Titel: Zur Heizung der Eisenbahnwaggons.
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 120
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Zur Heizung der Eisenbahnwaggons.Vgl. Dampfheizung 1869 192 255. 339. * 1873 207 433. 516; ferner Handbuch für specielle Eisenbahntechnik, 2. Band S. 398. Mit Abbildungen auf Taf. IV [d/4]. Zur Heizung der Eisenbahnwaggons. Die Heizung der Eisenbahnwaggons wird durch klimatische und Verkehrsverhältnisse, selbst durch Gewohnheit und andere Umstände vielfach beeinflußt, so daß keine allgemein giltige Methode der Erwärmung von Waggons allen Verhältnissen angepaßt werden kann. Chaumont (Revue industrielle, August 1876 S. 337) hat auf belgischen Linien eingehende Studien und Versuche über diesen wichtigen Gegenstand der Verkehrsindustrie unternommen und für dortige Verhältnisse eine Gasheizung und luftgeheizte Wärmeschemel (Fig. 8 bis 10) als praktisch befunden. Das Innere des Waggon ist mit einem Fußschemel von galvanisirtem Eisenblech versehen, in welchem zwei Rohre die Verbrennungsproducte von zwei Gasflammen führen. An den beiden Enden liegen die Kammern F und F₁, welche von außen zugänglich sind und die Brenner enthalten. Die Verbrennungsgase circuliren in den Rohren des Wärmeschemels und entweichen in die Atmosphäre durch zwei Rohre, welche in den Seitenwänden eingelassen sind. Das geringe Luftvolum, welches in dem Wärmeschemel enthalten ist, kann rasch erwärmt werden, so daß nach 15 Minuten schon eine Temperatur von 75° erreicht und dann gleichmäßig durch die ganze Länge des Wärmekissens erhalten werden kann, und die Temperatur im Innern des Waggon jene der äußeren Atmosphäre um 8 bis 10° übersteigt. Es kam hierbei zumeist das gewöhnliche Leuchtgas in Verwendung, und es consumirte eine Flamme durchschnittlich 40l Gas pro Stunde. Die Wärmeschemel selbst können während des Sommers ausgehoben, Reparaturen und Reinigung leicht vorgenommen werden. Die Figuren 9 und 10 zeigen ein luftgeheiztes Wärmeschemel; dasselbe besteht aus zwei Holzbalken, welche oben und unten durch Eisenbleche von 2mm Dicke verbunden sind, so daß eigentlich nur die Deckplatte erwärmt wird. Im Innern sind auf einer Lamelle, welche von der Seite eingeschoben werden kann, zwei mit Stearin gefüllte Näpfe aufgestellt, welche mit einem centralen Docht versehen sind und angezündet werden. Die Flamme gelangt jedoch nicht direct auf die Deckplatte, sondern wird von zwei Schutzblechen aufgefangen und die erhitzte Luft so vertheilt, daß die Wärmeplatte vollkommen gleichmäßig auf 70° gebracht werden kann. Die erwärmte Luft entweicht an den beiden Stirnflächen in den Waggon. Die Temperatur von 70° wird dann so lange aufrecht erhalten, als die Stearinlichter brennen. Die eingeschobene Platte mit den Stearinnäpfen ist mit einem solchen Verschluß versehen, daß die Lichter von den Reisenden nicht ausgehoben werden können. Der Docht ist in einer sicher befestigten Weißblechhülfe eingezogen. Nach unserer Quelle hat die Anwendung der luftgeheizten Wärmeschemel sich als durchwegs praktisch bewährt, und keine der naheliegenden Einwürfe haben sich als wirklich stichhaltig gezeigt; diese sind vermehrte Kosten, Abnützung der Teppiche und Fußmatten, Feuersgefahr, Mangel der Circulation der Luft. – Von der Schwierigkeit der Bedienung abgesehen sind die zu befürchtenden Nachtheile doch so bedeutend, daß eingehende Versuche anzurathen sind, bevor dieses Erwärmungssystem angewendet wird. Belleroche (Revue industrielle, August 1876 S. 352) versieht die einzelnen Coupés mit Wärmeschemeln, in welchen andauernd ein Strom heißen Wassers circulirt. Die Fußschemeln eines Waggons sind unter einander durch Kupferrohre verbunden und diese Gruppen der einzelnen Waggons hängen wieder durch die Speiseleitung zusammen, welche vom Tender der Locomotive abzweigt. Das Wärmewasser wird schließlich vom letzten Wagen durch ein zweites Kupferrohr wieder in den Wasserkasten des Tenders zurückgeführt. Diese beiden Rohre zur Beförderung des Heizwassers sind außerhalb der Wagen geführt, so daß jede Möglichkeit eines Leckens innerhalb der Wagenräume und eine hierdurch verursachte Belästigung der Reisenden, oder ein Verderben des Zugsmaterials vollkommen ausgeschlossen erscheint, indem die Wärmeschemeln ohne Löthnathen hergestellt sind. Die einzelnen Rohrstutzen sind gegen Abkühlung nach außen genügend geschützt und durch Zwischenstücke von Kautschuk verbunden. Die Durchmesser der beiden Rohre, welche den Transport des Heizwassers besorgen, sind an den Ausmündungen verschieden groß, um ein fehlerhaftes Anbringen der Verbindungsstücke zur Unmöglichkeit zu machen. Weiter sind diese Schlauchkupplungen in einem höheren Niveau angebracht als die Wärmeschemel, wodurch ein Abfließen des Wassers bei der Loskupplung eines Waggon verhindert erscheint und dessen Einschaltung resp. rasche Füllung der Wärmeschemel erleichtert ist. Die Heizleitung wird aus dem Tender gespeist, und das Wasser kehrt nach vollendetem Kreislauf durch die Wärmeschemel wieder in den Tender zurück. Zur Beförderung des Heizwassers dient ein kleiner Injector, welcher das Wasser gleichzeitig genügend erwärmt. Im Beginne wird die ganze Leitung mit Dampf gefüllt, um eine rasche Erwärmung der kalten Wände zu erlangen und gleichzeitig die atmosphärische Luft vollkommen aus den Heizschemeln zu entfernen, welche der Wärmeabgabe hinderlich wäre. Die vorgenommenen Versuche ergaben bei einer Temperatur des Heizwassers von 80° und einer mittlern Geschwindigkeit pro Secunde von 800mm Weg in den Rohren eine Temperatur von 60° der Schemelwände. Der Injector erzielte eine Eintrittstemperatur von 85°, wobei der Dampfkessel bei der Maximalleistung der Locomotive den Injector genügend mit Dampf versehen konnte. Die Kosten der Aufstellung werden pro Waggon mit 500 Franken (400 M.) und der für eine Heizdauer von 10 Stunden erforderliche Kohlenverbrauch mit 200k angeführt. Die Bedenken, welche das auf der Brüsseler Ausstellung 1876 veranschaulichte System Belleroche's erregt, sind: Nothwendigkeit, die Heizschemel nach dem Einlaufen der Waggons gänzlich entleeren zu müssen, um eine Beschädigung durch eintretendes Frostwetter hintanzuhalten, sowie Unregelmäßigkeiten der Dampfabnahme, welche der zeitweilige Consum des Injectors hervorruft.

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