Titel: | Bürgin's elektro-dynamische Maschine und Minenzündapparat. |
Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 177 |
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Bürgin's elektro-dynamische Maschine und
Minenzündapparat.
Mit Abbildungen auf Taf.
IV [c/3].
Bürgin's elektro-dynamische Maschine und
Minenzündapparat.
Ein mit einer Spirale umwundener Eisenstab ab,
welcher zwischen den Polen N und S eines künstlichen Hufeisen- oder Elektromagnetes um den Punkt o (Fig. 23 und 24) drehbar
ist, zeigt in horizontaler Lage (Fig. 23) keine Pole;
dreht man ihn aber z.B. von links nach rechts, so nähert sich a dem N-Pol, b dem S-Pol, und es findet eine Störung
des magnetischen Gleichgewichtes statt. Der Stab wird anfangs schwach magnetisch und
dann immer stärker, bis das Maximum der magnetischen Vertheilung eintritt, wenn der
Stab in die senkrechte Lage Figur 24 kommt. Der durch
die magnetische Erregung in der Spirale inducirte Strom behält die gleiche Richtung
bei, so lange sich a dem N-Pol, b dem S-Pol nähert, so lange also die Erregung zunimmt. Dreht man über die
senkrechte Stellung hinaus, so entfernt sich a vom N-Pol, und b vom S-Pol; es wird also die magnetische Erregung
abnehmen, bis der Stab wieder in die horizontale Lage kommt, wo der Einfluß der Pole
auf alle Theile des Stabes gleich groß ist und deshalb keine Erregung mehr
stattfindet; die Stromrichtung wird aber der frühern entgegengesetzt sein, so lange
die magnetische Erregung abnimmt und auch dieselbe bleiben, wenn die Drehung
fortgesetzt und der Stab in entgegengesetztem Sinne magnetisch erregt wird, d.h.
wenn die Pole wechseln. Der Inductionsstrom wird also in der Spirale von β nach α in
der Richtung des Pfeiles Figur 23 fließen, so
lange sich a von S nach N und b von N nach S bewegt, und wird
die entgegengesetzte Richtung einschlagen, wenn a sich
von N nach S und b von S nach N bewegt.
Hiernach construirte Ingenieur Bürgin in Basel seinen
elektrodynamischen Apparat; er gruppirte auf einer Achse aa (Fig. 25 und 26) 8
Eisenstäbe b so, daß je zwei derselben in derselben
Ebene liegend ein Kreuz bilden; es sind somit 4 Kreuze, von denen jedes um 22
1/2° gegen das vorhergehende verstellt ist, so daß die Enden der Stäbe die
Gänge einer vierfachen Schraube bilden. Die Enden der einzelnen auf die Eisenstäbe
aufgezogenen Drahtspiralen werden alle gegen die Achse geführt, laufen dann längs
der Achse fort und enden in einen mit der Achse concentrischen, seitwärts der Kreuze
liegenden Kupferring o. Der Kupferring besteht nicht aus
einem Stück, sondern ist durch isolirende Schichten in so viele Sectionen
eingetheilt, als Eisenstäbe mit Drahtspiralen auf der Spindel a sitzen. Der Enddraht der Umwicklung eines Elektromagnetes mündet je in dem Kupfersegmente
aus, in welchem der Anfangsdraht der nächsten Spirale seinen Ursprung hat (Fig. 27), so
daß die sämmtlichen Drahtspiralen mittels dieser Segmente des Kupferringes eine
ununterbrochene Leitung bilden.
Denkt man sich nun in der Figur 27 (schematische
Darstellung, in welcher alle Magnete in einer Ebene dargestellt sind), die Achse
drehe sich in der Richtung des Pfeiles x, so wird sich
der Eisenkern ab grade im Punkte befinden, wo
seine Spirale die Stromrichtung wechselt; der Strom wird in der Spiralhälfte a von der Peripherie nach dem Centrum, in der
Spiralhälfte b von der Achse gegen die Peripherie
gerichtet sein, und zwar so lange, bis a vom Nordpol N des influencirenden Magnetes nach dem Südpol S gelangt ist; sobald die Drehung über diesen Punkt
hinaus geht, wird auch in der Spiralhälfte a der Strom
vom Centrum nach der Peripherie seine Richtung nehmen u.s.w. Betrachtet man nun das
ganze System, so erkennt man, daß in allen Spiralen das Nämliche eintritt, was von
der Spirale des Eisenkernes ab gesagt wurde, und
da alle Spiralen durch die Kupfersegmente des Ringes o
mit einander verbunden sind, so sieht man aus der Figur und der in derselben
deutlich dargestellten Drahtverbindung, daß auf beiden Seiten der Verbindungslinie
NS der beiden influencirenden Pole des
Magnetes A eine Stromrichtung durch die Kupfersegmente
des Ringes vom Nordpol gegen den Südpol, d.h. von oben nach unten stattfindet. Auf
der linken Seite der neutralen Linie NS gehen die
Ströme in den Spiralen von der Peripherie gegen das Centrum, auf der rechten vom
Centrum gegen die Peripherie; es geht daher in den Elementen des Kupferringes der
positive Strom von den obern gegen die untern Elemente, und zwar auf beiden Seiten
von der neutralen Linie NS. Es findet also unten
eine Anhäufung positiver, oben eine solche negativer Elektricität statt, und man
kann das Ganze als eine Batterie von 16 galvanischen Elementen betrachten, welche in
zwei Hälften von je 8 Elementen getrennt ist, bei denen die positiven Drahtenden q beider Batterien verbunden sind, ebenso auf der
entgegengesetzten Seite die negativen Enden p. Da aber
die Ströme beider Batterien gleich stark sind, so wird gar kein Strom circuliren.
Anders ist es aber, wenn man von p nach q Drähte abführt und sie an irgend einer Stelle, z.B.
bei r, s verbindet; dann wird der positive Strom von q nach s, der negative von
p nach r abfließen, wo
sie sich vereinigen.
Ebenso können die in den Inductionsspulen bei der elektro-dynamischen Maschine
erzeugten Ströme abgeleitet werden; aus Fig. 25 bis 27 ist dies
deutlich ersichtlich; es sind nämlich an den beiden Stellen oben und unten am Kupferring, wo sich
die positiven und negativen Ströme in den Kupfersegmenten ansammeln, Bürsten p und q von Messing oder
Kupferdraht an den Kupferring so angelegt, daß die Drähtchen dieser Bürsten
wenigstens zwei oder mehr Elemente des Ringes berühren, und so ein inniger Contact
während des Drehens zwischen den Kupferelementen und den Bürsten geschaffen ist. Von
den Bürsten aus können dann die Ströme an ihren Bestimmungsort geführt werden. Damit
der Contact bei den unter sich isolirten Elementen des Kupferringes mit den Bürsten
ganz sicher ein ununterbrochener sei, sind die isolirenden Schichten etwas
schraubenförmig geführt, so daß, bevor das eine Element die Bürste verläßt, das
andere etwas mehr seitwärts bereits wieder in vollem Contacte steht.
Nach dem Gesagten werden auf diese Weise ganz continuirliche Ströme erhalten werden,
und diese Ströme ändern sofort ihre Richtung, wenn die Achse nach der
entgegengesetzten Richtung gedreht wird.
Die zum Betriebe des Apparates erforderliche Kraft ist proportional der Stromstärke
und der Tourenzahl; sie wird zu Null, sobald die Leitung geöffnet ist, und muß
sofort wieder wachsen beim Schließen der Leitungsdrähte; denn so lange keine Ströme
circuliren, ist auch der magnetische Widerstand Null. Wenn umgekehrt Ströme durch
den Apparat geleitet werden, so beginnt die Achse zu rotiren und ist die
elektromotorische Kraft proportional der Stromstärke.
Der influencirende Magnet kann ein künstlicher Magnet sein; da aber, wie allgemein
bekannt, Elektromagnete weit kräftiger sind, so werden denn auch hier bei größern
Apparaten fast ausschließlich nur Elektromagnete als influencirende Magnete
verwendet; es werden nämlich die aus den rotirenden Spiralen erhaltenen
Inductionsströme erst in die Spirale der influencirenden starken Elektromagnete
geleitet und so der Hufeisenmagnet A (Fig. 27) mächtig erregt.
Beim Magnetisiren dieses Magnetes hat der Strom allerdings den Widerstand im Drahte
zu überwinden. Bei Maschinen, die auf Quantität gebaut sind, kann man dann auch als
Spirale einen einige Male um die Schenkel gewundenen Kupferblechstreifen verwenden,
welcher großen Querschnitt und somit fast hat gar keinen Widerstand.
Den ersten erregenden Impuls im gesammten System gibt der Erdmagnetismus, welcher in
jedem Eisenstücke eine, wenn auch noch so schwache Vertheilung des Magnetismus
hervorbringt. So werden, wie bei andern dynamo-elektrischen Maschinen,
anfangs schwache, aber rasch sich verstärkende Ströme geliefert. Später reicht der
remanente Magnetismus hin, um, wenn die Achse gedreht wird, sofort den Kreislauf der Ströme wieder zu
bewirken. Das Quantum der erhaltenen Elektricität ist nahe proportionalproportinal der Tourenzahl. Die zur Bewegung der Achse erforderliche mechanische
Arbeit ist wiederum proportional der Tourenzahl oder der Stärke der erzeugten
Ströme, so weit eben gewisse Grenzen nicht überschritten werden.
Die elektro-dynamischen Maschinen haben eine
ausgedehnte Anwendung. So kann in einem galvanoplastischen Etablissement mit Aufwand
von 1e eine Maschine, System Gramme, 900g
Silber aus der Silberlösung ausscheiden und auf die zu versilbernden Gegenstände
deponiren. Desgleichen reicht 1e hin, um
ein Licht zu erzeugen, das der Lichtintensität von ca. 200 Gasflammen gleichkommt.
In Wien war eine Gramme'sche Maschine ausgestellt, die etwa 4e consumirte und ein Licht von ca. 900
Gasflammen erzeugte. Diese Maschinen lassen sich auch zur Uebertragung von Kräften
auf große Entfernung benutzen, indem der Strom, von einer solchen Maschine oder von
einer Batterie auf eine andere Maschine gleicher Construction geleitet, diese
dadurch in Rotation versetzt und mittels einer Riemenrolle oder mittels Rädern die
Kraft wieder auf eine Transmission geleitet wird. Mit Aufwand von 75km mechanischer Arbeit zum Betriebe der
einen Maschine wurden an der andern auf bedeutende Distanz 39km wieder nutzbar gemacht, also etwas über
50 Proc. der ursprünglichen Kraft wieder gewonnen. Der Nutzeffect der einzelnen
Maschine kommt also auf über 70 Proc.
Die Systeme von Bürgin und Gramme (1875 216 499) haben den nämlichen
Fehler, nämlich den, daß die Pole im weichen Eisen fortwährend wechseln müssen; dies
ist insofern ein Nachtheil, als der im Eisen stets zurückbleibende Magnetismus erst
wieder vernichtet werden muß, um entgegengesetzt magnetisch werden zu können; es
wird also bei jeder Drehung der Achse eine Drehung der Pole in den Molecülen
erfolgen, welche eine bedeutende mechanische Arbeit absorbirt; diese verlorene
Arbeit wird in Wärme umgesetzt, weshalb bei sehr rascher Drehung der Achse die
Magnete sich stark erwärmen. Bürgin wußte sich
größtentheils dadurch zu helfen, daß er seine Eisenkerne hohl, ringförmig machte
(Fig.
28), wodurch er die Eisenmassen, welche stets bei jeder Umdrehung den
Magnetismus wechseln, verminderte, ohne deswegen große Einbuße an der Intensität der
inducirten Ströme zu erleiden. Durch diesen geschickten Ausweg konnte er die zur
Erzeugung eines großen Stromes erforderliche Arbeit um mehr als die Hälfte der
ursprünglichen reduciren. Die hohlen Eisenkerne sind der Länge nach aufgeschnitten,
damit keine elektrischen Ströme in denselben circuliren können. In der Maschine von
Siemens und Halske (* 1875
217 257) ist eine Umkehrung der Pole nicht nöthig und daher die
Erwärmung der Apparate geringer, weil der weiche Eisenkern nicht rotirt, sondern nur
die ebenfalls in Elemente eingetheilte Spirale um den influencirten Eisenkern. Hier
ist aber die Schwierigkeit zu überwinden, ein Drahtbündel concentrisch rotirend um
einen stillstehenden Kern herzustellen. Die Maschinen von Gramme und von Siemens und Halske haben aber gegenüber der Bürgin'schen Maschine den bedeutenden Nachtheil, daß zwischen den zu
erregenden weichen Eisenkernen und den influencirenden Polen der Hufeisenmagnete
eine dicke Schichte von Drahtspiralen liegt; es kann also die Erregung, da die
elektrische Kraft mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt, bei diesen Maschinen nur
eine verhältnißmäßig schwache sein.
Der Minenzündapparat ist im Wesentlichen in Figur 25
dargestellt; er besteht aus einem kleinen, leicht tragbaren
dynamo-elektrischen Apparate. Auf der durch eine kleine aufzuschraubende
Kurbel verlängerten Achse wird eine Schnur aufgewickelt und durch kräftiges Abziehen
derselben die Achse in rasche Rotation versetzt, wodurch momentan sehr starke Ströme
erzeugt werden. Von den Klemmschrauben x und y aus, welche mit den Enden der Inductionsspiralen in
Verbindung stehen, werden die Leitungsdrähte zur Mine geführt, wo sie mit den
Kupferdrähten c, d des Zünders (Fig. 29) innig verbunden
werden. Durch Erglühen eines an den im Innern des Zünders hervorragenden
Kupfer-Drahtenden angelötheten Platindrähtchens z, welches vorher mit etwas Schießbaumwolle umwickelt ist, wird der Zündsatz
f, welcher meistens aus Pulver besteht, entzündet
und so die Mine zum Explodiren gebracht. Die Kupferdrähte c und d des Zünders sind mit etwas Schwefel
a als Isolator in das Messingröhrchen ee eingegossen und der mit Pulver gefüllte Raum
f mit einem kleinen Zapfen g verschlossen.
Damit der Apparat aber auch für Funkenzünder brauchbar ist, hat Bürgin sehr geschickt eine Anzahl Franklin'scher Tafeln uu (Fig. 25) im hölzernen
Fuße des Apparates angebracht, welche den sogen. Condensator bilden, ganz analog den
Condensatoren der Rhumkorff'schen Inductionsapparate. Durch Influenz sammelt sich in
diesen Tafeln auf beiden Belägen ungleichnamige Elektricität von hoher Spannung an,
die, wenn die Spannung groß genug ist, durch einen Entlader und durch die
Leitungsdrähte zum Funkenzünder geführt, sich daselbst unter Ueberspringen eines
Funkens ausgleicht. Der Entlader ist selbstthätig am Apparat angebracht; es wird
nämlich, sobald der Magnetismus im influencirenden Magnete eine bestimmte Intensität
erreicht, ein kleiner Anker angezogen und dadurch die Kette geschlossen;
gleichzeitig wird aber der Strom in der Spirale des Magnetes einen Moment unterbrochen so daß der Anker
losgelassen und vermöge einer Feder in die ursprüngliche Lage zurückgeführt wird.
Der Inductionsfunken ist groß genug, um empfindliche Zünder auf große Entfernung
durch auf nasses Gras gelegte, unisolirte Drähte zum Explodiren zu bringen. Die
Zünder gehen los, wenn 12 und mehr Personen, die sich die Hand reichen, in die
Schließungsdrähte eingeschaltet sind. Selbst im Wasser brauchen die Drähte nicht
isolirt zu sein.
Der Apparat ist so in einem hölzernen Kästchen mit Griff zum Tragen eingesetzt, daß
er, ohne herausgenommen zu werden, ohne weiters in Thätigkeit gesetzt werden kann;
es sind zu dem Zwecke auch auswendig am Kistchen Klemmschrauben angebracht, die
mittels Federn mit den Klemmschrauben des Apparates in Verbindung stehen. Zur
Unterbringung einer Partie Zünderdrähte und den nöthigsten Utensilien ist Raum
gelassen und alles sorgfältigst eingetheilt, so daß der Apparat im eigentlichen Sinn
des Wortes feldmäßig ausgerüstet ist.
Der Vortheil des Apparates gegenüber andern ähnlichen besteht namentlich darin, daß
Zünder von beliebiger Construction, sei es mit Platindraht, sei es mit Mischung von
gleichen Theilen chlorsaurem Kali und Schwefelantimon (Fig. 30) oder Dynamit
(Fig. 31)
gefüllt und für Inductionsfunken eingerichtet, ohne weiters verwendet werden können.
In den Figuren
30, 32 und 33 sind a und b
die zwei mit den Leitungsdrähten zu verbindenden Kupferdrähte; durch einen
isolirenden Pfropf werden sie so in den Zünder eingesetzt, daß sie sich nirgends
berühren. Inwendig haben sie einen für das Ueberspringen des Funkens geeigneten
Abstand. Der ganze Raum im Innern des Zünders wird mit einem Satz aus gleichen
Theilen chlorsaurem Kali und Schwefelantimon ausgefüllt und verschlossen. Sind die
Wände des Zünders aus Kupfer und Messing, so kann der eine Draht auch an der
Zünderhülse angelöthet werden, und dann springt der Funken im Innern von Draht b (Fig. 33) an die Wand c des Zündergehäuses, durchdringt und entzündet so den
Zündsatz. (Im Auszuge nach einem Berichte von Ingenieur C.
Hirzel-Gysi: Die
Eisenbahn, 1876 S. 57.)