Titel: | Anilinschwarz mit Vanadiumverbindungen; erzeugt von Anton Guyard. |
Autor: | Anton Guyard |
Fundstelle: | Band 222, Jahrgang 1876, S. 390 |
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Anilinschwarz mit Vanadiumverbindungen; erzeugt
von Anton Guyard.
Guyard, über Anilinschwarz mit Vanadiumverbindungen.
Werden die heißen und hochconcentrirten Lösungen von chlorsaurem Alkali und von
neutralem salzsaurem Anilin mit einander vermischt, so geräth die Flüssigkeit ins
Kochen, sie wird dick, nimmt die Form einer aufgeblähten Masse an und stößt dichte,
erstickende Dämpfe aus, vermengt mit den Nebeln eines leichten, porösen, schwarzen
Körpers. Letzterer, nach seinem Aussehen dem Kienruß vergleichbar, liefert, wenn er
gesammelt, gewaschen und dann der Destillation unterworfen wird, flüssige und
gasförmige Producte, darunter namentlich das durch seinen Geruch, durch seinen
Siedpunkt und durch seine übrigen Eigenschaften leicht erkennbare Anilinöl; er ist
wirkliches Anilinschwarz. Ganz dasselbe Schwarz entsteht auch, wenn die
concentrirten, jedoch sauren Lösungen kalt zusammengebracht werden. Nach kurzer Zeit
färbt sich die helle Flüssigkeit immer dunkler und gestaltet sich zu einem dicken
schwarzen Brei unter reichlicher Entwicklung von Chlor und flüchtigen
Chlorproducten. Nach vollendeter Reaction wird mit Wasser verdünnt und aufgekocht,
wobei die schwarze Masse ihren eigenthümlichen Grünstich verliert; dann wird
filtrirt, ausgewaschen und getrocknet. Der auf diese Weise erhaltene tiefschwarze
Niederschlag verhält sich beim Destilliren wie der aus heißer, aber neutraler
Flüssigkeit erhaltene, und wie dieser ist er in Säuren, Alkalien und Weingeist
unlöslich und gegen die meisten chemischen Reagentien vollkommen indifferent.
Natürlich läßt sich weder die eine noch die andere Mischung als Färbeflüssigkeit für
Gespinnste oder Gewebe verwenden; dieselben färben sich darin zwar schwarz, aber
gleichzeitig werden sie auch in bedenklichster Weise an ihrer Festigkeit geschädigt.
Um eine derartige Mischung von chlorsaurem Alkali und von salzsaurem Anilin als
Farbflotte benützen zu können, müßten die Lösungen ganz verdünnt und ganz neutral
genommen werden können; dies ist jedoch nicht der Fall, denn sogar beim Erwärmen
solcher verdünnter Lösungen findet keine Reaction statt; – jede der beiden
gestellten Bedingungen hindert die Zerlegung der Chlorsäure und damit die Bildung
des Anilinschwarz. Auf der Zerlegung der Chlorsäure im Farbbad beruht nach A. Guyard (Bulletin de Rouen,
1876 S. 126) eben der ganze Proceß der Anilinschwarzbildung; gibt es ein
anderweitiges Mittel, diese Zerlegung einzuleiten, so kann auch ein verdünntes und
neutrales Bad mit Erfolg angewendet werden. Die Zerlegung durch eigentliche
Reductionsmittel eignet sich für den vorliegenden Fall nicht, nur das Ferrocyankalium macht
eine vortheilhafte AusnahmeDas ausnahmsweise Verhalten des Ferrocyankaliums erklärt sich, wenn man
bedenkt, wie leicht dasselbe in Ferricyankalium übergeführt wird und
umgekehrt, oder, da der Verfasser für das Ferrocyankalium die Anwendung von
Wärme besonders betont, so trifft wohl auch die in diesem Journal, 1874 214 325 gegebene Erklärung zu. Kl., ebenso ungeeignet sind die eigentlichen Oxydationsmittel; während die
erstern gar kein Resultat ergeben, liefern die letztern ganz andere vom
Anilinschwarz wesentlich verschiedene, zum Theil in Säuren, zum Theil in Weingeist
lösliche Producte. Dagegen erfüllen gewisse Metallsalze alle Bedingungen, um aus dem
chlorsauren Anilin ein schönes Anilinschwarz herzustellen; es sind die Salze
derjenigen Metalle, welchen mehrere Oxydationsstufen zueigen sind, und welche leicht
von der einen in die andere sich überführen lassen. Ganz neu ist letztere
Aufstellung nicht, denn sie ist schon früher in Dingler's polytechn. Journal, 1870
196 67 ausgesprochen worden; aber neu ist sie im
Zusammenhang mit der ganzen Auffassung des Anilinschwarzprocesses.
Solche Metallsalze, wie die des Kupfers, Eisens und Mangans oder die Salze der
Molybdänsäure und Wolframsäure zerlegen nach Guyard die
Chlorsäure des chlorsauren Anilins, indem sie jeden Augenblick zugleich reducirend
und zugleich oxydirend auftreten; sie entziehen der Chlorsäure einen Theil des
Sauerstoffes, übertragen ihn an das Anilin und gehen damit wieder in die niedrigere
Oxydationsstufe zurück, um diesen Kreislauf immer wieder von Neuem zu beginnen, so
lange bis alle Chlorsäure allmälig zerlegt, oder bis alles Anilin oxydirt ist. Ist
einer der beiden letztern Bestandtheile im Ueberschuß vorhanden, d.h. ist ist das
Verhältniß von 2 Aeq. salzsaures Anilin auf 1 Aeq. chlorsaures Alkali nach irgend
welcher Seite in der Mischung überschritten, so findet sich derselbe in der
Flüssigkeit über dem schwarzen Niederschlag unverändert vor.
Am leichtesten geht dieser Uebergang von einer Oxydationsstufe zur andern nach dem
Verfasser bei den Vanadiumverbindungen vor sich; er empfiehlt deshalb für die
Färberei das Anilinschwarz statt der bisher üblichen Metallsalze sich des
Vanadiumchlorürs zu bedienen, von welchem 1 Th. genügt, um 1000 Th. salzsaures
Anilin bei Gegenwart von chlorsaurem Alkali in Schwarz zu verwandeln, und zwar
rasch, ohne Erwärmen und in möglichst schwachem Bad. Es genügt eine Concentration
von 40 Th. neutralem salzsaurem Anilin und 15 bis 20 Th. chlorsaurem Alkali auf 1000
Th. Wasser. Es ist begreiflich, daß ein Anilinschwarz, welches unter solchen
Bedingungen auf dem Stoff gefärbt wird, die größtmögliche Sicherheit in der
erfolgreichen Ausführung der Waare, sowohl was die Farbe, als was die Festigkeit des
Stoffes betrifft, bietet, und daß die Einführung der Vanadiumverbindungen trotz
ihres hohen Preises (1k Vanadiumchlorür
kostet 12,80 M.) nicht nur für die Färberei, sondern auch für den Druck des
Anilinschwarz große Vortheile mit sich bringen wird.
Die Färberei von Leinwand und Baumwolle nach diesem Verfahren bietet nicht die
geringsten Schwierigkeiten. Für die Färberei der Seide ist es gut, dem Bad 30 bis
50g arabischen Gummi pro Liter
einzuverleiben; sie kann alsdann in einer Flotte ausgefärbt werden und behält ihren
eigenthümlichen Glanz und Lüster. Die Wolle muß zuvor vollkommen entfettet, und
müssen die Bäder zwei bis dreimal so stark an salzsaurem Anilin gehalten werden.
Es ist zu bemerken, daß der erste Gedanke, Vanadiumverbindungen für die Entwicklung
des Anilinschwarz zu verwenden, von Lighfoot im J. 1870
und von Pinckney im J. 1871 ausging, welcher sich das
Verfahren (nach dem Bulletin de la Société
chimique de Paris, t. 25 p. 45) in folgender
Form patentiren ließ. Die Stoffe werden zuerst in die Lösung eines Vanadium-
oder Uransalzes, dem gleichzeitig eine Nickelverbindung beigegeben ist, eingetaucht.
Pinckney wollte offenbar einen Theil des theuren
Vanadiumsalzes durch das billigere Nickelsalz ersetzen, indem er von der
Voraussetzung ausging, das ungemein wirksame Vanadiumsalz werde die geringere
Wirksamkeit des beigegebenen Nickelsalzes wesentlich erhöhen. Aber auffallend ist,
daß er alsdann überhaupt das Nickelsalz gewählt hat, und noch auffallender ist, daß
er die Uransalze mit den Vanadiumsalzen als gleichwerthig hinstellt; denn Kruis sagt in seiner Abhandlung über das
Cer-Anilinschwarz (1874 212 349) gerade von den
Uran- und Nickelsalzen, daß mit ihnen nur ein Lichtgrau, kein Anilinschwarz
zu erzielen sei. Aus der Metallsalzlösung kommt sodann die Waare in das Bad, welches
das salzsaure Anilin und das chlorsaure Alkali enthält, und in welchem nach Belieben
kalt oder warm ausgefärbt wird. Als die vortheilhaftesten Verhältnisse für die
Färberei wie für die Druckerei bezeichnet das Patent die folgenden: 150 Th.
salzsaures Anilin, 0,125 Th. Vanadiumsalz, 20 Th. Nickelchlorür, 100 Th. chlorsaures
Kali auf 2500 Th. Wasser. Für den Druck ist noch als Verdickungsmittel Dextrin oder
Gummi angegeben, beiläufig gesagt, die ungeeignetste Verdickung für jede Art
Anilinschwarz.
Hommey hat Guyard's Angaben
namentlich für das Anilinschwarzfärben von Wollstoffen, welches bisher immer mit
Schwierigkeiten verknüpft war, eingehender geprüft (Bulletin
de Rouen, 1876 S. 263) und gefunden, daß die Wolle mit Hilfe von Vanadiumsalzen
wirklich leichter und schöner anilinschwarz gefärbt wird, als nach den frühern
unvollkommenen Verfahren. Vor Allem ist jede vorgängige Präparation der Wolle mit
rothem chromsaurem Kali, mit Kupfervitriol und mit Säure entbehrlich. Es genügt, die
Wolle 20 bis 30 Minuten in der Flotte zu lassen, welche auf 1000g Wasser, 80g salzsaures Anilin, 40g chlorsaures Kali, 0g,1 vanadsaures Ammoniak und 5 bis 10g Salzsäure enthält, letztere
hauptsächlich, um etwaiges noch von der Entfettung herrührendes Alkali in dem Gewebe
zu neutralisiren. Dann wird die Waare durch die Grundirmaschine genommen, welche den
Stoff gleichmäßig aus- und die Farbeflüssigkeit fest in den Faden
hineindrückt, hernach in einem warmen Locol verhängt, den andern Tag, wenn sie grün
angefallen ist, durch chromsaures Kali passirt, gut gewaschen und gereinigt. Für
ganz dichtes, schweres Wolltuch, von welchem Hommey ein
sehr gelungenes, tiefschwarzes Muster beigelegt hat, hält er für gut, das Tuch
zweimal durch das Bad zu nehmen, zuerst ohne Zusatz von Metallsalz, dann, nach dem
Passiren durch die Grundirmaschine, ein zweites Mal unter Hinzufügung des
vanadsauren Ammoniaks. Sehr vortheilhaft findet er auch das neue Verfahren, um
gemischte Gewebe aus Wolle und Baumwolle, oder aus Seide und Wolle zu färben, indem
alle drei Gespinnstfasern ohne besondere Behandlung vor oder nach der Färbung in
einer gemeinsamen Operation das Anilinschwarz erhalten. Wird die Flotte schwächer
angesetzt, so färbt sich die Baumwolle dunkelgrün, die Wolle nimmt eine schwache,
unansehnliche Resedanuance an; in dem darauf folgenden heißen Chrombad wird der
Baumwollfaden lebhaft schwarz mit Violettstich, die Wolle gelbbraun bis olive
gefärbt, so daß man zugleich auf diese Weise ganz hübsche Doppeleffecte erzielen
kann. Der Preis der Vanadiumsalze scheint Hommey nicht so
bedenklich zu sein, um die Ausführbarkeit des Verfahrens in Frage zu stellen.
Endlich gibt noch F. Gouillon im Moniteur de la teinture, 1876 S. 138 weitere Mittheilungen über das
Vanadium-Anilinschwarz. Er gibt zu, daß man mit 1mg Vanadiumchlorür oder vanadsaurem
Ammoniak pro Liter Farbflüssigkeit wohl ein Schwarz erhält, aber die Reaction
verläuft zu langsam und manchmal unvollständig. Nach seinen Erfahrungen soll das Bad
immerhin 5mg Vanadiumsalz pro Liter
erhalten, um nach Verfluß von 48 Stunden ein sattes, fertiges Schwarz bei einer
Temperatur von mindestens 20° zu erzielen. Da das Vanadiumchlorür in
zerfließlichen, aber doch harten und deshalb nicht gerade leicht löslichen Stücken
vorkommt, so hält sich Gouillon, um auch bei Anwendung
des besser löslichen vanadsauren Ammoniaks allzu subtile Wägungen zu vermeiden, eine
Normallösung von 5g Vanadiumsalz pro Liter
Wasser und färbt nun in folgender Flotte, indem er auf 100k Baumwollgarn 150l Wasser, 15k salzsaures Anilin, 5k chlorsaures Kali und 150g jener Normallösung ansetzt. Man geht mit
der nassen, gebauchten Waare in das Bad, windet nach dem Herausgehen leicht aus und
verhängt dann 24 bis 48 Stunden bei mindestens 20° Wärme. Das Garn fällt grün
an und färbt sich immer mehr dunkelolive bis fast schwarz. Dann wird durch ein ganz
schwaches Bad von rothem chromsaurem Kali passirt, in welchem das reine Schwarz sich
entwickelt ohne allen Grünstich. Schließlich ist ein kochendes Seifenbad zwar nicht
nothwendig, aber es erhöht die Reinheit des Schwarz und ertheilt dem Faden ein
weiches, geschmeidiges Anfühlen.
Kl.