Titel: | Notizen von der Weltausstellung in Philadelphia 1876; von Ingenieur Müller-Melchiors. |
Autor: | Müller‐Melchiors |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 193 |
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Notizen von der Weltausstellung in Philadelphia
1876; von Ingenieur Müller-Melchiors.
Mit Abbildungen auf Tafel
V.
Müller-Melchiors, Notizen von der Weltausstellung in
Philadelphia 1876.
Seit 10. Mai 1876, zum dritten Male im Verlaufe von 9 Jahren, ist abermals eine
„internationale Ausstellung“ – bestimmt zur
Darstellung der industriellen und künstlerischen Fortschritte des ganzen Erdenrundes
– der Besichtigung und dem Studium des Publicums übergeben worden.
Gleichzeitig mit diesem ersten und allgemeinen Zwecke aller Weltausstellungen
verbindet die Weltausstellung in Philadelphia noch einen andern Gedanken; es ist
dies die Feier des hundertjährigen Gedenktages der amerikanischen
Unabhängigkeitserklärung, welche am 4. Juli 1776 von dem Stadthause in Philadelphia
erfolgte. Und wie in vielen ähnlichen Fällen, so zeigt sich auch hier, daß die
Vereinigung heterogener Gedanken zu einem guten und ersprießlichen Ganzen zu den
schwersten, ja fast unmöglichen Aufgaben gehört. Hier hat das hundertjährige
Unabhängigkeitsfest – das Centennial – entschieden der Weltausstellung
geschadet; sie ist in Folge dessen aus einer internationalen zu einer fast
ausschließlich nationalen Ausstellung geworden; sie findet mit Rücksicht auf die
Jahreszahl zu der denkbar ungünstigsten Zeit und mit Rücksicht auf die Oertlichkeit
der Unabhängigkeitserklärung nicht gerade an günstigster Stelle statt. Denn es kann
kaum einem Zweifel unterliegen, daß bei Veranstaltung der Ausstellung in
New-York entschieden eine allgemeinere Theilnahme, sowohl der Aussteller als
des Publicums hervorgerufen worden wäre; die Naturschönheiten des
Fairmount-Parkes von Philadelphia, in welchem die Ausstellungsgebäude
errichtet sind, wären zwar in New-York nicht zu finden gewesen; – ein
passender Platz jedoch dürfte sich in mehr als einer Stunde Entfernung von der City
ebenso gut in New-York als in Philadelphia ergeben haben.
Die Jahreszahl des hundertjährigen Gedenkfestes war für die Ausstellung insofern von
Nachtheil, als sie zur Veranstaltung derselben in zu rascher Folge nach der Wiener
Weltausstellung nöthigte und unter Zeitverhältnissen, welche bei der universellen
wirthschaftlichen Depression, die sich in Amerika nicht am wenigsten fühlbar macht,
für eine internationale Ausstellung nicht ungünstiger gedacht werden können. In
Folge dessen vermissen wir bei den Gebäuden der Ausstellung in Philadelphia die
imposante Architectur, welche die in günstigem Zeiten gegründete Wiener Ausstellung
auszeichnete; mit Ausnahme der Memorial-Hall sind alle Gebäude durchgehends
aus Holz mit halbeisernem Dachstuhle hergestellt, und das ursprüngliche pompöse
Project für die Industriehalle (main building), welches
im vorigen Jahre in so vielen illustrirten Zeitschriften zu sehen war, mußte dem
jetzt bestehenden, einfachem Baue Platz machen.
Unter diesen Umständen und bei den in Amerika herrschenden hohen Schutzzöllen von 30
und mehr Procent des Werthes, welche die Einfuhr fremder Maschinen fast unmöglich
machen, ist die Ausstellung fremder Nationen sehr spärlich ausgefallen, und wenn sie
speciell in der Industriehalle doch noch die größere Hälfte des Ausstellungsraumes
occupiren, so ist dagegen die Maschinenhalle zu mehr als vier Fünfteln des ganzen
Raumes von Amerika eingenommen, und der Rest, die Ausstellung von England, Belgien,
Deutschland und Frankreich, fast ohne alle Bedeutung.
Auch die amerikanische Ausstellung weist manche Lücke auf, da hervorragende Firmen
und Industrien gar nicht vertreten sind, hat aber doch speciell für den europäischen
Besucher ein außerordentliches Interesse, indem die amerikanische Industrie in so
vielen Punkten von unsern bestehenden Anschauungen und Normen abweicht.
Eine außerordentliche Erfindungsgabe und ein stets reger Unternehmungssinn, der
– sehr im Gegensatze zu unsern Verhältnissen – jeder praktischen Idee
eine rasche Ausführung und lohnende Ausnützung verspricht, sind die Ursache, daß
tagtäglich neuartige Producte, Maschinen und Herstellungsprocesse patentirt,
ausgeführt und auf den Markt gebracht werden. Der höhere Werth des Geldes nöthigt
dabei zu billigster und oft beispiellos roher Ausführung. Anderseits werden
erfolgreiche Neuerungen sofort im größten Style durchgeführt, bei dem hohen Preise
der Handarbeit mit zahllosen Hilfsmaschinen fabricirt und dadurch mit einer
Vollendung hergestellt, wie wir sie seit langem an den amerikanischen Nähmaschinen
bewundern, welche ebenso an zahlreichen Holzbearbeitungsmaschinen und speciell in
Philadelphia bei einer Reihe von Metallbearbeitungsmaschinen zu finden ist, die in
keiner Beziehung den Vergleich mit Whitworth'schen Fabrikaten zu scheuen haben.
Bei dem Mangel einer systematischen technischen Vorbildung, für welche erst in
jüngsten Zeiten einiges gethan wurde, ist der Maschinenbau bisher weniger als
Wissenschaft wie als Handwerk betrieben worden; in Folge dessen die große Zahl
absonderlicher Constructionen, die auf gänzlicher Unkenntniß alles dessen beruhen,
was früher in demselben Fache geleistet wurde, die gröbste Verletzung der
Festigkeitsgesetze und äußerste Geschmacklosigkeit in der Formgebung und Ausstattung
bei vielen Constructionen; – anderseits wieder eigenthümliche Details und
Bewegungsmechanismen, auf die ein „studirter Techniker“ nie und
nimmer kommen würde, und deren Verständniß oft schwer genug fällt. Nach alledem wäre
es für beide Theile ungerecht, die amerikanische Industrie, welche so sehr durch
specielle Verhältnisse beeinflußt wird, mit unsern europäischen Zuständen
vergleichen zu wollen. Ihre Dampfmaschinen sind im allgemeinen roh und hinter unsern
Ausführungen zurück, indem bei den billigen Kohlen und der vielfach vorhandenen
Wasserkraft bisher noch weniger Gewicht auf Feinheit der Ausführung gelegt zu werden
brauchte; die Werkzeugmaschinen sind da, wo es verlangt und bezahlt wird, mit
gleicher Vollendung wie unsere besten Muster ausgeführt und legen Zeugniß ab von
einem außerordentlichen Erfindungstalent, das bei uns vielleicht auch vorhanden,
aber entschieden nicht werkthätig ist, – ein Mangel, den wir jedoch beim
Anblicke einer Mehrzahl unpraktischer und selbst lächerlicher
„Erfindungen“, wie sie in Philadelphia ausgestellt worden,
weniger zu bedauern geneigt sind. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, daß manche
amerikanische Herstellungsmethoden und viele Details ihrer Maschinen mit Erfolg der
europäischen Praxis einverleibt werden können, und wir hoffen, daß es den
nachfolgenden Notizen gelingen möge, in dieser Beziehung einigen Nutzen zu
stiften.
1. Brayton's
Ready-Motor.Eine kurze Erwähnung hat dieser Motor bereits in Bd. 220 S. 186 gefunden. (Fig.
1 bis 3 [a.c/1]).
Diese Maschine, welche innerhalb einer Minute in Gang gesetzt werden kann und deshalb
den Namen „ready motor“ erhalten
hat, war ursprünglich nur für den Betrieb mit Gas eingerichtet und ist in dieser
Eigenschaft schon seit 1873 in einigen Exemplaren ausgeführt worden. Neuerdings aber
hat der Erfinder seine Maschine speciell für den Betrieb mit Petroleum eingerichtet
und damit äußerst günstige Erfolge erzielt. Die zwei Maschinen, welche in der
Maschinenhalle ausgestellt sind, die eine von 10e und eine zweite von 3e –
eine dreipferdige ist auch in der Ackerbauhalle im Betrieb – sind entschieden
als die vollkommensten Petroleummotoren zu bezeichnen, welche bis jetzt ausgeführt
worden sind, sowohl was den regelmäßigen, stoßfreien, vollkommen geräuschlosen Gang betrifft, der jedem
Beobachter sofort auffallen muß, als auch in der ökonomischen Leistung, welche durch
competente Versuche festgestellt worden ist. Eine nach diesem Systeme construirte
fünfpferdige Gasmaschine consumirte nach den Versuchen von Prof. R. H. Thurston vom Stephens Institute in Hoboken (Amerika)
nicht mehr als 0cbm,917 pro Stunde und
effective Pferdekraft, während eine (allerdings schwächere) Otto-Langen'sche
Gasmaschine nach Versuchen von Prof. Jenny in Wien 1cbm,078 verbrauchteDie neueren Maschinen dieses Systems liefern bessere Resultate; so hat Prof.
Teichmann (1876 220 119) den Gasverbrauch im
Mittel zu 0cbm,8 pro Stunde und
Pferdekraft bestimmt.; der Consum an rohem Petroleum soll nicht über 0l,5 pro Stunde und Pferdekraft betragen.
Welche Resultate die Maschine von Hock
Vgl. 1874 212 73. * 198. 1876 219 196. 552. Daselbst ist der Petroleumverbrauch
pro Stunde und Pferdekraft mit 0k,75 angegeben. (Die Petroleummaschinen von Otto und Langen sollen nach Wüst mit etwa der Hälfte Petroleum bei der
gleichen Kraft auskommen.), die in ähnlicher Weise mit Petroleum betrieben wird, ergibt, ist uns
gegenwärtig nicht eruirbar, und kann auf der Ausstellung nicht ermittelt werden,
nachdem die hier befindliche Hock'sche Maschine bis jetzt noch nicht in Betrieb
gesetzt wurde; in der ganzen Construction jedoch und auch in der Ausführung, welche
bei der hier ausgestellten Hock'schen Maschine kaum einer Ausstellung würdig ist,
steht sie entschieden hinter dem Brayton-Motor zurück.
Letzterer ist in der Anordnung, wie sie bei den einfachwirkenden Maschinen von 1 und
3e (127mm und 178mm Cylinderdurchmesser, 178mm und 228mm Hub, 200 und 180 Umdrehungen)
durchgeführt wird, in Figur 1 in
perspectivischer Ansicht dargestellt; die Maschinen von 5 und 10e (203mm und 254mm Cylinderdurchmesser,
305mm und 381mm Hub, 160 und 140 Touren) sind
doppeltwirkend (vgl. den Verticalschnitt in Figur 2) und in verticaler
Aufstellung mit Balancier angeordnet. Die Wirkungsweise der Maschine endlich geht
aus Figur 3
hervor, welche ein an der 10e-Ausstellungsmaschine abgenommenes Diagramm repräsentirt.
Ein entzündliches Gemenge von Petroleum und hoch comprimirter Luft (der Erfinder gibt
an 24000 Vol. Luft auf 1 Vol. Oel) wird in den Cylinder eingelassen, hier entzündet
und gibt so die Arbeit der Volldruckperiode; beim Absperren des Luftzutrittes ist
auch der Oelzutritt verhindert, die hocherwärmten Gase expandiren und bringen dabei
die eigentliche Nutzarbeit der Maschine hervor, nachdem die Anfangsspannung
ausschließlich durch die in der Maschine selbst comprimirte Luft hervorgebracht
wird; der Nutzeffect ist in Folge dessen selbstverständlich auch nur etwa 50 Proc.
der indicirten Leistung.
In Figur 1
bedeutet A den einfachwirkenden Arbeitscylinder, dessen
Treibstange einen Balancier B in Bewegung setzt, an
dessen anderm Ende eine Treibstange zur abgekröpften Schwungradwelle w geht, auf welcher gleichzeitig die Riemenscheibe zum
Ableiten der Bewegung aufgesetzt ist. In der Mitte zwischen Arbeitscylinder und
Schwungradwelle, mit geringerm Durchmesser und Hub wie der Arbeitskolben und näher
am Drehungspunkte des Balancier B angreifend, ist der
Luftcompressionscylinder L, welcher die Luft mittels des
Rohres r in zwei Reservoirs R und R' mit einer Spannung von 4 zu 7at pumpt. Von diesen Reservoirs dient das
eine (R) zum normalen Betriebe des Arbeitscylinders
mittels des Rohres s, welches die Luft zu demselben
führt; das zweite (R') steht mit A durch das Rohr s' in Verbindung und dient
nur als Reserve beim Anlassen der Maschine. Das Rohr s
trägt ein Sicherheitsventil i, das auf beliebige
Pressung gestellt werden kann.
Endlich geht von der Schwungradwelle w, durch Kegelräder
angetrieben, noch eine Querwelle p aus, auf welcher
zunächst ein Kamm zur Bewegung des Luftansaugventiles a., ferner der Regulator g und die Steuerungskämme
f und schließlich ein Excenter zum Betrieb der
Oelpumpe D angebracht sind. Zum Einpumpen des Oeles beim
Anlassen der Maschine dient ein daneben befindliches Excenter, welches mittels der
Handkurbel E bewegt wird; der Austritt des gebrauchten
Gases findet durch das Rohr H statt.
Die Anordnung des Arbeitscylinders geht aus Figur 2, welche eine
doppeltwirkende Maschine darstellt, klar hervor. Es ist je ein Ventil für Eintritt
und Austritt in den zwei Cylinderdeckeln angebracht; davon das letztere durch einen
fixen Kamm f auf der Welle p
(Fig. 1)
das erstere dagegen von einem mittels des Regulators verschiebbaren Kamme bewegt
wird, welcher so gestellt ist, daß bei erhöhter Geschwindigkeit früherer
Luftabschluß stattfindet. Die comprimirte Luft tritt durch das Rohr s unterhalb des Ventiles in das Gehäuse m ein, das Petroleum wird unabhängig vom Regulator durch
die Oelpumpe mittels des Rohres o (Fig. 1) angesaugt und
mittels des Rohres q in einen ringförmigen Raum des
Ventilgehäuses m geleitet. Hier vertheilt sich dasselbe
in einem Filzkissen und wird von der durchpassirenden Luft in feinvertheiltem
Zustande aufgenommen; sodann passirt dieselbe ein Diaphragma z, bestehend aus zwei gelochten Platten mit zwischenliegenden Drahtsieben,
und gelangt endlich im Raume x zur Verbrennung, zum
Eintritt in den Cylinder und zur Arbeitsleistung hinter den Kolben.
Beim Rückgange des Kolbens entweichen die Verbrennungsproducte durch das geöffnete
Ventil n in das Ausblasrohr H. Zur neuerlichen Entzündung des Gemenges muß fortwährend in der
Verbrennungskammer x eine kleine Flamme erhalten
bleiben, welche durch das Luftröhrchen t den nöthigen
Sauerstoff zugeführt erhält; das Anlassen des Motors geschieht in gleicher Weise
durch Einpumpen von Oel in das Filzkissen mittels der Handkurbel E, sodann Einlassen von Luft mittels des Röhrchens t aus dem Druckreservoir und Entzündung des Gemenges. Zu
diesem Zwecke ist nur der Pfropfen b, welcher den
Verbrennungsraum x abschließt (Fig. 2), heraus zu nehmen
und ein brennendes Zündhölzchen oder Stück Papier über das Diaphragma z zu halten. Das Gemenge entzündet sich sofort, der
Stopfen b wird wieder eingedrückt, und in wenig mehr als
einer Minute ist, wie wir oftmals beobachtet haben, die Maschine aus der Ruhe in
vollkommen regelmäßigen Gang gebracht und verdient daher ihren Namen
„stets dienstbereiter Motor“ mit vollem Rechte.
Die Bedienung erfordert keine besondere Geschicklichkeit, die Erhaltung des durch
Wassercirculation gekühlten Cylinders und Kolbens nach mehr als 15 monatlichem
Betrieb der Versuchsmaschine ist eine vollkommen zufriedenstellende, und der Betrieb
der Maschine durch die Abwesenheit von Rauch und Asche, Vermeidung der
übelriechenden Gase und jedes lärmenden Geräusches für die allgemeinste Anwendung
geeignet. Wir zweifeln daher nicht, daß die Brayton'sche Maschine in Amerika eine
rasche Verbreitung gewinnen und wohl auch ihren Weg nach Europa finden wird.
Als Preis der einpferdigen Maschine wird angegeben 350 Dollars, d. s. etwa 1300 M.,
für die zehnpferdige Maschine 1000 Dollars oder etwa 3800 M.
2. Sicherheitsregulator von C. A.
Condé und Comp. in Philadelphia. (Fig. 4 [d/2].)
Der Regulator erhält seinen Antrieb durch eine Rohrwelle R, welche in ihrem obern Ende die Kugelarme gelagert hat und an ihrem
untern Ende ein Kegelrad trägt, das jedoch nicht fest, sondern durch eine
Schleifkeil mit dem Rohre R verbunden ist. Im Innern der
Welle R und mit derselben rotirend befindet sich die
Spindel s; dieselbe hat an ihrem obern Ende eine
Verzahnung aufgesetzt, in welche die Arme der Regulatorkugeln eingreifen; für den
Ruhezustand des Regulators kommt dadurch die Spindel s
in die höchste Stellung; bei der Bewegung des Regulators wird sie herabgedrückt, und
zwar um so rascher, je mehr sich die Kugeln der horizontalen Lage nähern, da hier
das Hebelverhältniß immer größer wird. Mit der Spindel s
ist die eigentliche
Ventilspindel s' derart verbunden, daß sie nur die
verticale und nicht die drehende Bewegung von s mit zu
machen hat; das Drosselventil besteht aus vier Ringen, welche durch Rippen mit
einander verbunden und in einem entsprechend durchbrochenen Rohr des Ventilgehäuses
eingeschliffen sind. Nun läßt sich die Stellung des Ventiles so reguliren, daß
sowohl beim Stillstande des Regulators, als auch bei irgend einer beliebigen
Maximalgeschwindigkeit dasselbe geschlossen und die Maschine abgestellt wird, und
hierin beruht eben die Sicherheit, welche die Erfinder für ihren Regulator in
Anspruch nehmen, indem beim Reißen oder Abfallen des Riemens ein Durchgehen der
Maschine unmöglich gemacht wirdSolche Regulatoren sind schon mehrfach patentirt worden; ich erinnere an jene
von Tangye (* 1870 196
108. * 1875 215 485), von A. P. Brown (* 1872 203 425)
u.a., und anderseits der Regulator während des Ganges auf verschiedene
Geschwindigkeiten eingestellt werden kann. Dies geschieht mittels der Hülse H, welche die Rohrwelle R
trägt und durch das Griffrad G auf dem festen
Regulatorgestelle auf und nieder geschraubt werden kann. Je höher H gestellt wird, desto größere Durchgangsöffnungen und
Geschwindigkeiten gestattet der Regulator, ehe das Ventil soweit niedergedrückt ist,
daß der Dampfzutritt abgesperrt wird; sobald jedoch die Kugeln in die tiefste
Stellung gelangen, wird das Ventil unter allen Umständen so weit gehoben, daß es
absperrt. Um dann überhaupt ein Anlassen der Maschine zu ermöglichen, ist daher
jedesmal vorher die Hülse H ganz nieder zu drehen und
erst nach Erreichung des normalen Ganges wieder in ihre erhöhte Stellung zu bringen.
Auf diese Weise gelangen die untern Kanten der Ventilringe bei der höchsten, und die
obern Kanten derselben bei der tiefsten Lage der Kugeln zur Function des
Dampfabschlusses. Die Hülse H regulirt einerseits die
Maximalgeschwindigkeit der Maschine, anderseits ermöglicht sie das Angehen derselben
aus der Ruhelage.
3. Concaves Verstemmen der Nietnäthe;
Patent Connery. (Fig. 5 bis 7 [a/4].)
Figur 5 stellt
auf der linken Seite die concave Verstemmung nach Connery's Patent und das dazu verwendete Werkzeug, sowie in ähnlicher
Weise auf der rechten Seite die alte Methode des Verstemmens dar, und erläutert
gleichzeitig die Ansichten des Erfinders über die Vortheile seiner neuen Methode. Er
behauptet ganz richtig, daß nach dem alten Verfahren, beim Gebrauche eines
scharfkantigen Verstemmers, welcher unmittelbar an den Zusammenstoß der Blechkanten
gesetzt wird, das obere
Blech durch die Schlagwirkung comprimirt und härter wird, eine scharfschneidende
Kante bekommt und in die weiche untere Platte einschneidet. Daß dies thatsächlich
stattfindet, ist durch zahlreiche ausgestellte Muster in der in Figur 5 dargestellten
Weise ersichtlich gemacht, und dürfte kaum bezweifelt werden können; wie schädlich
aber eine solche Verletzung des Materials gerade an der Stelle der Nietnaht, welche
durch die Ausdehnung des Kessels der stärksten Inanspruchnahme ausgesetzt ist,
einwirken muß, bedarf keiner nähern Erörterung.
Um dieses zu vermeiden, benützt Connery einen abgerundeten
Meißel und setzt denselben nicht direct bei der Stoßkante, sondern oberhalb
derselben an, so daß, wie auf der linken Seite von Figur 5 angedeutet, eine
Art Rinne im obern Bleche entsteht, wodurch dasselbe gleichfalls verdichtet und fest
an die untere Platte angedrückt, die schneidende Einwirkung der Stoßkante jedoch
unmöglich gemacht wird. Abgebogene Blechstücke nach Art der linken Seite von Figur 5 zeigen
auch thatsächlich keine Spur von Verletzung des untern Bleches. Wie sich dieselbe
Art der Verstemmung bei einer Längsnath des Kessels gestaltet, ist aus Figur 6
ersichtlich. Die Figur 7 endlich zeigt die Lehre für die Abrundung des
Verstemm-Meißels bei verschiedenen Blechstücken von 1/8 zu 1 Zoll englisch.
Die Kante soll ca. 13mm breit sein, das
Werkzeug bis etwa 50mm oberhalb der Kante
sich verstärken und vollkommen gerade sein. Die neue Verstemmungsmethode von James
W. Connery ist seit 1874 in der Baldwin'schen
Locomotivfabrik zu Philadelphia und in vielen andern großen Werkstätten Amerikas in
Gebrauch und hat sich überall vorzüglich bewährt.
4. Ewart's Gliederkette. (Fig. 8 und 9 [b/4].)
Eine der auffallendsten Charakteristiken der amerikanischen Technik ist entschieden
in der ausgedehnten Anwendung des Gußeisens gelegen. Amerikanische Ingenieure
verwenden dasselbe ohne Sorge zu Bestandtheilen, welche bei uns unter allen
Umständen aus Schmiedeisen oder Stahl hergestellt würden, und als treffendstes
Beispiel dessen mag vielleicht angeführt werden, daß unter ausgestellten
Locomotiven, zahlreichen Waggons und zahllosen Rädern kein einziges amerikanisches
Waggon- oder Locomotivrad aus Schmiedeisen zu finden ist. Demnach kann es uns
auch nicht überraschen, das Gußeisen zur Herstellung von Ketten verwendet zu sehen,
wie dies bei der in Figur 9 dargestellten Kette thatsächlich der Fall ist. Allerdings sind
die hier beschriebenen Ketten, welche bis zu den schwächsten Dimensionen von 3mm Stärke erzeugt werden, weniger zum
Lastenheben als zur Bewegungsübertragung für Regulatoren, Werkzeugmaschinen und ähnliches bestimmt;
dieselben sind aber auch zu Elevatoren verwendet in der Ausstellung zu sehen. Die
Construction derselben ist äußerst einfach, indem die roh gegossenen Glieder in der
aus Figur 8
ersichtlichen Weise in einander geschoben werden, und die Kettenglieder über
gezahnte Räder, wie in Figur 9 dargestellt,
gelegt sind. Ein Ausdehnen dieser Kette kann selbstverständlich nicht eintreten, so
daß der richtige Eingriff der Zähne in die Glieder stets gesichert bleibt. Die
Biegsamkeit ist vollständig genügend, um den Riemen in all den Fällen mit Vortheil
zu ersetzen, wo eine regelmäßige Bewegungsübertragung, ohne Gefahr des Schleifens
stattfinden soll, also, wie erwähnt, speciell bei Regulatoren und Steuerungen von
Werkzeugmaschinen, wo wir diese Ketten auch am meisten angewendet finden.
5. Pratt's
Schraubenmutter-Versicherung. (Fig. 10 und 11 [c.d/2].)
Dieses Detail hat den Zweck, das Losdrehen der Mutter zu verhindern, und ist speciell
zur Anwendung bei den Laschenverbindungen der Schienen bestimmt. Eine allgemeinere
Anwendung dieser Muttersicherung dürfte aber durch die kostspielige Herstellung wohl
verhindert werden. Dieselbe besteht (Fig. 10 und 11) aus einem
Gehäuse aus schmiedbarem Gußeisen, in welches zunächst eine gelochte Kautschukplatte
und dann eine schmiedeiserne Mutter eingelegt, zusammengepreßt und mit den
umzubiegenden Lappen 1 des Gehäuses gegen Herausfallen gesichert wird. Beim Anziehen
der Mutter wird gleichzeitig die Kautschukplatte angespannt und dient so in
günstigster Weise als Arretirung der Mutter gegen das Lockerwerden unter dem
Einflusse von Stößen vermöge ihrer federnden Wirkung.Auf demselben Princip, aber unter Anwendung von Stahlblech oder Drahtfedern
statt Kautschuk beruhen die Sicherungen von Paget
(* 1867 183 348) und von Winslow (1875 216 283). Gleichzeitig soll dieselbe auch verhindern, daß die Laschenbolzen der
Schienen durch die Stoßwirkungen successive gestreckt werden, wie zu demselben
Zwecke auch starke Holzplatten, zwischen Lasche und Schraubenmutter eingelegt,
angetroffen werden.
Wir finden hier bei diesem netten Detail zwei Constructionsmaterialien, welche der
Amerikaner mit Vorliebe handhabt: Kautschuk, der zu allen möglichen Verbindungen,
welche Elasticität, Federkraft oder Biegsamkeit verlangen, benützt wird, und
hämmerbaren Guß, der hier in unglaublicher Vollendung erzeugt wird.
In der Ausstellung ist eine Zahnstange aus diesem Materiale zu sehen, 1m lang, ca. 60mm breit, mit etwa 12mm Fleischstärke und eben so viel Zahnhöhe, welche aus
ursprünglich geradem Zustande um einen Winkel von 360° an beiden Enden
verdreht ist, so daß sie einen vollen Schraubengang bildet, welcher in der
eigenthümlich verwundenen Form der Zähne in anderer Weise gar nicht hergestellt
werden könnte.
6. Orum's elastische Kerne zum Biegen
von Metallröhren. (Fig. 12 [d/1].)
Bekanntlich müssen die Kupferrohre, wenn sie gebogen werden sollen, vorher mit einer
Pechmasse o. dgl. ausgegossen werden, um das Einknicken zu vermeiden. Nach
Hervorbringung des Buges ist die Masse wieder auszuschmelzen, und dies macht das
Biegen von Kupferrohren zu einer umständlichen und nichts weniger als reinlichen
Arbeit. Um dieses zu vermeiden, wendet Morris L. Orum aus
Philadelphia elastische Rohrkerne an, welche einfach aus einer oder zwei über
einander geschobenen Spiralen von rechteckigem Stahldrahte bestehen (Fig. 12) von dem genauen
Durchmesser der innern Weite des zu biegenden Rohres. Das eine Ende dieser Spirale
ist an einem kurzen Eisenkerne e befestigt, in welche
eine Schraube s eingedreht ist. Zum Einführen des
elastischen Kernes wird derselbe an einem Ende mit dem Schraubenkopfe eingespannt
und dann in der Richtung der Spiralgänge verdreht, worauf sich der Kern soweit
verschwächt, daß er ohne Schwierigkeit in das zu biegende Rohr eingeführt werden
kann. Auf ähnliche Weise wird der Kern nach vollzogenem Biegen des Rohres in
leichtester Weise wieder herausgenommen.
Das übrigens in diesem Journal (1875 218 459) bereits
angedeutete Verfahren ist sehr zweckmäßig und einfach und bringt vollkommen reine
Büge hervor; es erfordert aber für jeden Rohrdurchmesser einen eigenen Kern und
scheint überhaupt nur bis zu höchstens 60mm
Rohrweite angewendet werden zu können, nachdem bei größern Dimensionen die Stärke
des Stahldrahtes, sowie die Ganghöhen der Spirale zu groß ausfallen.
7. Parallelschraubstock von Fischer und
Norris. (Fig. 13 [c/2].)
Im Gegensatze zu den gewöhnlichen Parallelschraubstöcken, welche sich in ihrer
plumpen und unhandlichen Anordnung unvortheilhaft von dem einfachen
Flaschenschraubstocke unterscheiden, hat der von Fischer
und Norris seit einer langen Reihe von Jahren erzeugte
und neuerlich in der in Figur 13 skizzirten
verbesserten Gestalt hergestellte KettenschraubstockDie ursprüngliche Einrichtung desselben hat der Amerikaner Matthew im J. 1850 angegeben. vollkommen die äußere Disposition des einfachen Schraubstockes beibehalten und nur eine zweite
Schraube zur Herstellung der Parallelbewegung am untern Ende des Schraubstockes
angebracht. Dieselbe steht mittels einer Kette mit der obern, vom Schlüssel bewegten
Schraube in Verbindung, so daß sie sich stets gleichzeitig mit derselben verdrehen
muß und so den Schraubstock genau parallel führt; zur Führung der beweglichen
Schraubstockhälfte ist außerdem noch ein Arm an derselben angebracht, der durch
einen Schlitz des festen Schraubstocktheiles passirt.
Die Schraubstöcke sind schön gearbeitet, mit ausgebohrten Schraubenbüchsen und
exacter Kette und unterscheiden sich im Preise nur unbedeutend von den gewöhnlichen
Schraubstöcken; sie bewähren sich im praktischen Gebrauche, nachdem keine
empfindlichen Theile vorhanden sind, aufs vollkommenste.
8. Construction von Oberlichten.
(Fig. 14
und 15 [c.d/4].)
Jedem Besucher von New-York und anderer großen Städte Nordamerikas muß es
sofort auffallen, daß in allen Hauptverkehrsstraßen die Trottoirs fast
ausschließlich, statt mit Stein, mit Gußeisenplatten gedeckt sind, welche zahlreiche
Glaslinsen eingesetzt haben. Für die Passage sind diese Platten zwar nicht besonders
angenehm; desto wichtiger aber sind sie für die Besitzer der in den Häusern
befindlichen Kaufläden, deren Vorrathsräume sich bis unter die Straße erstrecken und
auf diese Weise Licht und Luft, sowie die Möglichkeit bequemen Ein- und
Ausladens erhalten. Zu letzterm Zwecke findet sich nämlich in jedem dieser Räume ein
eigener Aufzug, der zum Trottoir hinaufführt und sofort nach Entfernung der
Deckplatte benützt werden kann; das Licht wird den Räumen durch die in der Gußplatte
eingesetzten Glaslinsen in vollkommen genügender Weise, selbst wenn sie mit Staub
bedeckt sind, zugeführt, und Ventilation kann dadurch erreicht werden, daß die
Glaslinsen aus den Gußeisenrahmen heraus zu nehmen sind.
Figur 14
stellt ein derartiges sechseckiges Oberlicht in der Ansicht, Figur 15 im Schnitte in
etwas unter natürlicher Größe dar, wie sie nach den neuesten Verbesserungen von den
Humboldt-Iron-Works in New-York ausgeführt werden und in
Philadelphia ausgestellt sind. Die Glaslinsen haben hier eine schraubenförmige Nuth
eingegossen, in die Oeffnungen der Gußplatte ist ein Stift eingesteckt, und das
Einsetzen und Abdichten der Glaslinsen erfolgt mit Hilfe eines eigenen Schlüssels
durch Bajonettverschluß, wie dies aus Figur 15 klar ersichtlich
ist. Zur vollkommenen Abdichtung wird zwischen dem conischen Hals des Gußgerippes
und die Glaslinse ein Kautschukring gelegt. – Linse und Gußplatte sind selbstverständlich ohne
jede weitere Bearbeitung direct fertig im Guß hergestellt. Zwischen den Linsen ragen
aus dem Gußkörper dreieckige Stollen hervor, um das Glas vor Beschädigung zu
schützen und dem Fußgänger einen sichern Halt zu gewähren. Durch die Zwischenlage
von Kautschuk sind die Linsen gleichfalls vor unelastischen Stößen bewahrt und vor
dem Einflusse der Zusammenziehung des Eisens bei Temperaturermäßigung geschützt; im
Falle des Springens einer Linse kann dieselbe übrigens in einfachster Weise durch
eine neue ersetzt werden.
9. Rohrverbindung. (Fig. 16 [c/3].)
Eines der größten amerikanischen Werke, die
National-Tube-Works-Company in Boston, hat eine großartige
Collection von schmiedeisernen Röhren bis zu 15 Zoll (381mm) Durchmesser ausgestellt, bei welcher
uns besonders eine neuartige Rohrverbindung aufgefallen ist. Dieselbe ist in Figur 16
dargestellt und besteht einfach darin, daß das eine Ende des schmiedeisernen Rohres
im warmen Zustande über einem Dorn etwas conisch aufgetrieben, das zweite Rohr in
diese Auftreibung eingesteckt und mittels dreier Schrauben angezogen wird. Die
erwähnte Firma hat auf diese Weise eine 14 englische Meilen (22km,5) lange Wasserleitung aus
schmiedeisernen Röhren von 12 Zoll (305mm)
Durchmesser abgedichtet und dieselbe unter einem Drucke von angeblich 50at – beim Passiren eines Thales
– vollkommen und continuirlich dicht befunden.
10. Details von Wagenrädern. (Fig. 17 bis
20 [d/3].)
Die amerikanischen Wagen zeichnen sich bekanntlich durch außerordentliche
Leichtigkeit aus – ein Vorzug, welchen sie in erster Linie dem vortrefflichen
Holzmaterial verdanken, das hier zur Verfügung steht. Eine Reihe von
Bearbeitungsmethoden und Detailconstructionen, welche mit unsern Holzsorten absolut
unverwendbar wären, findet man hier täglich angewendet, Dank der außerordentlichen
Festigkeit und Zähigkeit gewisser weit verbreiteter und billig zu beschaffender
Holzsorten.Vgl. die Versuche mit Thurston's
Festigkeitsmaschine, * 1875 216 1. Von diesen Eigenschaften finden sich auf der Ausstellung in Philadelphia
zahlreiche Belege: eine große Anzahl brillant ausgeführter Wagen, darunter ein
vierrädiger Rennwagen von nur 58 1/2 Pfd. (2k,5) Gesammtgewicht. Die Räder sind speciell nach unsern Anschauungen
außerordentlich leicht gebaut und weisen zahlreiche nette Details auf, unter anderm
die Speichenverbindung, welche in Fig. 17, 18 und 19 dargestellt ist. Die
Speiche wird am einen Ende in der Nabe eingesetzt und ist am andern Ende mit einer eisernen
Spitze armirt, in welche der Felgenkranz eingreift (Fig. 19). Unterhalb
desselben legt sich eine Hülse h (Fig. 17 und 18) und wird
durch eine Mutter s, welche auf der eisernen Spitze
aufsitzt, beliebig gegen den Felgenkranz gepreßt und auf diese Weise angespannt.
Gleichzeitig mit diesem Detail hat sich J. Raddin in Lynn
(Massachusetts) die in Figur 20 dargestellte Achsbüchsen-Construction patentiren lassen und
will auf diese Weise ein solides, vollkommen elastisches und geräuschloses Rad
erzielt haben. In die hölzerne Radnabe wird die Achsbüchse a mit einem darüber gezogenen Kautschukrohr eingeschoben, hierauf das
Schlußstück b aufgesetzt; a
und b werden mittels zweier Bolzen, welche in einer
ovalen Bohrung der Radnabe Spiel haben, zusammengezogen, auf diese Weise das
Kautschukrohr zwischen Büchse und Nabe comprimirt und die elastische Verbindung
hergestellt.
(Fortsetzung folgt.)