Titel: | Salpetrigsaures Natron als Antichlor; von Carl Lieber in Charlottenburg. |
Autor: | Carl Lieber |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 250 |
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Salpetrigsaures Natron als Antichlor; von
Carl Lieber in
Charlottenburg.
Salpetrigsaures Natron als Antichlor.
Unter Antichlor wird fast ausschließlich das unterschwefligsaure Natron verstanden
und angewendet. Dasselbe hat bei seiner großen Absorptionsfähigkeit für das in den
Stoffen (Papiermasse, Faserstoffe etc.) nach dem Bleichen zurückgebliebene Chlor
aber anderseits große Nachtheile, indem es bei seiner Wirkung zugleich Schwefel
ausscheidet, welcher, sich im höchst fein zertheilten Zustande in den Poren und
Zwischenräumen der Stoffe festsetzend, leicht zu Schwefelsäure oxydirt wird und
dadurch die Haltbarkeit und Güte der damit behandelten Papiere, Gespinnste und
Gewebe wesentlich beeinträchtigt.
Es ist schon von mehreren SeitenVgl. Schuchardt, 1873 209 154. Schering, Deutsche
Industriezeitung, 1873 S. 216. auf diesen Uebelstand aufmerksam gemacht und als Ersatz für das
unterschwefligsaure Natron das schwefligsaure Natron empfohlen worden, welches
letztere zwar die angeführten schädlichen Einflüsse nicht äußert, dagegen aber dem
ersteren Salze in seiner Absorptionsfähigkeit für Chlor bedeutend nachsteht.
R. Wagner hat schon früher (Jahresbericht, 1861 S. 619)
auf die Verwendbarkeit des salpetrigsauren Natrons als Antichlor hingewiesen. Er
gibt an, daß
100 Th. unterschwefligsaures
Natron ungefähr
114,4 Th. Chlor,
100 Th. schwefligsaures
„ „
28,1 „
„
dagegen
100 Th. salpetrigsaures
„ „
103,0 „
„
aufnehmen.
Daß nun das letztere Salz trotz des Vorzuges vor dem unterschwefligsauren Natron
wegen seiner Unschädlichkeit, und trotz des Vorzuges vor dem schwefligsauren Natron
durch seine größere Absorptionsfähigkeit nicht schon längst als Antichlor in
Aufnahme gekommen ist, mag wohl darin seinen Grund haben, daß es sonst wenig oder
keine Verwendung in der Industrie gefunden hat und daher im Handel nicht vorgekommen
ist.
Seit mehreren Jahren wird indeß salpetrigsaures Natron in großer Reinheit und größern
Quantitäten in der Fabrik von Carl Lieber in
Charlottenburg dargestellt. Es ist bis jetzt als Oxydationsmittel für rothe
Farbstoffe, ferner zum Reinigen der Fette vielfach und mit großem Nutzen angewendet
worden, und dürfte jedenfalls bei dem jetzigen billigen Preise auch als Antichlor
namentlich für Papierfabriken große Vortheile den bisher verwendeten Salzen
gegenüber darbieten.