Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 473 |
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Miscellen.
Miscellen.
Dampfmäntel.
Der Nutzen der Anbringung eines Dampfmantels bei hoch
expandirenden Maschinen ist nun schon durch so zahlreiche
Experimente „constatirt“ worden, daß dessen
Verläugnung als eine arge Ketzerei erscheinen mag, und doch muß
es erlaubt sein, daran zu zweifeln, so lange es noch keinem
einzigen dieser Experimentatoren gelingen will, einen nur
halbwegs plausiblen Erklärungsgrund für diese angebliche
Ersparung vorzubringen. Denn daß eine mit Dampf geheizte
Maschine schönere Indicatordiagramme aufweist als ein der
directen Abkühlung ausgesetzter Dampfcylinder, bedurfte wohl nie
eines Beweises; ebenso wenig brauchte constatirt zu werden, daß
der Dampfverbrauch des erstern geringer sei wie der des
letztern, so lange man nur die Condensation im Dampfmantel nicht
dazu rechnete, und endlich mag selbst zugegeben werden, daß mit
Berücksichtigung aller dieser Umstände die Maschinen mit
Dampfmänteln im allgemeinen bessere Resultate geben, nachdem sie
eben im Durchschnitt feiner und raffinirter ausgearbeitet
sind.
Warum aber unter übrigens gleichen Umständen der durch directe
Abkühlung der Cylinderwandungen entstehende Wärmeverlust, oder
Arbeitsverlust, größer sein soll als der durch die Abkühlung der
stets bedeutend größern Manteloberfläche entstehende
Wärmeabgang, dies zu glauben ist so schwer, daß selbst die
„most conclusive
experiments“, welche die Engländer so gerne zu
Gunsten der Dampfmäntel anführen, uns noch immer nicht competent
genug erscheinen. Haben sich doch auch, trotz dieser bis zu 25
Proc. (übrigens eine Lieblingszahl für alle Verbesserungen)
geschätzten Ersparung, selbst die praktischen Engländer noch
nicht bewogen gefunden, eine einzige ihrer Locomotivmaschinen
mit geheizten Cylindern zu versehen, obwohl gerade diese der
Abkühlung am meisten ausgesetzt sind, die höchst gespannten
Dämpfe oft genug 10fach expandiren und die Kohlenersparniß ein
stets wachsendes Desideratum aller Eisenbahngesellschaften ist.
Die Vermehrung des vorn überhängenden Gewichtes um einige
hundert Kilogramme wäre unschwer durch andere
Gewichtsersparungen auszugleichen und käme speciell bei den so
vielfach verwendeten Trucks gar nicht in Betracht. Und dennoch
hat noch der erste geheizte Locomotivcylinder zu erscheinen,
ohne daß diese so eminent durchdachte Maschinengattung in ihren
ökonomischen Leistungen hinter ihren stabilern Coleginnen
zurückstände.
Mehr jedoch als die feindseligste Kritik schadet der Sache der
Dampfmäntel der Uebereifer ihrer eigenen Freunde, wie dies durch
einige Beispiele in den Comptes
rendus, 1876 neuerdings treffend illustrirt wird. Hier gibt
im Bd. 82 S. 537 H. Resal, der sich
übrigens mit 15 bis 20 Proc. Ersparung begnügt, eine genaue
mathematische Deduction des Nutzens der Dampfmäntel, indem er
annimmt, daß der Dampf im ungeheizten Cylinder nach der
adjabatischen Curve, ohne Wärmezu- oder Abführung, expandirt, in
dem geheizten Cylinder jedoch nach dem Mariotte'schen Gesetze,
bei welchem, um das Product aus Druck und Volum stets constant
zu erhalten, eine Wärmezuführung erfolgen muß.
Nun wird die Wärmequantität, welche zur Herstellung der
Mariotte'schen Curve aus dem Dampfmantel hergenommen werden
müßte, einfach ignorirt, und zum Schlusse ergibt sich denn als
Folge einer langwierigen und mit noch einigen andern Fehlern
behafteten Rechnung das gewünschte Resultat: die Wärmeausnützung
ist bei geheizten Cylindern um 15 bis 20 Proc. günstiger.
Der constructiven Verwirklichung dieser interessanten Deduction
begegnen wir in dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, April 1876 S. 178 ff., wo Ch. Laboulaye vorschlägt, um diese
Gratisarbeit des zum Dampfmantel verwendeten Dampfes möglichst auszunützen, den Kesseldampf,
welcher bei den sranzösischen Maschinen
dieser Art ohnedem zuerst den Cylindermantel Passiren muß, durch
einen spiralförmigen Gang von dem Querschnitte des Dampfrohres
um den Cylinder herumzuleiten, und erst nachdem er die ganze
Höhe desselben bestrichen hat, in den Schieberkasten
einzulassen. Dieser glückliche Gedanke ist a. a. O. auf S. 183
in zwei Varianten abgebildet und dabei eine Vergrößerung der
Abkühlungsfläche des Cylinders auf beiläufig das Doppelte
erzielt, der Weg des Kesseldampfes unter Umständen noch viel
mehr verlängert. Da könnte es dann schließlich wohl dahin
kommen, daß der Dampf auf seinem Wege zum Cylinder alle Wärme an den
Cylinder abgegeben hat und zuletzt als Wasser in den Cylinder eintritt, —
jedenfalls der größte Triumph des Dampfmantels.
M-M.
Vergleichende Verdampfungsversuche
zwischen einem Root'schen und einem Lancashire-Kessel; von
Ingenieur Strupler in Luzern.
I. Mechanische
Verhältnisse der Kesselanlage.
Textabbildung Bd. 220, S. 474
Kessel.;
Verhältniß von; Gemeinschaftl. Kamin.; Conceff. Druck.;
Heizfläche.; Vorwärmerfläche.; Zugquerschnitt hinter dem
Essenschieber.; Rostfläche.; Rostfläche zur Heizfläche.;
Rostfläche zum Zugquerschnitt.; Höhe.; Querschnitt unten.;
Querschnitt oben.; at; qm; qm;
qm; qm; m; qm; qm;
Root; Lancashire.
Root'scher Kessel: 100 Röhren, Länge 2m,680, äußerer Durchmesser
0m,126, davon 75 im Wasserraum und 25 im Dampfraum;
unten ein Querspeiserohr, oben querliegend ein Dampfsammler.
Lancashire-Kessel:
Länge 7m,7, Durchmesser
inwendig 1m,8,
2 Feuerröhren Durchmesser inwendig 0m,65.
II. Proben.
Allgemeines. Die beiden Kessel wurden,
der eine am 22. und 23., der andere am 26. und 27. October 1875
unter gleichen Verhältnissen einer Probe unterworfen; beide
waren vorher in- und auswendig gereinigt und beim Beginn der
Versuche mit kaltem Wasser versehen.
Die für den ganzen Versuch verwendete Kohle war Püttlinger I. Sorte (Saarkohle) zu 3,04 Franken pro
100k franco Basel.
Die Maschine war alle 4 Tage gleichmäßig beansprucht und auch
während der ganzen Versuchszeit der alleinige Consument des von
den Kesseln erzeugten Dampfes. Ihre mittlere Leistung berechnet
sich auf effectiv 60e.
Das Speisewasser wurde in Gefäßen, deren Inhalt vorher gewogen
war, zugemessen und dafür gesorgt, daß bei Beendigung der Proben
genau so viel Wasser im Kessel war wie bei Beginn derselben, so
daß keine Niveaudifferenzen zu berechnen waren.
Im Root'schen Kessel blieben nach der Probe, am 24. Morgens, ca.
2500l Wasser von 85°, dagegen im Lancashire-Kessel
am 26. Morgens ca. 10 000l Wasser von 135°,
nebst Dampf von 3at Spannung zurück. Diesem
Umstande wurde im Nachfolgenden jedoch keine Rechnung
getragen.
Betreffend die Arbeitszeit wurde die im Etablissement übliche
eingehalten: Morgens vom Hell- bis Abends zum Dunkelwerden und
Mittags von 12 bis 1 Uhr Mittagspause. Nur am 23. mußte die
Arbeitszeit um ca. 1½ Stunden gekürzt werden, weil
Morgens der Kessel erst von Hand nachzufüllen war und alsdann
beim Anlassen der Maschine wegen Undichtheit eines Hahnes ca. 30
Minuten wieder eingestellt werden mußte.
Das Pyrometer wurde bei jedem der beiden Kessel etwas hinter dem
Essenschieber angebracht und die Ablesungen alle ½ Stunde
gemacht, sowie auch der Dampfdruck in gleichen Zeiträumen
notirt.
Resultate der Proben vom 22/23, und 26/27,
October 1875.
Textabbildung Bd. 220, S. 475
Kessel.; Zeit
zum Anheizen.; Arbeitszeit der Maschine.; Durchschnittlicher
Dampfdruck nach Normalmanometer im Kessel.;
Durchschnittliche Temperatur der Gase hinter dem
Eisenschieber.; Temperatur des Speisewassers.; Kohlenverbrauch.; Wasserverbrauch.;
Asche und Schlacken.; Total.; Zum Anheizen.; Verbrauch
während des Ganges der Maschine.; Pro Arbeitsstunde, incl.
Anheizen.; Pro Arbeitsstunde ohne
Anheizen.; Pro 1qm
Rostfläche und Stunde ohne Anheizen.; Pro 1qm
Heizfläche und Stunde ohne Anheizen.; Pro Stunde und
effective Pferdekraft ohne Anheizen.; Total.; Pro 1k
Kohle incl Anheizen.; Pro 1k Kohle ohne Anheizen.;
Pro Arbeitsstunde ohne Anheizen.; Pro Stunde und 1qm
Heizfläche ohne Anheizen.; Pro Stunde und effective
Pferdestärke ohne Anheizen.; Std. Min.; Std. Min.; at; Grad; Grad; k; k; k; k; k; k; k; k; k; k; k; k; k; k;
k; Root; Beide Tage zusammen; Lancashire; Beide Tage
zusammen
Lancashire-Kessel:
Beim Uebergang vom 3 zum4. Zug
Pyrometergrade
am 1. Tag: 187,5°am 2. Tag:
250,0°
durchschnittlich 218,75°.
(Nach den Technischen und gewerblichen
Mittheilungen des magdeburger vereins für Dampfkesselbetrieb,
1876 S. 26.)
Burfitt's
patentirte Composition gegen Kesselstein.
Die Direction des polytechnischen Centralvereins in Würzburg hat
dieses Mittel in dem Betriebsdampfkessel der mechanischen
Werkstätte der k. Kreis-Gewerbschule in Würzburg versuchsweise
anwenden lassen. Nach dem vorliegenden Bericht (Gemeinnützige
Wochenschrift, 1876 S. 87) hatte sich ebenso wie früher sowohl
fester Kesselstein als Schlamm gebildet und hatte die Anwendung
der Composition auch nicht den geringsten Erfolg.
Nach einem Gutachten von Prof. Hilger
in Erlangen steht es fest, daß in der Composition Burfitt's weder eine neue Substanz, noch
ein neues Princip vorliegt. Die Anwendung fett-, leim-,
gerbstoff- und schleimhaltiger vegetabilischer und thierischer
Substanzen zur Verhütung des Anhaftens der Kesselsteinmassen an
den Kesselwandungen ist schon längst bekannt, und zwar bekannt
als nicht geeignet, auf die Dauer einen Kesselsteinansatz zu
verhindern (vgl. S. 180 d. B.). Ja, wir wissen sogar, daß
fetthaltige Substanzen Nachtheile in sofern bringen können, als
dieselben die Kesselwände bedenklich angreifen (vgl. S. 178 d.
B.). Hilger hat ferner in der Nähe
von Erlangen beobachtet, daß nach Anwendung dieses Mittels das
Innere des Kessels überall in bedenklichem Maße verschmiert war
(vgl. 1875 215 183), und daß der gebildete
Kesselstein mit der größten Hartnäckigkeit an den
Kesselwandungen festsaß, so daß er nur mit Mühe entfernt werden
konnte.
Sehr richtig bemerkt Prof. Nies
(Deutsche Industriezeitung, 1876 S. 116), daß das Burfitt'sche
Mittel nicht neu ist, keine Wirkung hat und aus Substanzen
besteht, welche die Wirkungslosigkeit vollkommen erklären.
In einem Briefe vom 15. December 1875 an den Referenten bemerkten
die Patentinhaber Creßwell und Comp., daß ihnen die Notiz in diesem
Journal, 1875 215 183, einige
Schwierigkeiten ihren Kunden gegenüber gemacht hat. Hoffentlich
hört nach diesen neuen Beweisen von der Werthlosigkeit des
Gemisches der Vertrieb nach Deutschland ganz auf.
F.
Abnützung von Drahtseilen.
Wir entnehmen dem Engineering and Mining
Journal, Januar 1876 S. 56 eine Mittheilung über die
Arbeitsleistung und Abnützung des bei der Seilbahn in San
Francisco (Amerika) in Anwendung gewesenen Drahtseiles. Bei
dieser Bahn (vgl. 1875 216 186) 1876 219 280) wird bei der langen Steigung von Clay-Street-Hill
ein endloses, contiuuirlich rotirendes Seil verwendet, um die in
den übrigen Strecken von Pferden gezogenen Waggons hinauf zu
befördern, und dieses Drahtseil ist kürzlich, nach zweijährigem
Gebrauche, ausgewechselt worden. Das Seil war 2130m
lang, 76mm im Umfang und bestand aus 114 Stahldrähten.
Während eines zweijährigen Zeitraumes wurden mit demselben bei
durchschnittlich 17 Stunden täglicher Arbeit 3 300 000
Passagiere befördert auf eine verticale Höhe von 94m bei
1000m Länge, und ein Gesammtweg von 105 000km,
oder mehr als das zwei und ein halbfache des Erdumfanges
zurückgelegt.
Die Streckung des Seiles betrug im Ganzen ca. 1 Proc. oder 21m, die
Reduction des Umfanges 5mm,5 oder etwa 7 Proc.
Die Abnützung war somit, trotz der kleinen in Anwendung stehenden
Scheiben ehr gering; dennoch wurde das Seil schon jetzt durch
ein neues ersetzt, um allen Gefahren möglichst vorzubeugen.
Fr.
Anwendung comprimirter Luft, als Mittel,
die Explosionen schlagender Wetter zu verhüten; von Buisson.
Zur Verhütung der Explosionen schlagender Wetter, deren Opfer
sich jedes Jahr nach Tausenden berechnen, und im Interesse des
Gesundheitszustandes der Grubenarbeiter überhaupt, macht Buisson (Comptes
rendus, 1876 t. 82 p. 504) den Vorschlag, statt der
gebräuchlichen Ventilationsvorrichtungen, welche von Außen
frische Luft durch die Stollenmündungen ins Innere führen und
die tödtlichen Gase verdrängen, Röhrenleitungen
einzuführen, durch welche reine comprimirte Luft direct bis an die entlegensten Stellen
der Grube gedrückt wird. Diese Luft würde durch Hähne, welche an
den Enden des in die verschiedenen Gänge sich verzweigenden
Röhrensystems angeordnet sind, entweichen und die mehr oder
weniger verdorbene Grubenluft zu den Luftschächten
hinausdrängen. Eine solche Anordnung würde zugleich den Zweck
erfüllen, die der Gesundheit nicht zuträgliche hohe Temperatur
der Grubenluft in erfrischender Weise abzukühlen.
P.
Untersuchung einer alten Bronze.
G. Krause hat das Bruchstück einer
alten Streitsichel, welche neben andern ähnlichen Bronzegeräthen
im Anhalt'schen 1m,5 tief in der Erde gefunden
war, untersucht. Dieselbe bestand aus 90 Th. Kupfer und 10 Th.
Zinn, ohne die geringsten Spuren von Arsen, Antimon, Blei, Zink,
Eisen oder Nickel zu enthalten.
Nach Quenstedt soll ein Zusatz von
Zink auf römischen, Blei auf griechischen, Nickel auf celtischen
Ursprung deuten.
Da diese Legirung voraussichtlich aus der sogenannten Bronzezeit
stammt, so scheint also metallisches Zinn schon im Alterthum
bekannt gewesen zu sein. (Archiv der Pharmacie, 1876 Bd. 208 S.
326).
Untersuchung des gebrannten Kaffees auf
Cichorien.
Zur Prüfung des gebrannten Kaffees auf Cichorien schlug Draper (1867 185 408) vor,
denselben mit Wasser zu schütteln; die Verunreinigungen sinken
unter. Lassaigne (1853 130 399) 1874 211 78) will die Farbenänderung
des wässerigen Auszuges durch Eisensalze, Horsley durch chromsaures Kalium und Wittstein (1875 215 88) durch Kaliumeisencyanid
zur Nachweisung der Cichorie im Kaffee verwenden.
Franz (Archiv der Pharmacie, 1876 Bd.
208 S. 298) schlägt vor, 2cc eines mit 10 Th.
destillirtem Wasser angefertigten Kaffeeauszuges mit 0cc,3
einer 2½proc. Lösung von essigsaurem Kupfer zu versetzen.
Reine Kaffeeauszüge geben einen grünbraunen Niederschlug und ein
gelblichgrünes Filtrat, Cichorienauszüge einen braunen
Niederschlag und ein rothbraunes Filtrat.
Zur Chemie des Kaffees.
Vor einigen Jahren zeigte Weyrich, daß
der Gehalt des Kaffees an Kaffeïn, Aschenbestandtheilen oder
Phosphorsäure nicht als Werthmesser für die Qualität des Kaffees
dienen könne und in keiner Beziehung zu dem größern oder
geringern Wohlgeschmack desselben stehe.
Levesie (Archiv der Pharmacie, 1876
Bd. 208 S. 294) hat diese Untersuchungen fortgesetzt und den
Gehalt verschiedener Kaffeesorten an Fett, Schleim,
Kaffeegerbsäure (1857 145 147) und Cellulose bestimmt.
Hiernach enthalten in Procenten:
Textabbildung Bd. 220, S. 477
Kaffeïn.;
Fett.; Schleim.; Kaffeesäure u. Gerbsäure.; Cellulose.;
Asche.; Kali.; Phosphorsäure.; feinster Plantagen-Jamaica;
Feinster grüner Mocca; perl-Plantagen-Ceylon; Washed Rio;
Costa Rica; Malabar; Ostindischer Kaffee
Es können demnach auch diese Bestandtheile
nicht als Hilfsmittel zur Beurtheilung der Qualität einer
Kaffeesorte verwendet werden.
Ueber die antiseptischen Eigenschaften der
Borsäure und des Borax.
Nach dem englischen Patente von A. Herzen werden 150g Borsäure, 30g
Borax, 15g Kochsalz und 5g Salpeter in 2l
Wasser gelöst. In diese Lösung wird das zu conservirende Fleisch
24 bis 36 Stunden eingelegt und dann in Fässer verpackt (vgl.
1875 218 86).
Schnetzler (Comptes rendus, 1876 t. 82 p. 513) macht auf die antiseptischen
Eigenschaften des Borax aufmerksam. Nach einem Briefe von Robottom vom 25. December 1876 befindet
sich im südlichen Californien ein Lager von borsaurem Natrium,
begleitet von borsaurem Calcium und schwefelsaurem Natrium.
Chinesische Arbeiter laugen die boraxhaltige Erde mit siedendem
Wasser aus und lassen die concentrirten Lösungen in eisernen
Gefäßen krystallisiren. Die erhaltenen Krystallkrusten enthalten
99,75 Proc. Natriumborat und 0,25 Proc. Unreinigkeiten. Sie
werden von San Francisco nach Liverpool gebracht und namentlich
in englischen Porzellanfabriken verwendet.
In einer boraxhaltigen Erdschicht fand Robottom den Cadaver eines Pferdes, welcher trotz der
großen Hitze von 45° nach viermonatlichem Liegen noch
vollkommen gut erhalten war.
Ueber gefrorenes Dynamit.
PH. Heß hat zahlreiche Versuche über
die Explosionsfähigkeit des gefrorenen Dynamits angestellt,
deren Resultate er dahin zusammenfaßt, daß durch eine Reihe von
übereinstimmenden Factoren — relative Gefahrlosigkeit der
Hantirung mit ganz gefrorenem Nitroglycerin, größere
Unempfindlichkeit hart gefrorener Dynamitmassen gegen
Beschießung mit dem Kleingewehr, gegen den Stoß eines
Rammklotzes, sowie gegen die mechanisch-calorischen Impulse der
Initialexplosion — hervorzugehen scheint, daß das
Sprengöl überhaupt, also wahrscheinlich auch jede der drei
Nitrirungsstufen des Glycerins (1875 215 92) im
gefrorenen Zustande gegen mechanische und Wärme Impulse sich
indifferenter verhalte als das flüssige Product. Ob dies unter
allen Umständen der Fall sei, ob insbesondere gut ausgebildete
Nitroglycerinkrystalle nach allen Spaltungsrichtungen hin gleich
gut zerstörenden Impulsen zu widerstehen vermögen, wäre erst
nachzuweisen und bleibt noch dahingestellt.
Der Gefrierpunkt verschiedener Sprengölsorten des Handels ist
verschieden, das Gefrieren erfolgt in der Regel fractionirt und
nur unter dem Einflusse länger andauernder Kälte; ebenso erfolgt
das Aufthauen nur sehr langsam und allmälig. Man ist in der
Praxis nur selten in der Lage, zu constatiren, ob ein
Nitroglycerinpulver wirklich total gefroren sei oder nicht, wenn
man es nicht selbst exponirt und durch längere Zeit beobachtet
hat. Die bereits gefrorenen Sprengölpartien scheinen die
Adhäsionsverhältnisse des noch flüssigen Theiles gegenüber dem
Aufsaugungsmittel zu ändern, so daß das Saugemittel beinahe
glasirt erscheint und die flüssigen Theile nur schlecht an der
nun verminderten Oberfläche festzuhalten vermag. Diese Theile
sind nicht mehr unter den geschützten Verhältnissen wie früher;
sie sind lose zwischen unelastischen, gefrorenen, harten
Partikelchen eingebettet und mechanischen Impulsen offenbar mehr
ausgesetzt, als wenn sich das ganze Präparat im weichen Zustande
befände.
Je schlechter saugend ein Zumischpulver sich vom Hause aus
erwiesen hat, je weniger von demselben genommen wurde, je mehr
dessen Adhäsion für Sprengöl durch Gegenwart von Feuchtigkeit
herabgesetzt wird, desto leichter scheidet sich beim theilweisen
Gefrieren Sprengöl aus, desto größer kann die Gefahr beim
Manipuliren werden. Sie kann für einen Ueberschuß an
Aufsaugestoff, für gut saugendes Material, für möglichst
trockenes Sprengöl und gut gedörrtes Zumischpulver sich
bedeutend vermindern, wird aber bei dem schlechten
Wärmeleitungsvermögen der einzelnen Gemengtheile während eines
großen Theiles der kalten Jahreszeit ohne Zweifel vorhanden
sein.
Gegenüber Stimmen, welche die Ungefährlichkeit gefrorenen
Dynamits dahin deuten wollen, man könne gefrorene
Nitroglycerinpulver mit viel beschränktern Vorsichten behandeln,
als solche im weichen Zustande, werden die geschilderten
Verhältnisse deutlich genug sprechen; es wird kaum nöthig sein,
weiters zu betonen, wie wichtig und unentbehrlich die
Heizeinrichtungen in den Laboratorien der Nitroglycerinpulver
sind, und wie sie von allen Fabrikanten dieser Präparate dafür
gehalten werden. (Nach den Mittheilungen aus dem Laboratorium
des Militärcomité in Wien, 1876).
Cellulose.
Zur Darstellung von Cellulose für die Papierfabrikation auf
chemischem Wege hat sich Dr. Mitscherlich in Darmstadt ein Verfahren
Patentiren lassen, dessen Eigenthümlichkeit nach dem
„Gewerbeblatt für das Großherzogthum
Hessen“ darin besteht, daß die incustirende Substanz
des Holzes nicht zerstört, sondern nur von der Cellulose
getrennt und löslich gemacht wird, so daß sie in ihrer
ursprünglichen Gewebebildung zurückbleibt. Es ist daher hierbei
nicht, wie bei dem Sinclair'schen Verfahren, nothwendig, eine
ganz feine Zersplitterung des Holzes vorzunehmen, und es genügt
schon, dasselbe so, wie es zum Stubenofenbrand benützt wird, zu
zerkleinern. Zu dem Proceß selbst wird eine Kalklösung
verwendet, welche man mit dem Holze etwa 6 Stunden lang bei
einem Drucke von 3at kocht. Nach der Kochung
befinden sich die incrustirenden Stoffe theils gelöst in der
Flüssigkeit, theils in den Poren des Holzes und werden aus
letzterm durch geeignete Quetschapparate entfernt. Kommt es nun
hierbei besonders darauf an, einen sehr werthvollen, möglichst
weißen Papierstoff zu erhalten, welcher eine Bleichung nicht
mehr erfordert, so braucht man nur weißliche, möglichst
harzfreie Hölzer, wie Pappeln, Weiden, Linden etc. zu verwenden;
durch den erwähnten Proceß werden diese Holzarten nicht weiter
entfärbt und kommen hierbei die Eiweiß- und Gummistoffe zum
größten Theil in Lösung. Das Gelingen dieses Processes ist viel
weniger von dem Druck beim Kochen abhängig als von der
Temperatur bei demselben, welche nicht über 120° steigen
darf. Die Verwendung von Eichenholz zur Papierstofffabrikation
bietet hierbei den Vortheil, daß man die darin enthaltene
Gerbsäure als ein Nebenproduct gewinnt, welches in der
erhaltenen Lösung mit Vortheil zum Gerben verwendbar
erscheint.
Zusammensetzung der schwarzen Masse,
welche beim Schmelzen von Blutlaugensalz erhalten wird.
A. Terreil (Comptes rendus, 1876 t. 82 p. 455) zeigt, daß die schwarze Masse,
welche beim Schmelzen von Ferrocyankalium neben Cyankalium
entsteht, nicht ein bestimmtes Kohleneisen von der Formel FeC2
ist, sondern ein Gemenge von 32,05 Proc. feinvertheiltem
metallischem Eisen, 27,56 Proc. magnetischem Eisenoxyd (Fe3 O4),
27,47 Proc. freiem Kohlenstoff, 1,17 Proc. mit Eisen verbundenem
Kohlenstoff und etwas Cyankalium, welches der Masse nicht durch
Wasser entzogen werden kann.
Glasätzen; von E. Siegwart.
Seitdem die Flußsäure und die Fluorpräparate zu billigen Preisen
geliefert werden können, scheint die Decoration von Glas mittels
dieser Präparate immer mehr Boden zu fassen. Geätzte Gläser
findet man schon recht häufig, und die Glasätzerei scheint den
Glasgraveuren stark Concurrenz machen zu wollen. Es ist dies
leicht zu begreifen, denn gut geätzte Glasgegenstände sehen
wirklich hübscher aus als die gravirten. Die Herstellungskosten
sind billiger, und seitdem uns >M. Hock (*1875 215 129) eine so ausführliche
Arbeit über das Mechanische der Glasätzerei geliefert hat, sind
auch die Schwierigkeiten reducirt. die sich bisher der
fabrikmäßigen Ausbeutung der Aetzverfahren entgegenstellten. Wie
bekannt, ätzt man mit der wässerigen Flußsäure blank und mit den
Fluorpräparaten gewöhnlich matt (vgl. 1871 199 222). Die schönsten Decorationen erhält
man, wenn man einzelne Partien mittels Fluorammonium, welches
schwach mit Essigsäure angesäuert ist, mattirt. Das Matt fällt
zwar nicht bei jeder Glassorte gleich schön aus, es richtet sich
vielmehr nach der Zusammensetzung des Glases; namentlich werden
Bleigläser leicht und schön matt geätzt. Will man Glasflächen
nicht ganz matt, sondern nur eisartig glänzend, wie es für
Fenster mitunter verlangt wird, herstellen, so kann man dies auf
einfache Art erzielen, indem man die Glasscheibe vollständig
horizontal legt und mit einer Lage sehr feiner Schrotkörner
bedeckt; sodann wird stark verdünnte Flußsäure aufgegossen. Die
Schrotkörner wirken als Deckgrund und bringen so auf dem Glase
erhabene Punkte hervor. Den geätzten Photographien ähnliche
Resultate erzielt man, wenn man irgend ein negatives Bild auf
einer mittels doppeltchromsaurem Kali empfindlich gemachten
Gummischicht exponirt und nachher das Bild mittels Mennige
einstaubt. Das so erhaltene rothe Negativ wird auf bekannte Art
fixirt und eingebrannt, hernach das entstandene leichter
lösliche Bleiglas mit starker Salpetersäure behandelt, wodurch
eine weiß mattirte Zeichnung entsteht, und das Bild erscheint in
der Durchsicht positiv. (Industrieblätter, 1876 S. 142.)
Fabrikation von Orseille-Extract und
Orseilleteig; von Seroz und Chognard.
Nach dem in Frankreich patentirten und im Moniteur de la teinture, 1876 S. 47 veröffentlichten
Verfahren von Seroz und Chognard werden die Flechten eine
Biertelstunde lang in Wasser, dem eine kleine Menge Kalkhydrat
zugegeben ist, macerirt und dann in geschlossenem Gefäß auf 100
bis 120° durch Einleiten von Dampf mit mehreren
Atmosphären Druck erhitzt. Die Zeitdauer des Erhitzens, sowie
die Höhe der Temperatur richtet sich nach der Sorte der
Flechten, welche man verarbeitet. Der Zweck des Erhitzens ist,
die Flechtensäuren rasch und vollständig in Orcin überzuführen.
Durch Filtriren, Ausschleudern oder Auspressen wird sodann die
klare Flüssigkeit von der ungelösten Holzmasse getrennt, um
durch Eindampfen concentrirt zu werden. Hierauf wird die
concentrirte Lösung mit Ammoniak versetzt, in ein möglichst gut
verschlossenes Gefäß von Eisen oder Holz gegeben und Sauerstoff
eingeleitet. Die Bildung des Orceïns geht hierbei viel schneller
vor sich als nach dem gewöhnlichen Verfahren, welches dieselbe
der Einwirkunq der atmosphärischen Luft überläßt. Der
Sauerstoff, nach dem Verfahren von Tessié
du Motay dargestellt, tritt am Boden des Gefäßes durch ein
durchlöchertes Rohr ein. der nicht absorbierte Theil wird durch
ein zweites am Deckel angebrachtes Gasleitungsrohr aufgefangen
und für eine spätere Operation gesammelt. Durch dasselbe Rohr
tritt auch das sich verdunstende Ammoniak aus, das in Wasser
geleitet wird, um ebenfalls wieder verwendet zu werden. Ist die
Oxydation vollendet und die Flüssigkeit enthält noch einen zu
großen Ueberschuß an Ammoniak, so wird derselbe durch
Stehenlassen an der Luft oder gelindes Erwärmen entfernt.
Um Orceilleteig zu erhalten, wird zu der oben genannten
concentrirten und mit Ammoniak versetzten Lösung noch ein
Quantum ausgezogener Flechten gegeben, bis die Mischung die
Consistenz einer dicken Paste annimmt, und dann ebenfalls
Sauerstoff eingeleitet. Das geschlossene Gefäß, in welchem die
Masse sich befindet, ist hierbei mit einem mechanischen Rührer
versehen, welcher die Bestimmung hat. alle Theile des Teiges mit
dem Sauerstoff in Berührung zu bringen. Ist die Oxydation
genügend durchgeführt, so läßt man die Masse wiederum einige
Tage offen an der Luft stehen und von Zeit zu Zeit von dem
Rührer durch einander arbeiten.
Kl.