eine einzige Abscisse G, errichtet die letztere als Perpendikel im Endpunkte von x und verbindet den Endpunkt des Perpendikels mit dem
Schnittpunkte der Coordinaten, so geben die Abscissen, welche man von Punkten der
erhaltenen Linie auf die Ordinatenachse fällt, die Größe des lichten activen
Querschnittes eines Thurmes an, welcher zu einem Kiesverbrauch gehört, dessen Größe
durch die abgeschnittene Ordinate angezeigt ist.
In Figur 60 Tafel IX [b.d/2] sind an der x-Achse die Längen von 30, 40, 50.... vom
Anfangspunkte aus abgetragen; sie drücken den Verbrauch an 48proc. Schwefelkies in
24 Stunden aus. Die in den Endpunkten der abgetragenen Stücke errichteten und bis
zum Schnitte mit der Linie ab (welche in
beschriebener Weise erhalten ist) verlängerten Perpendikel geben den lichten activen
Querschnitt eines Thurmes an, welcher 30, 40, 50.... Ctr. Kiesaufwand in 24 Stunden
entsprechen muß. Die mit ab verzeichnete Linie
würde selbstverständlich nur für 48proc. Schwefelkies gelten, z.B. für die
spanischen Riotinto- und Tharsis-Kiese, sowie für Schwelmer
Stückkiese. Hat man es mit minderprocentigem Schwefelkies zu thun, z.B. mit Meggener
Stückkiesen, die in Deutschland mit Ausnahme der Seeplätze, wo sich schwedische,
norwegische und auch bereits spanische Kiese eingebürgert haben, noch immer das
meiste Terrain behaupten, so fällt auch die Linie anders aus. Setzt man den Gehalt
dieser Kiese zu 42 Proc. und den nutzbaren Schwefel zu 38 Proc. an, so hat man bei
140 Ctr. Verbrand in 24 Stunden 2660k
nutzbaren Schwefel. Die Röstgase würde man hier mit derselben Temperatur in den
Gloverthurm treten lassen können wie vorher (indem man den Thurm nahe genug an die
Oefen stellt), und es bleiben dann dieselben Voraussetzungen maßgebend. Für 2660k nutzbaren Schwefel würde der Thurminhalt
sein müssen 31cbm,52, und die allgemeine
Querschnittsgleichung ist hier somit G = 31,52/7 x/140 = 4,5x/140.
Ein Gloverthurm von 7m activer Höhe würde
somit bei 140 Ctr. in 24 Stunden zu verbrauchenden Stückkies von Meggen 4qm,5 lichten activen Grundriß haben müssen.
Die Abscissen der in der Tafel IX gezeichneten Linie cd geben wiederum die lichten Thurmgrundrisse bei verschiedenem
Kiesverbrauch an.
Würde man in Folge einer fehlerhaften Ofenconstruction oder der besondern
Beschaffenheit des Erzes, welches verbrannt wird, auf Röstgase von nur 6 Proc.
schwefliger Säure rechnen können, aber noch immer in der Lage sein, die Röstgase
ebenso heiß in den Gloverthurm zu entsenden wie in den vorigen Fällen, so würde
offenbar die Größe des Thurmes zunehmen müssen. Geht man wiederum von 140 Ctr.
Kiesen mit 42 Proc.
Schwefel aus (wovon 38 Proc. nutzbar) so ist der nutzbare Schwefel in 24 Stunden wie
vorher 2660k, oder pro Minute 1k,847, welche 3k,694 schweflige Säure liefern. Diese
nehmen für 0° und 760mm einen Raum
ein von 1cbm,3 und sind, 6 Vol. Proc.
schweflige Säure in den Röstgasen angenommen, enthalten in 21cbm,67 Röstgasen. Der active Inhalt eines
entsprechenden Gloverthurmes muß mithin betragen 21,67 × 1,825 = 39cbm,53.
Zur Verzeichnung einer Linie, welche die activen Grundrisse von Gloverthürmen von
7m activer Höhe unter den festgesetzten
Verhältnissen angibt, hat man somit die Gleichung G =
39,53/7 x/140 = 5,65x/140,
nach welcher in der Zeichnung die Linie ef
eingetragen ist.
Es gibt Materialien, welche bei der Verbrennung eine ansehnliche Temperatur
entwickeln, gleichwohl aber von dem überhaupt vorhandenen Schwefel nur relativ wenig
als schweflige Säure und diese ziemlich verdünnt ausgeben. Hierhin gehören
bleiische, zinkische und kupferhaltige Erze, welche auf metallurgischen Werken
Verwendung zur Erzeugung von Schwefelsäure finden. 140 Ctr. eines solchen Erzes von
38 Proc. Schwefel, von welchem man nur 30 Proc. bei Röstgasen von 5,5 Vol. Proc.
schwefliger Säure gewinnt, liefern in 24 Stunden 2100k oder stündlich 1k,46 Schwefel oder 2k,92 schweflige Säure, welche 1cbm,02 entsprechen. Diese Menge würde in
18cbm,55 Röstgasen enthalten sein, die
einen lichten Thurminhalt erfordern von 18,55 × 1,825 = 33cbm,85. Die allgemeine Grundrißgleichung
würde hier sein G = 33,85/7 x/140 = 4,83x/140. Hiernach ist die Linie gh gezogen.
Uebrigens habe ich in der Zeichnung unterhalb der x-Achse auch noch die Linien eingezeichnet, welche für die
verschiedenen Materalien die tägliche Leistung der Bleikammern an erstem Säurehydrat
(SO₃, HO)
angeben. Was freilich auch ohne diese Linien schon anzunehmen ist, erscheint durch
dieselben sehr deutlich und in die Augen springend, daß nämlich zu gleichen
Säureproductionen sehr verschiedene Thurmgrundrisse (bei gleicher Höhe) nothwendig
sein können.
Der von Lunge beschriebene Thurm, von welchem ich hier
ausgegangen bin, ist, wie man sich erinnert, ein ziemlich angestrengter Apparat, und
die meisten dieser Thürme werden in England ziemlich intensiv betrieben; sie sind
ziemlich nahe an die Röstöfen gestellt, empfangen also ziemlich heiße Röstgase. Die
Leistung an concentrirter Säure ist dabei allerdings sehr hoch; freilich ist man
aber auch leichter der Gefahr ausgesetzt, daß der Thurm Schaden nimmt; überhaupt wird er schneller
abgenutzt sein, als solche Apparate, welche mit weniger heißen Gasen arbeiten. Nun
gibt es eine ganze Anzahl von Fällen, wo man die Röstgase nicht mit der
größtmöglichsten Hitze in den Gloverthurm treten lassen kann, es auch nicht will und
darf. In allen diesen Fällen würde man minder intensiv arbeitende Gloverthürme
erhalten, und an einem dergleichen Thurme hat der Verfasser seine Beobachtungen
angestellt. Es muß ein solcher Thurm auch grade um deswillen durchaus geeignet
erscheinen zu Beobachtungen und Untersuchungen, weil er nämlich dem einen Punkte,
welcher zu Zweifeln und gegen die Anwendbarkeit des Thurmes sprechenden Ansichten
überhaupt Anlaß geben kann, d. i. geringe Temperatur der Röstgase, durchaus
entspricht.
Das Bleikammersystem, zu welchem der Thurm gehört, leistet in 24 Stunden etwa 120
Ctr. Schwefelsäure von 66° B. (diese als erstes Hydrat (SO₃, HO) angenommen)
oder etwa 150 Ctr. von 60° B. oder etwa 190 Ctr. Kammersäure von 50°
B. Es war ursprünglich beabsichtigt, Stückkiese zu verbrennen und demgemäß
Stückkiesöfen zu errichten. Man änderte die Ansichten in dieser Beziehung aber nach
Feststellung der Pläne und nach bereits begonnenem Bau des Ofenhauses und wollte
Schwefelkiesgraupen von durchschnittlich über 5mm und unter 10mm Korngröße
verarbeiten. Der Verfasser bediente sich zu Verbrennung dieses Materials einer
Ofenconstruction, zu welcher der Graupenofen von Walter
(1874 212 54) den Anstoß gab, und welche in der
Hauptsache darauf ausgeht, den ganzen Rost, der bei diesem Material nur sehr mäßig
hoch bedeckt sein darf, mit einem Male zu drehen und zu dechargiren, wie dies auch
bei Walter der Fall ist.
Die vier Oefen sind in dem Grundriß Figur 42 Tafel V [d/3]
mit a bezeichnet. Da von einem Material der bezeichneten
Art beträchtlich mehr Staub als von Stückkiesen zu erwarten war (auch schon wegen
der feinen, immerhin wenigen, Thonpartikeln, welche den Graupen anhängen), so
erschien es nicht rathsam, die Gase möglichst heiß in den Gloverthurm gehen zu
lassen oder, was hier dasselbe sagen will, einen möglichst kurzen Gascanal zwischen
Oefen und Thurm anzuwenden. Man entschloß sich somit, zwischen dieselben eine
Staubkammer bb einzuschalten. Da das Gebäude
bereits begonnen war, so mußte man sich nach dem vorhandenen Raume richten, so daß
diese Kammer, in welcher die Gase den durch Pfeile bezeichneten Weg nehmen, nur von
mäßiger Größe angelegt werden konnte. Es war daher noch immer zu fürchten, daß der
Absatz des Staubes noch nicht vollständig genug erfolgen möchte und entschloß man
sich noch ferner, die Gascanäle unter den Bleipfannen, welche man auf die Oefen setzte,
sehr hoch zu nehmen, so daß sie selbst als eine Art Staubkammer gelten können. Man
hatte zwar anfangs nicht beabsichtigt, überhaupt dergleichen Pfannen anzuwenden,
ging aber doch zu denselben über in Erwägung, daß durch das Bestreben, die Röstgase
möglichst von Staub befreit in den Gloverthurm treten zu lassen, die Temperatur
dieser Gase eine so geringe werden möchte, daß überhaupt die Leistung des Thurmes
nur sehr bescheiden ausfallen würde. In der angedeuteten Weise hat man unbeschadet
des Absatzes des Staubes voraussichtlich wenigstens die erste Hitze der Oase nach
Kräften ausgenutzt. Die Staubkammer b ist oben mit
gußeisernen Platten abgedeckt, und die Oberkante derselben liegt 0m,8 höher als die Oberkante der Röstöfen,
die sich einschließlich der Pfannenhöhe 3m
über die Haussohle erheben. Der links liegende Theil der Staubkammer erhebt sich
schlotartig über den übrigen Theil, ist ebenfalls mit gußeisernen Platten bedeckt,
deren Oberkante wieder 1m,6 höher liegt,
als die Platten des niedern Theils der Staubkammer. In der Seitenwand der
schlotartigen Erhöhung ist endlich das gußeiserne Rohr d
eingelassen, welches innen rundum mit gewöhnlichen, aber sehr scharf gebrannten und
dichten Mauerziegeln (auf der flachen Seite liegend und ohne Mörtel eingesetzt)
ausgekleidet ist. Dicht vor dem Gloverthurme ist an dieses gußeiserne Rohr ein
Bleirohr aus dickem Blei angeflanscht, in welches die Auskleidung des eisernen
Rohres sich 1/2 bis 1 Stein lang fortsetzt. Die Flanschenfuge ist mit steifem
Theerkitt gedichtet, der zwischen Blei- und Eisenflansch eingestemmt ist, und
es ist sodann noch das Ganze durch 24 Schrauben angezogen, deren Muttern nicht
direct auf den Bleiflansch, sondern auf zwei halbkreisförmige schmiedeiserne
Ringstücke stoßen. Das ganze Rohr hat ein wenig Fall nach dem Thurme zu.
Ich füge übrigens zum Verständniß der Figur 42 noch bei, daß
e eine Canalöffnung bedeutet, durch welche man beim
Anheizen der Oefen die Rauchgase nach dem Schornstein entweichen läßt. Die Oeffnung
ist von außen zugänglich und wird durch einen mit Sand rundum beworfenen Schieber
geschlossen, sobald die Oefen die ersten Kiesladungen empfangen. Auch ist jeder Ofen
absperrbar – in der Weise, wie dies früher angegeben ist. Die Sohle der
Staubkammer ist nur um eine Rollschicht höher als die Haussohle, und ihr innerer
Inhalt beträgt gegen 35cbm. Die mit
gußeisernen Platten belegte Oberfläche ist ca. 9qm groß. Die Gascanäle unter den Bleipfannen sind im Mittel 70cm hoch und haben, abzüglich einer Zunge,
welche in der Mitte unter den Pfannen entlang läuft, gegen 0qm,7 Querschnitt, so daß für jeden Ofen
noch ein Raum von 4cbm,34 resultirt, in
welchem die Gase zuerst unter den Pfannen circuliren. Bei dem ansehnlichen Querschnitt ist
die Geschwindigkeit der Gase eine sehr geringe und der Absatz von Staub geht daher
wohl in erwünschter Weise von statten, dafür ist aber auch die Abkühlung der Gase
eine erhebliche, und setzt sich diese Abkühlung noch in der mit Eisenplatten
abgedeckten Staubkammer fort. Endlich sind für den Absatz des Staubes aus den Gasen
auch noch die kleinen Zweigcanäle (0m,4
breit und 1m,1 hoch), welche die Gase von
unter den Pfannen in den Hauptcanal in der Mitte der Oefen führen, sowie dieser
Hauptcanal selbst geeignet, der 0m,8 breit,
1m,1 hoch ist und dessen Länge hierfür
mit etwa 7 bis 8m in Betracht kommt.
(Fortsetzung folgt.)