Titel: Michaelis' Räderhobelmaschine; mitgetheilt von Professor H. Falcke.
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 396
Download: XML
Michaelis' Räderhobelmaschine; mitgetheilt von Professor H. Falcke. Mit Abbildungen auf Taf. IX [b.c/1]. Falcke, über Michaelis' Räderhobelmaschine. In der Werkstatt des Chemnitzer Maschinenbauvereins (vorm. Schellenberg), welche die Zahnräderfabrikation als Specialbranche in größerem Maßstabe betreibt, werden jetzt Räderhobelmaschinen ausgeführt, auf welchen sowohl Stirn- als Diagonalräderzähne gleich richtig hergestellt werden können. Diese Maschinen, vom jetzigen Mitdirector der Fabrik, Hrn. Michaelis, construirt und derselben patentirt, haben das Eigenthümliche, daß sie sich mit Vortheil an einer gewöhnlichen Plandrehbank anbringen lassen, daß demnach das eben ausgebohrte und abgedrehte Rad ohne weiteres Umspannen sogleich hinsichtlich seiner Umzahnung der ferneren Bearbeitung unterliegen kann. Dieses Umstandes wegen wird die Michaelis'sche Maschine (welche aber natürlich auch mit besonderm Gestell als bloße Räderhobelmaschine ausgeführt werden kann) mancher kleineren Werkstatt sehr willkommen sein, die nicht in der Lage ist, fortwährend eine theure Specialmaschine zu beschäftigen. Soll nun der Räderhobelapparat an einer Plandrehbank Verwendung finden, so ist zunächst an deren Spindel (am bequemsten am hinteren oder Gegenspitzenende) ein Eintheilungsrad anzubringen, welches nach geschehener Bearbeitung eines Zahnes durch die gewöhnlichen Mittel, d.h. eine Schraube, die geeigneten Wechselräder und eine Kurbel mit Sperrvorrichtung, den einer gewünschten Zähnezahl entsprechenden Bruchtheil einer Umdrehung fortgedreht werden kann und diese Drehung auf die Spindel, beziehentlich das zu schneidende Rad überträgt. Was den eigentlichen Hobelapparat anlangt, so ist zunächst daran zu erinnern, daß bei den gewöhnlichen Plandrehbänken, die blos einen Spindelstock mit Planscheibe, aber kein eigentliches Bett besitzen, meistens vor dem Spindelstock eine Bodenplatte liegt, auf welcher sich kleine Ständer verschieben und feststellen lassen, als Untersatz für die darauf in passender Höhe aufzustellenden Drehstahlsupports. Die Ständer haben oben einen horizontalen runden Teller, damit der mit einem ähnlichen Teller versehene Support sich darauf um eine verticale Achse drehen läßt. Solche Ständer sind für den Räderhobelapparat zwei erforderlich, einer für den Betriebsmechanismus, der andere für den hin und her (bei Stirnrädern horizontal, bei conischen Rädern verschiedenartig geneigt) zu bewegenden Schneidstahlsupport. Diese beide Mechanismen sind ebenfalls wie die gewöhnlichen Drehstahlsupports mittels solcher Teller um verticale Achsen drehbar auf die Ständer aufgesetzt, die Teller drehen sich aber in einer nachstellbaren Schwalbenschwanzführung, da sie (wenigstens beim Schneiden conischer Räder) nicht hochgeschraubt werden und kein Seitenspiel haben dürfen. Das Gestell des Betriebsmechanismus enthält das Lager für eine horizontale Welle mit Kurbelscheibe, die vermöge der Verstellbarkeit des Kurbelzapfens einen beliebig großen Hub herzustellen erlaubt, und welche durch conische Räder von einer stehenden Welle betrieben wird, die ihrerseits ihre Bewegung durch andere Räder von einer liegenden, mit Treibriemenscheibe versehenen empfängt. Das Lager der letzteren Welle ist abermals mit einem conachsial zur stehenden Welle drehbaren Teller oben auf dem Gestell aufgesetzt, damit bei beliebiger Stellung des ganzen Betriebsständers die Treibriemenscheibe die geeignete Stellung gegen den von einer Transmission herkommenden Riemen einnehmen kann. Außerdem besitzt das Gestell des Betriebsmechanismus noch einen emporsteigenden Seitenarm, der oben in einer Gabel ausläuft, um dort die beiden (ihrer Richtung nach in die Verlängerung der Kurbelwellenachse fallenden) Seitenzapfen einer cylindrisch gebohrten Hülse aufzunehmen. Bei dem anderen Theil des Mechanismus finden wir zuerst über dem auf dem Ständer liegenden Drehteller eine horizontale Prismenführung (Support) angebracht, auf welcher durch eine mittels Schaltwerk zu bewegende Schraube eine Schiebeplatte sich verstellen läßt. An letztere ist eine aufrechte Winkelplatte angegossen, ebenfalls mit einer oben senkrechten Prismenführung versehen. Die auf letzterer bewegliche Schiebeplatte sucht durch ihr Gewicht sich stets zu senken, und wird hieran dadurch verhindert, daß sie mit der vorragenden Kante eines daran angebrachten Fußes sich von oben gegen die auf der horizontalen Prismenführung aufgestellte Zahnschablone stemmt. Wird demnach die erste Schiebeplatte auf ihrer Führung verschoben, so muß die zweite entsprechend der schrägen oder gekrümmten Form der Zahnschablone eine senkrechte Bewegung annehmen. An die senkrechte Schiebeplatte legt sich nun eine anderweite Platte an; diese ist beziehentlich durch einen Drehteller mit jener so vereinigt, daß sie daran sich um eine horizontale Achse verdrehen kann; es ist außerdem eine Stange daran befestigt, deren cylindrisches Ende in die bewegliche Hülse am Betriebsmechanismus eingesteckt ist, und es ist auf der freiliegenden verticalen Fläche dieser Platte eine (Horizontalbewegung gestaltende) Prismenführung vorhanden, deren Schieber die Einspannvorrichtung für den Schneidstahl und den Zapfen zur Aufnahme der von der Kurbelscheibe herkommenden Kurbelstange enthält. Die Kurbelstange besteht aus zwei parallelen Rundeisenstangen mit Schraubengewinden, auf denen sich der Stangenkopf oder das Kurbelwalzenlager zwischen Muttern festklemmen läßt, damit die Stangenlänge. beliebig verändert werden kann. Beide Stangenzapfen sind übrigens als Kugelzapfen ausgeführt. Aus dem Gesagten läßt sich nun leicht schließen, daß der Schlitten mit dem Schneidstahl durch die Kurbelscheibe die Hin- und Hergangsbewegung zuertheilt erhält, und ist nur noch zu erwähnen, daß dieser Schlitten am jedesmaligen Ende seines Weges mit einem der Hublänge entsprechend stellbaren Knopf an einen Hebel anstößt und durch diesen den Schaltwerkshebel der Schraube der zuerst erwähnten horizontalen Prismenführung bewegt. In Bezug auf die Anordnung und Aufstellung des ganzen Apparates ist noch zu bemerken, daß der Ständer des Betriebsmechanismus beim Schneiden conischer Räder so stehen muß, daß seine verticale Drehachse (d.h. die des Tellers) mit der Kegelspitze des Rades zusammenfällt; daß ferner die geometrische Anordnung so sein muß, daß die von der Schneidstahlspitze beschriebene Linie in ihrer Verlängerung durch die Kegelspitze, beziehentlich durch die Ständerachse des Betriebsmechanismus geht und parallel zur Längenachsen der beweglichen Hülse läuft. Bei der Aufstellung wird übrigens darauf zu achten sein, daß die Richtungslinie der untersten Parallelführung in die Richtung der Seite des sogen. Ergänzungskegels, d.h. senkrecht zur Seite des Radkegels zu stehen kommt. Man kann nun immer sämmtliche Zähne nach einander blos auf einer Seite hobeln und muß dann eine entgegengesetzte Schablone einsetzen, um auch die sämmtlichen anderen Zahnseiten nach einander zu vollenden. Ist aber der Apparat einmal angestellt, so arbeitet er die Zähne auch ganz richtig derart, daß alle Linien nach der Kegelspitze zulaufen, da nach dem Zusammenhang der Theile der Schneidmechanismus sich bei jedem neuen Schnitt etwas um die senkrechte Achse des Betriebsständers, also um die Kegelspitze dreht, und beim Heben und Senken des Schneidstahles dessen Führung durch die Hülse in der Stange gezwungen wird, sich um eine horizontale, durch die Kegelspitze gehende Achse zu drehen. Beim Hobeln von Stirnrädern ist natürlich der Betriebsständer anders aufzustehen, da hier die Kegelspitze unendlich weit hinausfällt, und es ist außerdem die Stange zu entfernen, die sich in der Hülse des Betriebsständers schiebt, dafür aber die Platte, an der jene Stange sitzt, undrehbar an der Mittelplatte festzustellen. Die Figuren 15 bis 30 zeigen das Ende eines Drehbankspindelstockes mit einem an die Planscheibe festgespannten (punktirt angegebenen) zu bearbeitenden conischen Rad, und zwar im Grundriß und Seitenansicht. Das andere Ende des Spindelstockes mit dem dort anzubringenden Eintheilungsrade ist weggelassen, weil es nichts wesentlich Neues ertheilt. Erwähnen wollen wir nur noch, daß alle Räder-Hobel- oder auch Fräsmaschinen aus der Werkstatt des Chemnitzer Maschinenbauvereins mit verhältnißmäßig sehr großen Eintheilungsrädern versehen sind, was sehr günstig für die Genauigkeit der erzeugten Zahnräder wirkt. Die übrigen Figuren geben verschiedene Detailansichten der Theile des Hobelapparates. Uebrigens ist das Schaltwerk so eingerichtet, daß es sich nach Vollendung eines Zahnes von selbst auslegt, was aber der Kleinheit des Maßstabes halber nicht mit gezeichnet werden konnte. (Deutsche Industriezeitung, 1875 S. 394.)

Tafeln

Tafel Taf.
                                    IX
Taf. IX