Titel: | Thierry Mieg's Verbesserung der Oxydirräume. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 443 |
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Thierry Mieg's Verbesserung der Oxydirräume.
Mieg's Verbesserung der Oxydirräume.
Die Revue industrielle des matières textiles (1875
S. 215) berichtet über eine Verbesserung, welche Thierry Mieg in Toulouse an den sog. Oxydationslocalen der Baumwolldruckereien
angebracht hat, indem er in dieselben neben den Wasserdämpfen einen Strom geheizter
Luft eintreten läßt. Die so vervollkommneten Warmhängen sollen alsdann sowohl als
Fixirzimmer für die aufgedruckten Mordants der echten Waare, wie auch als förmliche
Dämpfapparate für die unechten Dampfartikel dienen. Aber auch wenn man von dieser
universelleren Auffassung zunächst Umgang nimmt, wenn man nur die erste der beiden
Bestimmungen für die Praxis ins Auge faßt, so ist immer noch die Idee Thierry Mieg's eine so gesunde, so naheliegende, daß sie mit
allem Recht den Druckereien zur Beachtung und Benützung empfohlen werden muß.
Die sogen. Oxydationen verdienen ihren Namen nur zur Hälfte. Ihr erster Zweck ist,
durch Wärme und Feuchtigkeit den aufgedruckten Mordant zu fixiren, d.h. von einem
Theil seiner Essigsäure zu befreien, damit derselbe auf der Baumwolle in Form eines
in Wasser unlöslichen basischen Salzes zurückbleibe. Nur bei Cachounüancen oder bei
Mordants, welche ganz oder theilweise aus essigsaurem oder salzsaurem Eisenoxydul
bestehen, handelt es sich gleichzeitig um eine wirkliche Oxydation. In beiden Fällen
ist es jedoch ein alter Fehler der Oxydationshängen, daß ihnen eine genügende,
manchmal sogar jegliche Ventilation fehlt. Die Locale füllen sich bald nach dem
Einhängen der Waare mit einer penetranten Essigsäureatmosphäre, welche eine weitere
Essigsäureabgabe der Mordants unmöglich machen muß. Noch viel bälder wird der
Sauerstoffgehalt des Locals aufgebraucht sein schon in den gewöhnlichen Warmhängen,
in welchen die bedruckte Waare sich 1, 2 oder 3 Tage, aufhält, und noch mehr in den
sogen. Schnelloxydationen (aging rooms), in welchen sie
nur 1/2 bis 1 Stunde verweilt. In der That ist es kaum möglich, durch letztere
Schnelloxydation mit Ausschluß der alten Warmhänge ein sicheres und kräftiges Cachou
zu erzielen, sogar wenn man die Druckfarbe doppelt so concentrirt nimmt, weil die
Entwicklung der Cachounüancen eine genügende Menge Sauerstoff verlangt, während der
Zusatz von salpetersaurem Kupfer zur Druckfarbe seine bestimmte Grenze hat. Es ist
nun klar, daß die Zuführung eines warmen Luftstromes dem Uebelstand sowohl einer
mangelhaften Ventilation als auch einer unvollständigen Oxydation gründlich
abzuhelfen im Stande ist und damit den ganzen Fixationsproceß um ein Bedeutendes
abkürzen muß, und es ist wohl auch einleuchtend, daß das erforderliche bescheidene
Warmluftgebläse ohne viele Umstände und ohne große Kosten sich überall leicht
einrichten läßt.
Die Temperatur der üblichen Oxydationsräume wird gewöhnlich auf 40 bis 50°
gehalten, während die beiden Thermometer des Hygrometers eine Differenz von 4 bis
5° zeigen. Thierry Mieg will in diesen Localitäten
mittels der warmen Luft eine Temperatur von 100° herstellen. Für die bloße
Fixation der Mordants ist diese hohe Temperatur unnöthig, nach den bisherigen
Erfahrungen, z.B. bei den Thonerdemordants, vielleicht sogar schädlich. Gelingt es
aber nach des Erfinders Angabe, bei dieser Temperatur und auf diesem Wege unter
gewöhnlichem Druck, mit einer Ersparniß von angeblich 75 Proc. an Brennmaterial die
Dampffarben auf den Geweben zu befestigen, so hat die Perspective, welche sich damit
gleichzeitig den Druckereien eröffnet, ihre umständlichen und kostspieligen
Dampfkästen durch continuirliche Dämpfereien zu ersetzen, gewiß so viel Verlockendes, daß die neue Idee
das doppelte Interesse der Fachleute verdient und zu eingehenden praktischen
Versuchen auch in dieser Richtung auffordert.
Kl.